Psychische Folgen für Kriegsteilnehmer des Ersten Weltkriegs. Was wurde aus den Kriegsinvaliden?


Facharbeit (Schule), 2015

18 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Allgemeiner Überblick

3.Psychische Folgen für Kriegsteilnehmer
3.1 Ursachen psychischer Krankheiten
3.2 Posttraumatische Belastungsstörungen
3.3 Behandlungsmethoden und der Zwiespalt der Ärzte

4. Schlussteil

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Ohne sichtbare Wunden und doch zutiefst verletzt kehrten viele Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg zurück"1 mit diesen Worten begann im vergangenem Jahr ein Artikel der Tageszeitung Süddeutsche, über die Psychischen Leiden im Ersten Weltkrieg. Es ist kaum vorstellbar, laut Aufzeichnungen wurden von Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 bis zu Ende 1918 insgesamt 613.047 Soldaten, allein aufgrund von Nervenkrankheiten behandelt.2

Das Erstaunen über diese riesige Zahl bestärkte meine Entscheidung in unserem Rahmenthema ,,Der Erste Weltkrieg", den Themenschwerpunkt auf ,,psychischen Folgen für Kriegsteilnehmer" zu legen, sehr. Außerdem habe ich mich für diesen Themenschwerpunkt entschieden, weil ich generell am Fachgebiet Psychologie interessiert bin. Es ist erstaunlich zu sehen, wie sich die Psyche des Menschen erforschen lässt und welche Fähigkeit sie besitzt mit verschiedenen Situationen und traumatischen Erlebnissen umzugehen. Mir persönlich war es sehr wichtig ein sehr menschennahes Thema zu wählen, da aus meinen bisherigen Erfahrungen der Erste Weltkrieg oft eher oberflächlich, weit weg vom Menschen, betrachtet wurde. Darüber hinaus war mein Urgroßvater selbst ein Kriegsteilnehmer, zwar diente er im 2. Weltkrieg, aber einigen Erzählungen zufolge litt er, der Symptomatik entsprechend, wohl auch an einer, durch den Krieg verursachten, Nervenkrankheit.

Bei der Vorbereitung auf diese Facharbeit, tauchten die verschiedensten Fragen auf. Um all diese zusammenzufassen und einzugrenzen, bildete sich zu meinem Thema „Psychische Folgen für Kriegsteilnehmer“ nun auch die folgende Titelfrage heraus: „Was wurde aus den Kriegsinvaliden?“. Ziel dieser Arbeit soll damit sein, diese Frage aus verschieden Blickwinkeln zu beleuchten und weitergehend zu beantworten. So wird es darum gehen, wie der damalige Umgang mit solchen Menschen tatsächlich war. Waren sie als Patienten mit den Behandlungsmethoden einverstanden und hatten sie überhaupt etwas dazu zu sagen? Und in welcher Situation waren die Ärzte, wie gingen sie mit ihnen um?

Um die Struktur logisch und übersichtlich zu gestalten, habe ich mich für die Gliederungsform „vom Allgemeinen zum Besonderen“ entschieden. So wird nach dieser Einleitung zunächst ein kurzer Einblick ins Rahmenthema „Der Erste Weltkrieg“, zusammenhängend mit den „psychischen Folgen für Kriegsteilnehmer“ erfolgen. Abgelöst wird jenes Kapitel dann vom Kernstück der Arbeit. Zunächst widme ich mich dort den Ursachen psychischer Krankheiten (3.1), um das Entstehen der Krankheiten möglichst klar nachvollziehbar zu machen. Anschließend wird es spezifischer um die Posttraumatischen Belastungsstörungen gehen (3.2). Wie sind diese definiert? Um welche Symptome handelt es sich genau? Weiterhin werde ich an diesem Punkt auch einige Behandlungsmethoden psychischer Krankheiten (3.3) darstellen. Eine zentrale Frage in diesem Abschnitt wird sein, wie wirksam und angemessen die damaligen Behandlungsmethoden psychischer Krankheiten tatsächlich waren. Im Schlussteil der Arbeit werden die Ergebnisse und Antworten auf die Titelfrage noch einmal zusammengefasst um das Thema gut abzurunden.

