Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Work-Life-Balance
3. Das Normalarbeitsverhältnis
4. Formen von flexibler Arbeitszeit
4.1 Teilzeitarbeit
4.2 Schichtarbeit
4.3 Gleitende Arbeitszeit
4.4 Jahresarbeitszeit
4.5 Telearbeit
4.6 Die flexible Altersgrenze
4.7 Job-Sharing
4.8 Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit
5. Vor- und Nachteile flexibler Arbeitszeitmodelle für die Work-Life-Balance der Arbeitnehmer
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts haben sich aus den etablierten und überwiegend starren Arbeitszeitregelungen vermehrt Alternativen herausgebildet. Den Anlass für diese Entwicklung gaben zum Beispiel Änderungen in den Tarifverträgen und in der Gesetzgebung oder auch der wachsende Wettbewerbsdruck für die Unternehmen. Eine Anpassung des Personals und der Maschinen bei schwankender Auftragslage und mehr Kundenzufriedenheit durch längere Öffnungs- und Ansprechzeiten gelten als entscheidende Vorteile für den Wettbewerb. Die flexiblen Arbeitszeitmodelle werden häufig nicht nur als ein Gewinn für die Unternehmen hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit, sondern auch als ein Gewinn für die Arbeitnehmer beschrieben (vgl. Wanger 2006, S. 1). Dieser zeigt sich laut Wanger folgendermaßen.
„Für die Beschäftigten eröffnen sich in erster Linie Möglichkeiten berufliche und private Interessen miteinander zu vereinbaren. Außerdem können flexible Arbeitszeitmodelle den Mitarbeitern/innen mehr Handlungsspielraum und Eigenverantwortung einräumen sowie ihre Zufriedenheit und Motivation erhöhen.“ (Wanger 2006, S. 2).
Die flexiblen Arbeitszeiten, welche den atypischen Arbeitszeitmodellen angehören, werden dabei im Zusammenhang mit der Work-Life-Balance und als Kontrast zu dem traditionellen schwindenden Normalarbeitsverhältnis betrachtet. Diese Seminararbeit bezieht sich hauptsächlich auf die Veränderungen für die Arbeitnehmer und nur in geringem Maß auf die wirtschaftlichen Hintergründe. Somit geht es in meiner Fragestellung darum, welchen Beitrag die flexiblen Arbeitszeitmodelle für die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben leisten.
Um die Frage zu beantworten, möchte ich herausfinden, wie eine Work-Life-Balance erreicht und beibehalten werden kann. Dazu werde ich im Gliederungspunkt 2 einen kurzen Überblick geben, was sich allgemein hinter dem Begriff Work-Life-Balance verbirgt und wie dieses Gleichgewicht zwischen Berufs- und Privatleben erreicht werden bzw. erhalten bleiben kann. Da die traditionellen Arbeitszeiten mit ihren geringen Gestaltungsmöglichkeiten die Vergleichsbasis für flexible Arbeitsmodelle darstellen, wird im Punkt 3 auf das Normalarbeitsverhältnis eingegangen. Anschließend werden im Gliederungspunkt 4 die Merkmale einiger flexibler Arbeitszeitmodelle zusammengetragen. Dabei werde ich auch auf Arbeitsmodelle eingehen, die nicht direkt als Arbeitszeitmodell gelten, aber dennoch eine selbständige Verteilung von Arbeitszeit zulassen. Diese Merkmale werden im Punkt 5 hinsichtlich ihres Einflusses auf die Work-Life-Balance als Vor- oder Nachteil für die Arbeitnehmer bewertet. Im Fazit werden die Ergebnisse zusammengefasst und dahingehend überprüft, ob die veränderten Umstände vermehrt zur Verbesserung oder doch eher zur Verschlechterung der Work-Life-Balance beitragen.
