Mallorca gilt als größte der Balearischen Inseln und als eines der beliebtesten Reiseziele der deutschen Urlauber. 2013 pilgerten in etwa 3,5 Millionen “Ballermann- Touristen” in das, von der deutschen Presse gerne mal als 17. Deutsches Bundesland bezeichnete Mallorca. Ob die Urlauber nun mit Buenos días oder Bon dia begrüßt werden, ist den meisten relativ egal. Doch Fakt ist, dass die von Touristen überlaufene Mittelmeerinsel “sprachwissenschaftlich betrachtet […] von einer komplexen Kontaktsituation gekennzeichnet [ist]” . In Kontakt stehen nicht nur die beiden Normsprachen Mallorcas – Kastilisch und Katalanisch, sondern ebenfalls die insulare Varietät des Katalanischen, das Mallorquí. Nicht zu vergessen sind die Sprachen der Touristen.
Eine ganz besondere Situation, die von Konflikten und Versuchen der Normalisierung gekennzeichnet ist. Doch wie kam es eigentlich dazu? Laut Sandra Herling ist “diese gegenwärtig vorzufindene Kontaktsituation […] ein Resultat historischer bzw. politischer Entwicklungen”. Die im 13. und 14. Jahrhundert durch die katalanisch-aragonesische Krone auf die Balearen gelangte katalanische Sprache hatte von jeher keinen leichten Stand. Während im Laufe der Zeit aufgrund verschiedenster politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen das Kastilische allmählich die Überhand gewann, blieben die balearischen Dialekte weiterhin in der informellen Gesellschaft verankert.
Eine gravierende Veränderung dieser Situation trat erst mit der Machtergreifung Francos ein: Er verbot das Katalanische – Kastilisch dominierte nun also auch den offiziellen und öffentlichen Kommunikationsbereich. Hinzu kommt, dass der Diktator die Balearen innerhalb weniger Jahre vom Auswanderungs- zum Einwanderungsland machte. Mit der Förderung des tertiären Sektors kam der Massentourismus nach Mallorca, und damit auch zahlreiche kastilischsprachige Arbeitskräfte. Mallorca boomte – es war der Beginn zahlreicher Einwanderungswellen, die sich aufmachten in Richtung der Balearen. Auch immer mehr Touristen fassten die Mittelmeerinsel als neue Heimat ins Auge. Mit dem Ableben Francos und der Verabschiedung des Autonomietstatus 1983 trat eine einschneidende Veränderung der insularen Sprachsituation ein, denn neben Kastilisch wird „ausdrücklich die „katalanische Sprache“ zur ureigentlichen Landessprache (llengua pròpia)“ der Balearen gemacht. Doch was bedeutete dies für die Inseleinwohner?
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Sprachen in Kontakt
- 2.1 Normkatalanisch vs. Kastilisch
- 2.2 Mallorquinisch vs. Normkatalanisch
- 2.3 Deutsch als Sprache der Touristen
- 3 Llei de normalització lingüística de las Illes Balears 1986
- 3.1 Inhalte und Ziele
- 3.2 Prozess der Normalisierung
- 3.2.1 Sprachpolitik
- 3.2.2 Immigration
- 3.2.3 Einstellung der Mallorquiner zum Normkatalanischen
- 4 Sprachliche Realität
- 5 Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den komplexen Sprachkontakt auf Mallorca, insbesondere die Interaktion zwischen Kastilisch, Normkatalanisch und dem mallorquinischen Dialekt im Kontext des Massentourismus und der Sprachpolitik nach Franco. Die Analyse beleuchtet den Normalisierungsprozess und dessen Auswirkungen auf die sprachliche Realität der Insel.
- Sprachlicher Kontakt und Konflikte auf Mallorca
- Einfluss der Sprachpolitik nach dem Franco-Regime
- Der Einfluss des Massentourismus auf die Sprachsituation
- Die Rolle des Normkatalanischen und seine Akzeptanz bei der Bevölkerung
- Die sprachliche Realität auf Mallorca nach dem Normalisierungsprozess
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung führt in die komplexe sprachliche Situation Mallorcas ein, die durch den Kontakt von Kastilisch, Normkatalanisch, Mallorquinisch und Deutsch geprägt ist. Sie beschreibt Mallorca als beliebtes Reiseziel für deutsche Touristen und betont den historischen und politischen Kontext der gegenwärtigen Sprachkontaktsituation, hervorgerufen durch die katalanisch-aragonesische Krone und die Franco-Diktatur. Der Fokus liegt auf den Folgen des Verbots des Katalanischen unter Franco und dem folgenden Wandel nach seinem Tod, mit der Anerkennung des Katalanischen als Landessprache. Die Einleitung stellt die Forschungsfragen nach den Reaktionen der Bevölkerung auf die Normalisierungsmaßnahmen und der gegenwärtigen sprachlichen Realität auf Mallorca.
