Märchen im DaF Unterricht. Ziele und Vorschläge für die Verwendung von Märchen im Fremdsprachenunterricht


Seminararbeit, 2015

13 Seiten, Note: 1

Klara Wäscher (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Geschichte der Märchen

Verschriftlichung

Definition

Vladimir Propp

Der Gebrauch literarischer Texte im Fremdsprachenunterricht

Ziele der Verwendung und Vorschläge für die Verwendung des Märchens im

Fremdsprachenunterricht

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

In der vorliegenden Arbeit möchte ich untersuchen, warum im Fremdsprachenunterricht gut mit Märchen gearbeitet werden kann. Natürlich finden Märchen auch im DAZ- Unterricht ihre Verwendung. Diese Arbeit beschäftigt sich jedoch eher mit dem Lesen und Bearbeiten im DaF-Unterricht, da meiner Meinung der interkulturelle Aspekt im DaZ-Unterricht einen höheren Stellenwert haben muss.

Die Frage danach, ob Literatur im Sprachenunterricht eine gute Methode, um Sprachen zu lernen ist, wurde schon mehrmals in der Wissenschaft diskutiert. Viele sprechen sich dagegen aus, andere plädieren auf die Authentizität. Nun stellt sich die Frage nach den Pro- und Contra-Punkten. Sind literarische Klassiker zu anspruchsvoll und vielleicht auch zu unzugänglich für die Lernenden? Haben Märchen die gleiche Funktion, wie Romane oder andere Gattungen? Und können Märchen auch in der Erwachsenenbildung verwendet werden? Für mich war von Anfang an klar, dass Märchen sehr gut in den Fremdsprachenunterricht passen. Es herrscht eine ganz eigene Stimmung, die mich nicht nur an die Märchenlesestunden meiner Kindheit erinnert, sondern auch ein gewisses Interesse an der Entstehung und eigentlichen Funktion des Märchens erweckt. Die Tatsache, dass Märchen die Fantasie anregen und vielen Menschen Freude bereiten, kann als Begründung für die Verwendung von Märchen im DaF Unterricht sein.

Am Anfang dieser Arbeit werde ich einen kurzen Überblick über die Geschichte des Märchens geben, danach wird auf die Form eingegangen und dann widme ich mich der Frage, warum Märchen gute Texte für den Fremdsprachenunterricht darstellen.

Geschichte der Märchen

Märchen wurden anfänglich nur mündlich überliefert und gingen aus Legenden hervor. Die Herkunft dieser Erzählform wirft immer noch etliche Fragen auf. Es gibt einige Theorien hierzu. Die Gebrüder Grimm sahen Märchen als Überreste alter Götter- und Heldensagen und behaupteten, dass sie hauptsächlich indogermanisches Erbgut wären. Der Sanskritexperte Theodor Benfey widerlegte diese Theorie mit dem altindischen Märchen- und Fabelbuch „Pantschatantra“ und nennt Indien als Ursprungsland der Märchens. Bald wurde diese Auffassung jedoch als einseitige Ansicht abgewertet, da es noch anderen Märchenzentren gab, wie beispielsweise den keltischen Kulturkreis. Eine Position, die ein völlig anderes Ziel verfolgt, vertraten J. Bedier, E.B. Taylor und H.

Neumann. Sie stellten fest, dass es bestimmte Urideen und -bilder gab, die Grundstoff vieler verschiedener, geographisch teilweise weit auseinander liegender Kulturen waren. Trotz der unterschiedlichen Ansätze liegen die Anfänge des Märchens im Dunkeln. Ursprünglich stellte eine Mär eine kurze Erzählung dar und war, sowie viele Diminutive, eher negativ konnotiert. Der Begriff wurde auf unwahre und erfundene Geschichten angewandt und erhielt erst im 18. Jahrhundert eine Aufwertung. Französische Feenmärchen und orientalische Geschichten, wie „Tausend und eine Nacht“, beeinflussten den Literaturbetrieb stark. Nachdem die Stürmer und Dränger die Volksdichtung für sich entdeckten, erlebte das Volksmärchen im 19. Jahrhunderts den Höhepunkt seines Erfolgs. Es wurden zahlreiche Sammlung deutscher Volksmärchen herausgegeben. Diese Geschichten wurden am Abend in den Gesinde- und Spinnstuben erzählt.

