Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Hinführung
2. Übersetzungsvergleich
3.1 Abgrenzung und Kontextanalyse
3.2 Strukturanalyse
3.3 Literarkritik
3.4 Begriffsgeschichte
3.5 Formgeschichte
4. Redaktionsgeschichte und Interpretation
5. Synoptischer Vergleich
6. Zusammenfassung
7. Literaturverzeichnis
1. Hinführung
Diese exegetische Hausarbeit wird sich mit der Perikope Mk 4, 35- 41 beschäftigen: die Wundergeschichte der Stillung des Sturms.
Zentrale Themen sind der Glaube und das Vertrauen in Jesus, sowie die auf ihn übertragene Vollmacht Gottes.
Sie orientiert sich dabei an das typische Muster der historisch- kritischen Exegese. Hierfür wird die vorliegende Perikope inhaltlich, wie auch sprachlich genau untersucht um herauszuarbeiten, welche Intention der Verfasser Markus bei der Abfassung seines Evangeliums verfolgt hat.
2. Übersetzungsvergleich
In diesem Abschnitt geht es darum zu prüfen, welche Übersetzung am geeignetsten für die Exegese der Perikope ist. Ich werde im folgenden diese Übersetzungen miteinander vergleichen: Luther Bibel, Zürcher Bibel und die Elberfelder Bibel.
Inhaltlich und sprachlich steigen alle drei Übersetzungen gleich ein mit der Zeitangabe und Aufforderung Jesu zum anderen Ufer über zusetzen, doch schon in V. 36 tritt die erste sprachliche Differenz auf. In der Luther Übersetzung entlassen sie die Volksmenge und nehmen ihn mit „wie er im Boot war“. In der Zürcher und Elberfelder Übersetzung jedoch nehmen sie ihn „im Boot mit wie er war“.
In V. 38 fällt auf das die Luther Übersetzung wie auch die Zürcher das Wort „Kissen“ benutzen anstatt „Kopfkissen“ wie in der Elberfelder Übersetzung. Ebenso benutzen beide das Wort „Meister“ und nicht „Lehrer“, wie dies die Elberfelder Übersetzung tut.
Weitere Sprachliche Differenzen finden sich in V.39 In der Luther sowohl auch in der Elberfelder Übersetzung heißt es: „er bedrohte den Wind“. In der Zürcher heißt es jedoch „ schrie den Wind an“.
Im selben Vers heißt es in Zürcher und Elberfelder Übersetzung: “sprach zu dem See“ bei Luther jedoch „sprach zu dem Meer“.
Wo es sich bisher nur um sprachliche Differenzen handelt tritt nun in V. 40 ein großer inhaltlicher Unterschied hervor. In der Luther Bibel endet der Vers mit der Frage Jesu ob sie immer noch keinen Glauben hätten. In der Zürcher und Elberfelder Bibel stellen die Jünger als Abschluss jedoch noch eine Frage in den Raum, mit der die Geschichte dann endet.
Aufgrund dieses fehlenden, meiner Meinung nach wichtigen Teiles in der Luther Bibel, entscheide ich mich für meine weitere Exegetische Arbeit für die Übersetzung der Elberfelder Bibel, da sie sowohl Übereinstimmungen mit der Zürcher, wie auch mit der Lutherbibel hat und zu dem den Ruf besitzt eine sehr wörtliche Übersetzung der Urtexte zu sein.
3.1 Abgrenzung und Kontextanalyse
Dieser Schritt dient der Frage einer Sinnvollen Gliederung und Einteilung der Perikope im engeren und weiteren Kontext.
Der Wundergeschichte von der „Stillung des Sturms“ gehen Gleichnisse voraus wie das „Gleichnis vom Senfkorn“ in welchen Jesus versucht der Volksmenge das Reich Gottes begreifbar zu machen.
