Wie beeinflusst ein Migrationshintergrund die Einkommensunterschiede bei Männern und Frauen? Eine Datenanalyse anhand des SOEP 2012


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

34 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhalt

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Einkommensunterschiede
2.2 Migration

3. Forschungsfrage und Hypothesen

4. Vorstellung des Datensatzes SOEP

5. Arbeit mit dem Datensatz
5.1 Univariate Statistik
5.2 Bivariate Statistik
5.3 Multivariate Statistik

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Häufigkeiten Geschlecht

Tabelle 2: Häufigkeiten. Migrationshintergrund

Tabelle 3: Häufigkeiten Alter.

Tabelle 4: Häufigkeit Bildung. nach.Casmin.-.Standard

Tabelle 5: Häufigkeiten Erwerbstyp .

Tabelle 6: Häufigkeit HHN

Tabelle7: Kreuztabelle. Bildung. und. HHN

Tabelle 8: Kreuztabelle.HHN.und.AItersklassen

Tabelle 9.1: Kreuztabelle Frauen nach HHN und MigrationshÎntergnjnd

Tabelle 9.2: Kreuztabelle Männer nach HHN und M¡grat¡onshintergшnd

Tabelle 10: Kreuztabelle Erwerbstyp und M¡grationslnintergπJnd

Tabelle 11.1: Kreuztabelle Erwerbsform und Migrationshintergrund für Frauen

Tabelle 11.2: Kreuztabelle Erwerbsform und Migrationshintergrund für Männer

Tabelle 13 : Wohnsitz in. .West-.oder.Qstdeutschland

Tabelle 14: Regressionsmodell

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

„Im Schnittpunkt integrationspolitischer, familien- und sozialpolitischer Fragestellun­gen waren Familien mit Migrationshintergrund lange ein blinder Fleck“ (BMFSFJ, 2014, S.11). So leitet das Bundesministerium sein Dossier „Familien mit Migra­tionshintergrund: Analysen zur Lebenssituation, Erwerbsbeteiligung und Verein­barkeit von Familie und Beruf“ von 2014 ein (vgl. ebd. S.11). Bereits hier wird deut­lich, dass Personen und Familien mit Migrationshintergrund im Hinblick auf sozialpolitische und sozio-ökonomische Fragestellungen lange unbeachtet geblie­ben sind. Vor dem Hintergrund der aktuellen innen- und außenpolitischen Situation in Deutschland, verschiedener Konzepte zu sozialer Ungleichheit und Geschlech- terdiversität begründet sich folgende Fragestellung: wie stark beeinflusst ein Migra­tionshintergrund die Einkommensunterschiede bei Männern und Frauen?

Zunächst werden in Kapitel zwei die zwei großen theoretischen Grundlagen dargelegt, um dem Leser eine Wissensbasis zu verleihen, auf der anschließend die empirische Fragestellung begründet und untersucht wird. Kapitel 2.1 geht auf ver­schiedene Aspekte von Einkommensunterschieden ein, daran knüpft Kapitel 2.2 an und stellt theoretische Erkenntnisse über Migration dar. In Kapitel drei folgt die Er­läuterung der Fragestellung der Arbeit sowie die Forschungshypothesen. Kapitel zwei und drei bilden die Grundlage dieser empirischen Arbeit. Mit einer Darstellung des zugrundeliegenden Datensatzes in Kapitel vier wird der empirische Teil ein­geleitet und Kapitel fünf beinhaltet die Arbeit am Datensatz. Diese teilt sich in drei Bereiche auf, univariate Statistik (Kap. 5.1), bivariate Statistik (Kap. 5.2) und multi­variate Statistik (Kap. 5.3). Hier werden die in Kapitel drei aufgestellten Hypothesen überprüft sowie die Hauptfragestellung dieser Arbeit empirisch bearbeitet. Die in Kapitel fünf gewonnenen Erkenntnisse werden anschließend in Kapitel sechs zusammenfassend ausgewertet, in einen Kontext zu den theoretischen Grundlagen gebracht und bewertet. Zum Abschluss der Arbeit beinhaltet Kapitel sechs ein per­sönliches Fazit. Für die Auswertung des Datensatzes wurde die Statistiksoftware STATA verwendet. Als Anlage werden eine Kopie des STATA-Do-Files, ein Log-File des gesamten STATA-Outputs und alle digital verwendeten Literaturquellen beige­fügt. Bei der formalen Gestaltung der vorliegenden Arbeit sind einige Aspekte zu berücksichtigen. Aus Gründen der Lesbarkeit werden die Zahlen bis auf zwei Stellen nach dem Komma gerundet, mit Ausnahme von Prozentangaben. Zudem wurden die Tabellen ebenfalls aus Gründen der Lesbarkeit und der Verständlichkeit eigen­ständig erstellt, und nicht die Originaltabellen aus STATA exportiert und in die Arbeit eingepflegt. Dies soll ebenso die Eigenleistung gewährleisten. Die vorliegende Ar­beit ist eine Gemeinschaftsarbeit von Katharina Felicitas Kleinrahm und Matthias Rutkowski, die im Rahmen des Empiriemoduls des 1-Fach-Bachelorstudiengangs Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum zu leisten ist.