Verschriftlichung

Als sie dann von den Gebrüder Grimm schriftlich fixiert wurden, nahmen noch andere Komponenten Einfluss auf die Geschichten.

In der ersten Fassung ist noch zu erkennen, dass die Ausdrücke der Erzählenden noch großteils beibehalten wurden. Bei der zweiten Bearbeitung wurden die Märchen bereits ausgeschmückt und für Kinder umgeschrieben. Bürgerliche Tugenden, religiöse Motive vereint mit den ursprünglichen Erzählungen ergeben ein eigenes Buchmärchen. Zu den Grimm'schen Märchen zählen auch eigens Erfundene, wie man am Beispiel des Sterntaler Märchens feststellen kann.

Nach den Brüdern Grimm trugen auch viele andere Märchensammler deutsche Volksmärchen zusammen. Einige Beispiele dafür sind Kinder und Hausmärchen aus Süddeutschland (1854) und Märchen aus Tyrol (1859) sammelten die Brüder Ignatz und Joseph Zingerle. Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz (1865) sammelte Otto Sutermeister. Deutsche Märchen seit Grimm (1912/1923) und Deutsche Märchen aus dem Donauland (1926) legte Paul Zaubert vor.

Als einer der erfolgreichsten Märchenerzähler des 19. Jahrhunderts, ist Ludwig Bechstein1 zu nennen. Der Wunderreichtum zeichnet seine Märchensammlungen aus. Er war der Überzeugung, dass das beste Märchen im Kindermärchen zu finden sei und war sich über den pädagogischen Wert bewusst.2

In den 1960er Jahren entstanden viele Märchenneubearbeitungen in Form von Gedichten, Theaterstücken, Monologen und Filmen. Die Umbruchstimmung dieser Zeit spiegelte sich auch in den Märchen wider. Die Zauberwelt der Märchen wurde der Realität gegenüber gestellt. Märchenmotive wurden verwendet um aktuelle Themen, wie die politische Lage, zu verarbeiten. Viele dieser Bearbeitungen lösten Empörung aus.

Die Tatsache, dass solche alten Erzählungen in eine neue Rahmenhandlung eingebettet werden können, zeugt von Zeitlosigkeit.3 Es wurden alte Märchensujets aufgegriffen und damit ein Netz aus intertextuellen Verknüpfungen erstellt.

Definition

Heute können Märchen noch in zwei Unterkategorien unterteilt werden. Einerseits das Kunstmärchen, welches sich durch den bekannten Autor auszeichnet und andererseits das Volksmärchen, dessen Verfasser nicht bekannt ist. Die bekanntesten Verfasser von Kunstmärchen sind Wilhelm Hauff und Hans -Christian Andersen. Diese Form ist jedoch nicht Gegenstand der Märchendiskussion.

Märchen beschreibt Lüthi als Verkleinerungsformen der Mär (ahd mârî; mhd. maere f. - Kunde, Bericht, Erzählung, Gerücht).

Der deutsche Begriff bezieht sich auf eine Gattung, die nicht mit Legenden, Sagen, Mythen und Fabeln gleichgesetzt werden kann. In anderen Sprachen, wie beispielsweise im Englischen (tale), im Französischen (conte) oder im Italienischen (conto), besitzt die Bezeichnung eher eine allgemeine Bedeutung.

