Trotz der Fülle der bestehenden Literatur und Rechtsprechung gehört die Thematik der verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) zu den umstrittensten und unübersichtlichsten Themen des Steuerrechts. An einer Legaldefinition des Begriffes vGA fehlt es. Ohne den Begriff der vGA zu definieren, verwendet der Gesetzgeber ihn und seine Rechtsfolgen mehrfach. Die Rechtssprechung hat es sich zur Aufgabe gemacht, Grundsätze zum Begriff und des Anwendungsbereichs der vGA herauszuarbeiten. Doch auch innerhalb der Rspr. des I. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) und des VIII. Senats des BFH gibt es Abweichungen. Der Zweck der vGA besteht darin, eine Verminderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Körperschaft aufgrund von Geschäftsvorgängen zu vermeiden, die ihren Ausgangspunkt im Gesellschaftsverhältnis und damit im Bereich der Einkommensverwendung haben.
Die einzelnen Vorgänge sind darauf zu untersuchen, ob ihr Rechtsgrund ihrem Wesen nach im Gesellschaftsverhältnis und damit der Einkommensverwendung darstellt oder die Vorgänge eine Teilnahme am Marktgeschehen darstellen und zum Bereich der Einkommenserzielung gehören. Wird der einzelne Vorgang falsch dargestellt, stellt das zu versteuernde Einkommen der Körperschaft nicht die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Körperschaft dar. Das Trennungsprinzip zwischen Besteuerung der Körperschaft und Besteuerung des Gesellschafters erfordert eine Unterscheidung in betriebliche und gesellschaftsbezogene Vorgänge, da Körperschaft und Gesellschafter über getrennte Vermögenssphären verfügen. Die vGA tritt überwiegend bei den Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) auf. Dies liegt darin begründet, dass die GmbH im deutschen Rechtsraum stark verbreitet ist. Steuerliche Gestaltungen innerhalb einer GmbH haben u.a. das Ziel, die Steuerbelastung auf ein Minimum zu reduzieren.
Das Gesetz setzt der Gestaltung im Wesentlichen zwei Grenzen, deren Überschreitung unterschiedliche Konsequenzen hat. Dies sind die Regelungen zur vGA und der Tatbestand der Steuerhinterziehung. In steuerrechtlicher Hinsicht schränkt die vGA die Gestaltung ein. Eine unzulässige Gestaltung hat steuerrechtliche Folgen. Wird die Grenze zur Steuerhinterziehung überschritten, kann dies steuerstrafrechtliche Konsequenzen für die GmbH, für den Geschäftsführer und auch für einen möglicherweise Beteiligten nach sich ziehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die verdeckte Gewinnausschüttung
- Rechtsentwicklung der VGA und Definition des I. Senats des BFH
- Tatbestände der VGA nach BFH
- Die Vermögensminderung oder die verhinderte Vermögensmehrung
- Zurechenbare Handlung der GmbH als Körperschaftsteuersubjekt
- Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und der Fremdvergleich
- Der Sondertatbestand des beherrschenden Gesellschafters
- Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG
- Der fehlende Zusammenhang mit einer offenen Gewinnausschüttung
- Die Vorteilsgeneigtheit
- Rechtsfolgen der VGA auf Ebene der Gesellschaft und auf Ebene des Gesellschafters
- Rechtsfolgen auf Ebene der Gesellschaft
- Rechtsfolgen auf Ebene des Gesellschafters
- Steuerhinterziehung nach § 370 AO
- Verwirklichung des Tatbestands der Steuerhinterziehung nach § 370 AO durch eine VGA und deren Grenze
- Scheingeschäfte und Gestaltungsmissbrauch
- Die VGA als straflose Vorbereitungshandlung
- Verletzung der steuerlichen Erklärungspflicht
- Feststellungslast
- Besteuerungsverfahren
- Steuerstrafverfahren
- Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die verdeckte Gewinnausschüttung (VGA) und deren Nähe zur Steuerhinterziehung. Ziel ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen beider Tatbestände zu analysieren und die Schnittmenge zwischen zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen zu beleuchten. Dabei wird insbesondere der Grenzbereich zwischen zulässiger Gestaltung und strafbarer Handlung untersucht.
