Der Streit um den Sexualkundeunterricht. Wie viel Intimität ist genug?


Diskussionsbeitrag / Streitschrift, 2016

8 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Der Streit um den Sexualkundeunterricht:

Wie viel Intimität ist genug?

„Die Menge macht das Gift“ – und ja, „Der Teufel steckt im Detail“.

Unsere Kinder sollen mit Hilfe des Schulunterrichts die Welt mit all ihren Facetten kennen und schätzen lernen. Soviel ist klar. Zumindest in der Theorie. Nur: bis zu welchem Grad darf guten Gewissens der zu besprechende breit gefächerte Bereich der Sexualität den sehr jungen Schüler*innen aufgezeigt werden? Wie sieht es diesbezüglich in der Schulpraxis aus? Wie sollte die kindgerechte Aufklärung aussehen? Bedarf es überhaupt eines schulischen Sexualkundeunterrichts? Wenn ja, wie sehr sollte inhaltlich in die Tiefe gegangen und welche Facetten möglicherweise gedanklich eliminiert werden? Wo und mit welcher rechtfertigenden Erklärung kann die Grenze zwischen dem Zuviel und dem Zuwenig an Lehre von Sexualität an Schulen gezogen werden ohne dass einerseits die Kindheit zu einem gewissen Grad beschnitten und andererseits den Schüler*innen realitätsnahes Wissen verweigert wird?

Die Relevanz des Themas liegt auf der Hand: Seit der ersten Empörungswelle mit der Einführung des Sexualkundeunterrichts in den späten 1969er-Jahren sind wir im Jahre 2014 – und das noch bis heute – mitten in der zweiten wüsten Entrüstungswelle gelandet; nämlich damals „als einige Länder, allen voran Baden-Württemberg neue Formen der Sexualpädagogik diskutierten“[1] und im Zuge dessen nun auch verschiedene und seit Neuestem öffentlich diskutierte Themen wie Homosexualität, Bisexualität, Transsexualität etc. in den Unterrichtsplan integriert werden sollten. Die Idee war und ist bis heute in manchen Kreisen also, Sexualität den Schüler*innen in ihrer vollen Bandbreite und noch darüber hinaus zu präsentieren. Dass das zu Widerstand und Aufregung v. a. von Seiten der Eltern führt, erscheint in erster Linie verständlich, doch auch gerechtfertigt?

„Die Menge macht das Gift“ – und ja, „Der Teufel steckt im Detail“. So lauten meine beiden Thesen, auf die ich immer wieder zurückkommen bzw. auf die ich ganz automatisch ständig stoßen werde. Beide Thesen sind stark aneinander gekoppelt und semantisch verwandt, sodass sie im Grunde zu einer verschmelzen können und dieser Text somit letztlich unter einer großen Gesamtaussage stehen wird.

