Werbestrategien und Werbewirkung auf Online-Videoplattformen. Eine Analyse im Kontext zweiseitiger Märkte


Bachelorarbeit, 2013

65 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis
I. Hauptteil
II. Anhang

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Zweiseitige Märkte
2.1 Definition zweiseitige Märkte
2.2 Aufbau und Akteure zweiseitiger Märkte
2.3 Netzwerkeffekte und Preissetzung
2.4 Schwerpunkte der Arbeit

3. Der Online-Videomarkt und Werbung auf YouTube
3.1 Eine Marktübersicht
3.1.1 Definition und Abgrenzung
3.1.2 Struktur des Online-Videomarktes
3.1.3 YouTube
3.2 Werbearten auf YouTube
3.3 Die Wirkung und Akzeptanz von Internetvideoadvertising

4. Virales Marketing auf Videoplattformen
4.1 Die Diffusionstheorie
4.1.1 Grundlagen
4.1.2 Das Diffusionsmodell nach Bass
4.1.3 Analyse und Beispiele
4.1.4 Möglichkeiten und Limitationen des Modells
4.2 Das Virale Marketing
4.2.1 Einführung
4.2.2 Übertragung und Wirkung im Viralen Videomarketing

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

I. Hauptteil

Abb. 1: (oben) Klassische Wertschöpfungskette nach Porter auf einseitigen Märkten. Verlauf in eine Richtung. (unten) Vereinfachter Aufbau zweiseitiger Märkte. Kosten und Erlöse entstehen auf beiden Seiten (eigene Darstellung).

Abb. 2: Darstellung der Dreiecksbeziehung auf zweiseitigen Märkten. Grüne Pfeile stellen die gleichseitigen Netzwerkeffekte, orange die wechselseiteigen Netzwerkeffekte und graue die Kosten und Erlöse, die auf beiden Seiten für die Plattform entstehen können, dar. Kursive Schrift verdeutlicht die Rollenverteilung auf Online-Videoplattformen (eigene Darstellung in Anlehnung an Eisenmann 2007).

Abb. 3: Anteilige Nutzung des legalen Angebots von Online-Videos in Deutschland 2011. Der nicht abgebildete Anteil der Befragten griff auf illegale oder keines der Angebote zurück (eigene Darstellung in Anlehnung an den Statista-Dossier 2012, Seite 8).

Abb. 4: Das Diagramm stellt die Ergebnisse der ARD/ZDF-Online-Studie im Zusammenhang mit der Nutzung von Online-Videoportalen verschiedener Altersgruppen dar. Dabei werden drei Gruppen betrachtet: 1) der Gesamtanteil, 2) der Anteil aller 14-19-Jährigen und 3) der Anteil aller 14-29-Jährigen an den Internetnutzern, die auf Online-Videoportale zugreifen (eigene Darstellung, Daten aus Eimeren und Frees 2012: 371).

Abb. 5: Adopter-Kategorien nach Rodgers gemessen nach der Zeit, die ein Individuum braucht, um eine Innovation zu übernehmen. (Schwarz) Typische glockenförmige Dichtefunktion f(t). (Grün) S-förmige Verteilungsfunktion F(t). Die Funktionen beruhen auf keiner Datenbasis und dienen nur der Veranschaulichung (eigene Darstellung in Anlehnung an Rogers 1983: 247).

Abb. 6: Veranschaulichung des Bass Diffusionsmodells (eigene Darstellung, in Anlehnung an Ansari 2004).

Abb. 7: (Links) Dichtefunktion, Wahrscheinlichkeit eines Zugriffs auf ein Video zum Zeitpunkt t, (rechts) Verteilungsfunktion, Wahrscheinlichkeit eines Zugriffs auf ein Video bis zum Zeitpunkt t (University of Washington 2007: 3).

Abb. 8: Grüne Kurve: q>p>0. Orange Kurve: p>0,q=0. Verdeutlichung des Einflusses der Innovatoren und Imitatoren auf das Bass Diffusionsmodell (eigene Darstellung).

Abb. 9: Darstellung des Bass Diffusionsprozesses über den Zeitablauf für zwei verschiedene Werte des Imitationsfaktors für q > p. S-Kurve des kumulierten Verlaufs eines Diffusionsprozesses (links). Glockenkurve der Dichtefunktion (rechts). (Eigene Darstellung in Anlehnung an Chiang 2012: 148).

