Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung.
2. Der Humor von Monty Python.
2.1. Anachronismus.
2.2. Juxtaposition.
2.3. Dekonstruktion und Entmystifizierung.
3. Schluss.
4. Literaturverzeichnis / Bibliographie..
1. Einleitung
Als sich 1969 fünf britische Komiker mit einem amerikanischen Filmregisseur und Drehbuchautor unter dem Namen „Monty Python“ zusammenschließen, ahnt noch keiner, wie erfolgreich diese Truppe werden wird. John Cleese, Graham Chapman, Eric Idle, Terry Jones, Michael Palin und Terry Gilliam produzieren zunächst eine außergewöhnliche Comedy Show namens „Monty Python’s Flying Circus“. Die Show besteht aus lose zusammenhängenden Sketchen. Aufgrund des absurden, ungewöhnlichen, oft schwarzen und sehr britischen Humors, trifft die Komikertruppe allerdings auf sehr geteilte Meinungen. Die einen lieben sie, die anderen hassen sie. Letzen Endes sorgt aber die, gerade bei jungen Leuten, hohe Begeisterung für Monty Python dafür, dass die Show nicht abgesetzt wird und insgesamt vier Staffeln produziert werden. Außerdem wenden sich die Pythons auch dem Filmgeschäft zu und produzieren nach und nach drei Filme: „Monty Python and the Holy Grail“, „Life of Brian“ und „The Meaning of Life“. Alle drei sind immer noch erfolgreich und gelten heutzutage für viele Leute fast als Kulturgut. Jedoch waren die Pythons auch heftiger Kritik ausgesetzt: So gab es Zuschauer, die ihnen vorwarfen, sie wären vulgär und ihre Witze flach. Gerade nach „Life of Brian“ schlug ihnen eine Welle der Empörung von Seiten der Kirche entgegen. Es fällt also auf, dass der Humor von Monty Python scheinbar nicht immer (sofort) „funktioniert“ und dass es durchaus eine Weile dauern kann, bis man dahinter kommt, was eigentlich gerade so lustig ist. Daher stellt sich die Frage: „Wie genau funktioniert der Humor von Monty Python?“. In ihren Sketchen spielt die nicht immer auf eine Pointe hinauslaufende Dramaturgie eine Rolle, andererseits aber auch Tabubrüche, Übertreibungen und schwarzer Humor. In ihren Filmen kommen vor allem Anachronismen, Juxtapositionen, sowie Dekonstruktion und Entmystifizierung zum Einsatz. In dieser Arbeit beschäftige ich mich mit den Filmen „Monty Python and the Holy Grail“ und „Monty Python’s Life of Brian“ und ziehe jeweils drei Szenen als Analysebeispiel für die oben genannten Humorelemente heran.
2. Der Humor von Monty Python
Generell ist zu sagen, dass sich über Humor, ebenso wie über Geschmack, streiten lässt. Was Monty Python betrifft, so scheiden sich hier wahrlich die Geister: die einen lieben sie und halten sie nicht nur für lustig, sondern geradezu brillant - die anderen verurteilen sie als vulgär, blasphemisch, respektlos und keineswegs witzig. Die Anzahl der Monty Python-Liebhaber ist jedoch bei weitem höher, ebenso die Anzahl positiver Kritiken, Aufsätze und Artikel zu ihren Filmen „Monty Python and the Holy Grail“ und „Monty Python’s Life of Brian“. Ich werde mich im Folgenden hauptsächlich auf die in „Cinema Arthuriana“ erschienenen Texte von David D. Day und Donald L. Hoffmann beziehen, um drei der Humorelemente näher zu erläutern, die Monty Python regelmäßig verwenden.
2.1. Anachronismus
Der Begriff Anachronismus kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Verwechslung der Zeiten“ (Brockhaus Wissenservice online). Gemeint ist die versehentliche oder, wie bei den Pythons, bewusst falsche zeitliche Einordnung von Ereignissen. Anachronismen werden gezielt verwendet, um satirische Effekte und Erheiterung zu erzeugen. Meist werden dabei moderne Ansichten oder Werte mit einer anderen Zeit kontrastiert, um so entweder die Vergangenheit oder die Gegenwart zu parodieren - oder beides.
Die häufigsten Anachronismen finden sich daher in Werken, deren Story zwar fiktiv ist, aber auf historisch authentischem Hintergrund basiert. Anachronismen sind eines der bedeutendsten Elemente pythonesken Humors und kommen sowohl in „Monty Python and the Holy Grail“ als auch in „Monty Python’s Life of Brian“ massiv zum Einsatz - meist in Verbindung mit Juxtapositionen zur Verstärkung des Effekts.