2. Theoretische Grundlagen

Aus der Hauptfragestellung dieser Arbeit lassen sich zwei grundlegende theoreti­sche Gebiete herausstellen, die im Folgenden dargestellt werden sollen. Zunächst werden Grundlagen zu Einkommensunterschieden vorgestellt und als zweites der Bereich Migration.

2.1 Einkommensunterschiede

Nach dem Soziologen Johannes Berger lassen sich Einkommensunterschiede mit Hilfe zweier Ansätze beschreiben (Berger, 2004, S.365-368). Im Rahmen des indi­viduellen Ansatzes sind Einkommensunterschiede abhängig von den Eigenschaften derjenigen Person, die ihr Einkommen erwirbt (vgl. ebd. S.366). Zu diesen Eigen­schaften zählt Berger unter anderem „[...] angeborene Fähigkeiten und Talente, durch Ausbildung erworbene Fähigkeiten (Qualifikationen) und die soziale Herkunft“ (vgl. ebd. S.366). Aus der Perspektive des strukturellen Ansatzes hinge­gen sind Faktoren, die von außen auf eine Person einwirken, verantwortlich für die Entstehung von Einkommensunterschieden (Hirschel, 2004a, S.105). Der einstige Chef-Ökonom des deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Dierk Hirschel, unter­gliedert die Faktoren in Bereiche, die die Arbeitsstruktur prägen, wozu beispiels­weise Gewerkschaften und Arbeitgeber, Diskriminierung aufgrund des Geschlechts einer Person, die Segmentierung des Arbeitsmarkes und die Beschäftigungsstruktur zählen (Hirschel, 2004b, S.92).

Die im Folgenden beschriebenen theoretischen Perspektiven, die ihren Schwer­punkt auf das Individuum richten, gehören zu einem Teilabschnitt der ökonomischen Verteilungstheorie (Gabler Wirtschaftslexikon, 2016). Der Abschnitt umfasst die Theorien der personellen Einkommensverteilung, wozu unter anderem die Sto­chastische Theorie und die Lebenszyklustheorie zählt. Diese besagen, dass Einkommensunterschiede willkürlich entstehen oder bereits festgelegt sind (vgl. ebd.). Einen weiterer theoretischer Ansatz ist die Humankapitaltheorie (Gabler Wirtschaftslexikon, 2016), da als allgemeines Humankapital diejenigen Qualifikatio­nen bezeichnet werden, die ein Mitarbeiter sowohl während seiner Ausbildung, als auch im Berufslebens durch Weiterbildungen erwirbt (Lazear, 2009, S.50-52).

Das Alter einer Person hat nach dem Wirtschaftswissenschaftler Franco Modigliani einen unmittelbaren Einfluss auf das Einkommen (Dornbusch, 2003, S.404). Die von ihm erstellte Lebenszyklustheorie besagt, dass der Mensch versucht, seinen Kon­sum über den gesamten Lebenszyklus permanent stabil zu halten und es während des Lebens eines Menschen Phasen für den Aufbau sowie den Abbau von Vermö­gen gibt (vgl. ebd. S.404-406). Daraus lässt sich zum einen ableiten, dass die Phase des Vermögensaufbaus mit dem Eintritt eines Menschen in das Berufsleben beginnt und mit stetigem Wachstum an Berufsjahren und -erfahrung kontinuierlich ausgebaut werden kann (Franz, 2009, S.51-55). Im 21. Jahrhundert lassen sich auch Fortbildungen in diese Phase einordnen, da sie mitunter zu einer Steigerung des Vermögens führen. Hier zeigen sich bereits Parallelen zur Humankapitaltheorie, da die schon angesprochenen Qualifikationen eine entscheidende Rolle spielen (vgl. ebd. 75). Die Phase des Vermögensabbaus stellt zum Beispiel der Eintritt ins Rentenalter (vgl. ebd. S.55-56). Durch das Alter einer Person lassen sich somit nach der Lebenszyklustheorie Einkommensunterschiede erklären.