An Material habe ich neben einigen Monografien, Abhandlungen über verschiedenste Psychosen und Webliteratur, auch verschiedene Feldbriefe verwendet, um die Ergebnisse der Arbeit auch an Beispielen zu belegen. Zu den am meisten benutzten Quellen gehört vor allem, der 1917 gehaltene Vortrag von Adolf Strüppel über „Die Schädigungen der Nerven und des geistigen Lebens durch den Krieg“ und eine Abhandlung „Über die Behandlung von Kriegsneurosen“ von Gustav Liebermeister.

2. Allgemeiner Überblick

Der Erste Weltkrieg (1914-1918) war nicht allein durch seine insgesamt mehr als etwa 10 Millionen gefallene Soldaten, etwa 20 Millionen Verletzte, sowie noch 760.000 umgekommene Zivilisten, welche größtenteils an Hunger starben, ein verheerendes Geschehen in der Geschichte unsere Menschheit.3 Welche massiven Ausmaße, in den verschiedensten Bereichen, der Krieg wirklich mit sich brachte, lässt sich nur schwer nachvollziehen. Vor dem Ersten Weltkrieg war die Welt in einer Zeit, die von inneren Spannungen und Krisen gekennzeichnet war. Einen prägenden Einfluss hatte besonders in Europa die Expansionswelle des Imperialismus .4,5 So war der Krieg „[…] letztlich auch Folge einer Krise der europäischen Moderne, die ihre gewaltige Entwicklungsdynamik nicht angemessen verarbeiten konnte[…]“6. Europa teilte sich in zwei Machtblö name="_ftnref7" title="">7 Wie ein erster umgeworfener Dominostein, gilt als Auslöser des Krieges der am 28. Juni 1914 ausgeübte Mord an dem österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau in Sarajevo.8 Unwissend zogen tausende Soldaten an die Front um für ihr Vaterland zu kämpfen, doch was damals noch keiner zu ahnen schien, waren die schrecklichen Folgen, die dieser Krieg mit sich bringen würde.9 Die meisten, von den wenigen überlebenden Soldaten kamen am Ende als "Krüppel und psychische Wracks zurück".10 Die Strategie der Kriegsführung in Deutschland, besagte im Westen mit Frankreich schleunigst in die Offensive zu gehen, um eine "entscheidende Vernichtungsschlacht [...] herbeizuführen"11 und sich erst dann im Osten Russland zu zuwenden. Jedoch gelang dies nicht und an beiden Fronten kam es schließlich zu einem Stellungskrieg. 1917 kam es dann, durch den Eintritt der USA, zur Wende des Krieges und letzte Endes 1918 zur Kapitulation Deutschlands und somit zur Niederlage der Mittelmächte (des Dreibundes).12 Der Erste Weltkrieg brachte in Europa, vor allem politisch und geografisch, viele Veränderungen mit sich.13 Es kam zum Umsturz von regierenden Monarchien und in vielen Ländern so auch zu einem Zivilisationsbruch, der die vorherrschenden Werte und Normvorstellungen zerstörte.14

Außerdem sollte der Erste Weltkrieg auch die Geburtsstunde posttraumatischer Belastungsstörungen (PTBS) wie zum Beispiel "Shell Shock“ (zu Deutsch: Kriegszittern) sein. Als der Britische Psychologe Charles S. Myers im Jahre 1915 einige Soldaten untersuchte stellte er fest, dass diese "[…] extreme physische Symptome zeigten, für die keine organischen Ursachen identifiziert werden konnten […]".15 So gab es die verschiedensten Symptome, wie etwa unkontrolliertes Zittern, partielle Lähmungserscheinungen oder sogar der Verlust der Sprache.16