Das Kapitel beginnt mit der Ortsbeschreibung. Mk.4, 1:“Und wieder fing er an, am See zu lehren. Und es versammelt sich eine sehr große Volksmenge zu ihm, so dass er in ein Boot stieg und auf dem See saß; und die ganze Volksmenge war am See auf dem Land.“
In Mk 1 Wird von der Taufe Jesu durch Johannes den Täufer berichtet, wie auch von der Berufung der ersten Jünger und Jesus tut seine ersten Wunder an Kranken und Aussätzigen. In Mk 2 klärt Jesus Glaubens und Gesetzesfragen. In Mk 3 folgen dann weitere Heilungsgeschichten sowie die „Berufung der zwölf Apostel“.
In Mk 3,7-12 wird von den Krankenheilungen am See Genezareth berichtet so das sich zusammen mit Mk 4,1 im Hinblick auf die zu untersuchende Perikope „Stillung des Sturms“ erschließen lässt, dass Jesus sich auch hier wieder am See Genezareth befindet. Somit ist der Ort der Abhandlung geklärt.
Die „Stillung des Sturms“ ist die letzte Geschichte in Markus 4 und leitet somit ein neues Kapitel ein. In Mk 5 beginnen weitere Heilungsgeschichten und Wundergeschichten Jesu, in denen er seine Macht und somit seine Authentizität als Messias gegenüber den Menschen demonstriert. Es beginnt mit der Perikope „Heilung eines besessenen Geraseners“ auf welche weitere Heilungsgeschichten folgen sowie die „Speisung der Fünftausend“. Im Wechsel folgen nun Wundergeschichten und Klärung von Gesetzes und Glaubensfragen.
In Mk 8 ist dann eine Wende zu erkennen als Jesus seine erste Leidensankündigung macht in denen Jesus dann seine Endzeitreden hält. Diese Leidensankündigungen tauchen bis Mk 13 wiederholt auf. In Kapitel 14 wird Jesus verraten und es folgen in den nachfolgenden Kapiteln seine Gefangennahme, sowie Hinrichtung und Auferstehung und Himmelfahrt Jesu in Mk 16.
Die von mir zu bearbeitende Perikope nimmt im Kontext des Markusevangeliums eine besondere Rolle ein, in sofern das sie die erste Wundergeschichte ist, in der Jesus nicht wie bisher nur Herr über die Menschen und ihre Krankheiten ist, sondern auch über die Natur, in diesem Falle den Wind.
Des weiteren stellt sie einen Abschluss der vorausgegangenen Gleichnisse da und eine Überleitung zum nächsten Kapitel.
3.2 Strukturanalyse
Ich werde den Text Stillung des Sturms nun in eine Sinnvolle Gliederung unterteilen. Die Textstelle lässt sich in sieben Abschnitte unterteilen. In V.35 gibt es eine Exposition: „Und an jenem Tag sagt er zu ihnen, als es Abend geworden war: Lasst uns zum jenseitigen Ufer übersetzen.“ Es ist also Abend und die Gefolgschaft befindet sich am Ufer eines Sees. V. 36 ist die Ausgangssituation für das darauf folgende Problem. Jesus (Welcher in der Geschichte namentlich nicht genannt wird) und seine Jünger entlassen die Volksmenge und fahren mit dem Boot auf den See.
In V. 37 taucht dann das Problem auf. Ein Sturm zieht herauf und Wasser beginnt in das Boot zu laufen.
Im vierten Abschnitt, V. 38 wecken die Jünger Jesus auf, welcher im hinteren Teil des Boots auf einem Kopfkissen schläft. Es kommt zu einem Streitgespräch, in dem die Jünger ihm vorwerfen, dass es ihn nicht kümmere das sie umkommen. In V. 39 gibt es eine Lösung für das Problem in dem Jesus aufsteht und dem Wind befiehlt still zu sein. Der Sturm endet darauf sofort.
In V. 40 folgt dann Jesu verbale Reaktion auf die Anschuldigung der Jünger, in dem er sie fragt warum sie sich fürchten und ob sie immer noch keinen Glauben hätten. Es findet also ein beidseitiger Vorwurf statt. Der letzte Abschnitt (V. 41) beinhaltet eine Reaktion der Jünger auf die Lösung des Problems durch Jesus. Sie fürchten sich und fragen sich wer er ist das er Macht über Wind und Wasser hat.