Meiner Meinung nach ist es, allgemein gesprochen, nie die Sache an sich, die Unbehagen bereitet, sondern immer deren Intensität der Nahelegung. In Maßen zu essen, zu trinken, zu genießen, zu leben und auch zu lehren – das ist die Quintessenz unseres Daseins; diese kann auf alles in und um uns übertragen werden; so auch auf die Aufklärung an unseren Schulen. Klingt philosophisch – ist aber meiner rein theoretischen Überlegungen nach so. Wie viel also ist genug? Natürlich kann die Frage nicht ganz klar und eindeutig oder gar allgemein geltend, objektiv beantwortet werden, aber ein vernunftgeleiteter Anfang kann allemal nicht schaden. Mit vernunftgeleitet meine ich zu unterscheiden: Was ist relevant und was kann getrost im Unterricht weggelassen werden, sodass wir letztlich keine pornographierten Jugendlichen in die Erwachsenenwelt entlassen müssen? Es geht im Allgemeinen ja darum, den Schüler*innen vernünftig und angemessen, objektiv und mit wissenschaftlichem Unterton zu vermitteln, was Sexualität bedeutet, auf was man beim Geschlechtsverkehr achten muss, wie man als Frau eine Schwangerschaft vermeiden kann und natürlich auch, dass es gleichgeschlechtliche (sexuelle) Beziehungen gibt, die genau so normal wie Kaugummi kauen sind. Genau diese vier bloßen Pfeiler waren die Dinge, die ich eckpunktartig in meiner längst vergangenen Schulzeit gelernt habe – in der achten Klasse, mit 14 Jahren also. In jüngeren Jahren war das Thema Sex für uns Jugendliche natürlich lange schon im Gespräch – aber eben nur auf privater Basis. So waren wir, als das Thema schulisch relevant wurde, schon längst gut informiert und konnten unser Wissen in den wenigen Sexualkundestunden nur noch vertiefen – mussten es jedoch nicht neu erlernen. Wenn ich mitbekomme, dass meine vier oben genannten Grundpfeiler heutzutage noch weniger als bloße Grundpfeiler sind, frage ich schon, wo hier die von mir sehr hoch angesehene Vernunft bleibt und habe vollstes Verständnis für den Widerstand von elterlicher Seite gegen diesen übertrieben betriebenen Sexualkundeunterricht, wie er grob im Folgenden beschrieben wird. An den Ausspruch „weniger ist mehr“ denken wohl manche nicht mehr beim Thema Sexualkunde an Schulen. Warum müssen Fünftklässler*innen – ca. 10 Jahre alt – wissen, was mancher Erwachsene nicht weiß? Konkreter: Sind Begriffe wie „Gang Bang, Analverkehr oder Taschenmuschi“[2], wie sie die Soziologin Elisabeth Tuider in ihrem Buch, das bereits zum Standardwerk glorifiziert ist, „Sozialpädagogik der Vielfalt“ anführt, wirklich in einem so jungen Alter relevant – und werden sie das überhaupt jemals sein? Um noch mehr ins Detail zu gehen: „Auch die Frage ‚Wo könnte der Penis sonst noch stecken?‘ wird [in Tuiders genanntem Buch] beantwortet.“[3] Das ist meiner Meinung nach für Kinder ein eindeutiges Zuviel an Information über ein mögliches Ausleben der Sexualität. Durch solch eine intensive und ausführliche Besprechung sexueller Akte im Schulunterricht wird den Kindern auf der einen Seite zu viel zugemutet und auf der anderen Seite auch einiges genommen: zu viel zugemutet hinsichtlich des noch verspielten, unbedarften und sehr freien – eben kindlichen – Geistes und einiges genommen hinsichtlich des in der Jugend natürlich keimenden und stetig wachsenden sexuellen Interesses am anderen und/ oder auch am selben Geschlecht, welches so leider auf künstlich-unnatürliche, erzwungene Art und Weise im Geiste der Kinder – viel zu früh – entfacht wird. Eine solche Neugierde sollte jedoch nicht von außen, fremdgesteuert entfacht werden, sondern von innen heraus eigenständig und automatisch aufkeimen – es ist doch bereits alles brillant von der Natur eingerichtet; da braucht es kein Zutun von menschlicher Seite. Das – salopp gesagt – teuflische Detail kommt dann nach und nach ganz von alleine, denn das Interesse, das aus sich selbst heraus immer größer wird und sehr lange nicht aufhört zu wachsen, treibt alles Werden stetig voran – auch ohne einer schulisch gelenkten Beeinflussung von außen ausgesetzt zu sein. Dieses Werden bezieht sich natürlich auch auf sexuelle Praktiken, ja, sexuelle Beziehungen im Allgemeinen. Wir Menschen brauchen keinen anderen, der uns so realitätsnahes und (zu) detailliertes Wissen über den bloßen Akt der Fortpflanzung vermittelt – eine allgemeine, der Übersicht dienenden Einführung in das Thema genügt völlig. Denn wir sind aus uns selbst heraus lebendig-intelligente Wesen und k e i n e Roboter, die nur das tun können, was ihnen beigebracht wird. Es ist absolut anmaßend davon auszugehen, man könne als Lehrender seinen Schüler*innen den ganz von alleine entstehenden subjektiven (!) Sexualtrieb objektiv und generell vermitteln. Es ist dort keine Lehre von Nöten, wo sich die selbstständige Natur des Menschen offenbart. Hier wird der Notwendigkeit des Unterrichts doch eine natürliche Grenze gesetzt, die leider hinsichtlich der neuen Sexualpädagogik völlig missachtet wird. Eine Hilfe zum eigenen Selbstverständnis können sich die heranwachsenden Menschen selbst, selbstbestimmt mittels Bücher, dem Internet etc. suchen. In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahre 2014 werden abermals die umstrittenen Inhalte in Tuiders Buch aufgegriffen: „In einer Übung sollen 15-jährige Schüler ‚galaktische Sex-Praktiken‘ erfinden, dazu das entsprechende Sex-Spielzeug wie auch ‚erotische Musikstücke‘.