Der Ansatz der Humankapitaltheorie wurde unter anderem vom Ökonomem Gary Becker geprägt und befasst sich mit dem Humankapital von Personen. Unter Hu­mankapital wird „[...] der Bestand an Wissen und Fertigkeiten eines Individuums verstanden [...], dessen Zunahme die Produktivität des oder der Betreffenden er­höht“ (Franz, 2009, S.75). Die Faktoren Wissen und Produktivität lassen sich zum Beispiel durch schulische Bildung oder berufsspezifische Erfahrung, die eine Person während ihres Berufslebens durch Projekte oder Weiterbildungen in einem Un­ternehmen erwirbt, beschreiben (vgl. ebd. 75-91). Mittels eines Bündels aus Quali­fikationen versuchen Personen im Rahmen des Signalling-Instruments ihre eigene Unsicherheit zu reduzieren, um so ihre Chancen auf einen potentiellen Arbeitsplatz zu erhöhen. Auf der anderen Seite ist es für Unternehmen mithilfe des Screening­Instruments möglich zu erkennen, wie gut ein potenzieller Arbeitnehmer auf die Stelle oder zum Unternehmen passt, je größer die Investitionen in das Humankapital sind. Je größer diese sind, je höher fällt zuletzt auch das potenzielle Einkommen aus (vgl. ebd. S.83-91). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass mit Hilfe dieses theoretischen Ansatzes Einkommensunterschiede auf die Bildung einer Person zurückzuführen sind.

Zur Veranschaulichung der strukturellen Theorieansätze soll im Folgenden die The­orie der statischen Diskriminierung dienen. Diese beinhaltet mehrere thematische Schwerpunkte. Nach Gary Beckers Theorie entstehen beispielsweise Arbeitsmarkt­diskriminierungen bezogen auf die Arbeitsmarktstruktur nur dann, „ [...] wenn zwei gleich gut qualifizierte Individuen auf dem Arbeitsmarkt wegen Merkmalen, die für die Produktivität unwesentlich sind, unterschiedlich behandelt werden“ (Brunner, 1994, S.11). Nach dieser Form der Diskriminierung entstehen zum Beispiel Einkommensunterschiede durch die Nationalität einer Person (vgl. ebd. S.12). Des Weiteren zählt zur Arbeitsdiskriminierung auch die Form der Lohndiskriminierung, die oft durch das Geschlecht entstehen (vgl. ebd. S.11). Unterschiedliche Löhne werden nach Beckers Theorie aufgrund der Diskriminierungsneigung der Un­ternehmen gezahlt, weil dem Unternehmen [...] ein immaterieller Nachteil oder nichtmonetäre Kosten entsteh[t], wenn es eine Frau anstelle eines Mannes neu ein­stellt“ (vgl. ebd. S.12, Hervorheb. im Orig,).

Eine weitere Theorie, die New Economics of Labour Migration (NELM) des Ökonomen Odet Stark (vgl. ebd. S.84), vereint den individualistischen mit dem strukturellen Ansatz (Düvell, 2006, S.84-85).

„Nicht der individuelle Akteur ist als jene Einheit zu betrachten, die auf­grund von rationalen Kalkulationen zur Migrationsentscheidung gelangt, sondern die Familie, der das Individuum angehört, muss als Kontext der Entscheidungsprozesse analysiert werden (vgl. ebd. S.84).

Die NELM beinhaltet drei Annahmen. Erstens, dass der soziale Kontext, dargestellt durch die Familie, einen erheblichen Einfluss auf die Migrationsentscheidung ausübt (vgl. ebd. S.85). Zweitens bleiben die regionalen Einkommensunterschiede auch noch nach der Migration des Familienmitgliedes bestehen und drittens provozieren „[...] unvollständige Märkte und [...] [unterentwickelte] Finanzinstitutionen“ die Mi­gration in Länder mit westlichen Arbeitsmarktbedingungen (vgl. ebd. S.85).

