Maria Montessori. Ihre Pädagogik im Spannungsfeld zwischen Gegenwart und historischer Konzeption


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

18 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biografie

3. Grundgedanken der Montessori Pädagogik
3.1 Die Polarisation der Aufmerksamkeit
3.2 Entwicklungsstufen und sensible Phasen

4. Pädagogische Grundlagen
4.1 Die vorbereitete Umgebung
4.2 Der vorbereitete Erzieher/Lehrer
4.3 Das Entwicklungsmaterial

5. Montessori Institutionen
5.1 Frühkindliche Förderung
5.2 Montessori Kinderhaus und Montessori Grundschule

6.Aktualität

7.Resümee

8.Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Duden findet man unter dem Begriff Klassiker folgende Definition: „Künstler oder Wissenschaftler, dessen Werke, Arbeiten als mustergültig und bleibend angesehen werden.“ (Bibliographisches Institut GmbH Berlin) Maria Montessori Werke gelten als Klassiker der Pädagogik. Aber wieso erhalten sie den Titel Klassiker? Maria Montessori begann schon sehr früh ihren Willen in der Gesellschaft durchsetzen zu wollen. Sie interessierte sich seit Kindesalter für die Wissenschaft und deren weitreichenden Horizont. Nach ihrem erfolgreichen Abschluss in der Medizin arbeitete sie in einer Kinderpsychiatrie woraufhin sie die Kinder und ihre Handlungen genauestens beobachten konnte. Aufgrund ihrer Erfahrungen und den für sie unerklärlichen Verhaltensweisen der Kinder wandte sie sich der Pädagogik zu um ihre Erkenntnisse wissenschaftlich zu hinterfragen und zu beantworten. Die Erziehung zu diesem Zeitpunkt entsprach nicht ihren Vorstellungen wie ein Kind am besten unterrichtet werden sollte um seinen Bedürfnissen und seiner inneren Seele gerecht zu werden. Aufgrund dieser Feststellungen entwarf sie Methoden wie ein Kind seine Persönlichkeit am besten entfalten kann. Diese wandte sie in einem Kinderhaus im Jahre 1906 erstmals an. Sie sah schnell die Erfolge der Kinder und schrieb ihre Beobachtungen und ihre Umgangsweise mit den Kindern nieder, so entstand 1909 das erste Werk von ihr. Heutzutage werden ihre Ideen als Leitgedanken vieler Einrichtungen, die ihrer Pädagogik gewidmet sind, angewendet. Des Weiteren sind zahlreiche Bücher über sie und ihre Erziehungsmaßnahmen vorhanden. Kinder sollen so erzogen werden, dass es seinem Geist freien Lauf lassen kann. Welche Rolle nimmt dabei der Erwachsene ein? Welche Position nimmt das Kind ein? Welche Beziehungen herrschen zwischen den Erziehenden und dem Kind? Welche Erziehungsziele sollen erreicht werden? Diese Fragen möchte ich mit Hilfe meiner Hausarbeit beantworten. Zu guter Letzt möchte ich klären, ob ihre Pädagogik in der Gegenwart noch funktioniert. Ich werde nun auf die Biografie Montessoris eingehen. Danach erläutere ich die Grundgedanken ihrer Pädagogik anhand der Begriffe Polarisation der Aufmerksamkeit und den Entwicklungsstufen inklusive der sensiblen Phasen. Anschließend erfolgen Erläuterungen über ihre Pädagogischen Grundlagen, wie die vorbereitete Umgebung, der vorbereitet Erzieher/Lehrer und die Entwicklungsmaterialien. Im Anschluss untersuche ich die Montessori Institutionen frühkindliche Entwicklung, das Kinderhaus und die Grundschule. Basierend auf meiner Erarbeitung erfolgt ein Fazit über ihre Pädagogik und die Aktualität dieser.

2. Biografie

Maria Montessori wurde am 31. August 1870 an der italienischen Ostküste in Ancona geboren. (Böhm 1991, S.41) Ihre Mutter Renilde, eine intelligente, liberal eingestellte Frau, stammte aus einer Akademiker-Familie. Früh brachte sie ihrer Tochter bei, dass auch eine Frau ihren eigenen Weg gehen sollte. Marias Vater, Alessandro, war weitaus konservativer als seine Frau. Als Offizier kämpfte er für Italiens Unabhängigkeit und war bald Regierungsminister im vereinten Italien. (vgl. ebd., S.41f.) 1875 zog Alessandro mit seiner jungen Familie in die Hauptstadt des neuen italienischen Staates, wo Maria ihre Schulausbildung begann. (vgl. ebd., S.42) Maria interessierte sich nicht für die dort unterrichteten Themen wie zum Beispiel Hauswirtschaftslehre, sondern viel mehr für Mathematik und die Naturwissenschaften. Forsch und selbstbewusst bestand sie darauf eine technische Schule mit Schwerpunkt Naturwissenschaften zu besuchen. (vgl. ebd., S.43) Sie wollte Ingenieur werden und nicht wie von ihren Eltern vorgesehen, den Berufszweig der Lehrerin nachzugehen. (Oswald; Schulz-Benesch 2008, S.259) Mit hervorragenden Schulnoten sicherte sie sich einen Studienplatz an der medizinischen Fakultät der Universität Rom. (vgl. ebd., S.260) Sie wurde von ihren Kommilitonen, ausschließlich Männer, tagtäglich gedemütigt und verspottet, weil es in der Gesellschaft nicht akzeptiert wurde, wenn eine Frau Medizin studierte. (vgl. ebd. S.260) Trotzt aller Schandtaten schloss sie ihr Studium 1896 erfolgreich ab. Nach ihrem Abschluss eröffnete Maria ihre eigene Praxis und arbeitete als Assistenzärztin im Krankenhaus Don Giovanni. (vgl. ebd. 260) Doch das genügte ihr nicht und sie stellte schnell fest, dass sie mit ihrem Durchsetzungsvermögen auch anderen Frauen helfen konnte. So setze sie sich für die Frauenrechte ein und unterstütze Gleichgesinnte. Maria begann in den folge Jahren in einer Psychiatrie in Rom zu arbeiten. (Böhm 1991, S. 45) Diese Psychiatrie war eine Anstalt für Geisteskranke Kinder mit großen Lernschwierigkeiten. Maria war überzeugt, dass in ihnen Potenzial schlummert. Durch ihre Arbeit mit geistig behinderten Kindern begann sie als Direktorin einer Behindertenschule zu unterrichten. (Spiegel Online GmbH Hamburg) Dort lernte sie ihren damaligen Lebensgefährten Giuseppe Montesano kennen. Ihr gemeinsamer Sohn Mario erblickte am 31. März 1898 das Licht der Welt. Zu Gunsten ihrer Karrieren und Arbeiten behielten sie ihren Sohn nicht und ließen ihn stattdessen von einer Bauernfamilie großziehen. (Spiegel Online GmbH Hamburg) Aufgrund der Trennung von Montesano verließ Maria Montessori 1901 die Schule für geistig behinderte Kinder und begann erneut ein Studium, diesmal richtete sie ihr Interesse auf die Pädagogik, Anthropologie und Psychologie. (Böhm 1991, S.51) Nach drei Jahren Studium hatte Montessori die Möglichkeit ihre neu gewonnenen Theorien anzuwenden. 1906 übernahm sie die Leitung des Kinderhauses „casa dei bambini“ in San Lorenzo. (Oswald; Schulz-Benesch 2008, S.261) Aufgrund des großen Erfolges wurden immer mehr Kinderhäuser errichtet. 1909 veröffentliche Montessori ihr Werk Il „metodo della pedagogica scientifica“. (Spiegel Online GmbH Hamburg) Ihr Sohn Mario wuchs ab seinem 15.Lebensjahr bei seiner Mutter auf. Durch zahlreiche Vorträge über ihre Pädagogik in verschiedenen Ländern wurden ihre Theorien international bekannt. Auf Basis dieser Leitideen wurden weltweit Kinderhäuser und Schulen mit diesen Grundgedanken eröffnet. Als den Faschisten die Machtübernahme gelang wurden alle Montessori-Schulen geschlossen und Maria floh nach Amsterdam. (Böhm 1991, S.58) In den Jahren von 1939 bis 1946 arbeitete sie in Indien und verbreitete dort ihre pädagogischen Erkenntnisse. (vgl. ebd., S.58) Ein weiteres Mal in ihrem Leben musste sie Willensstärke und Durchhaltevermögen im Jahre 1946 beweisen. In Europa war nach dem zweiten Weltkrieg fast ihr gesamtes Werk vernichtet wurden. Maria Montessori verstarb am 6. Mai 1952 in Nordwijk aan Zee. (vgl. ebd., S.59)

3. Grundgedanken der Montessori Pädagogik

Es ist die Pflicht des Erziehers den Charakter des Kindes so zu formen, wie es die Gesellschaft verlangt. Unter dieser Formung versteht man folgende Aspekte: schnell und effektiv arbeiten, Gehorsamkeit und Disziplin beherrschen, moralische Werte einhalten und über ein bestimmtes Kulturgut verfügen. Hierbei wird keine Rücksicht auf das Kind, in all seinen Facetten und Fähigkeiten, genommen, denn die Kindheit ist nur ein „Durchgangsstudium zum Erwachsensein“. (Oswald; Schulz-Benesch 2008, S.15) Maria Montessori hingegen beschreibt die Kindheit „als Stadium der Menschheit“. (vgl. ebd., S. 17) Das Kind selbst ist es, das seinen Charakter formen soll. Bei diesem Prozess sollen die Erzieher und Eltern nicht formen, sondern unterstützend hinter ihrem Sprössling stehen. Das Kind soll sich geborgen fühlen, damit es sich völlig frei entfalten kann. Die Aufgabe besteht darin, dem Kind so zu helfen, dass es Selbstständigkeit lernt. Angefangen im Babyalter mit den ersten Zähnen, folgt die Selbstständigkeit in der Nahrungsaufnahme, mit dem Laufen die Selbstständigkeit in der Fortbewegung und mit dem Sprechen die Fähigkeit Gedanken und Wünsche frei äußern zu können. Man darf das Baby in seinen Räumen nicht einengen, vielmehr muss ihm all seine Umgebung zur Verfügung gestellt werden. Wenn man ihnen bestimmte Bewegungen immer und immer wieder zeigt kann das Kind mit Hilfe seines Gedächtnis all das allein, im Übergang zum Kleinkindalter, umsetzen. Ebenso funktioniert das Prinzip mit der eigenen inneren spontanen Bewegung des Kindes. All diese Freiheiten benötigt das Kind, denn die Außenwelt ist ein Universum mit so vielen Dingen, die zur Bildung seiner Persönlichkeit dient. (Oswald; Schulz-Benesch 2008, S. 22) Der Erzieher hat die Aufgabe dem Kind so viel Material zu bieten damit es eigenständig Arbeiten und Lernen kann. Hierbei ist es die freie Entscheidung des Kindes, welche Aufgaben es erledigen möchte und wie oft diese wiederholt werden. Dieser Freiraum ermöglicht, dass die innere Ordnung immer bestehen bleiben kann. Ebenso wichtig ist dabei die äußere Ordnung. So bietet man dem Sprössling eine kindgerechte Umgebung in denen sie sich wohlfühlen damit sie volle Konzentration auf die Aufgabe legen. Diese Konzentration ist ein wichtiger Träger, auf dem sich die kindliche Arbeit aufbauen kann. Es handelt sich nicht um eine erzwungene Arbeit, sondern um die Anpassung des Kindeswesens an die Umgebung. (Oswald; Schulz-Benesch 2008, S.25) Das Kind selbst entdeckt durch seine eigene Arbeit seine Umwelt und versteht die einzelnen Dinge in ihr. Es ist wichtig, dass das Kind mit Begeisterung arbeitet. „Der Mensch muss sich seinem eigenen Rhythmus gemäß formen, disziplinieren und bilden können.“ (Oswald; Schulz-Benesch 2008, S.26) Neben der geänderten Rolle des Erwachsenen besteht die Aufgabe darin, die schöpferische Mission des Kindes zu erkennen und anzunehmen. Man muss die gelangweilten, abhängigen und unselbstständigen Kinder erkennen und ihnen neue Räume aufweisen, damit sie in der Wirklichkeit aufblühen und ihre Persönlichkeit kennlernen. (vgl. ebd., S. 28) Damit sie diesen Prozess erreichen können, ist es von Nöten, dass die Kinder zuerst innerlich wieder bereinigt werden, sodass sie ihre wirkliche Persönlichkeit entfalten. Der Lehrer muss seinen Schülern zeigen, dass sie immer Vorrang haben, sie sind der Mittelpunkt der Veranstaltung. Das Kind soll sich nicht unter Druck gesetzt fühlen, es muss sich wohlfühlen, sodass es sich frei entfalten kann. Der Lehrer hilft so wenig wie möglich, nur wenn das Kind das Bedürfnis nach Hilfe verspürt. Er zeigt das Lösen der Aufgabe und ist dann für den Rest der Zeit Berater. „Ein Kind kann sich nur äußern, wenn eine Position der Ruhe, der Freiheit und Ungestörtheit gegeben ist, die nicht durch den Erwachsenen beeinträchtigt wird.“ (Oswald; Schulz-Benesch 2008, S.31) Die Erwachsenen müssen so viel Raum geben damit die zu Erziehenden ihre Persönlichkeit freileben lassen können. Jedes Kind strebt danach frei und selbstständig zu sein, um sich vom Erwachsenen lösen zu können. Freiheit bedeutet, sich selbst zu disziplinieren und die Kontrolle über sich selbst zu haben. Es gibt in den Kinderhäusern und Schulen kein festes Programm, vielmehr wird auf das innere Bedürfnis des Kindes geachtet und so erfolgt die Zusammenstellung des zu lernenden. „Aus einem Naturgeschöpf wird ein Vernunftgeschöpf, das durch Sammlung und Stille zum sozialen Menschen heranwächst, das in der Harmonie des Gedankens und der Bewegung, des freien Willens und der Tat seine sittliche Persönlichkeit bildet.“ (Oswald; Schulz-Benesch 2008, S. 34) Zusammenfassend ist zu sagen, dass Maria Montessori ein Konzept entwickelt hat, dass sich auf die Erziehung und Bildung von der Geburt bis zum Eintritt des Erwachsenseins bezieht. Die Teile dieses pädagogischen Profils bauen aufeinander auf. Im Fokus stehen dabei das Kind und seine Entwicklung zu einer Persönlichkeit. Das Potenzial jedes Einzelnen soll entdeckt werden. Aufgabe des Lehrers ist es das Kind zu unterstützen diese zu entfalten. Wichtig dafür ist, dem Kind Freiheiten zu geben, damit es sich unbeschwert entfalten kann.

3.1 Die Polarisation der Aufmerksamkeit

Die Polarisation der Aufmerksamkeit ist der Grundstein für die Selbsterziehung des Kindes. (Fuchs; Schäfer 2003, S.75) Das Kind konzentriert sich so sehr auf eine Aufgabe, dass alles in der Umgebung vergessen scheint. (Holtz; Klemm 1997, S. 162) Dieses Phänomen entdeckte Maria Montessori 1907 im Kinderhaus San Lorenz anhand einer Übung mit Zylinderblöcken bei einem dreijährigen Mädchen. (Oswald; Schulz-Benesch 2008, S.77) Das Kind wiederholte mit intensiver Aufmerksamkeit die Übung 44 Mal. In den einzelnen Wiederholungstätigkeiten ließ sie sich von keiner Regung der Umgebung stören. Nach Beendigung der Aufgabe schien das Mädchen völlig zufrieden zu sein. (Fuchs; Schäfer 2003, S.76) Diese Verhaltensänderung vom Lösen bis zur völligen Befriedigung der Aufgabe verweist auf eine innere Selbstdisposition, welche die intellektuellen und motorischen Eigenarten zum Erreichen eines Ziels aufeinander abstimmen. (Fuchs; Schäfer 2003, S.76) Im Erziehungsprinzips Montessori verweist die Polarisation der Aufmerksamkeit zum einen auf die Entdeckung des Geistes und der daraus folgenden Entwicklung und zum anderen dient sie zum Verstehen einer Änderung der Entwicklung beziehungsweise der „Renormalisation einer deviaten Entwicklung.“ (Fuchs; Schäfer 2003, S.76) Dieser Prozess begleitet die Kinder bis zu ihrer vollkommenden Entwicklung. Die Konzentrationsfähigkeit des Kindes ist Voraussetzung für Lernprozesse und die daraus folgende Aneignung von Bildung. Diese anfängliche Konzentration ist ein unbewusst gesteuerter Prozess im Inneren des Kindes. Damit dieser Impuls geweckt wird muss das Kind in seiner Umgebung die Dinge so wahrnehmen, dass es gewillt ist diesen Teil des Lebens zu lernen. Deswegen ist es die Aufgabe des Erziehers eine vorbereitete Umgebung für das Kind zu schaffen, damit es sich frei mit den Objekten seiner Umwelt auseinander setzen kann. Aufgrund dieser Basis kann das Kind sich selbst bilden und somit eine neue Fasson erlangen. (Fuchs; Schäfer 2003, S.78)

3.2 Entwicklungsstufen und sensible Phasen

Im Verlauf der Kindesentwicklung treten verschiedene Perioden auf, die sich in ihrer Beschaffenheit voneinander unterscheiden. (Oswald; Schulz-Bensch 2008, S.84) Diese verschiedenen Perioden beinhalten unterschiedliche Strukturen der Seele und der Denkweise. (vgl. ebd., S.84) Des Weiteren korrespondieren sie mit der Entwicklungsphase der Psyche. (vgl. ebd., S.84) Die Entwicklung des Kindes erfolgt durch im Unterbewusstsein vorhandene sensible Phasen. (Fuchs; Schäfer 2003, S. 61) Diese werden geweckt, wenn das Kind sich mit seiner Umwelt auseinandersetzt. Die Impulse dafür bezeichnet Montessori als „geistigen Hunger“. (vgl. ebd., S. 61) Durch erste Informationsaufnahmen des ihm vorliegenden Umfeldes beginnt langsam der Prozess der inneren Entwicklung. Montessori entdeckt in der Wissenschaft ein Ereignis im Bereich der Insektenentwicklung. In diesem Beispiel handelt es sich um eine Raupe die nach ihrer Geburt den Impuls der Lichtempfindlichkeit spürt und sich automatisch ans andere Ende, wo sich ihre Nahrung befindet, bewegt. Doch nach Erreichen dieses Prozesses wird sie für Licht unempfindlich. Sie bezieht dieses Naturphänomen auf die Lebensabschnitte eines Menschen. Der Mensch ist für einen bestimmten Zeitabschnitt mit einer Empfindlichkeit ausgestattet, sodass er Lebensnotwendiges schnellstens aufnehmen kann. (Holtz; Klemm 1997, S.173) Nach Beendigung dieses Vorganges verblasst die Fähigkeit, sie ist nicht mehr notwendig für seine Existenz. Diese Erkenntnisse dienen dazu die vorübergehenden, weiterentwickelnden Abschnitte zum Voranschreiten bestimmter Fähigkeiten eines Kindes zu verstehen. Sobald dieser Prozess abgeschlossenen ist treten neue Faktoren ein. Es entwickelt sich aufgrund eines Impulses ein neuer Charakterzug. (Montessori 1991, S. 47) Diesen Vorgang nennt man die sensiblen Perioden. Die Entwicklung findet nicht willkürlich statt, es sind Impulse, die für die unterschiedlichen Entwicklungsstufen verantwortlich sind. Die Umwelt liefert hierfür das Material. (vgl. ebd., S. 51)Das Innere des Kindes bestimmt, was gelernt werden soll und was es weiterbringt. Wenn es einen Faktor gefunden hat, wird dieser so lange angewendet, bis es befriedigt ist und das Gesehene umsetzen kann. So geschieht zum Beispiel, dass es seine Sinnesorgane trainiert und gekonnt einsetzen kann. Es lernt zu hören und zu verstehen. In beispielsweise der Periode zur Spracherkennung und Sprachumsetzung artikuliert sich das Kind über Lächeln oder den Ausdruck von Freude, wenn es einige Wörter klar zuweisen konnte. Es existieren nicht nur positive Empfänglichkeitsperioden. Wenn wir Erwachsenen von Stimmungsschwankungen reden handelt es sich im inneren eines Kindes um Störungen der Seele. (vgl. ebd., S. 54) Auslöser dafür können Bedürfnisse sein, die nicht befriedigt werden, die ein Erwachsener nicht erkennt und dem Kind so nicht bieten kann. Das Kind symbolisiert so einen Hilferuf an uns das Verlangte zu erbringen. Es muss gelernt werden die Kindesseele zu verstehen und ihr genug Material beschaffen um weiter zu wachsen. Wenn dieser Freiraum nicht geschaffen ist passiert es, dass die Charakterzüge nicht ausreichend entwickelt werden können und die seelischen Impulse durcheinander geraten. (vgl. ebd., S.56) Montessori weist diese Perioden auf um den Erziehenden zu zeigen, dass der lehrplanorientierte Schulunterricht nicht gerecht wird mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Es ist notwendig die Pädagogik und Didaktik an den sensiblen Entwicklungsstadien festzusetzen. (Fuchs; Schäfer 2003, S. 64) Sinn dahinter ist, den Kindern viel Raum und die Möglichkeiten zu bieten sich Fähigkeiten und Wissen aneignen zu können.