“[4] Solch überaus – unnötig – intensivierten Lerninhalte sind meiner Meinung nach völlig übertrieben und an Schulen fehl am Platze. Zwischen Aufklärung, also der bloßen Information über Sexualität und gezielter Erklärung der Sexualpraxis liegt ein gewaltig großer, leider oft unbeachteter, Unterschied. Es geht in Schulen doch eigentlich in erster Linie um die Wissensvermittlung verschiedener Denkrichtungen im Ansatz und um das Anschneiden vieler unterschiedlicher Themen, also kurz gesagt darum, die Schüler*innen neugierig zu machen, ihnen Lust auf ihre Zukunft, auf ihr Leben zu machen. Mit diesem ihnen mitgegebenen Anschnitt können die Schüler* innen später dann, je nach Interesse, auf privater oder gar auf universitärer Ebene vertieft weiter arbeiten und diesen schulischen Ansatz eventuell sogar zu ihrem Traumberuf werden lassen. Lust auf Leben vermitteln: das ist Schule. Stadler versucht in seinem Artikel die Ansichten Tuiders zu beschreiben, ja, zu rechtfertigen, indem er schreibt: „Die Sexualaufklärung, […] ist natürlich auch als Reaktion auf solche Zeiten zu verstehen: Nie wieder Tabus!“[5] Hier gebe ich dem Autor im Groben zwar Recht, aber dennoch stellt sich doch die Frage, ob man es schon als Tabu ansehen muss, wenn einige intime, sexuelle Dinge von den (jungen) Menschen erst selbst erkundet werden müssen, um an ihrem Reiz überhaupt teilhaben zu können? Wäre das denn nicht im Grunde der bessere und normalere Weg? Der Weg ist doch das Ziel. Es ist wohl von Vorteil, hier in janusköpfiger Form zu denken: Einerseits ist es zwar relevant, in der Schule das nötige allgemeinbildende Wissen darüber zu liefern, dass es k e i n e Tabus geben darf und fast alles auf eine gewisse Weise legitimiert werden kann, andererseits jedoch ist es unwichtig, das detaillierte Wissen über das Ausleben der natürlichen sexuellen Bedürfnisse zu unterrichten. Kurz gesagt: das Objektive lehren – und das Subjektive die Schüler*innen frei und selbst erfahren lassen. Weiter schreibt Stadler: „Je mehr im Unterricht darüber gesprochen werde, desto mehr verliere die Sexualität den Reiz des Geheimen und Verbotenen. ‚Insofern wirkt die lustbetonte Sexualaufklärung – entgegen der Absicht ihrer Erfinder – eher lustfeindlich‘.“[6] Aber genau das ist doch das Falsche und Verwerfliche an dieser Sache, oder? Warum sollen Pädagogen ihre Schüler* innen mit so vielen theoretischen und zu detaillierten – und unnötigen – Dingen bombardieren? Keine Tabus mehr in einer Gesellschaft zu haben ist toll, aber vor lauter konkreter Information auch jegliche Entdeckungslust zu eliminieren, ist mit nichts zu rechtfertigen. Zuviel kann eben auch in die entgegengesetzte Richtung des Zuviels gehen. Der Sache den Reiz zu nehmen sollte meiner Meinung nach wirklich nicht im Sinne der modernen Pädagogik sein. Der Lehre sollte doch wohl die freudige Lebendigkeit inhärent sein und keine starren, kalten Muster, die zwar keine Tabus zulassen, aber im Gegensatz dazu auch keine Neugier auf Neues entfachen. Als beruhigend empfinde ich die Tatsache, dass es laut einem Artikel in der FAZ noch Lehrende gibt, die trotz des Lehrplans nicht auf die gegebenen Lehrmaterialien wie das erwähnte Standardwerk „Sexualpädagogik der Vielfalt“ zurückgreifen, sondern den Unterricht – auf altmodische Weise? – bspw. mit gegenseitigen Beschreibungen der Schüler*innen des anderen Geschlechts[7] gestalten. Eine gewisse Freiheit scheint den Lehrenden also zum Glück (noch) gegeben zu sein. Allerdings stammt dieses Beispiel auch aus dem eher konservativ angehauchten Bayern… Ein weiteres Übel dieser intensiven Wissensvermittlung ist außerdem, dass die Schüler*innen hinter allem das Thema Sex vermuten und sich dies regelrecht – ihrem jungen Alter nicht entsprechend – zu ihrer derzeitigen Lebensaufgabe zu machen scheinen, wie ein Artikel im Magazin Schule online zeigt. In diesem beschreibt eine Mutter ihre Erfahrungen mit unerwarteten Fragen von Drittklässlern, wie zum Bsp.: „Was ist, wenn ich mit dem Penis drinstecke und plötzlich pinkeln muss?“[8] Zum Thema, dass die Sexualität nach den Gedanken der Schüler*innen überall zu finden sein müsste, passt folgendes im Artikel erwähntes Erlebnis: Die Mutter wurde von den 9 -jährigen Jungs völlig irritiert und schockiert angeschaut, als sie „beim Bleistiftspitzen aus Quatsch genervt zu stöhnen“[9] begonnen habe. Nun fragt sie sich zu Recht: „Wie konnten zwei Neunjährige dabei auf schmutzige Gedanken kommen?“[10] Muss der Alltag so kleiner Kinder schon mit solch überspitzen und im Grunde verqueren Gedanken durchkreuzt sein? Das erscheint mir als sehr unangemessen; in diesem Alter sollten eigentlich doch noch Dinge wie Fangen, Fahrrad und Fußball im Vordergrund stehen. Das hat n i c h t s mit Konservatismus zu tun, sondern mit Vernunft – zumindest in meinem Sinne. Vernunft in meinem Sinne heißt u. a., dass ich denke, dass die Lücke zwischen zu wenig und zu viel Lehre durch aktiv erforschtes Leben von alleine geschlossen werden kann – vor allem bei jungen und im Grunde von Haus aus wissbegierigen Menschen – wie es Schüler*innen – auch oder besser: gerade ohne Druck – sowieso wären. Ein gutes Beispiel dafür ist der Musiker, Komponist, Journalist und Autor André Stern, der nie eine Schule besucht hat, aber trotzdem zahlreiche Berufe aus purer Neugier und großem eigenen Interesse erfolgreich erlernt hat. Wichtig ist nur, dass die Kinder bis zur Geschlechtsreife von uns Erwachsenen eine gewisse Anleitung bekommen, die sie dann selbstständig auf- und annehmen und im Folgenden erweitern können – ganz im Sinne Rudolf Steiners. So können wir den Schüler*innen lediglich eine Hilfe, eine Stütze sein, mit der diese dann im Anschluss ihr eigenes Studium des Lebens beginnen können. Auch eine der wunderbar fortschrittlichen und stets geltenden Ansichten von Francois Rabelais, die da zusammengefasst lautet: „Ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will“, entspricht und unterstreicht meine Meinung mit vollster Stärke. Der Anreiz zur Suche der individuellen Erkenntnis, des Lebens an sich und im reinsten Sinne sollte von den Lehrenden gegeben werden – nicht mehr, aber auch nicht weniger sehe ich als ihre Aufgabe an. Diese Aufgabe gilt es, sich voll und ganz zu eigen zu machen. Wichtig hierbei ist jedoch, nicht die ausführende Kraft der Politik zu werden, indem man seinen Verstand vergräbt, dafür aber im Gegenzug den Gehorsam – wenn auch in abgeschwächter Form – alleinig walten lässt.