2.2 Migration

Zur Annäherung an theoretische Grundlagen der Migration sei zunächst eine begriff­liche Herleitung angeführt. Es liegt nahe, dass das Wort „Migration“ vom Lateini­schen „migrare“ abstammt und „wandern“, „verlagern“ oder „wegziehen“ bedeutet, wie es unter anderem Helmut Geuenich in seinem Buch „Migration und Migrant(in- nen)en im Schulbuch“ erläutert hat (Geuenich, 2015, S. 1).

Beschäftigt man sich mit Migration, so stellt man schnell fest, dass es ein sehr vielschichtiger Begriff ist und in vielen Bereichen nicht einheitlich festgelegt wurde. So gibt es keinen einheitlichen Definitionsbegriff für Migration, da er von ver­schiedenen Autoren unterschiedlich definiert wird (Oswald, 2007, S.13). Vor diesem Hintergrund bleibt zunächst eine begriffliche Annäherung unerlässlich. Als erstes sei die Definition des Soziologen Ludger Pries angeführt, die er in seinem Buch „Inter­nationale Migration“ von 2001 wie folgt formuliert hat: „Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass Migration der Moderne nicht mehr als eine relativ dauerhafte Lebensform betrachtet wurde, sondern als der zu einem bestimmten Zeitpunkt exzeptionell erfolgende Übergang von einem Wohnort zu einem anderen“ (Pries, 2013, S.5). Dieser Übergang wird in weiteren Wirklichkeitsdefinitionen der Migration noch deutlicher herausgestellt. „Der Begriff umfasst sowohl den Grenzübertritt von einem Staat in den Nachbarstaat [,] als auch die Wanderung über größere geo­graphische Distanzen hinweg bis hin zu transkontinentaler Migration“ (Birsl, 2005, S. 18). Aus einer makroperspektivischen Sichtweise lässt sich unter Migration „[...] jede Ortsveränderung von Personen oder aber nur der Übergang eines Individuums oder einer Gruppe von einer Gesellschaft zur anderen“ (Geuenich, 2015, S. 2) fassen. Hinzu kommt, dass Migrationsvorgänge komplexe Prozesse sind und ihre Entstehung sowie ihr Ablauf von multikausaler und multifaktoraler Eigenschaft ist (vgl. ebd. S.3).

Ein populäres Modell zur differenzierten Erklärung von Migration ist das der Sozio­login Annette Treibel. In ihrem Buch „Migration in modernen Gesellschaften“ von 1999 versucht sie Migration als mehrdimensionales Kontruktmodell zu beschreiben, um zentrale Kategorien und Ursachen von Migration darzustellen (vgl. ebd. S.19). Das Phänomen Migration gliedert sich nach Treibel in die vier Dimensionen: (1) ge­ographische Distanz und räumliche Mobilität, (2) Dauer einer Ortswechsels, (3) Ur- sachen, Motive und Ziele von Wanderung (Push- and Pullfaktoren) und (4) Umfang von Wanderungsbewegungen (ebd. S.19). Bei der ersten Dimension muss zwischen internationaler oder transnationaler Wanderung über nationalstaatliche Grenzen hinweg und Binnenmigration innerhalb nationalstaatlicher Grenzen unterschieden werden (vgl. ebd. S.21). Die zweite Dimension konzentriert sich auf die Dauer des Ortswechsels durch Migration, die sich ebenfalls nur schwer definitorisch festlegen lässt. Die Vereinten Nationen (UN) schlagen vor, erst dann einen Wohnortwechsel als migrationsbedingt anzusehen, wenn dieser eine Dauer von mehr als fünf Jahren umfasst. Die EU-Länder legen hingegen wesentlich kürzere Zeiträume fest und sprechen schon von Migration, wenn man mindestens ein Jahr im Land lebt (Birsl, 2005, S.29). Die dritte Dimension versucht grundlegende Ursachen für Migration zu erfassen. Pull-Faktoren beinhalten alle Motivationen, Ziele und Beweggründe, die eine Wanderung auslösen (vgl. Birsl, 2005, S.32-33). Hierunter sind ökonomische (geringes Einkommen, Beschäftigungsverhältnis, etc.), politische (Diskriminierung) und soziale Gründe (soziale Ungleichheit) zu verstehen. Push-Faktoren beinhalten alle Motivationen, Ziele und Beweggründe, die einen Migranten zur Wanderung zwingen (Birsl, 2005, S.35). Hierunter fallen beispielsweise Armut, Gewalt, geringes Einkommen, schlechtes Beschäftigungsverhältnis, politische Instabilität und weitere Faktoren (vgl. Birsl, 2005, S.35-36.). Die vierte Dimension umfasst die Kate- gorisierung der Wanderung und eine numerische Festlegung, ab welcher Größen­ordnung von Migration gesprochen werden kann (Birsl, 2005, S.40).