3.Psychische Folgen für Kriegsteilnehmer

3.1 Ursachen psychischer Krankheiten

Das sich aus den traumatischen Erfahrungen des Krieges tatsächlich psychische Neurosen entwickelten, ist heute klar. Beispielsweise wenn man betrachtet dass sich im Stellungskrieg an der Westfront über längere Zeiträume hinweg, feindliche Soldaten in ellenlangen Verteidigungslinien gegenüber lagen und so „[…]Dem Feuer eines unsichtbaren Gegners ausgesetzt […]"17 waren. Sie lagen in Schützengräben, in Schmutz und Kälte, hatten kaum Schlaf und waren ständiger Angst und Stress ausgesetzt. 18 So ist es nicht verwunderlich, dass alle die Geschehnisse des Krieges, neben den viele Menschenleben die der Krieg kostete, die Nerven der Soldaten extrem belasteten und somit verschiedene Krankheiten hervorbrachte. Ein Britischer Psychologe Namens William H. River nahm an, dass einer der Hauptgründe für diese Kriegsneurosen darin begründet lag, dass die Soldaten nicht ausreichend auf den enorm belastenden Stress des Krieges vorbereitet wurden. Die Kriegsneurosen waren für ihn „[…] die Folge des Zwangs, weiterkämpfen zu müssen, trotz einer unbezwingbaren Angst […]“.19 Daher sah er die verschiedenen physischen Symptomen als Ausdruck jener Angst an. 20 Noch weitaus tiefgreifender sah dies der deutsche Prof. Adolf Stümpell, welcher sich auch während des Krieges, 1917, mit den Ursachen psychischer Krankheiten beschäftigte. Er stellte sich die Frage wie der Krieg auf unser Nervensystem einwirkt und ob es möglich ist das der Krieg die Nerven sogar widerstandsfähiger macht.21 Er war der Meinung, dass der Krieg zwar tiefst traumatische Ereignisse mit sich brachte, aber dennoch auch sehr wertvolle Informationen für die Physiologie des Nervensystems lieferte. Prof. Stümpell kam zu dem Schluss, dass laut seiner Definition Kriegsneurosen, nervöse Krankheitserscheinungen bei Kriegsteilnehmern sind, die keine gröbere nachweisbare Verletzung an irgendeiner Stelle des Nervensystems erlitten haben. Dennoch war er der Meinung, dass es sich bei der Entstehung einer solchen Kriegsneurose oft "um eine schwere allgemeine körperliche Erschütterung des Nervensystems oder wenigstes, des Gehirns..." handelt.22 Dementsprechend unterteilt er die Neurosen, und somit auch ihre Ursachen, in Kontusionsneurosen und Schreck/ Psychoneurosen. Die Kontusionsneurosen sind die Neurosen, welche durch schwere körperliche Erschütterungen des Zentralennervensystems, zum Beispiel durch Verschüttung oder Granatensprengungen, eine Veränderung, im inneren feineren Gefüge des Nervengewebes hervorrufen und dadurch, eine zeitweise völlige Aufhebung der höheren vitalen Funktionen mit sich bringt. Im Gegensatz dazu, stehen die Schreckneurosen, die nicht zwangsläufig ihm Zusammenhang mit körperlichen Erschütterungen stehen, sondern die "[…] mit einer großen seelischen Erregung, mit einer geistlichen Erschütterung, einem fürchterlichem Schreck, einer enormen Aufregung und dgl. Verbunden […]" sind.23 Zwar waren diese Begrifflichkeiten nicht erst zu dieser Zeit entwickelt worden, aber dennoch gab somit besonders der Krieg, oft Anlass diese Schreckneurosen zu entwickeln.24 Der Folgende Ausschnitt eines Feldpostbriefes eines Kriegsteilnehmers, verdeutlicht wie Beispielsweise so ein tiefer

„..Ich habe einen Menschen gesehen, der an der Stelle des Gesichts ein blutiges Loch hatte. Keine Nase mehr, keine Wangen. All das ist verschwunden, es gibt nur noch eine große Höhle, an deren Ende sich die Organe des hinteren Rachenraums bewegen. Keine Augen mehr, nur noch Lid- fetzen, die ins Leere hängen. Versteckt diese Horrormaske!”25

Kriegsteilnehmers, verdeutlicht wie Beispielsweise so ein tiefer Schock aussehen könnte:

Nun wird auch die innige Verbindung von Körper und Geist und deren gegenseitigen Einfluss aufeinander deutlich. Im unserem Nervensystem ist diese Verbindung jedoch im Unterbewusstsein verwurzelt. Kommt es zu einer starken seelischen Erregung, hat dies auch ohne das bewusste Wollen, einen Einfluss auf den Körper.26 Wenn beispielsweise bei einer bloßstellenden Situation, ein Schamgefühl (seelische Erregung) aufkommt, wird die jeweilige Person wahrscheinlich unbewusst rot anlaufen (körperliche Reaktion auf seelische Erregung). Folglich sind nun bestimmte körperliche Reaktionen in verschieden Bewusstseinsvorgängen verankert. Spricht man nun nicht nur von einem leichten Schamgefühl, sondern von einem Schreck der mit Todesangst verbunden ist, wie es im Krieg oft täglich der Fall war, wird klar, je stärker ein Schreck desto mehr schwindet infolge dessen auch das Bewusstsein.27 1917 als ein Generaloberarzt aus Tübingen über Nervenkrankheiten des Krieges sprach, sagte er:

[...]


1 Vgl. Hassenkamp, Milena Fee (2014): Psychische Leiden im Ersten Weltkrieg „ Vom Schlachtfeld in die Hölle der Nervenärzte“ in Süddeutsche Zeitung, http://www.sueddeutsche.de/politik/psychische-leiden-im-ersten-weltkrieg-vom-schlachtfeld-in-die-hoelle-der-nervenaerzte-1.1871045 (Stand 10.06.15)

2 Vgl. Dunkel, Franziska (2013): Psychisch krankTraumatisiert im Ersten Weltkrieg http://www.swr.de/swr2/stolpersteine/themen/veteranen-erster-weltkrieg/-/id=12117604/did=12497166/nid=12117604/1m2tx5q/index.html (Stand 30.08.15)

3 Vgl. Grevelhörster, Ludger, 2014, S.182,
Wolfgang, Kruse: Erster Weltkrieg. Ursachen, Verlauf und Folgen, in: Praxis Geschichte.(2013), 6,S.4

4 Expansionswelle der Imperialismus = Mehrere Staaten der Großmächte erweitern zeitgleiche ihr Kolonialgebiete , ihre wirtschaftlichen, politischen und militärischen Einflüsse: http://www.duden.de/rechtschreibung/Imperialismus, http://www.duden.de/rechtschreibung/Expansion

5 Vgl Wolfgang, Kruse, 2013, S.9

6 Eb.

7 Vgl. Die Chronik der Deutschen, 2007, Ungenannte Dimension, S.285

8 Vgl. Zeitalter der Weltkriege bpb Ausgabe 321 im 1|2014 S.7

9 Vgl. Traumatisierte Soldaten im Ersten Weltkrieg. Als die Helden das Kriegszittern bekamen, http://www.sueddeutsche.de/politik/traumatisierte-soldaten-im-ersten-weltkrieg-als-die-helden-das-kriegszittern-bekamen-1.1879437 (02.04.15)

10 Vgl. Traumatisierte Soldaten im Ersten Weltkrieg. Als die Helden das Kriegszittern bekamen, Z.5

11 Die Chronik der Deutschen,2007, S.285

12 Vgl. Die Chronik der Deutschen,2007, S.285 / Vgl. Asmuss, Burkhard, Deutsches Historisches Museum, Berlin, 2011 Erster Weltkrieg, Kriegsverlauf :https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/kriegsverlauf.html

13 Vgl. Die Chronik der Deutschen, 2007, Ungenannte Dimentsion, S.285

14 Bpb Dossier Der Erster Weltkrieg http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/ersterweltkrieg/ und Wolfgang, Kruse, 2013, S.9

15 Hassenkamp, Milena Fee, 2014, Vom Schlachtfeld in die Hölle der Nervenärzte

16 Vgl. Eb.

17 Hassenkamp, Milena Fee, 2014, Vom Schlachtfeld in die Hölle der Nervenärzte

18 Vgl. Eb.

19 Hassenkamp, Milena Fee , 2014, Hetzjagd auf angebliche Feiglinge Z.49

20 Vgl. Hassenkamp, Milena Fee , 2014, Hetzjagd auf angebliche Feiglinge

21 Vgl. Strümpell, Adolf,1917, S.3

22 Eb., S.5

23 Stümpell, Adolf, 1917, S.6, Z.33f

24 Vgl. Eb. S. 5-6

25 Ernst Friedrich: Krieg dem Kriege. Vorwort zur Wiederveröffentlichung von Gerd Krumeich. München 2004, S. XIV

26 Vgl. Stümpell, Adolf,1917, S.8-9

27 Vgl. Eb S.10- 12

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Psychische Folgen für Kriegsteilnehmer des Ersten Weltkriegs. Was wurde aus den Kriegsinvaliden?
Autor
Jahr
2015
Seiten
18
Katalognummer
V323786
ISBN (eBook)
9783668229457
ISBN (Buch)
9783668229464
Dateigröße
679 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
psychische, folgen, kriegsteilnehmer, ersten, weltkriegs, kriegsinvaliden
Arbeit zitieren
Laura Schmöcker (Autor:in), 2015, Psychische Folgen für Kriegsteilnehmer des Ersten Weltkriegs. Was wurde aus den Kriegsinvaliden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323786

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