Abb. 10: YouTube Nutzungsstatistiken des Videos „Dove Camera Shy“. Typische kumulierte S- Kurve der Nutzer über den Zeitablauf (oben). Verlauf der täglichen Nutzerzahlen mit anfänglich steilen Anstieg, gefolgt von kontinuierlichem Sinken der täglichen Zugriffe auf das Video (unten) (YouTube).

II. Anhang

Anhang 1: Beispiel für eine TrueView In-Stream Anzeige, in diesem Fall für Google Chrome mit Companion-Anzeige (Banner oben).

Anhang 2: Beispiel für eine TruwView In-Slate Videoanzeige, vor einem 12 minütigen Video. Es besteht die Auswahl zwischen drei Werbeanzeigen zu Beginn oder zwei Werbeunterbrechungen während des Videos (http://www.knowonlineadvertising.com/wp-content/uploads/2013/02/true-view-ads.jpeg1.png - Aufgerufen am 17.07.2013).

Anhang 3: Beispiel für TrueView In-Search Anzeigen zum Suchbegriff „Finanzen“. Im oberen Anzeigenabschnitt wird der YouTube-Kanal des RWE Konzerns vorgeschlagen, gefolgt von dem Kanal einer Finanzsoftwarefirma. Danach werden erst die eigentlichen Suchergebnisse aufgelistet.

Anhang 4: Beispiel für eine TrueView In-Display Anzeige. Vorschlag für ein Rennspiel während ein Video einer Autoshow abgespielt wird. Unter der Anzeige wird auf weitere Videos der Show verwiesen.

Anhang 5: Beispiel für ein Call to Action-Overlay in einem Video einer Videomarketingagentur, welches auf deren eigentliche Webseite verlinkt. XV

Anhang 6: Anzahl der durch Nutzer geteilten Videos pro Tag von „Gangnam Style“. Glockenförmiger Verlauf (http://www.youtube.com/watch?v=9bZkp7q19f0 - Aufgerufen am 30.06.2013, nicht in Deutschland verfügbar).

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht über YouTubes TrueView-Formate (eigene Darstellung).

Tabelle 2: Dimensionen der Übertragungswege des viralen Marketings (Subramani und Rajagopalan 2003; Übersetzung).

1. Einleitung

I Tube, You Tube, Everybody Tubes.

(Cha et al. 2007: 1)

Ein gewöhnlicher Tag am Bahnhof von Antwerpen, ein nichts ahnender Fahrgast kauft sich an einem Coca-Cola Getränkeautomat einen Softdrink, neben ihm spielt eine Violinistin. Zu seiner erfrischenden Cola erscheint auf dem Touchscreen des Getränkeautomaten eine Mission: “Go to platform 6. You have 70 seconds to unlock the 007 IN YOU!“. Das Geigenspiel ändert sich zu der bekannten James Bond Anfangsmelodie. Der Auserwählte rennt los und muss auf seinem Weg zum nächsten Coca-Cola Automaten etliche Hindernisse und Ablenkungen wie Hunde, Jogger oder alte Bekannte überwinden, wobei ihn am Ende der Mission Karten für die Premiere des neuen James Bond Films erwarten.[1]

Das ganze Szenario wird von versteckten Kameras gefilmt, geschnitten, auf den Coca-Cola YouTube-Kanal hochgeladen und innerhalb kürzester Zeit millionenfach von YouTube Nutzern über Blogs, soziale Netzwerke oder direkt mit Freunden oder Bekannten geteilt. Diese sogenannten viralen Werbevideos werden immer häufiger von der Werbeindustrie eingesetzt, um Nutzer zu motivieren diese selbstständig, ohne weitere Unterstützung und zusätzlichen Kosten für den Werbetreibenden zu verbreiten. Die nötige Nutzerbasis für solche Werbekampagnen zu finden, stellt heutzutage kein Problem mehr dar. YouTube und andere Videoplattformen sind – wie das anfängliche Zitat von Cha et al. verdeutlicht – fest in den Alltag des modernen Menschen integriert. So werden 1 Mrd. Videos täglich über YouTube aufgerufen und 100 Stunden Videomaterial pro Minute auf dessen Servern aus allen Kontinenten hochgeladen. Dies macht YouTube als größte Videoplattform der Welt durch seine Reichweite und die einzigartigen Möglichkeit verschiedenste Nutzergruppen zu erreichen zu einem nicht mehr wegzudenkenden Medium für herkömmliches und virales Online-Videomarketing.[2] YouTube bietet in Zeiten der Informationsflut und des zunehmenden Abstumpfens der Konsumenten gegenüber klassischen Werbeformaten wie TV- oder Printanzeigen neue Möglichkeiten, Werbevideos gezielt einzusetzen, auf die Nutzer abzustimmen und mit diesen direkt zu kommunizieren (Leskovec et al. 2007: 1).

