Die Konzeptionen des Ordoliberalismus und des demokratischen Sozialismus als Alternativmodelle der Nachkriegsdiskussion


Hausarbeit, 2000

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Entwicklung des Ordoliberalismus
2.1 Klassischer Liberalismus
2.2 Ordoliberalismus
2.3 Soziale Marktwirtschaft

3. Entwicklung des demokratischen Sozialismus
3.1 Klassischer Sozialismus
3.2 Spaltung der sozialistischen Bewegung
3.3 Demokratischer Sozialismus

4. Entwicklung der Nachkriegsdiskussion
4.1 Teilung Deutschlands
4.2 Ordoliberalismus versus demokratischer Sozialismus

5. Ergebnis der Nachkriegsdiskussion

6. Fazit

7. Literaturangabe

1. Einleitung

Am 8. Mai 1945 erfolgte die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht. Dieses Datum leitete die sogenannte „Vorstaatliche Phase“ ein, die bis zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland, durch das Inkrafttreten des Grundgesetzes am 24. Mai 1949 anhielt. In dieser Zeitspanne gab es im von den Siegermächten besetzten Deutschland keine eigene Regierung. Der Kontrollrat der Besatzungsmächte, der aus amerikanischen, russischen, britischen und später auch französischen Oberbefehlshabern bestand, hatte die Führung über das deutsche Gebiet übernommen.

Auf der Potsdamer Konferenz am 23. Juli 1945 einigten sich die Sieger u.a. über die Reparationszahlungen und über die politische Neuorientierung der Deutschen. Die vier Schlagwörter Denazifizierung, Demilitarisierung, Dezentralisierung und Demokratisierung fassen die politischen Grundsätze der Besatzungsmächte zusammen; die vier „d“s, wie sich auch genannt wurden. Doch bald kristallisierten sich verschiedene Vorstellungen heraus, die die gemeinsame Deutschlandpolitik betrafen. Es gab nicht nur Unstimmigkeit über die Art und Höhe der aus der deutschen Industrie(produktion) zu entnehmenden Reparationen, sondern auch grundlegend divergierende Auffassungen über die politische Neuordnung. Ein Grund dafür lag in den unpräzisen Formulierungen des Potsdamer Abkommens, in dem Begriffe wie „friedlich“, „gerecht“ und „demokratisch“ verwendet wurden, die von der Sowjetunion, aus ihrer ideologischen Sicht anders interpretiert wurden[1]. So zeichnete sich schon früh eine sowohl wirtschaftliche als auch politische Trennung zwischen der Bizone, der Amerikaner und Briten (später Trizone, mit den Franzosen zusammen) und der Sowjetischen Besatzungszone ab. Während die Westzone nach kapitalistischen Grundsätzen und mit demokratischer Zusammenarbeit aufgebaut wurde, konzentrierten sich die Sowjets in ihrer Zone darauf möglichst viele industrielle Anlagen zu demontieren und (politisch) wichtige Stellen mit abhängigen, kommunistischen Genossen zu besetzen. Das jeweilige Einflußgebiet wurde also durch die politisch-ökonomischen Konzepte des Besatzers verwaltet und umgeformt.

Zu dieser Zeit gab es aber nicht nur äußere Einflüsse, sondern auch innere. Auch deutsche Politiker diskutierten die Zukunft Deutschlands. Ähnlich wie die Besatzer stritten die Besetzten über die richtige und angemessene Form des Wiederaufbaus. Allgemeiner Konsens bestand über die künftige Regierungsform. Der neue Staat sollte auf Basis einer parlamentarischen Demokratie und des Föderalismus entstehen.

Der neue ökonomische Weg wurde sehr hart diskutiert. Man stritt darum welches Wirtschaftskonzept einen raschen Wiederaufbau und wirtschaftliche Stabilität garantieren konnte. Es rivalisierten unter den deutschen Wirtschaftsexperten (in den Westzonen) zwei unterschiedliche Auffassungen über die anzustrebende Wirtschaftsform. Einerseits vertrat man das Konzept des Ordoliberalismus, aus welchem sich die soziale Marktwirtschaft entwickelte, andererseits gab es die Vorstellung einer dem Kapitalismus entgegengesetzten Ordnung, die des demokratischen Sozialismus. Beide beanspruchten für sich die angemessenere Wirtschaftskonzeption für Deutschland zu sein.