2. Die Work-Life-Balance
Der Begriff Work-Life-Balance erweckt den Eindruck, dass er die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen den Bereichen Arbeit und Leben bedeutet. Da Arbeit eine Komponente des Lebens ist und neben der Erwerbsarbeit zum Beispiel als Hausarbeit oder ehrenamtliche Arbeit existiert, sind diese Bereiche in einer solchen Gegenüberstellung nicht sinnvoll. Laut Ulich geht es darum, „Balancen zwischen den Möglichkeiten und Anforderungen von Erwerbsarbeitstätigkeiten und den Möglichkeiten und Anforderungen anderer Lebenstätigkeiten zu finden bzw. zu erarbeiten“ (Ulich 2005, S. 510). Die Work-Life-Balance bezeichnet also das Gleichgewicht und die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben (vgl. Ulich 2005, S. 510 f.).
Auch aus unternehmerischer Sicht wächst die Bedeutung des Ausgleichs zwischen Berufs- und Privatleben. Die Mitarbeiter sollen an ihrem Arbeitsplatz und im Privatleben zufrieden, erfolgreich und dadurch gesund und motiviert sein (vgl. Schneider/Ruppenthal/Häuser 2006, S. 26). Dass die Vorteile für die Mitarbeiter, die Unternehmen und letztendlich auch für Staat und Gesellschaft anerkannt werden, zeigt das folgende Zitat.
„Work-Life-Balance ist nicht nur ein essenzieller Faktor für den Unternehmenserfolg, sondern bildet das Fundament einer gesellschaftlich tragfähigen Arbeitswelt und damit die Voraussetzung für eine nachhaltige Unternehmensrendite“ (Steiner/Lehmann 2005, S. 33).
„Ein allgemeingültiges […] Konzept […] gibt es nicht, da die Lebensumstände, Bedürfnisse und Wünsche des einzelnen Menschen sehr unterschiedlich sind.“ (Klimpel/Schütte 2006, S. 22). Um ein gesundes Gleichgewicht für das Berufs- und Privatleben zu erreichen und zu erhalten sind drei Bereiche – die Mitarbeiter als Individuen, die Gesellschaft und das Unternehmen – von Bedeutung (vgl. Astor/Steiner 2005, S. 2 f.). Für das Individuum ist in erster Linie die Pflege von Beziehungen wichtig. Dazu gehört neben den sozialen Kontakten im Freundeskreis und dem familiären Umfeld auch die Beziehung zu sich selbst. Diese spiegelt sich unter anderem in den Ernährungsgewohnheiten, der körperlichen und geistigen Aktivität und der Herangehensweise an Probleme wider. Besonders positiv für die Work-Life-Balance ist ein gutes Zeitmanagement (vgl. Bischof-Jäggi 2005, S. 90 ff.). Ein effektiver Umgang mit der Ressource Zeit und das Erkennen und Umsetzen von Prioritäten spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. Dazu gehört, Kompromisse nicht nur im privaten, sondern auch im beruflichen Bereich einzugehen (vgl. Frone 2002, S. 156). Der gesellschaftliche Beitrag hängt mit den staatlichen Rahmenbedingungen beziehungsweise der Gesetzgebung zusammen. Arbeitsrechtliche und familienpolitische Regelungen sind Beispiele für diesen Einfluss (vgl. Astor/Steiner 2005, S. 2 f.). Von Seiten der Unternehmen spielt unter anderem das betriebliche Gesundheitsmanagement eine bedeutende Rolle für die Work-Life-Balance. Aufgabe des Gesundheitsmanagements eines Unternehmens ist es zum Beispiel, permanent das gesundheitliche Befinden der Mitarbeiter und eventuelle arbeitsbedingte Krankheiten zu beobachten, sowie präventive Maßnahmen anzubieten (vgl. Klimpel/Schütte 2006, S. 87).
„Einem vorzeitigen Verschleiß der Beschäftigten wird auf allen Unternehmensebenen entgegengewirkt. Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden gefördert. Durch geringere Fehlzeiten, eine erhöhte Motivation, erhöhte Produktivität, Qualität und Flexibilität wird die langfristige Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit gesteigert.“ (Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung an der Universität Bielefeld e. V. 2006, S. 18).
Für eine gute Work-Life-Balance spielen in diesem Zusammenhang besonders die Arbeitsbedingungen eine große Rolle. Die Unternehmen können zum Beispiel durch das Angebot von flexiblen und familienfreundlichen Arbeitszeiten einen positiven Einfluss auf das Privatleben der Mitarbeiter ausüben und so indirekt die Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz verbessern (vgl. Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung an der Universität Bielefeld e. V. 2006, S. 17).
Kaes hat ein Work-Life-Balance Modell entwickelt, welches Methoden zur Vereinbarung von Privat- und Arbeitsleben in fünf Dimensionen darstellt. Dieser sogenannte Work-Life-Balance Star ist in der Abbildung 1 zu sehen (vgl. Kaes 2005, S. 13 ff.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Work-Life-Balance Star (nach Kaes 2005, S. 15)
Mit der Grundlage des Work-Life-Balance Star meint Kaes strategische, organisatorische und kulturelle Eigenschaften eines Unternehmens, sowie dessen Führung. Zu den Maßnahmen zur Familienunterstützung gehört zum Beispiel der Elternschaftsurlaub oder ein Platz in der Kinderkrippe. Diese Dimension hat besondere für alleinerziehende Elternteile und Elternpaare, die beide berufstätig sind große Bedeutung. Mit Fitness meint Kaes präventive, gesundheitserhaltende Maßnahmen, wie betriebliche Sportangebote, Ernährungsberatung und Ergonomie am Arbeitplatz. Haushaltsnahe Dienstleistungen beinhalten möglicherweise einen Putzservice oder Sprachkurse. Auf flexible Arbeitspraktiken, wie Telearbeit oder Job-Sharing und flexible Arbeitszeiten gehe ich im Gliederungspunkt 4 ein (vgl. Kaes 2005, S. 32 ff.).
3. Das Normalarbeitsverhältnis
Laut Brehmer/Seifert handelt es sich bei dem Normalarbeitsverhältnis um eine unbefristete Vollzeittätigkeit mit Einbindung in die sozialen Sicherungssysteme, in welcher der Arbeitnehmer an die Weisungen des Arbeitgebers gebunden ist (vgl. Brehmer/Seifert 2007, S. 4).
Entstanden ist das Normalarbeitsverhältnis im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Wachstum in den fünfziger bis siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts durch die Vereinheitlichung der Dimensionen von Beschäftigung. Das Arbeitsrecht, die Arbeitszeit und der Arbeitsort wurden in ihrer standardisierten Form zu den Hauptmerkmalen des damaligen Arbeitsverhältnisses (vgl. Beck 1986, S. 224). Durch den Einfluss der unbefristeten sozialen und finanziellen Absicherung auf die Lebensläufe entstand die Normalbiographie. Diese verläuft nach einem allgemeingültigen Muster. Nach der Ablösung vom Elternhaus erfolgt der Eintritt in das Erwerbsleben und daraufhin die Gründung einer Familie. Das Erwerbsleben endet erst mit dem Übergang in den Ruhestand. Diese Normalbiographie war jedoch nur für Männer vorgesehen (vgl. Osterland 1990, S. 351 f.).
„Frauen arbeiten dagegen noch immer nicht nur seltener, sondern oft in Beschäftigungsverhältnissen, die davon abweichen und häufig von den Schutzregelungen und sozialen und tariflichen Regelungen des Normalarbeitsverhältnisses ausgeschlossen sind.“ (Osterland 1990, S. 352).
Durch das Aussterben des Normalarbeitsverhältnisses schwindet auch die Voraussetzung für die Normalbiographie. Diese Entwicklung hat eine individualisierende Wirkung auf die Lebensläufe (vgl. Osterland 1990, S. 353). Die Ende der siebziger Jahre beginnende negative Entwicklung in der Wirtschaft förderte durch Deregulierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen den Zusammenbruch des Normalarbeitsverhältnisses. Die einheitlichen Dimensionen Arbeitsrecht, Arbeitsort und Arbeitszeit wurden aufgelöst, sodass es zur rechtlichen, räumlichen und zeitlichen Entgrenzung von Arbeit kam (vgl. Beck 1986, S. 225).