2 Sprachen in Kontakt: Dieses Kapitel beschreibt die allgemeine Situation des Sprachkontakts, wobei die Konflikte zwischen den verschiedenen Sprachgruppen betont werden. Es wird erklärt, wie Sprachkonflikte weniger linguistische als soziale Phänomene darstellen. Die besondere Situation Mallorcas wird hervorgehoben, da die Mallorquiner sich sowohl von der Kastilisierung als auch vom barcelonesischen Kulturimperialismus bedroht fühlen. Zusätzlich wird die Rolle der deutschen Touristen im mallorquinischen Sprachenkonflikt angesprochen.
2.1 Normkatalanisch vs. Kastilisch: Dieser Abschnitt untersucht den Konflikt zwischen Normkatalanisch und Kastilisch auf Mallorca, dessen Wurzeln bis in die Zeit der Decadència zurückreichen. Es wird der Unterschied im Sprachgebrauch vor und nach der Franco-Ära beleuchtet: Während Kastilisch im öffentlichen Leben dominierte, blieb das Katalanische (bzw. seine Varietäten) die Sprache der informellen Kommunikation. Unter Franco wurde das Katalanische unterdrückt, was dessen Verwendung im öffentlichen Leben auslöschte. Der Abschnitt erklärt den Begriff des Normkatalanischen und dessen Einführung nach dem Erlass des Normalisierungsgesetzes 1986, welches bei vielen Mallorquinern auf Ablehnung stieß, da sie die Diglossie zwischen Kastilisch und Mallorquinisch bevorzugten und eine kulturelle Nivellierung befürchteten.
Schlüsselwörter
Mallorca, Sprachkontakt, Kastilisch, Katalanisch, Mallorquinisch, Deutsch, Sprachpolitik, Normalisierungsprozess, Franco-Diktatur, Massentourismus, Diglossie, Sprachkonflikt, kulturelle Identität.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Sprachkontakt auf Mallorca
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert den komplexen Sprachkontakt auf Mallorca, insbesondere die Interaktion zwischen Kastilisch, Normkatalanisch und dem mallorquinischen Dialekt. Der Fokus liegt auf dem Einfluss des Massentourismus und der Sprachpolitik nach Franco auf den Normalisierungsprozess und dessen Auswirkungen auf die sprachliche Realität der Insel.
Welche Sprachen werden auf Mallorca untersucht?
Die Arbeit untersucht den Sprachkontakt zwischen Kastilisch, Normkatalanisch (der standardisierten Form des Katalanischen), dem mallorquinischen Dialekt und Deutsch (als Sprache der Touristen).
Welche Rolle spielt die Sprachpolitik nach Franco?
Die Sprachpolitik nach Franco, insbesondere die Einführung des Normkatalanischen, ist ein zentrales Thema. Die Arbeit untersucht den Einfluss dieser Politik auf die sprachliche Realität und die Reaktionen der Bevölkerung.
Wie wirkt sich der Massentourismus auf die Sprachsituation aus?
Der Massentourismus und die damit verbundene Präsenz des Deutschen werden als ein weiterer wichtiger Faktor im komplexen Sprachkontakt auf Mallorca betrachtet und deren Einfluss auf die anderen Sprachen wird untersucht.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, den Sprachkontakt auf Mallorca zu untersuchen, die Konflikte zwischen den verschiedenen Sprachgruppen zu beleuchten und die Auswirkungen der Sprachpolitik und des Massentourismus auf die sprachliche Realität zu analysieren. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Akzeptanz des Normkatalanischen in der Bevölkerung.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel über Sprachen im Kontakt (mit Unterkapiteln zu Normkatalanisch vs. Kastilisch, Mallorquinisch vs. Normkatalanisch und Deutsch als Sprache der Touristen), ein Kapitel über das Sprachnormalisierungsgesetz von 1986, ein Kapitel über die sprachliche Realität und ein Fazit.
Was sind die wichtigsten Schlüsselwörter der Arbeit?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Mallorca, Sprachkontakt, Kastilisch, Katalanisch, Mallorquinisch, Deutsch, Sprachpolitik, Normalisierungsprozess, Franco-Diktatur, Massentourismus, Diglossie, Sprachkonflikt, kulturelle Identität.
Wie wird der Konflikt zwischen Normkatalanisch und Kastilisch beschrieben?
Der Konflikt zwischen Normkatalanisch und Kastilisch wird als tief verwurzelt dargestellt, mit historischen Wurzeln in der Zeit vor und nach der Franco-Ära. Die Unterdrückung des Katalanischen unter Franco und die spätere Einführung des Normkatalanischen führten zu Ablehnung bei Teilen der Bevölkerung, die die Diglossie zwischen Kastilisch und Mallorquinisch bevorzugten.
Welche Rolle spielt der mallorquinische Dialekt?
Der mallorquinische Dialekt wird als eigenständige Sprachvarietät betrachtet, die neben dem Normkatalanisch und Kastilisch eine wichtige Rolle im Sprachkontakt spielt. Die Mallorquiner fühlen sich sowohl von der Kastilisierung als auch vom barcelonesischen Kulturimperialismus bedroht.
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- Sabrina Junge (Author), 2014, Sprachen in Kontakt. Normalisierungsprozess und sprachliche Realität auf Mallorca, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/320851