Die Schließung bestehender Impflücken und somit die Ausrottung einer Reihe infektiöser und in ihrer Gefährlichkeit nicht zu unterschätzender Krankheiten ist erklärtes Ziel der World Health Organization. Für die Masern ist dieses Vorhaben im Jahr 2015 auch auf internationaler Ebene erneut gescheitert. Ausgehend von diesem Ziel wird in der vorliegenden Arbeit die Wirkungsweise und -richtung eines Impfzwangs eingehend beleuchtet.
Im Fokus steht die Frage, wann die Zumutbarkeitsgrenze staatlichen Eingreifens in die Rechte des Einzelnen überschritten ist. Diese Betrachtung soll hauptsächlich aus Sicht des Impflings erfolgen – die Analyse verfassungsrechtlicher Problematiken wird sich primär an dessen Einwilligungsfähigkeit orientieren. Die Perspektive eines zur Durchführung der Impfmaßnahme gezwungenen Arztes wird dabei lediglich am Rande erörtert.
Letztlich wird überprüft, inwiefern die Grundrechte des Impfindividuums zugunsten erhöhter Impfraten und somit dem Wohl der Allgemeinheit eingeschränkt werden können und welche Alternativen zur Schließung von Impflücken bestehen.
Nachdem es in Berlin im Frühjahr 2015 zu einem gehäuften Auftreten von Masernfällen und in diesem Zusammenhang sogar zu einem Todesfall kam, wurde erneut die Debatte um die Einführung eines Impfzwangs aufgegriffen. Erneut deshalb, weil das Konzept einer verpflichtenden Durchimpfung der Bevölkerung keineswegs juristisches Neuland für die Bundesrepublik darstellt: bereits 1807 wurde in Bayern eine verbindliche Pockenschutzimpfung eingeführt, das Reichsimpfgesetz trat daraufhin 1874 in Kraft.
Dessen Fortgeltung war jedoch umstritten, und so wurde die Impfpflicht nach Ausrottung der Pockenepidemie 1982 fast gänzlich abgeschafft. Eine Verpflichtung zur Duldung bestimmter Schutzimpfungen findet sich nur noch in § 17 Abs. 4 S. 3 Soldatengesetz für Wehrpflichtige.
Inhaltsverzeichnis
- A. Impfzwang in Deutschland
- B. Terminus ,,Impfzwang“
- C. Impfzwang in der praktischen Umsetzung
- I. Reichsimpfgesetz
- II. Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission
- III. Impfzwang international
- D. Rechtliche Rahmenbedingungen
- I. Infektionsschutzgesetz als einfachgesetzliche Grundlage
- II. Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz
- E. Impfung als Heileingriff
- F. Medizinische Indikation der Schutzimpfung
- G. Rechte des einwilligungsfähigen Impflings
- 1. Körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG
- 1.) Impfzwang als Eingriff
- 2.) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
- a) Impfzwang als Schutzpflicht des Staates
- b) Geeignetheit des Impfzwangs
- c) Erforderlichkeit des Impfzwangs
- d) Angemessenheit des Impfzwangs
- II. Selbstbestimmungsrecht, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG
- III. Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit, Art. 4 Abs. 1 GG
- IV. Allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG
- 1. Körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG
- H. Rechte und Pflichten bei einwilligungsunfähigen Impflingen
- I. Selbstbestimmungsrecht, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG
- II. Recht auf Kinderpflege und -erziehung, Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG
- 1.) Impfzwang als Eingriff
- 2.) Impfzwang als Ausübung des staatlichen Wächteramtes
- I. Rechte des Impfenden
- J. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Rechtsproblemen eines Impfzwangs in Deutschland. Sie untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen und die verfassungsrechtlichen Aspekte eines Impfzwangs im Hinblick auf die Grundrechte des Einzelnen.
- Verfassungsrechtliche Aspekte des Impfzwangs
- Rechtliche Grenzen eines Impfzwangs
- Rechtliche Rahmenbedingungen des Infektionsschutzgesetzes
- Rechte des Impflings und des Impfenden
- Impfzwang im internationalen Vergleich
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit dem Begriff des Impfzwangs in Deutschland und seiner historischen Entwicklung. Das zweite Kapitel analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen des Impfzwangs, insbesondere das Infektionsschutzgesetz. Im dritten Kapitel werden die Grundrechte des Einzelnen im Zusammenhang mit dem Impfzwang beleuchtet, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Selbstbestimmungsrecht und die Religionsfreiheit. Das vierte Kapitel untersucht die besonderen rechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit der Impfung von Kindern und Jugendlichen. Schließlich werden die wichtigsten Erkenntnisse und Schlussfolgerungen der Arbeit im letzten Kapitel zusammengefasst.
Schlüsselwörter
Impfzwang, Infektionsschutzgesetz, Grundrechte, Recht auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmungsrecht, Religionsfreiheit, Kinderrechte, Impfen, Impfpflicht, Schutzimpfung, Medizinrecht, Verfassungsrecht.
- Arbeit zitieren
- Lena Grimm (Autor:in), 2015, Rechtsprobleme eines Impfzwangs. Wann wird die Zumutbarkeitsgrenze staatlichen Eingreifens in die Rechte des Einzelnen überschritten?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323391