- Definition und Rechtsentwicklung der verdeckten Gewinnausschüttung
- Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung nach § 370 AO
- Abgrenzung zwischen VGA und Steuerhinterziehung
- Relevanz des Fremdvergleichs bei der Beurteilung von VGAs
- Rechtsfolgen für Gesellschaft und Gesellschafter
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der verdeckten Gewinnausschüttungen (VGA) und deren mögliche Überschneidung mit der Steuerhinterziehung ein. Sie umreißt den Forschungsstand und die Methodik der Arbeit, wobei der Fokus auf der Analyse der rechtlichen Problematik und der Abgrenzung zwischen zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen liegt. Die Arbeit skizziert die zentrale Fragestellung: Unter welchen Umständen überschreitet eine VGA die Grenze zur strafbaren Steuerhinterziehung?
Die verdeckte Gewinnausschüttung: Dieses Kapitel bietet eine umfassende Darstellung des Rechtsinstituts der verdeckten Gewinnausschüttung. Es analysiert die Rechtsentwicklung, beginnend mit der Definition des I. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH), und beleuchtet detailliert die verschiedenen Tatbestandsmerkmale nach BFH-Rechtsprechung. Die Analyse umfasst die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die zurechenbare Handlung der GmbH, die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und den Fremdvergleich, den Sondertatbestand des beherrschenden Gesellschafters, die Auswirkungen auf den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 EStG, den fehlenden Zusammenhang mit offenen Gewinnausschüttungen und die Vorteilsgeneigtheit. Schließlich werden die Rechtsfolgen auf Gesellschaftsebene und auf Ebene des Gesellschafters erörtert. Das Kapitel legt den Grundstein für das Verständnis der VGA als zivilrechtliches Phänomen, das im Kontext der Steuerhinterziehung kritisch betrachtet wird.
Steuerhinterziehung nach § 370 AO: Dieses Kapitel widmet sich dem Straftatbestand der Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO. Es untersucht das Rechtsgut, die Deliktstruktur, die objektiven Tatbestände (§ 370 Abs. 1 Nr. 1-2 AO), den Erfolg der Steuerhinterziehung, den subjektiven Tatbestand, die leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO), die Rolle des GmbH-Geschäftsführers als Täter und die Beteiligung Dritter. Die ausführliche Darstellung der Tatbestandsmerkmale schafft die notwendige Grundlage, um die Überschneidung mit dem Thema der VGA im Folgekapitel zu analysieren. Besonderes Augenmerk liegt auf der Klärung der Voraussetzungen für die Strafbarkeit und den unterschiedlichen Formen der Steuerhinterziehung.
Verwirklichung des Tatbestands der Steuerhinterziehung nach § 370 AO durch eine VGA und deren Grenze: Dieses Kapitel stellt den Kern der Arbeit dar. Es analysiert, unter welchen Bedingungen eine verdeckte Gewinnausschüttung den Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht. Dabei werden Scheingeschäfte und Gestaltungsmissbrauch sowie die Frage nach der straflosen Vorbereitungshandlung eingehend untersucht. Die Verletzung der steuerlichen Erklärungspflicht und die Feststellungslast in Besteuerungs- und Steuerstrafverfahren werden ebenfalls beleuchtet. Dieses Kapitel verbindet die vorhergehenden Kapitel, um die kritische Frage nach der Abgrenzung zwischen zivilrechtlicher VGA und strafrechtlicher Steuerhinterziehung zu beantworten und die jeweiligen Grenzbereiche herauszuarbeiten.
Schlüsselwörter
Verdeckte Gewinnausschüttung (VGA), Steuerhinterziehung, § 370 AO, Fremdvergleich, Gestaltungsmissbrauch, GmbH, Körperschaftsteuer, Einkommensteuer, Steuerstrafrecht, Rechtsfolgen, Gesellschafter, Geschäftsführer.