Die Vertreter der liberalen Denkrichtung versuchten den klassischen Wirtschaftsliberalismus so umzuformen, daß er den sozialen Bedürfnissen nach Sicherheit und wirtschaftlicher Beständigkeit gerecht wurde.

Die Sozialisten waren auf der anderen Seite bemüht sich von veralteten sozialistischen Ideologien zu trennen, um sich vom totalitären und von Unfreiheit geprägten leninistischen Marxismus und Stalinismus zu distanzieren.

Im Laufe der Hausarbeit soll auf diese beiden rivalisierenden Konzeptionen eingegangen werden. Zur besseren Differenzierung der beiden Konzepte gehe ich zuerst auf die Entstehung und die Grundgedanken der sozialen Marktwirtschaft (Punkt 2) und des demokratischen Sozialismus (Punkt 3) ein. Ferner soll Punkt 2 und 3 dazu dienen die beiden Modelle aus ihrem geschichtlichen Zusammenhang zu sehen, um später die Fragestellung (Punkt 5) besser beantworten zu können. Im vierten Teil soll der Verlauf der Diskussion aufgezeigt werden. In diesem Zusammenhang soll unter Punkt 5 die Hypothese untersucht werden, daß im Grunde nur die soziale Marktwirtschaft eine wirkliche Chance auf Durchsetzung (in den westlichen Besatzungszonen) hatte.

Im letzten Teil der Hausarbeit soll im Fazit die Hypothese verifiziert und herausgestellt werden.

In dieser Hausarbeit werden vor allem die polisch-wirtschaftlichen Entwicklungen in den Westzonen im Vordergrund stehen. Diese Einschränkung erfolgt deswegen, weil der Weg zur sozialen Marktwirtschaft in der jungen Bundesrepublik Deutschland aufgezeigt werden soll.

2. Ordoliberalismus / Soziale Marktwirtschaft

Der Ordo- oder Neoliberalismus und später das Konzept der sozialen Marktwirtschaft, die im 20. Jahrhundert (ab den 30er Jahren) entstanden, haben beiden ihren Ursprung im klassischen Liberalismus des 18. Jahrhunderts. Die Entwicklung und die Grundgedanken des Liberalismus sollen daher im Folgenden herausgestellt werden.

2.1 Klassischer Liberalismus

Der klassische Liberalismus gründete sich im 18. Jahrhundert auf die in Frankreich entwickelten wirtschaftlichen Vorstellung des „laissez-faire“. Die Politik des „laissez-faire“, d.h. die Politik der Nichteinmischung (so die deutsche Übersetzung)-, hatte als Ziel, staatliche Einflüsse aus der Wirtschaft fernzuhalten und den Markt auf sich selbst gestellt zu lassen. Nur dadurch würde ein Wachstum und eine Steigerung des Wohlstandes möglich.

Der schottische Nationalökonom Adam Smith (1723 – 1790) griff diese Ideen auf und beschrieb damit die Grundgedanken des klassischen Wirtschaftsliberalismus. Die Forderung nach einer „laissez-faire“-Politik und Smith‘ darauf aufbauende Theorie waren eine Antwort auf den Merkantilismus, der im Europa des 16. - 18. Jahrhunderts das Ökonomieverständnis prägte.

Der Merkantilismus wurde von absolutistischen Staaten Europas betrieben, um den Staatsreichtum zu vermehren, indem versucht wurde, den Vorrat an Edelmetallen zu maximieren. Dem Merkantilismus, geprägt durch Namen wie Colbert (französischer Nationalökonom unter Ludwig XIV)[2], liegen stark protektionistische Vorstellungen zugrunde. Hohe Einfuhrzölle und niedrige Exportzölle sollten die eigene Wirtschaft vor ausländischen Fertigwaren schützen und den nationalen Export fördern. Zusätzlich wurden der Bevölkerung hohe Steuern auferlegt, um die kostspieligen Kriege zu finanzieren, die dem Staat weiteren Reichtum (an Rohstoffen und Edelmetallen) garantieren sollten. Individuelle Interessen waren denen des Staates untergeordnet. Einzelne Akteure waren auf dem Markt nur im Rahmen ihrer Verbindung (Stand, Zunft) aktiv, die wiederum dem Staat hörig war.

Die Auswirkungen des merkantilistischen Systems nach außen, waren u.a. die Abschottung der einzelnen nationalen Ökonomien und die Bürokratisierung bzw. die Verschlechterung ihrer Wirtschaftsbeziehungen untereinander.

Nach innen hatte der absolutistische Dirigismus das „Festfahren“ der eigenen Wirtschaft und die Verarmung der Bevölkerung zur Folge. (Dies war ein Grund für den Sturz des französischen Absolutismus durch die Französische Revolution 1789. Nähere Erläuterungen unter Punkt 3.)

Adam Smith forderte im Gegenteil zum Merkantilismus die völlige Aufhebung der staatlichen Einmischung in das Wirtschaftsgeschehen. Mit dieser Forderung war er der Erste, der Ökonomie streng von Politikwissenschaften trennte. Der Staat, der als Räuber der Freiheit angesehen wurde, verhindere durch seine Interventionen (z.B. durch Zollbeschränkungen und hohe Steuerforderungen) die Entstehung einer freien Marktwirtschaft und eines freien Welthandels. Um dies zu erreichen, war, nach Smith‘ Vorstellung, ein freier, uneingeschränkter Wettbewerb unerläßlich. Die „sichtbare Hand“ (visible hand) des staatlichen Eingriffs sollte durch die „unsichtbare Hand“ (invisible hand) der Wirtschaft ersetzt werden.

Das Menschenbild des Liberalismus war das des „homo oeconomicus“, der egoistisch seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen nachgeht. In der Marktwirtschaft sollten die Interessen des Individuums denen des Staates übergeordnet sein. Gerade der Eigennutz der wirtschaftlichen Akteure und die (vorerst) heterogene Eigentumsverteilung in der Gesellschaft sollten auf Dauer eine wirtschaftliche Verbesserung und soziale Harmonie für die Gesamtbevölkerung eines Landes zur Folge haben. D.h., daß solange jeder einzelne Bourgeois (ohne staatliche Einflußnahme) seinen eigennützigen Geschäften nachgehen konnte, würde dies auch automatisch eine Steigerung des Wohlstandes bedeuten.

Smith verneinte außerdem jegliche Einmischung des Staates in die Beziehung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Der Staat sollte somit keine sozialverantwortliche Aufgabe übernehmen, da sich ein allgemeiner Wohlstand automatisch als Konsequenz des freien Wettbewerbs einstellen würde.

Entgegen Smith‘ Vorstellung stellte sich der allgemeine Wohlstand jedoch nicht ein. Die Kluft zwischen der arbeitenden Bevölkerung und den Besitzenden wurde nicht geschlossen. Vielmehr veränderte der Rückzug des Staates aus der Wirtschaft nichts an der Armut großer Bevölkerungsteile, da es keine Regelungen, wie Mindestlohn, Arbeitslosenhilfe, usw. gab. Auf diese Widersprüche antwortete der Sozialismus mit einem eigenen Konzept, der dem Liberalismus gegenüberstand. (Punkt 3)

[...]


[1] „Die Teilung Deutschlands 1945-1955“, Hrg.: Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, S. 11

[2] Dictionnaire universel „Le Petit Larousse“, S. 1251

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die Konzeptionen des Ordoliberalismus und des demokratischen Sozialismus als Alternativmodelle der Nachkriegsdiskussion
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig  (Institut für Sozialwissenschaften)
Note
2,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
23
Katalognummer
V32196
ISBN (eBook)
9783638329743
Dateigröße
520 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konzeptionen, Ordoliberalismus, Sozialismus, Alternativmodelle, Nachkriegsdiskussion
Arbeit zitieren
Roderik Gross (Autor:in), 2000, Die Konzeptionen des Ordoliberalismus und des demokratischen Sozialismus als Alternativmodelle der Nachkriegsdiskussion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32196

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