Aufgrund des wachsenden Stellenwertes von Online-Videoplattformen im Leben der Konsumenten und den daraus resultierenden immer vielfältigeren Werbemaßnahmen der Unternehmen auf diesem Markt, liegt die Motivation dieser Bachelorarbeit darin, die verschiedenen Werbestrategien auf Online-Videoplattformen und deren Wirkung auf die Nutzer darzulegen und zu analysieren. Insbesondere gilt es in diesem Zusammenhang die Frage nach den Möglichkeiten der Werbetreibenden auf Online-Videoplattformen, deren effektiven und wirksamen Einsatz und die Akzeptanz der Nutzer gegenüber diesen Kommunikationsmitteln zu erläutern. Zudem ist vor diesem Hintergrund aufzuzeigen, wie Werbeinhalte auf die Nutzer übertragen bzw. wie diese von den Nutzern untereinander weitergeleitet und verarbeitet werden.

Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, ist die Arbeit wie folgt aufgebaut: Kapitel 2 gibt für das grundlegende Verständnis des Rahmens dieser Ausarbeitung und speziell in Bezug auf YouTube einen Überblick über zweiseitige Märkte, deren Aufbau, Funktionsweise und die auf diesen auftretenden Netzwerkeffekte. Anhand dessen wird der Schwerpunkt in Bezug auf zweiseitige Märkte exakt abgegrenzt und eingeordnet, um anhand dieser Ergebnisse die weiterfolgende Analyse einzuleiten.

Zur Einführung in die „Werbewirkung und Werbestrategien auf dem Online-Videomarkt“ erfolgt zu Beginn des 3. Kapitels eine Darstellung des Marktes für Online-Videoplattformen, sowie deren Gegebenheiten und Eigenschaften. Abschließend zu dieser Übersicht folgt eine Ausführung über YouTube allgemein. Hierbei werden die Finanzierung und Inhalte der Plattform genauer beleuchtet. Darauf aufbauend werden YouTubes Werbekonzept TrueView und YouTube Kanäle vorgestellt, um so auf die Wirkung und Akzeptanz von herkömmlichen Internetvideoadvertising überzuleiten, von dem Werbestrategien abgeleitet und formuliert werden können. Das letzte Kapitel widmet sich dem viralen Marketing als besondere Werbestrategie auf Online-Videoplattformen und stellt anhand Rogers formalem und Bass mathematischem Diffusionsmodell die Verbreitung eines viralen Videos in einem sozialen System dar. Im Anschluss erfolgt eine Definition und Abgrenzung des viralen Marketings von herkömmlichen Marketingstrategien und eine Differenzierung der verschiedenen Wirkungsweisen durch Externalitäten. Die Motive einer Person, ein Video zu teilen, sowie verschieden Faktoren zur Bildung dieser Motive, schließen den Hauptteil dieser Arbeit ab. In einem abschließenden Fazit werden die wichtigsten Resultate der Arbeit kurz zusammengefasst und mit einem Ausblick auf künftige Entwicklung abgeschlossen.

2. Zweiseitige Märkte

Viele Menschen nutzen heute Online-Videoplattformen wie YouTube, MyVideo oder Vimeo. Die wenigsten wissen jedoch, dass es sich hierbei um zweiseitige Märkte handelt. Dieses Kapitel liefert einen ersten Überblick über diese Märkte und deren Funktionsweise.