Zur Erläuterung der Anpassung von Migranten an das Aufnahmeland dienen Se­quenzmodelle, die wissenschaftliche Bemühungen darstellen und bei der Struk­turierung von Einzelaspekten hilfreich sind, jedoch keine allgemeinen Theorien sind, da sie oftmals auf der Erforschung einzelner Teilbereiche beruhen (Han, 2010, S.40- 41). Es sind Bemühungen „[...] durch die deskriptive Rekonstruktion und Klassifika­tion des faktischen Assimilationsvorganges einzelner Einwanderer und -gruppen in­duktiv zu einer allgemeinen Theoriebildung [zu] gelangen“ (vgl. ebd. S.40). Das „Generationen-Sequenzmodell“ von H. G. Duncan gliedert die Anpassung von Mi­granten in drei Sequenzen (vgl. ebd. S.40). Die erste Sequenz betrifft die erste Ein­wanderergeneration und meint, dass diese sich nur im sozialen und wirtschaftlichen Bereich des Aufnahmelandes anpasst und versucht, über ethnische Gruppen- und Institutionenbildung ihre Herkunftskultur zu behalten, da dies ihr emotionale Stabili- tät und und psychische Sicherheit beschert (vgl. ebd. S.40). Die erste Migrations­generation wird allgemein und von Bundesministerien als „erster Migrationsgrad“ bezeichnet, da die Personen aus einem Herkunftsland direkt in ein Aufnahmeland emigriert sind und daher einen direkten Migrationshintergrund besitzen (BMFSFJ, 2014, S.13-14). Unter der zweiten Sequenz des Modells versteht Duncan die zweite Generation der Familie mit Migrationshintergrund, die zwar versucht, die Herkunfts­kultur der Eltern zu bewahren, sich aber gleichzeitig durch das Bildungs- und Gesellschaftssystem die Verhaltensmuster des Aufnahmelandes aneignet (Han, 2010, S.40). Die Mitglieder der zweiten Generation werden oft auch als Personen „zweiten Migrationsgrads“ bezeichnet (BMFSFJ, 2014, S.13-14), da sie in zwei Kul­turen leben, einen indirekten Migrationshintergrund besitzen und sich größtenteils an das System des Aufnahmelandes anpassen. Die dritte Sequenz beinhaltet die dritte Generation der Herkunftsfamilie und geht davon aus, dass sie die Herkunfts­kultur komplett aufgibt und sich vollständig an die Kultur des Aufnahmelandes as­similiert (Han, 2010, S.40).

Ein weiteres Sequenzmodell ist das ökonomische Sequenzmodell von Charles Price, das sich in vier Phasen aufteilt (vgl. ebd. S.38-39). In der ersten Phase macht eine steigende industrielle Nachfrage nach Arbeitskräften die Einwanderung fremder Arbeitskräfte notwendig, damit die Migranten die entstandenen Nachfragelücken des Arbeitsmarktes speziell im unteren Lohnbereich schließen (vgl. ebd. S.38-39). Deutlich wird hier, dass Migranten ersten Grades im Niedriglohnbereich arbeiten. Mit der ersten Phase wird durch die Verschärfung des Wettbewerbs um Arbeitsplätze jedoch auch Fremdenhass ausgelöst (vgl. ebd. S.39). In der zweiten Phase pro­duziert ein wirtschaftlicher Abschwung Fremdenhass, infolgedessen es zu einer re­striktiven Einreisepolitik kommt (vgl. ebd. S.39). In der dritten Phase erfolgt eine zyk­lische Erholung der Wirtschaft und aufgrund von nachlassendem Fremdenhass wird die restriktive Einreisepolitik gelockert und es kommt erneut zu Einwanderung (vgl. ebd. S.39). Zuletzt entsteht in Phase vier aufgrund einer wirtschaftlichen Rezession erneut Fremdenhass, der aber diesmal schwächer ausfällt als in Phase zwei, da es nun eine breite politische Pluralität gibt (vgl. ebd. S.39).