Den Hauptteil abschließend, aber übergreifend und immer geltend, bleibt mir noch Kants alte Weisheit anzuführen: „Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen.“

„Die Menge macht das Gift“ – und ja, „Der Teufel steckt im Detail“. Nach meiner Analyse und meinen grundlegenden Überlegungen reichen genau diese beiden in Sprichworten ausgedrückten Welt- und Lebensanschauungen aus, um das Problem der Sexualkunde im Schulunterricht aus der Welt zu schaffen. Vom Kern des Themas die bloßen und einfach gehaltenen Ansätze klärend und objektiv in wissenschaftlich angehauchter Weise und vernunftgeleitet lehren, sodass weder zu viel Kindheit genommen – und noch wichtiger: zu viel Lust auf eigene experimentelle Erfahrung gestohlen – noch zu wenig Wissen vermittelt wird – dieser goldene Mittelweg sollte an allen Schulen gegangen werden; auf diese Art und Weise entstünden meiner Ansicht nach solche ausladenden Debatten und Streits erst gar nicht. Vor allem würden keine solch nachvollziehbaren und äußerst verständlichen Empörungswellen in Gang gesetzt werden. Sollten manch erzkonservativen Eltern trotzdem ein Problem darin sehen, dass ihre Kinder vor der Volljährigkeit wissen, was ihre Eltern tun mussten, damit sie geboren wurden, müssen sie entweder ihre Kinder auf eine andere Schule schicken, auf welcher die Sexualität mehr außer Acht bleibt, sie zu Hause unterrichten – also in diesem Falle ins Ausland auswandern – oder sich einfach doch damit abfinden. Solche Eltern würden dann nämlich zu einer konservativen Minderheit gehören, weshalb auch nicht ein solches Augenmerk auf sie gelenkt werden müsste. Die Masse wäre damit befriedigt und die Lehrer*innen könnten in Ruhe ihre Arbeit machen, ohne von missmutigen und aufgebrachten Eltern aus dem Konzept gebracht zu werden. Schulpolitik könnte mit nur einem Funken an Vernunft wesentlich verbessert werden. Wo liegt denn eigentlich das Problem, für die Schüler einen altersgemäßen Lehrplan zu gestalten? Noch dazu wird dieser doch von studierten und erfahrenen Leuten gemacht, die wissen müssten, auf was es im Wesentlichen ankommt und auch, dass verquere Ansichten aus der Politik tatkräftig mit dem eigenen, auf der Universität und in der Praxis erlangten Wissen widerlegt werden müssen. Man muss sich ja nicht gezwungenermaßen im Lehrerberuf zu Marionetten machen lassen – so lautet zumindest meine optimistische Grundeinstellung. Man muss sich auch dann nicht bedingungslos fügen, wenn es der Wandel der Zeit – angeblich – verlangt. Es ist nicht der zeitliche Wandel, der uns drängt – es sind wir selbst, die diesen Wandel vorantreiben: durch unser Tun und ebenso durch unser Nicht-Tun. Wir können und sollen unsere Entscheidungen nicht auf den Zeitenwandel schieben, sondern uns immer bewusst darüber sein, dass wir selbst diesen Wandel kreieren.