2.1 Definition zweiseitige Märkte

Märkte, auf denen eine oder mehrere Plattformen Interaktionen bzw. Transaktionen zwischen Akteuren unterschiedlicher Marktseiten ermöglichen, und auf denen aufgrund von Externalitäten der Erlös der einen Marktseite, von den Handlungen und Entscheidungen der jeweils anderen abhängt, nennt man Zweiseitige Märkte (Rysman 2009: 126). Doch was genau unterscheidet zweiseitige von einseitigen Märkten? Um dies klarer abgrenzen zu können, geben Rochet und Tirole (2004) eine formalere, jedoch striktere Definition: Erhebt eine Plattform Interaktionsgebühren und für zwei Nutzergruppen,[3] so ist ein Markt zunächst einseitig, wenn das Gesamtvolumen ausschließlich von dem aggregierten Preis ( ) abhängt. Verändert sich bei einem Anstieg von z.B. unter der Prämisse, dass konstant bleibt, spricht man von einem zweiseitigen Markt (Rochet und Tirole 2004: 10).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 : (oben) Klassische Wertschöpfungskette nach Porter auf einseitigen Märkten. Verlauf in eine Richtung. (unten) Vereinfachter Aufbau zweiseitiger Märkte. Kosten und Erlöse entstehen auf beiden Seiten (eigene Darstellung).

Ein weiterer fundamentaler Unterschied von zweiseitigen zu einseitigen Märkten verdeutlicht sich in der Wertschöpfungskette. In einseitigen Märkten liegt die traditionelle Wertschöpfungskette vor.[4] Hierbei läuft die Wertschöpfung von links nach rechts, wobei sich auf der linken Seite die Kosten bzw. der Input befinden. Dieser wird durch Faktorkombination zu einem Output transformiert, durch welchen Umsätze erzielt werden (Abb. 1 oben). Im Gegensatz dazu stehen sich auf zweiseitigen Märkten einer Plattform zwei Nutzergruppen auf jeder Seite gegenüber. Dies führt dazu, dass der Plattform auf jeder Seite Kosten bzw. Umsätze entstehen können. Zu beachten ist, dass nur durch die Existenz einer Plattform nicht auch zwangsweise die Zweiseitigkeit des Marktes gegeben ist, da es sich auch um einen einseitigen Markt im Sinne der oben dargestellten Definition handeln kann (Eisenmann et al. 2006: 2).

2.2 Aufbau und Akteure zweiseitiger Märkte

Charakteristisch für zweiseitige Märkte ist der trianguläre Aufbau, über welchen die Marktteilnehmer in Beziehung zueinander stehen. Der Fokus hierbei liegt auf Plattformen, auf denen die Nutzer durch Interaktion bzw. durch die alleinige Teilnahme am Markt Nutzeninterdependenzen erzeugen (in Abb. 2 durch Pfeile dargestellt). Bei genauerer Betrachtung lassen sich die Akteure zweiseitiger Märkte in vier Hauptgruppen einteilen: Zum einen die Nutzergruppen der beiden Seiten, die über die Plattform agieren, zum anderen die Plattform an sich, welche sich wiederum in die Plattformprovider und Plattformsponsoren unterteilen lässt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 : Darstellung der Dreiecksbeziehung auf zweiseitigen Märkten. Grüne Pfeile stellen die gleichseitigen Netzwerkeffekte, orange die wechselseiteigen Netzwerkeffekte und graue die Kosten und Erlöse, die auf beiden Seiten für die Plattform entstehen können, dar. Kursive Schrift verdeutlicht die Rollenverteilung auf Online-Videoplattformen (eigene Darstellung in Anlehnung an Eisenmann 2007).

Die beiden Seiten, die über Online-Videoplattformen bzw. YouTube miteinander in Beziehung stehen, sind einerseits die Nutzer, welche sich über die Webseite Videos ansehen, und andererseits die Unternehmen, die Werbezeit oder Bannerwerbung bei YouTube kaufen, um diese vor Videos schalten zu können. Während die Nutzung für die Viewer der Plattform kostenlos ist, müssen die Werbetreibenden zahlen. Plattformprovider stellen den primären Kontaktpunkt der Marktteilnehmer mit der Plattform dar und bilden die Grundlage für die Interaktion mit den Nutzern. Aus diesem Grund sind die Videoersteller als Provider der Plattform zu betrachten. So schaffen diese auf Videoplattformen den essentiellen Inhalt, ohne den die Nutzer nicht auf die Plattform zugreifen würden und bilden auf diese Weise den Berührungspunkt mit den Nutzern bzw. werbenden Unternehmen der Plattform (Eisenmann et al. 2007: 1) Plattformsponsoren hingegen stehen in einem indirekten Kontakt mit den Nutzern und gestalten den Kern der Plattform. Sie stellen die Grundregeln für Interaktionen und Transaktionen auf und bestimmen wer in welchem Ausmaß auf die Plattform zugreifen kann. Auch wenn durch eine Begrenzung der Nutzer die Netzwerkeffekte geschwächt werden, ist dies in einigen Fällen nötig, um die Qualität der Plattform zu gewährleisten oder um z.B. exklusive Handelsrechte vergeben zu können. Hierbei ist diese Schwächung auf den Nutzenverlust der Werbetreiben durch die Begrenzung der Nutzerbasis zurückzuführen. Des Weiteren stellen Plattformsponsoren die Infrastruktur und Technologie zum Betreiben der Plattform bereit und sind für deren Wartung und Weiterentwicklung zuständig. Zudem lizenzieren oder subventionieren sie die Provider, um Innovation voranzutreiben und Netzwerkeffekte zu steigern. Unter diesen Gesichtspunkten lässt sich YouTube selbst als Sponsor definieren. Das Unternehmen verwaltet die Website und die Server für die Speicherung und das Zugreifen auf die Videos. Außerdem legt es Grenzen für den Inhalt der hochgeladenen Videos fest und nimmt sich das Recht, diese auch zu löschen, sollten sie gegen die eigenen Richtlinien verstoßen. Zusätzlich beteiligt YouTube mit seinem Partnerprogramm ausgewählte Kanalbetreiber an den Werbeeinahmen der Anzeigen, die als Vorspann zu Beginn deren Videoclips gezeigt werden[5]. Durch dieses Vorgehen schafft YouTube einen Anreiz für die Kanalbesitzer, weitere Videos zu produzieren und hochzuladen und so die nötigen Nutzer an sich zu binden (Eisenmann et al. 2007: 2).

Ob es einen bzw. mehrere Provider gibt oder ob das Unternehmen selbst diese Rolle einnimmt, d.h. inwieweit das Unternehmen die Plattform öffnet, hängt immer von der jeweiligen Unternehmensstrategie ab. Bei Betrachtung des klassischen Laptopmarktes nimmt Apple beispielsweise beide Rollen ein, indem es die Hard- und die Software kontrolliert während Microsoft nur die Software entwickelt, also nur die Sponsorenrolle innehält und die Entwicklung der Hardware größtenteils anderen Unternehmen wie z.B. IBM oder HP überlässt. Für Videoplattformen wird dieser Zusammenhang durch Abb. 2 noch einmal verdeutlicht (Parker und van Alstyne 2008: 1). [6]

2.3 Netzwerkeffekte und Preissetzung

Wie zuvor bereits angedeutet, sind Netzwerkeffekte ein wichtiges Merkmal von zweiseitigen Märkten und tragen signifikant zu deren Funktionsweise bei. Armstrong (2006: 1) unterscheidet hierbei zwischen gleichseitigen und wechselseitigen Netzwerkeffekten. Erstere liegen dann vor, wenn der Nutzen, den ein Individuum durch den Beitritt einer Plattform erfährt, von der Anzahl der Nutzer auf derselben Seite abhängt (Abb. 2: grüne Pfeile). Wechselseitige Netzwerkeffekte hingegen beschreiben den Nutzen, den ein Markteilnehmer auf einer Marktseite durch die Präsenz der Individuen auf der anderen Marktseite erfährt (Abb. 2: orange Pfeile). Gleichseitige und wechselseitige Netzwerkeffekte werden in der ökonomischen Literatur auch als direkte bzw. indirekte Netzwerkeffekte bezeichnet, wobei die Abgrenzung zwischen diesen beiden Arten nicht immer eindeutig ist (Katz und Shapiro 1985: 1).

Speziell wechselseitige Netzwerkeffekte sind charakteristisch für zweiseitige Märkte und spielen eine essentielle Rolle bei der Preissetzung. Im Unterschied zu der Preissetzung auf einseitigen Märkten, wo diese hauptsächlich von der Nachfrageelastizität und den Grenzkosten abhängt, muss auf zweiseitigen Märkten zusätzlich die Elastizität einer Seite in Bezug auf einen Rückgang bzw. Zuwachs von Akteuren der anderen Seite sowie die Preisentscheidung für die gegenüberliegende Seite berücksichtigt werden. Eine Folge für preispolitische Entscheidungen und typisch für zweiseitige Märkte ist die Quersubventionierung. Dies bedeutet, dass die elastischere Seite oder auch die Seite des Marktes, von der ein hoher wechselseitiger Netzwerkeffekt ausgeht, einen relativ niedrigen oder auch keinen Preis für die Nutzung der Plattform zahlen muss. Dies wiederum zieht noch mehr Nutzer auf die Plattform, die demnach eine Subvention erhalten. Die gegenüberliegende, unelastischere Seite hingegen muss, um auf die Nutzerbasis der anderen Seite zugreifen zu können, relativ hohe Kosten tragen. Es findet hier demnach eine Umwälzung der Kosten der Subvention auf diese Seite statt (Rysman 2009: 129).