4. Pädagogische Grundlagen

Montessoris Grundlagen beruhen auf ihrem Grundsatz, dass Kinder in ihrer Entwicklung nicht gestört oder behindert werden dürfen, sondern die Erziehenden ihre Entwicklung fördern müssen. Ihre Erkenntnisse beruhen auf ihren Beobachtungen und der Fachliteratur ihres Studiums.

4.1 Die vorbereitete Umgebung

Die vorbereitete Umgebung dient dazu, dass sich Kinder frei entfalten können um ihren inneren Bedürfnissen und Neigungen nachzugehen. (Oswald; Schulz-Bensch 2008, S. 98) Um frei handeln zu können und ihre innere Persönlichkeit zu entwickeln, liegt es in der Pflicht des Erziehenden die äußeren Umstände für die Entfaltung bereitzustellen. Dem Kind ermöglicht dies in einem gewissen Spielraum mit anderen Menschen umzugehen, Gegenstände zu erkunden oder sich selbst zu betrachten. Allerdings hat dieser Freiraum auch Grenzen. (Holtz; Klemm 1997, S. 213) Die Grenzen setzt man bei all jenen Aktivitäten die den Bedürfnissen der Mitmenschen widersprechen. Bei dieser Freiheit ist außerdem zu beachten, dass die vorbereitet Umgebung auf die Bedürfnisse der Kinder zugeschnitten ist. Es ist wichtig, dass die Umgebung geordnet ist, das heißt jedes Möbelstück und jede Sache muss seinen eigenen Platz haben. (vgl. ebd., S. 213)Durch diese Beständigkeit erhalten die Kinder das Gefühl von Sicherheit. Diese Sicherheit schafft die Voraussetzung für die Nutzung der dargestellten Angebote in der vorbereiteten Umgebung. In der praktischen Beobachtung bezieht sich der Begriff Freiheit auf die Auswahl der Tische und Stühle der einzelnen Kinder. Das Kind kann frei entscheiden wie es seinen Lernplatz gestaltet. Dadurch, dass Tische und Stühle einen festen Platz im Raum haben, können die Kinder beispielsweise beim versehentlichen umkippen des Stuhles, diesen wieder in seine Ausgangsposition stellen. Somit erlernen sie welche Bewegungen sie im Raum ausüben können, ohne dass solch ein Malheur noch einmal passiert.