Schauen wir weg von diesen anderen Facetten des Themas und widmen uns zum Schluss wieder dem eigentlichen Fokus des Essays bzw. einem sehr verwandtem Streitpunkt: Wie früh sollen Kinder mit dem Thema Sexualität – unfreiwillig, von außen gelenkt – in Kontakt treten? Diese Frage aufgreifend und zuspitzend habe ich folgende erschreckende Information im Magazin Schule gefunden: bereits Vorschulkinder sollen in ihrem noch zarteren Alter als Schulkinder mit der Sexualkunde in Berührung kommen. So könnte beispielsweise Sonja Härdins Buch „ Wo kommst du her? Aufklärung für Kinder ab 5“ in Kindergärten und -tagesstätten benutzt werden, in welchem es wörtlich heißt: „Wenn es so schön ist, dass es schöner nicht mehr werden kann, haben Lisa und Lars einen Orgasmus. Das ist schön kribbelig und warm in der Scheide und am Penis. Aus Lars’ Penis spritzt eine weiße Flüssigkeit in Lisas Scheide.“[11] Wie viel früher soll denn noch mit der Aufklärung begonnen werden? Da dieser Punkt den Rahmen meines Themas sprengen würde, soll dieser Aspekt lediglich am Rande erwähnt bleiben, jedoch als Ausblick dienen.