Insbesondere auf Videoplattformen lassen sich diese Effekte und Strategien beobachten. Der Nutzen bzw. die Zahlungsbereitschaft der Werbetreibenden steigt, je mehr Nutzer sich Videos ansehen und hochladen, da sie aufgrund dessen eine immer größere Konsumentengruppe erreichen können. Hier liegen dementsprechend wechselseitige Netzwerkeffekte vor. Auf der Nutzerseite entstehen gleichseitige Netzwerkeffekte. Je mehr Nutzer Videos hochladen, desto größer ist der Nutzen für diese Gruppe, den sie aus der größeren Auswahl an Videos ziehen. Die Videoplattformen verlangen weder eine Zugangs- noch eine Transaktionsgebühr von den Nutzern, welche sich den Inhalt somit umsonst anschauen können. Die Werbetreibenden jedoch müssen, wie z.B. im Falle von YouTube, für jeden Klick, der von einem Nutzer auf eine ihrer Anzeigen getätigt wird, eine Gebühr zahlen.[7] Hier zeigt sich die Quersubventionierung. Die Nutzergruppe ist sehr preiselastisch. Würde YouTube eine Gebühr einführen, so würden diese einfach auf eine andere Videoplattform wechseln, auf der ihnen keine Kosten entstünden. Für die Werbetreibenden wäre YouTub­e wegen seiner schwindenden Nutzerzahl weniger attraktiv, so dass sie ihre Werbemaßnahmen auf der Plattform nach und nach einstellen würden (Rysman 2009: 129).

2.4 Schwerpunkte der Arbeit

Der Fokus dieser Arbeit im Rahmen zweiseitiger Märkte liegt vor allem auf der Seite der Nutzer bzw. auf der Weiterleitung von Informationen z.B. Werbeinhalten seitens der Werbetreibenden und deren Akzeptanz und Auswirkung auf die Nutzer. Im Folgenden wird vor dem Hintergrund von Videoplattformen – besonders YouTube – gezeigt, welche Werbekommunikationsmaßnahmen auf diesen eingesetzt werden und wie diese sich auf die Nutzer auswirken. Insbesondere bei viralem Marketing spiele sowohl gleichseitige als auch wechselseitige Netzwerkeffekte eine große Rolle. Der Erfolg oder genauer gesagt die Absicht eine virale Kampagne zu starten, hängt essentiell davon ab, wie viele Nutzer sich auf der Zielseite befinden und wie diese die Information bewerten und untereinander weitergeben. Um diese Effekte zu verdeutlichen, wird auf die Wirkungsweise und strategische Ausführung des viralen Marketings Bezug genommen.

3. Der Online-Videomarkt und Werbung auf YouTube

3.1 Eine Marktübersicht

Dieses Kapitel gibt einen Überblick über den Online-Videomarkt. Zu diesem Zweck werden zu Beginn die einzelnen Bestandteile definiert und die Struktur des Marktes bzw. dessen Besonderheiten von der Internetnutzung bis hin zu demographischen Grundlagen dargestellt. Zum Schluss wird darauf aufbauend speziell auf YouTube eingegangen.

