In den 80er und 90er Jahren fiel die Nachfrage nach niedrig qualifizierten Arbeitskräften1 in den entwickelten Ländern. Das zeigte sich in den USA in Form von fallenden Reallöhnen der Menschen mit wenig Schulbildung und den durchschnittlich sinkenden Arbeitsstunden von Niedrigqualifizierten. In Europa, wo aufgrund des politischen Drucks eine Senkung der Löhne nicht im gleichen Ausmass möglich war, stieg in dieser Zeitspanne hingegen die Arbeitslosigkeit der schlecht qualifizierten Arbeiter. Gleichzeitig nahm die Importrate von Industriegütern aus Entwicklungsländern stetig zu.
Dieses Phänomen, einerseits die sinkenden Löhne der Niedrigqualifizierten beziehungsweise die steigende Arbeitslosigkeit und andererseits die gleichzeitige Zunahme der Importe aus Entwicklungsländern, hat eine andauernde Debatte über die Auswirkungen des Handels zwischen den fortgeschrittenen Ländern und den Entwicklungsländern ausgelöst. Diese heutige Debatte steht diametral derjenigen über die Nutzen und Kosten des Handels in den Sechzigern und Siebzigern gegenüber. Niemand in den fortgeschrittenen Ländern dachte damals daran, dass der Handel an sich und auch mit unterentwickelten Ländern ein Problem darstellen könnte. So betrieben die Industriestaaten in dieser Zeit nicht nur extensive Liberalisierung, sondern senkten auch die Handelsbarrieren untereinander und gegenüber dem Süden immer mehr. Die Drittweltländer befürchteten indes, ohne Protektionismus2 nicht zu der gewünschten Industrialisierung zu kommen und so vollends an die Peripherie der Weltwirtschaft gedrängt zu werden. Beides hat sich heute grösstenteils ins Gegenteil gewendet. Die heutige Problemstellung dreht sich vor allem um die Frage, ob in einer global vernetzten und offenen Wirtschaft die Löhne oder die Beschäftigung der niedrig qualifizierten Arbeiter in den entwickelten Ländern eher durch das globale Angebot an niedrig qualifizierter Arbeit bestimmt wird als durch das inländische Arbeitsmarktgeschehen. Der Hauptgrund für die Entstehung dieser Diskussion ist also die Angst der Länder mit hohem Lohnniveau, dass der Grund für die sinkende Nachfrage nach schlecht Qualifizierten im freien Handel mit Niedriglohn-Ländern zu suchen sei. Solche Ängste wiederspiegeln sich in den immer noch vorhandenen oder wieder eingeführten Einschränkungen des Handels in den verschiedenen Handelsabkommen wie beispielsweise des GATTs und in den neoprotektionistischen Tendenzen der Politik der neueren Zeit.
Inhaltsverzeichnis
- Wie alles begann
- Theoretische Grundlagen
- Das Heckscher-Ohlin-Theorem
- Das Stolper-Samuelson-Theorem
- Das Faktorpreisausgleichstheorem
- Die Factor Content -Analyse
- Exkurs: Preiseffekt-Studien
- Adrian Wood oder „A reasonable first approximation to the truth.“
- Methodologie
- Weitere Argumente für den grossen Einfluss des Handels
- Defensive Innovation
- Handel mit Dienstleistungen
- Die andere Seite der Medaille
- Kritik an der Theorie
- Kritik an der Methode
- Schlussfolgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der Frage, ob der Handel mit Entwicklungsländern zu einer ungleichen Lohnverteilung in den Industrieländern führt. Die Arbeit analysiert die Auswirkungen des Handels auf die Löhne von Niedrigqualifizierten in entwickelten Ländern und stellt die theoretischen Grundlagen und empirischen Befunde gegenüber.
- Theoretische Grundlagen des Handels und deren Auswirkungen auf die Lohnverteilung
- Die Rolle des Handels in der Entwicklung der Löhne von Niedrigqualifizierten
- Kritik an der Theorie und an der empirischen Analyse des Einflusses von Handel auf die Lohnverteilung
- Methodische Ansätze zur Analyse des Einflusses von Handel auf die Lohnverteilung
- Die Bedeutung von Adrian Woods Arbeit für die Forschung zum Thema
Zusammenfassung der Kapitel
- Wie alles begann: Dieses Kapitel führt in die Debatte um den Einfluss von Handel auf die Lohnentwicklung in den Industrieländern ein. Es stellt die Entwicklung der Löhne von Niedrigqualifizierten in den USA und Europa sowie die zunehmende Importrate aus Entwicklungsländern dar.
- Theoretische Grundlagen: Dieses Kapitel beschreibt die wichtigsten Theorien des internationalen Handels, die relevant für die Analyse der Lohnverteilung sind. Es beleuchtet das Heckscher-Ohlin-Theorem, das Stolper-Samuelson-Theorem und das Faktorpreisausgleichstheorem.
- Die Factor Content -Analyse: Dieses Kapitel erklärt die Factor Content -Analyse, eine gängige Methode zur Analyse des Einflusses von Handel auf die Lohnverteilung. Es befasst sich mit den Schwächen dieser Methode und den daraus resultierenden Problemen.
- Adrian Wood oder „A reasonable first approximation to the truth.“: Dieses Kapitel stellt die Arbeit von Adrian Wood vor, der eine angepasste Methode zur Analyse des Einflusses von Handel auf die Lohnverteilung entwickelt hat. Es beschreibt seine methodischen Ansätze und die wichtigen Kritikpunkte, die er in seine Überlegungen einfliessen lässt.
- Die andere Seite der Medaille: Dieses Kapitel befasst sich mit der Kritik an der Theorie und an der empirischen Analyse des Einflusses von Handel auf die Lohnverteilung. Es präsentiert die Argumente derjenigen, die den Einfluss des Handels auf die Lohnverteilung als gering oder unbedeutend ansehen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themenbereiche internationale Handelspolitik, Lohnverteilung, Niedrigqualifizierte, Factor Content -Analyse, Heckscher-Ohlin-Theorem, Stolper-Samuelson-Theorem, Adrian Wood, Kritik an der Theorie, Kritik an der Methode, empirische Analyse.
- Quote paper
- Marcus Habermann (Author), 2002, Ungleiche Lohnverteilung durch den Handel mit Entwicklungsländern?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32245