Eines der besten Beispiele für die komische Wirkung von Anachronismen in „Monty Python and the Holy Grail“ ist die Szene, in der König Artus auf Dennis den Bauern trifft (Monty Python and the Holy Grail, 8:33). Zunächst sehen wir König Artus, wie er mit seinem Knappen Patsy über eine Kuppe auf ein Schloss zureitet, während im Bildvordergrund zwei Bauern im Dreck wühlen. Als König Artus sich einem der Bauern von hinten nähert, spricht er ihn mit „old woman“1 an und möchte von ihm wissen, wem das Schloss gehört das im Hintergrund zu sehen ist. Der Bauer reagiert sehr verärgert darauf und weist Artus darauf hin, dass er keine Frau sei und obendrein erst 37. Außerdem wolle er mit seinem Vornamen angeredet werden. Es kommt zu einer Diskussion in deren Verlauf Artus versucht, zu erfahren, wer der Besitzer des Schlosses sei und den Bauern klar zu machen, dass er ihr König sei. Diese reagieren darauf jedoch mit völligem Unverständnis und geben ihm zu verstehen, dass sie erstens „[…]an anarcho- syndicalist commune“ seien und ihn zweitens nicht gewählt hätten. David D. Day kommentiert das in seinem Artikel mit den Worten: „ […] we all have certain ideas (variously derived) about how peasants behaved in the Middle Ages towards their betters“(Day, 2002, 129). Deshalb erscheint es uns mehr als seltsam und überaus lustig, wie der Bauer Dennis auf die Fragen seines Königs reagiert. Des Weiteren wehrt sich Dennis dagegen, dass Artus ihn wie einen Untergebenen behandelt und wirft ihm vor, die Arbeiter auszubeuten und an einem überholten imperialistischen Dogma festzuhalten. Dennis‘ Frau mischt sich nun auch ein und fragt ihn, wer er denn überhaupt sei. Auf seine Aussage, er sei der König der Briten antwortet sie, wie er dazu käme und dass sie ihn nicht gewählt habe. König Artus erklärt daraufhin wie er „King of the Britons“ wurde:
“The Lady of the Lake...
[angels sing]
...her arm clad in the purest shimmering samite, held aloft Excalibur from the bosom of the water signifying by Divine Providence that I, Arthur, was to carry Excalibur.
[singing stops]
That is why I am your king!”
Hier fällt Dennis ihm ins Wort und erwidert:
“Strange women lying in ponds distributing swords is no basis for a system of government. Supreme executive power derives from a mandate from the masses, not from some farcical aquatic ceremony. […] you can't expect to wield supreme executive power just 'cause some watery tart threw a sword at you!”
Im weiteren Verlauf der Diskussion breiten die beiden Bauern ihre marxistischen Theorien vor Artus und Patsy aus, woraufhin Artus immer ungehaltener und schließlich sogar handgreiflich wird, Dennis schüttelt und ihn anbrüllt: „Shut up! Bloody peasant! “. Darauf verkündet dieser lautstark: „Come and see the violence inherent in the system! Help, help! I'm being repressed!” Dieses Aufeinandertreffen zweier so gegensätzlicher Ansichten über Macht und Rechtfertigung von Macht aus zwei so unterschiedlichen Epochen erscheint dem Zuschauer als bizarr und daher komisch. Ein Bauer im mittelalterlichen England, der seinen König nicht nur nicht respektiert, sondern dessen Ansichten als überholt und veraltet bezeichnet, versetzt den Zuschauer in Erstaunen und löst so Heiterkeit aus.
Auch in „Monty Python’s Life of Brian“ bediente sich die Truppe dieser Technik und es entstand eine besonders skurrile Szene: Auf der Flucht vor römischen Soldaten stürzt Brian von einem Turm (Monty Python’s Life of Brian, 42:55). Er wird von einem futuristischen Flugobjekt aufgefangen, das von zwei Aliens gesteuert wird. Das Raumschiff verlässt die Erde und wird im Weltraum von einem zweiten unter Beschuss genommen, so dass es schließlich abstürzt. Natürlich zerschellt es direkt neben dem Turm und Brian steigt unbeschadet und von der Situation völlig unbeeindruckt aus den Trümmern. Ein Mann der die Szene beobachtet hat, nennt ihn „lucky bastard“. Kaum hat er es gesagt, kommen aber schon die Römer wieder vom Turm herab und Brian muss erneut fliehen. Auch in dieser Szene führt der gezielt eingesetzte Anachronismus eines Raumschiffs in einem Film über Judäa im Jahre 33 v.Chr. zu einem extrem komischen Effekt. Das Auftauchen eines Raumschiffs in einem so eindeutig falschen zeitlichen Kontext erstaunt nicht nur, sondern ist so abstrus und bizarr, dass man gar nicht anders kann als zu lachen und sich vielleicht sogar zu fragen, ob die Schreiber des Drehbuchs zu diesem Zeitpunkt nicht etwa doch ein bisschen zu viel Wein erwischt hatten! Und wie immer wenn es um den Humor von Monty Python geht, kann man sich nie ganz sicher sein, ob sie das Raumschiff nun gezielt einsetzten oder ob diese Szene vielleicht sogar völlig zufällig und aus einer Laune heraus entstand. Fest steht nur, dass sie ebenso wie die Szene zwischen Dennis und Arthur, sehr komisch ist.
[...]
1 Alle Drehbuchzitate in dieser Arbeit stammen aus: Monty Python and the Holy Grail: Film Script von Adam Jones