3.1.1 Definition und Abgrenzung

Ein Online-Video wird in dieser Arbeit als jedes Video definiert, das sich durch über das Internet gestreamten audiovisuellen Inhalt auszeichnet. Darunter fallen auf Webseiten digital hinterlegte Filme und Videoaufnahmen, die über spezielle Software auf diesen eingebunden und von den Nutzern abgespielt und angesehen werden können. Hierzu gehören sowohl progressive Downloads[8] als auch Live-Streams (Statista-Dossier 2012: 15). Live-Streams unterscheiden sich von Komplett-Downloads, indem sie, anstatt das Video permanent auf dem Speichermedium zu hinterlegen, dieses nur temporär speichern und so eine Wiedergabe des Inhalts bereits während der Übertragung in Echtzeit ermöglichen.[9] Insbesondere Videos auf YouTube und anderen Videoplattformen werden per Livestream aufgerufen. Vor allem die zunehmende Digitalisierung von Daten, immer schnellere Internetanschlüsse auf der ganzen Welt, sowie die Verbreitung von Internetflatrates und zunehmende Internetnutzung fördern diese Form der Informationsübertragung und machen Komplett-Downloads gerade im Zusammenhang mit Online-Videos zunehmend hinfällig (Zukunft Digital 2008: Teil 1, 7). Videoplattformen, deren Geschäftsmodell und Funktionsweise auf dem Streaming von Videos beruht, profitieren entscheidend von dieser Entwicklung, wie später in diesem Kapitel noch gezeigt wird.

Das Angebot an Online-Videos lässt sich in vier Hauptkategorien unterteilen: 1) Videoportale, 2) Mediatheken, 3) Live-Fernsehen im Internet und 4) Video-on-Demand (Statista-Dossier 2012: 9).[10] Auf Videoportalen können Nutzer einerseits Videos hochladen, andererseits diese auf einen kostenlosen Player über das Internet übertragen. Neben Inhalten wie Fernsehmitschnitten und nicht selbsterstellten Liedern oder Bildern, setzt sich das Angebot auf diesen Portalen auch aus dem User Generated Content zusammen. Der Begriff User Generated Content, zu Deutsch, Nutzergeneriete Inhalte, steht für Medieninhalte, die nicht von kommerziellen bzw. professionellen Anbietern oder Organisationen hergestellt wurden, sondern von den Nutzern einer Videoplattform. Diese meist kurzen Videos werden auf Videoportalen wie YouTube oder Vimeo veröffentlicht (Kaumanns und Siegenheim 2008: 5). Im Gegensatz dazu werden die Inhalte in klassischen Video-on-Demand Systemen wie Apples Videothek oder Lovefilm nur von dem Betreiber bereitgestellt. Der Inhalt ist meist umfassend, stammt aus professionellen Produktionen und wird dem Nutzer in den häufigsten Fällen gegen eine Gebühr für einen bestimmten Zeitraum bereitgestellt (Cha et al. 2007). Unter Mediatheken sind in diesem Fall Online-Archive zu verstehen, die ihre Videos dem Nutzer meistens kostenlos und unter Einblendung von Werbung zur Verfügung stellen. Oft handelt es sich dabei um Sender-Mediatheken wie die von ARD oder Pro 7, aber auch WebTV-Sender wie Spiegel.TV oder Mediatheken zu bestimmten Fachgebieten.[11] Die meisten Fernsehsender bieten heutzutage auch an, einige ihrer Inhalte live über das Internet mitzuverfolgen. Aber auch exklusive Übertragungen ausschließlich über das Internet nehmen immer stärker zu. Hierzu zählen z.B. der Red Bull Atmosphärensprung auf YouTube oder verschiedene Sportevents wie Squash oder UFC (Statista-Dossier 2012: 8). Natürlich gibt es auch noch Streaming-Provider wie beispielsweise KinoX oder Movie2k, die illegal Inhalte (Kinofilme und Serien) zur Verfügung stellen, oder Webseiten mit pornographischen Inhalten. Auf diese wird jedoch in der folgenden Analyse kein Bezug genommen.

3.1.2 Struktur des Online-Videomarktes

Betrug der Anteil der Bevölkerung Deutschlands, der das Internet nutzt, in 2001 nur 37% der Gesamtbevölkerung (80,3 Mio. Einwohner), so sind es heute schon über 76%.[12] Bei einer genaueren Betrachtung der Altersstruktur fällt auf, dass nur 6% der unter 60-Jährigen zu den Nichtnutzern des Internets gehören, während es bei den über 60-Jährigen 55% sind. Tendenziell ist noch ein leichtes Wachstum in der Internetnutzung zu erkennen, welches jedoch nicht so stark wie in den Vorjahren ausfällt.[13] Diese Zahlen sollen einen groben Eindruck darüber vermitteln, welcher potenzielle Anteil der deutschen Bevölkerung auf den Online-Videomarkt Zugriff hat, wie dieser in der Bevölkerung verteilt ist, und wie zukünftige Entwicklungen aussehen könnten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 : Anteilige Nutzung des legalen Angebots von Online-Videos in Deutschland 2011. Der nicht abgebildete Anteil der Befragten griff auf illegale oder keines der Angebote zurück (eigene Darstellung in Anlehnung an den Statista-Dossier 2012, Seite 8).