Im Folgenden werden nun die Hypothesen der Forschungsfrage formuliert, die an­schließend anhand des Datensatzes und im Kontext der allgemeinen Fragestellung überprüft werden.

3. Forschungsfrage und Hypothesen

Die Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit bezieht sich auf den Aspekt der Einkommensunterschiede in Zusammenhang mit sozialer Ungleichheit (Migrations­hintergrund) und Geschlechterdiversität. Dabei interessiert besonders der Einfluss der Determinanten Migrationshintergrund und Geschlecht auf das Einkommen.

In der Humankapitaltheorie wird zwischen allgemeinem und spezifischem Human­kapital unterschieden (Lazear, 2009, S-52-55). Hieraus leiten wir folgende Hy­pothese ab: Je höher das Bildungsniveau, desto größer ist das Erwerbseinkommen (H1). Unter Einbezug der Lebenszyklustheorie gibt es Phasen, in denen das Einkommen steigt, und daran anschließend wiederum Phasen, in denen es abnimmt (Dornbusch, 2003, S.404-406). Diese Phasen werden vor allem durch das Lebens­alter einer Person beeinflusst. Deswegen leiten wir die folgenden Hypothesen ab: Unabhängig von Migrationshintergrund und Geschlecht generieren jüngere Perso­nen ein geringeres Einkommen als ältere Personen (H2). Nach diskriminierungsthe­oretischen Ansätzen entstehen Einkommensunterschiede durch strukturelle Fak­toren, die exogen auf eine Person einwirken (Brunner, 1994, S.11-12). Daraus leiten wir ab, dass Frauen mit Migrationshintergrund in der Regel weniger verdienen als Männer mit Migrationshintergrund (H3).

Unter dem Aspekt der Assimilation von Migranten nimmt das ökonomische Se­quenzmodell an, dass besonders Migranten ersten Grades im Niederiglohnbereich arbeiten (Han, 2010, S.39). Hieraus bilden wir die Annahme, dass Migranten 1. Grades häufiger in atypischen Beschäftigungsformen bzw. im Niedriglohnbereich arbeiten als Migranten 2. Grades und Personen ohne Migrationshintergrund (H4). Laut Analyse des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ, 2014) sind in knapp der Hälfte der Familien mit Migrationshintergrund beide Elternteile erwerbstätig, wobei sich die Arbeitsteilung nach dem Zuverdiener­Modell gliedert, dass der Mann in Vollzeit arbeitet und die Frau in Teilzeit (BMFSFJ, 2014, S.54). Daraus ergibt sich die Hypothese, dass männliche Migranten häufiger in Vollzeit arbeiten als weibliche Migranten (H5). Des Weiteren knüpft an den Aspekt des BMFSFJ über das Zuverdiener-Modell unsere Hypothese an, dass Frauen mit Migrationshintergrund häufiger geringfügig oder teilzeitbeschäftigt sind, als Frauen ohne Migrationshintergrund (H6).

[...]

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Wie beeinflusst ein Migrationshintergrund die Einkommensunterschiede bei Männern und Frauen? Eine Datenanalyse anhand des SOEP 2012
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Fakultät für Sozialwissenschaft)
Veranstaltung
Empirische Fragen der Familienökonomik
Note
1,3
Autoren
Jahr
2016
Seiten
34
Katalognummer
V321404
ISBN (eBook)
9783668206533
ISBN (Buch)
9783668206540
Dateigröße
572 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Empirie, Soep, Familie, Ökonomik, STATA, 2016, 2012, Sozialwissenschaft, Soziale Ungleichheit, Geschlechterdiversität, Migration, Migrationshintergrund, Statistik, Humankapital, Bildung, Alter, Männer, Frauen, Migrationsgrad, Casmin, Datenanalyse, Daten, Destasis, Sozio ökonomisches Panel, Panel, Design, Erhebung, Auswertung
Arbeit zitieren
Matthias Rutkowski (Autor:in)Katharina Kleinrahm (Autor:in), 2016, Wie beeinflusst ein Migrationshintergrund die Einkommensunterschiede bei Männern und Frauen? Eine Datenanalyse anhand des SOEP 2012, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321404

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