Betrachtet man Antti Aarnes Typenregister versteht man unter Märchen Zauber und Wundermärchen.4

Bolte und Polivka beschreiben das Märchen folgendermaßen:

„Unter einem Märchen verstehen wir seit Herder und den Brüdern Grimm eine mit dichterischer Phantasie entworfene Erzählung besonders aus der Zauberwelt, eine nicht an die Bedingung des Lebens geknüpfte wunderbare Geschichte, die hoch und niedrig mit Vergnügen anhören, auch wenn sie diese unglaublich finden.“5

Das Wunderbare dieser Zauberwelt zeigt sich in Gegenständen oder Personen, denen Zauberkräfte zugesprochen werden, in Umwandlungen von Mensch in Tier und Tier in Mensch, in Erlösungen aus Verzauberungen, in der Rückkehr aus dem Scheintod, usw. Das Wunderbare ist genauso selbstverständliche wie das Alltägliche. Die Figuren des Märchens gehören immer einem dieser Bereiche an. Auf der einen Seite gibt es Hexen, Teufel und Zwerge und auf der anderen Müller, Prinzessinnen und Ritter. Ein weiteres Kriterium des Märchens ist die zeitliche und räumliche Unbestimmtheit, sowie die Wiederholungsstruktur, die sich oft im Dreierschritt äußert (z.B. drei Prüfungen, drei Rätsel) und auch die Verwendung von Gegensätzen und Weltpolaritäten (Gut und Böse). Diese einfache Struktur führt zu einem weiteren wichtigen Kriterium. Das Märchen wurde vor seiner Verschriftlichung mündlich überliefert. Diese Tatsache ist der Grund für die einfache Sprache und die Wiederholungen.

Das Märchen beginnt typischerweise mit einem Mangel, wie zum Beispiel dem Wunsch nach einem Kind oder Armut. Dieser Mangel wird aufgehoben, es kommt zu einer Verbotsverletzung, welche die eigentliche Handlung einleitet. Am Ende kommt es immer zu einer Auflösung der Probleme. Motive sind meist die böse Stiefmutter, der verzauberte Prinz, ein kinderloses Ehepaar oder eine Heirat. Eines der wichtigsten Motive ist der Reifeprozess, welcher sich durch das Durchlaufen von Prüfungen und Stationen der Heldin / des Helden vollzieht. Des Weiteren gibt es noch die Motive Tod (Hänsel und Gretel) oder Glück (Frau Holle).6

Vladimir Propp

Vladimir Propp bemängelt in seiner 1928 entstandenen Studie, die Strategien der Märchenforschung von Grund auf. Es fände eine Einteilung statt, jedoch sei diese Einteilungsstrategie nicht anhand von Märchen entwickelt worden. Propp greift die Theorie Antti Aarnes auf. Märchen müssten zunächst ausführlich beschrieben werden, um Elemente herauszuarbeiten, anhand denen man auch interkulturelle Vergleiche anstellen könne.

„Wir können aber behaupten, daß es ohne ausgesprochen morphologische Untersuchungen auch keine wirkliche historische Forschung geben kann. Solange wir ein Märchen nicht in seine Bestandteile zerlegen können, wird es keine echt Vergleichsbasis geben.“ 7

[...]


[1] Thüringische Volksmärchen (1823), Deutsches Märchenbuch (1845) und Neues Deutsches Märchenbuch (1856)

[2] Viera Lagerová (2010), S.89f

[3] Rurainski (2007), S.241

[4] Lüthi (2004), S.1 - 3

[5] vgl. Bolte und Polivka (1992), S.4

[6] Ehlers, S.65f

[7] vgl. Propp (1975): S.23

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Märchen im DaF Unterricht. Ziele und Vorschläge für die Verwendung von Märchen im Fremdsprachenunterricht
Hochschule
Universität Wien  (Germanistik)
Note
1
Autor
Jahr
2015
Seiten
13
Katalognummer
V321173
ISBN (eBook)
9783668204119
ISBN (Buch)
9783668204126
Dateigröße
553 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Märchen, DaF
Arbeit zitieren
Klara Wäscher (Autor:in), 2015, Märchen im DaF Unterricht. Ziele und Vorschläge für die Verwendung von Märchen im Fremdsprachenunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321173

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