Was also lernen wir? …„Die Menge macht das Gift“ – und ja, „Der Teufel steckt im Detail“. Nicht mehr und nicht weniger – aber genügend.

Literaturangaben:

Botica, Melania: Jahresrückblick: Erregung um Sexualkundeunterricht. Pornos, Penisse und Taschenmuschis - Darum ging es beim Sex-Streit an deutschen Schulen. In: FOCUS Online. Special Jahresrückblick (2014), o. S.

Mascher, Caroline: Sexualkunde im Unterricht. Müssen Grundschüler wissen, wie sich ein Orgasmus anfühlt? Und soll Homosexualität wirklich in jedem Schulfach Pflichtthema werden? Wenn es um Sexualkunde an der Schule geht, stehen sich Eltern, Pädagogen und Politiker zunehmend unversöhnlich gegenüber. Warum eigentlich? In: Magazin Schule Online 5 (2015), o. S.

Mühl, Melanie: Womit fängt guter Sex an? Sexualkunde ist vermintes Gelände: Moderne Pädagogik wünscht sie sich möglichst explizit, andere sind zurückhaltender. Ein Unterrichtsbesuch. In: FAZ 81 (2015), o. S.

Stadler, Rainer: Hautaufgaben. Orgasmus in der Grundschule, Analsex in der Mittelstufe - worüber müssen Schüler Bescheid wissen? Zwischen Eltern und Pädagogen tobt ein Streit, der selbst unter die Gürtellinie geht. In: Süddeutsche Zeitung Magazin 49 (2014), o. S.

[...]


[1] Melania Botica: Jahresrückblick: Erregung im Sexualkundeunterricht. Pornos, Penisse und Taschenmuschis - Darum ging es beim Sex-Streit an deutschen Schulen. In: FOCUS Online. Special Jahresrückblick (2014), o. S.

[2] Ebd., o. S.

[3] Ebd., o. S.

[4] Rainer Stadler: Hautaufgaben. Orgasmus in der Grundschule, Analsex in der Mittelstufe - worüber müssen Schüler Bescheid wissen? Zwischen Eltern und Pädagogen tobt ein Streit, der selbst unter die Gürtellinie geht. In: Süddeutsche Zeitung Magazin 49 (2014), o. S.

[5] Ebd., o. S.

[6] Ebd., o. S.

[7] Vgl. Melanie Mühl: Womit fängt guter Sex an? Sexualkunde ist vermintes Gelände: Moderne Pädagogik wünscht sie sich möglichst explizit, andere sind zurückhaltender. Ein Unterrichtsbesuch. In: FAZ 81 (2015), o. S.

[8] Caroline Mascher: Sexualkunde im Unterricht. Müssen Grundschüler wissen, wie sich ein Orgasmus anfühlt? Und soll Homosexualität wirklich in jedem Schulfach Pflichtthema werden? Wenn es um Sexualkunde an der Schule geht, stehen sich Eltern, Pädagogen und Politiker zunehmend unversöhnlich gegenüber. Warum eigentlich? In: Magazin Schule Online 5 (2015), o. S.

[9] Ebd., o. S.

[10] Ebd., o. S.

[11] Ebd., S. 2.

Ende der Leseprobe aus 8 Seiten

Details

Titel
Der Streit um den Sexualkundeunterricht. Wie viel Intimität ist genug?
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
1,5
Autor
Jahr
2016
Seiten
8
Katalognummer
V321636
ISBN (eBook)
9783668220133
ISBN (Buch)
9783668220140
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
sexualkunde, unterricht, aufklaerung, schulbuch
Arbeit zitieren
Tanja Schill (Autor:in), 2016, Der Streit um den Sexualkundeunterricht. Wie viel Intimität ist genug?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321636

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Der Streit um den Sexualkundeunterricht. Wie viel Intimität ist genug?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden