Endure and Survive. Herausforderungen der Adoleszenz in medialen Untergangsszenarios


Seminararbeit, 2016

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

INHALTSVERZEICHNIS

1 Faszination Untergangsszenarios

2 Herausforderungen der Adoleszenz in Untergangsszenarios
2.1 Zwischen Kind sein und Erwachsen werden
2.2 Identität, Krisenerfahrungen und der Umgang mit der Apokalypse
2.3 Ablösung von der Primärfamilie
2.4 Sexualität und Liebe
2.5 Verhalten in der Peergroup

3 Resumée

Literaturverzeichnis

1 FASZINATION UNTERGANGSSZENARIOS

Die Apokalypse, sei sie nun durch Pandemien, Naturkatastrophen oder Nuklearkriege verursacht, wird in unserer Zeit breit thematisiert, wie uns unzählige Filme, Serien, Bücher und Videospiele des Genres beweisen. Im Film tauchen bereits Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals Untote auf. Im Rahmen einer Apokalypse könnte man aber die Romanverfilmung The Last Man on Earth von 1964 als Vorreiter der heutigen Zombiefilme ansehen, selbst wenn der Begriff Vampir für die Untoten verwendet wird. Wer oder was die Menschheit bedroht, ist aber letztlich wenig relevant. In jedem Fall werden die Protagonisten aus ihrer Welt und ihrem Alltag gerissen und sind gezwungen sich mit widrigen Lebensverhältnissen zu arrangieren. Die Gesellschaft ist am Ende und muss in anderer Form wiederaufgebaut werden. Statt nur zu leben wird das Überleben plötzlich zur wichtigsten Motivation.

Inzwischen unterscheiden sich diese Endzeitvisionen wesentlich von der Bedeutung, die der Begriff Apokalypse im Christentum hat. Das Jüngste Gericht wird durch eine der genannten Katastrophen ersetzt und der Ursprung des Weltuntergangs liegt nicht länger in Gottes Hand, sondern in derer der Menschen. In den meisten modernen Endzeitfilmen zerstört die Menschheit selbst ihre Welt, wie beispielsweise durch Umweltverschmutzung oder den verantwortungslosen Umgang mit Atomwaffen.1 Dennoch verschwinden die religiösen Untergangsphantasien nicht gänzlich aus der Filmlandschaft. In I am Legend und Book of Eli finden sich zahlreiche Hinweise auf das Christentum, von subtil bis vollkommen offenkundig. Die moderne Endzeitliteratur - Filme und Spiele eingeschlossen - entsteht dabei nicht zwangsweise aus der reinen Fantasie. In Katastrophenfilmen kann der verantwortungslose Umgang mit den Ressourcen der Natur verarbeitet werden und Zombies können Kritik am Kapitalismus und der Konsumgesellschaft üben2. Untergangsphantasien können auf unterbewusster Ebene ebenso Überlebensphantasien sein, die Ideen zur Problemlösung enthalten.3

Den für die folgende Untersuchung gewählten Beispielen ist eines gemeinsam: Dargestellt wird nicht, wie es zu der Apokalypse kam. Selbst in der Serie Fear the Walking Dead, als Ableger von The Walking Dead, die während des Ausbruchs der Pandemie spielt, werden genauere Informationen zurückgehalten. Der Rezipient wird aufgefordert eigenständige Vermutung zur Hintergrundgeschichte anzustellen, was als Element der Spannungssteigerung fungiert.4 Man lechzt letztlich nach jeder Information, wie am Ende der zweiten Staffel von The Walking Dead, als man erfährt, dass alle Menschen mit dem Virus infiziert sind. Interessant sind aber nicht nur die veränderten Gegebenheiten, sondern auch wie gerade die jüngeren Charaktere damit umgehen.

2 HERAUSFORDERUNGEN DER ADOLESZENZ IN UNTERGANGSSZENARIOS

Charaktere im Kindes- und Jugendalter haben in Endzeitszenarios eine besondere Position. Zum einen können sie als Hoffnungsträger und Sinnbild für die Zukunft fungieren. Im Spiel The Last of Us ist die Protagonistin Ellie immun gegen den Zombievirus und könnte dadurch unter Umständen die gesamte Menschheit retten. Auch Ethan in I Am Legend ist resistent und könnte gemeinsam mit den wenigen anderen immunen Überlebenden eine neue Zukunft aufbauen. Im Extremfall in Children of Men wird deutlich wie wichtig Kinder für die Zukunft nach der Apokalypse sein können: in diesem Szenario ist die Menschheit unfruchtbar und es gibt scheinbar nur ein einziges Mädchen, dass schwanger ist.

Auf der anderen Seite stellen Kinder auch ein Hindernis dar. In The Walking Dead gelten Kinder und auch Jugendliche oft als Handicap. Sie schwächen vermeintlich die Gruppe, weil sie selbst nicht sehr viel zum Überleben beitragen können und anfälliger für Angriffe sind. Je älter die Charaktere werden, desto mehr Hoffnung setzen die andere in den Nutzen der Jugendlichen. Beispielsweise will Carl Grimes in The Walking Dead (Serie) nach einiger Zeit aus eigenem Antrieb schießen lernen, um seine Familie und Freunde beschützen zu können. Grundsätzlich gelten Kinder und Jugendliche aber eher als schutzbedürftig und körperlich wie psychisch wesentlich weniger belastbar als Erwachsene.