4. Formen von flexibler Arbeitszeit
Flexible Arbeitszeiten bilden eine Alternative zu den Arbeitszeiten des Normalarbeitsverhältnisses. Schon seit geraumer Zeit existieren eher konventionelle Formen der Arbeitszeitflexibilisierung, wie zum Beispiel Schicht-, Gleit- oder Teilzeitarbeit. Diese wurden durch modernere Flexibilisierungsmodelle, wie Telearbeit ergänzt. Die Flexibilität der Arbeitszeit ergibt sich aus den Gestaltungsparametern Dauer, Lage und Verteilung und aus der betrieblichen Arbeitsorganisation. Sobald einer der Parameter variierbar ist, handelt es sich um ein flexibles Arbeitszeitmodell (vgl. Wanger 2006, S. 4). Die Arbeitszeit als „Zeitspanne, welche die Beschäftigten für Erwerbsarbeiten aufwenden bzw. während welcher sie der Unternehmung für den Aufgabenerfüllungsprozess zur Verfügung stehen“ (Blum/Zaugg 1999, S. 41), soll so verteilt werden, dass sie nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für die Beschäftigten sinnvoll ist (vgl. Blum/Zaugg 1999: 36 f.). An den Merkmalen der folgenden Arbeitszeitmodelle soll erkennbar werden, inwiefern das der Fall ist.
4.1 Teilzeitarbeit
Teilzeitarbeit ist die am häufigsten verwendete Möglichkeit, von der Normalarbeitszeit abzuweichen (vgl. Linnenkohl/Rauschenberg 1996, S. 20). Die gesetzliche Definition haben Linnenkohl/ Rauschenberg folgendermaßen zusammengefasst.
„Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 des Beschäftigungsförderungsgesetzes sind Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt, wenn deren regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die regelmäßige Wochenarbeitszeit vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer“ (Linnenkohl/Rauschenberg 1996, S. 27).
Diese „individualvertragliche Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich“ (Klimpel/ Schütte 2006, S. 61) beruht also auf der Veränderung des Parameters der Dauer und ist nur dann Teilzeitarbeit, „wenn zwischen Arbeitgeber/in und Arbeitnehmer/in ein fortgesetztes Arbeitsverhältnis vereinbart wird, das eine kürzere als die betriebsübliche Arbeitszeit vorsieht.“ (Baillod 2002, S. 12).
4.2 Schichtarbeit
Die Schichtarbeit ist ein altes Arbeitszeitmodell. Es ist durch „die Aufteilung der betrieblichen Arbeitszeit in mehrere Zeitabschnitte mit versetzten Anfangszeiten bzw. unterschiedlicher Lage sowie unterschiedlicher Dauer“ (Linnenkohl/Rauschenberg 1996, S. 49) gekennzeichnet. So kann die Betriebszeit auf bis zu täglich 24 Stunden ausgeweitet werden. Je nach Anforderung können Betriebe verschiedene Schichtsysteme anwenden. Es gibt permanente Schichtsysteme, wie zum Beispiel Dauernachtschicht oder Dauerfrühschicht und Wechselschichtsysteme. Diese treten unter anderem in Form von Mehrschichtsystemen bestehend aus Früh-, Spät- und Nachtschicht auf (vgl. Knauth/Hornberger 1997, S. 11).
4.3 Gleitende Arbeitszeit
Bei der einfachen Form der gleitenden Arbeitszeit gibt es für die Mitarbeiter die Option, Arbeitsbeginn und Arbeitsende innerhalb eines Zeitrahmens selbst zu bestimmen. Beispielsweise kann je nach Bedarf zwischen 7 Uhr und 9 Uhr mit der Arbeit begonnen und entsprechend der festgelegten täglichen Arbeitszeit zwischen 15 Uhr und 17 Uhr die Arbeit beendet werden (vgl. Linnenkohl/Rauschenberg 1996, S. 92). Die qualifizierte Form der Gleitzeit erlaubt dem Arbeitnehmer nicht nur die Wahl der Lage, sondern auch die Wahl der Dauer der täglichen Arbeitszeit. Die Arbeitszeit außerhalb eventueller Kernzeiten darf beliebig aufgeteilt und zum Beispiel durch Überarbeit, also „über die regelmäßige betriebliche Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeitszeit“ (Linnenkohl/Rauschenberg 1996, S. 42) beglichen werden (vgl. Linnenkohl/ Rauschenberg 1996, S. 102).
[...]