FAQ: Verdeckte Gewinnausschüttung (VGA) und Steuerhinterziehung
Was ist der Inhalt dieses Dokuments?
Dieses Dokument bietet eine umfassende Übersicht über das Thema „Verdeckte Gewinnausschüttung (VGA)“ und deren mögliche Überschneidung mit dem Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 AO. Es beinhaltet ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte, Kapitelzusammenfassungen, sowie ein Stichwortverzeichnis. Der Fokus liegt auf der Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen beider Tatbestände und der Abgrenzung zwischen zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen, insbesondere im Grenzbereich zwischen zulässiger Gestaltung und strafbarer Handlung.
Was sind die zentralen Themen des Dokuments?
Die zentralen Themen sind die Definition und Rechtsentwicklung der verdeckten Gewinnausschüttung, die Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung nach § 370 AO, die Abgrenzung zwischen VGA und Steuerhinterziehung, die Relevanz des Fremdvergleichs, die Rechtsfolgen für Gesellschaft und Gesellschafter sowie die Analyse von Scheingeschäften und Gestaltungsmissbrauch in diesem Kontext.
Wie wird die verdeckte Gewinnausschüttung (VGA) definiert?
Das Dokument beschreibt die VGA anhand der Definition des I. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) und analysiert detailliert die verschiedenen Tatbestandsmerkmale. Hierzu gehören die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die zurechenbare Handlung der GmbH, die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und der Fremdvergleich, der Sondertatbestand des beherrschenden Gesellschafters, die Auswirkungen auf den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 EStG, der fehlende Zusammenhang mit offenen Gewinnausschüttungen und die Vorteilsgeneigtheit.
Welche Rechtsfolgen sind mit einer VGA verbunden?
Das Dokument erläutert die Rechtsfolgen einer VGA sowohl auf Ebene der Gesellschaft als auch auf Ebene des Gesellschafters. Diese Konsequenzen werden im Kontext der zivilrechtlichen Haftung betrachtet.
Wie wird der Tatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 AO definiert?
Das Dokument beschreibt den Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 AO, einschließlich des Rechtsguts, der Deliktstruktur, der objektiven Tatbestände (§ 370 Abs. 1 Nr. 1-2 AO), des Erfolgs der Steuerhinterziehung, des subjektiven Tatbestands, der leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO), der Rolle des GmbH-Geschäftsführers und der Beteiligung Dritter.
Unter welchen Umständen kann eine VGA als Steuerhinterziehung gewertet werden?
Der Kern des Dokuments untersucht die Bedingungen, unter denen eine VGA den Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht. Es analysiert dabei Scheingeschäfte, Gestaltungsmissbrauch, die Frage nach der straflosen Vorbereitungshandlung, die Verletzung der steuerlichen Erklärungspflicht und die Feststellungslast in Besteuerungs- und Steuerstrafverfahren. Der Schwerpunkt liegt auf der Abgrenzung zwischen zivilrechtlicher VGA und strafrechtlicher Steuerhinterziehung.
Welche Rolle spielt der Fremdvergleich bei der Beurteilung von VGAs?
Der Fremdvergleich spielt eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung von VGAs. Das Dokument analysiert seine Relevanz bei der Unterscheidung zwischen zulässigen Gestaltungsformen und strafbaren Handlungen.
Welche Schlüsselwörter sind im Dokument relevant?
Relevante Schlüsselwörter sind: Verdeckte Gewinnausschüttung (VGA), Steuerhinterziehung, § 370 AO, Fremdvergleich, Gestaltungsmissbrauch, GmbH, Körperschaftsteuer, Einkommensteuer, Steuerstrafrecht, Rechtsfolgen, Gesellschafter, Geschäftsführer.
- Arbeit zitieren
- Vanessa Seng (Autor:in), 2016, Verdeckte Gewinnausschüttungen an der Grenze zur Steuerhinterziehung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323414