4.2 Der vorbereitete Erzieher/Lehrer

Die Montessori Lehrenden müssen sich zunächst von dem traditionellen Bild der Schule lösen. (Oswald; Schulz-Benesch 2007, S. 249) Durch innerliche Selbstvorbereitung müssen sie den Unterschied zwischen „Tradition“ und Montessori Pädagogik erkennen und verinnerlichen. Das bedeutet, sie unterrichten die Kinder nicht wie üblich, sondern müssen sich bewusst sein, dass das Kind vor ihnen noch keine Persönlichkeit hat und diese erst entwickeln muss. Er muss den Glauben aufbringen, „dass sich das Kind durch die Arbeit offenbaren wird“. (vgl. ebd., S.249) Der Fokus besteht darin, die Kinder nicht in eine Richtung zu drängen, sondern so lange Material zu bieten und die Konfession darin zu bewahren, dass sich die Neigung des Kindes durch die Freiheit in der Umgebung zeigen wird. Die Vorbereitungen und Anleitungen des Lehrers sind notwendig für die aktive Tätigkeit der Kinder. (Oswald; Schulz-Benesch 2008, S. 104) Ihre scheinbare Untätigkeit ist der erkennbare Erfolg ihres Konzeptes. Das Ziel besteht darin, dass die Kinder auch ohne Anwesenheit des Lehrers ihre Aufgabe aus Eigeninteresse und mit voller Konzentration lösen. (vgl. ebd., S. 104)Der Erzieher/Lehrer muss seinen eigenen Entwicklungen folgen, sodass dieses Ziel realisiert werden kann. (vgl. ebd., S.104) Montessori beschreibt drei Entwicklungsstufen. Die erste besagt, dass der Lehrende seine Konzentration auf die Umgebung legen soll, denn die Umgebung ist Grundvoraussetzung für die Freiheit der Kinder. (vgl. ebd., S.105)Die Umgebung muss so gestaltet sein, dass die Kinder Anregungen bekommen das auszuliegende Material zu begutachten und den Willen entwickeln dieses zu lösen. Die zweite Stufe verlangt die Konzentration des Lehrenden auf die Kinder, welche die Umgebung immer noch nicht bemerkt haben. (vgl. ebd., S. 105) Die Aufgabe besteht darin den inneren Drang zum Wissenserwerb der Kinder zu wecken. Es müssen viele Anregungen geschaffen werden, bis das Kind seine Freiheit entdeckt und anwenden möchte. Des Weiteren ist es notwendig die Störenfriede zum Umdenken zu motivieren. (vgl. ebd., S.105) In der letzten Entwicklungsstufe muss der Erzieher oder Lehrer aus dem Vordergrund fliehen und nur noch beobachten. Die Kinder selbst arbeiten alleine für sich und bestimmen wann sie den Lehrer benötigen, weil sie um Hilfe fragen wollen oder den Drang nach Anerkennung zu verspüren. (vgl. ebd., S.105) Die Kinder müssen den Erzieher als Autoritätsperson respektieren an dem sie sich orientieren können und dem sie Vertrauen schenken.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Maria Montessori. Ihre Pädagogik im Spannungsfeld zwischen Gegenwart und historischer Konzeption
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
2,0
Jahr
2015
Seiten
18
Katalognummer
V322624
ISBN (eBook)
9783668218116
ISBN (Buch)
9783668218123
Dateigröße
434 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
maria, montessori, ihre, pädagogik, spannungsfeld, gegenwart, konzeption
Arbeit zitieren
Anonym, 2015, Maria Montessori. Ihre Pädagogik im Spannungsfeld zwischen Gegenwart und historischer Konzeption, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/322624

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