Während jugendliche Charaktere in vermeintlich realitätsnaher Literatur mit diversen Adoleszenz-Aufgaben bis hin zu -krisen zu kämpfen haben, soll im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden wie es sich mit den einzelnen „Problemkreisen“ in Endzeitszenarios verhält. Franz Resch ordnet Jugendlichen die „Ablösung von der Primärfamilie“, „Intimität und Sexualität“ und „Durchsetzung in der Peergroup“ als Aufgaben in der Adoleszenz mit „Selbstwert und Identitätsfindung“ als „mediierende[r] Variable“ zu.5 Da diese aber aus psychologischer Sicht auf unsere Zeit und Realität zugeschnitten sind, stellt sich die Frage, ob sie auch auf Endzeitszenarios anzuwenden sind. Aber letztlich sind genau das auch die Herausforderungen, denen sich Jugendliche in einer zerstörten Gesellschaft stellen müssen. Eine Distanz zur Familie kann beispielsweise nur schwer geschaffen werden, stattdessen versuchen Eltern und Kinder möglichst zusammenzubleiben. Von zuhause auszuziehen ist in der Apokalypse keine wirkliche Option, stattdessen müssen sich die Adoleszenten andere Möglichkeiten suchen, um Eigenständigkeit zu erlangen. Sexualität oder Liebe ist zwar nach wie vor ein Thema, rückt aber wegen der unsicheren Lebensbedingungen ein wenig in den Hintergrund. Der Umgang mit der Peergroup wird in Untergangsszenarios dagegen stark thematisiert, wobei sich der Begriff in dieser Untersuchung aufgrund mangelnder Charaktere vielleicht nicht nur auf Gleichaltrige beschränkten, sondern vermehrt auf Gleichgesinnte - in diesem Fall andere Überlebende - ausweiten lassen sollte.

2.1 ZWISCHEN KIND SEIN UND ERWACHSEN WERDEN

Als Jugendlicher eine Balance zwischen Reife und Kindlichkeit zu finden, erweist sich für Charaktere in Literatur, Film und Spiel oftmals als Schwierigkeit. In einer Situation, in der man einer permanenten Bedrohung des eigenen Lebens, sowie das der Familie und Freunde, ausgesetzt ist, fällt das nicht leichter. Carl Grimes in The Walking Dead (Serie), Clementine im zugehörigen Spiel und Ellie in The Last of Us wollen unbedingt ihren Beitrag leisten und keinesfalls nur Ballast für die anderen Überlebenden sein. Allen dreien wird nach einiger Zeit der Vorsicht das Recht eingeräumt eine Waffe zu benutzen und den Rest der Gruppe zu verteidigen, wenn es sein muss. Dabei entstehen ganz unterschiedliche Resultate. Ellie ist ihrem Beschützer Joel eine große Hilfe und es gelingt ihr in im späteren Verlauf des Spiels ihm dabei zu helfen, sich von einer Schusswunde zu erholen. Carl Grimes legt mit der Zeit eine für seinen Vater sehr beunruhigende Abgestumpftheit an den Tag, sodass er ihm für eine Weile verbietet, seine Pistole zu tragen. Clementine ist zwar noch sehr jung, kann sich aber ab einem gewissen Punkt selbst das Überleben sichern.

Dennoch gibt es auch zahlreiche Situationen, in denen die Protagonisten beweisen, dass sie eben noch keine tatsächlichen Erwachsenen sind. Besonders bei Ellie fällt auf, wie sehr sie sich für Kleinigkeiten begeistern kann, wie beispielsweise einen schönen Sonnenuntergang. Auch verschiedene Tiere, die sie auf ihrer Reise sieht, faszinieren sie, ob es nun Glühwürmchen, Pferde oder Giraffen sind. Außerdem interessiert sie sich für Musik oder frägt Joel nach Filmplakaten. Dennoch, selbst wenn sie aus einem Comic zitiert, ist ihr der Ernst des Alltags bewusst: „Endure and survive.“6 Es ist ein Satz, den Joel und Ellie wie einen Leitfaden häufiger rezitieren. Ellie bemüht sich stark zu wirken, beispielsweise durch den Gebrauch von Vulgärsprache, und möchte nicht wie ein Kind behandelt werden.

[...]


1 (Kesting 1991) S. 169

2 (Krautkrämer 2011) S. 7

3 (Henseler 1989) S. 27f

4 (Krah 2004) S. 89f

5 (Piros 1999) S.26 nach (Resch, Therapie der Adoleszenzpsychosen 1992)

6 (Naughty Dog 2013) 2h52min23s

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Endure and Survive. Herausforderungen der Adoleszenz in medialen Untergangsszenarios
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Literatur- und Sprachwissenschaften)
Veranstaltung
Von „Werther“ bis „Life is strange“ - Coming of Age in Literatur, Film und Spiel
Note
1,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
17
Katalognummer
V320532
ISBN (eBook)
9783668196629
ISBN (Buch)
9783668196636
Dateigröße
490 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Coming of Age, Adoleszenz, Apokalypse, Endzeit, Weltuntergang, Zombies, Jugendliche
Arbeit zitieren
Karina Oelmaier (Autor:in), 2016, Endure and Survive. Herausforderungen der Adoleszenz in medialen Untergangsszenarios, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/320532

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