3.3 Literarkritik
Ich möchte mich nun der Literarkritik widmen um herauszufinden ob der Autor für den Text schriftliche Vorstufen zur Verfügung hatte und an diesem Änderungen vorgenommen hat. Um das herauszufinden werde ich den Text auf inhaltliche, sprachliche, und theologische Differenzen hin untersuchen.
Gleich zu Beginn lässt sich vermuten das V. 35 ergänzt wurde.[1] Womöglich wollte der Evangelist dem Leser dadurch eine kurze geographische Einleitung in das Geschehen geben, wenn auch gleich er nicht direkt das Gebiet der Abhandlung nennt, welches sich jedoch aus dem Kontext erschließen lässt (s. Mk 3, 7-12).
Für den Leser scheint die Information das Jesus und seine Jünger inklusive der Menge sich an einem Ufer befinden, für den Verlauf der Geschichte von Bedeutung zu sein und gleichzeitig zu reichen.
Zu dem ist es wahrscheinlich, dass der Autor den Befehl Jesu: „Lasst uns zum jenseitigen Ufer übersetzen!“ (s. V. 35) eingebaut hat um Jesu Souveränität aufzuzeigen. Jesus ist nicht etwa der, der aus Zufall in den Sturm gerät. Er gibt bewusst den Befehl das Ufer zu überqueren. Das lässt den Schluss zu, dass Jesus sogar wusste, dass er und seine Jünger in den Sturm geraten. In V. 36 lässt sich ein inhaltlicher Widerspruch erkennen, denn dort heißt es: “Und sie entließen die Volksmenge und nehmen ihn im Boot mit, wie er war. Und andere Boote waren bei ihm.“ Jesus und seine Jünger entlassen die Hörerschaft und steigen anschließend in das Boot, hier endet der Satz. Im nächsten Satz wird dann berichtet, dass auch noch andere Boote bei Ihnen waren.
Hätte der Autor die Aussage treffen wollen, dass die Hörer ihn begleitet hätten, hätte er schon vorher darauf hinweisen können, dass sie alle zusammen in die Boote steigen. Es muss sich hier also um einen Einschub seitens des Evangelisten Markus handeln. Anscheinend war es ihm äußerst wichtig, dass die Menge während des darauf folgenden Wunders unmittelbar in Jesu Nähe ist und Zeuge seiner Wundertat wird.
Eine weiteres Indiz für diese These ist der Fakt, dass im späteren Verlauf der Geschichte die Boote der Menge nicht mehr erwähnt werden. Sogar als in V. 39 der Sturm tobt, wird nur von Jesus und seinen Jüngern berichtet. Es könnte jedoch auch sein, dass sich in den Booten die anderen Jünger befinden, die nicht alle gemeinsam in einem Boot Platz finden. Hiergegen spricht jedoch, das vom Autor erzeugte Bild des größeren Schiffes, in dem genug Platz ist, so das Jesus auf diesem einen Platz zum schlafen findet (s. V. 39).
Betrachtet man V. 40 genauer erscheint dieser schon fast störend, da er den Erzählfluss zwischen V. 39 und V. 41 unterbricht.[2] Jesu Kritik an den Jüngern erscheint zunächst überzogen, zumal sie sich in einer lebensgefährlichen Situation befinden und sich nur an ihren Rabbi wenden, dem sie vertrauen. Außerdem beendet Jesus daraufhin den Sturm so das die Angst berechtigt erscheint. Dafür spricht auch, dass die Jünger zu seiner Kritik keine Stellung beziehen, sondern die Erzählung mit dem Chorschluss abschließt.
Wahrscheinlich hat der Evangelist diesen Vers eingeschoben, um eine wichtige theologische Aussage für sich und die Leser zu treffen. Auf diese wird im weiteren Verlauf der Exegese noch eingegangen.
Nach diesen Ergebnissen lässt sich darauf schließen, dass der Evangelist Markus bei der Abfassung seines Evangeliums auf Quellen zurück gegriffen hat, die er seiner theologischen Interpretation anglich.
[...]
[1] Vgl. Pesch 1980, S. 268.
[2] Vgl. Pesch 1980, S. 268.