Eine Umfrage zur Nutzung des legalen Online-Videoangebotes aus dem Jahre 2011 ergab folgende Verteilung: 34,1% der Befragten griffen auf User Generated Content zu, wobei kommerzielle Inhalte auf Videoplattformen in dieser Umfrage außeracht gelassen wurden. Zudem besuchten 23,4% der Befragten Mediatheken und weitere 7,5% nutzten Live-Fernsehe-Angebote im Internet. Nur 3,8% sahen sich Inhalte von Video-On-Demand Plattformen an, wobei der Rest der Befragten auf illegale Inhalte oder auf keines der genannten Angebote zurückgriff. Prognosen lassen einen weiteren signifikanten Anstieg der Nutzung des Online-Videoangebots über die nächsten Jahre vermuten, welcher jedoch nicht so stark wie in den Vorjahren ausfallen wird (Statista-Dossier 2012: 8).

[...]


[1] http://www.youtube.com/watch?v=RDiZOnzajNU - Coca Colas „Unlock the 007 in you“, aufgerufen am 12.08.2013.

[2] http://www.youtube.com/yt/press/statistics.html - Aufgerufen am 18.07.2013.

[3] Buyer und Seller in Rochet und Triols Definition (2004).

[4] Siehe auch Wertschöpfungskette nach Porter (1985).

[5] Näheres dazu in Kapitel 3.2.

[6] Eine detaillierte Analyse von Strategien, die sich mit „Openess“ verschiedener Marktseiten befassen, lässt sich in Eisenmann (2007) nachlesen.

[7] http://www.youtube.com/yt/advertise/de/trueview.html - Aufgerufen am 25.07.2013.

[8] Progressive Downloads können im Gegensatz zu Live-Streams aufgrund ihres Übertragungsprotokolls nicht vor oder zurück gespult werden. Quelle: (Fußnote 8).

[9] http://web.archive.org/web/20100818043044/http://dowire.org/wiki/Streaming_vs_Progressive_Download - Aufgerufen am 17.06.2013.

[10] User Generated Content und Video-on-Demand werden als feststehende Begriffe im Marketing verwendet.

[11] http://www.deutsche-mediatheken.de/was-ist-eine-mediathek - Aufgerufen am 21.07.2013

[12] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/13070/umfrage/entwicklung-der-internetnutzung-in-deutschland-seit-2001/ - Aufgerufen am 15.06.2013.

[13] http://www.forschungsgruppe.de/Aktuelles/Internet-Strukturdaten/ - Aufgerufen am 15.06.2013.

Ende der Leseprobe aus 65 Seiten

Details

Titel
Werbestrategien und Werbewirkung auf Online-Videoplattformen. Eine Analyse im Kontext zweiseitiger Märkte
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
65
Katalognummer
V320894
ISBN (eBook)
9783668201682
ISBN (Buch)
9783668201699
Dateigröße
1136 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Anmerkung des Dozenten: Die Arbeit erfüllt alle formalen Anforderungen der Professur. Einzelne Kapitel sind sehr gut strukturiert. Die Arbeit zeichnet sich in den deskriptiven Teilen durch eine akribische Recherche und eine sowohl sprachlich als auch ökonomisch präzise Darstellung aus. Herr Gerhardt nimmt dabei eine gute Selektion der für den Kontext relevanten Daten und Literatur vor. Die Literaturarbeit im Allgemeinen ist für eine Bachelor Arbeit sowohl in Breite als auch Tiefe außergewöhnlich gut.
Schlagworte
Virales Marketing, YouTube, Diffusion, Onlinemarking, Diffusionsprozesse, Werbewirkung, Videoplattform, Zweiseitige Märkte, Internetvideoadvertising, Bass Modell, Onlinevideo, Plattformmärkte
Arbeit zitieren
Johannes Gerhardt (Autor:in), 2013, Werbestrategien und Werbewirkung auf Online-Videoplattformen. Eine Analyse im Kontext zweiseitiger Märkte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/320894

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