Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die A-Schule - Das Konzept
2.1 Die Entstehung der A-Schule
2.1.1 Gründung, Entwicklung und Leitgedanken der A-Schule
2.1.2 Selbstregulierung - ein Arbeitsprinzip der A-Schule
3. Kein Platz mehr - Hier ist schon überall Pädagogik
3.1 Kritische soziale Arbeit - Die Pädagogik an der A-Schule
3.1.1 Selbstbestimmte Schulsozialarbeit
3.1.2 Erziehungsbegriff
3.1.3 Bildungsbegriff
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Es ist besonders im sozialpädagogischen Arbeitsbereich bekannt, dass die A-Schule durch ihr besonderes Konzept einen Arbeitsbereich darstellt, der zunächst von Außen sehr „einfach“ scheint. So hat die Schule den Ruf, eines Selbstläufers, welcher auch dem Klientel zugeschrieben wird, dass man an der sogenannten „Eliteschule“ vor- findet. Übliche Probleme, wie sie an Regelschulen zu finden sind, treten hier nicht oder nur stark reduziert auf. Doch wird dies oft damit verwechselt, dass eine alternative Schule nicht zwingend weniger Probleme hat, als eine Regelschule, sich die Problemla- gen und Bedürfnisse stattdessen bloß auf andere Bereiche verlagern. Ein Praktikum an der A-Schule verdeutlichte, dass die Schulsozialarbeit hier anders verortet ist, als es in Regelschulen der Fall ist. Die besonderen Strukturen der Schule, bringen besondere Aufgaben für die Schulsozialarbeit mit sich. Aber macht es das generell einfacher? Ist die Arbeit an einer Schule mit pädagogischen Grundmauern auch unmittelbar ein Ort der einfachen Schulsozialarbeit? Es stellt sich die Frage, ob Soziale Arbeit sich hier überhaupt noch als eigene Profession durchsetzen kann oder sie eher gezwungen ist, sich unterzuordnen, ist die A-Schule doch schon pädagogisch genug?! Im Laufe des Praktikums zeigten sich viele Arbeitsbereiche der sozialen Arbeit im Kontext der alternativen Schule. Es zeigte sie, wie die Schulsozialarbeit verortet ist, welche professionellen, sozialen und ökonomischen Interessen dahinterstehen und wie sie in Wechselwirkung zu ihrem Umfeld steht. Außerdem wurde in dem Praktikum deutlich, welche Eigenschaften Schulsozialarbeit mit sich bringen sollte, welche Rolle Belas- tungsfähigkeit und Ausgeglichenheit spielen und warum selbstkritische Reflexion aber auch Empathie einen großen Stellenwert haben.
2. Die A-Schule - Das Konzept
Die A-Schule ist eine einzügige Ganztagsschule in B-Stadt. Sie ist eine alternative Angebotsschule von der Klasse 1 bis 10 mit heute ca. 200 Schülern und entwickelte sich aus der 68er-Bewegung heraus. Sie war eine Antwort auf die gesellschaftlichen Gegebenheiten und verzichtete gänzlich auf einen Autoritätscharakter. Doch über die Jahre änderten sich die gesellschaftlichen Aufwachsbedingungen von Kindern dahingehend, dass sie entgegen des Gründungsgedankens, wieder mehr Strukturen brauchten. Diesem Bedürfnis passte sich die A-Schule an und gab den anfänglichen antiautoritären Impetus zunehmend auf.
Die A-Schule hat ein besonderes pädagogisches Konzept, welches das Lernen in altersgemischten Gruppen beinhaltet. Die Klassen 1-3, sowie die Klassen 4-6 sind Jahr- gangsgemischt. In jeder Klasse sind 21 SchülerInnen, jeweils 7 Kinder pro Jahrgangs- stufe. Jede Klasse hat ein festes Lehrerteam, das in der Regel aus einer weiblichen Leh- rerin einem männlichen Lehrer besteht. Die Oberstufe ist nicht Jahrgangsgemischt, die Zusammensetzung des Lehrerteams ist jedoch weiterhin so aufgestellt, wie in der Un- terstufe. Diese Jahrgangsmischung ist Reformprojekt der letzten Jahre, das auf den Schulalltag und die Ausgestaltung der Schule großen Einfluss hat. Die Kinder lernen voneinander, miteinander und aus eigenem Antrieb heraus. Es gibt kein Sitzenbleiben und jedes Kind hat die Chance in seinen individuellen Lernprozessen auch individuell unterstützt zu werden.
Der Unterricht wird individuell gestaltet. Das heißt die Kinder entscheiden selbst, was sie wann und wie lernen möchten und werden von den Lehrkräften dabei begleitet. Das Lernen findet allein oder in Kleingruppen statt. Das Konzept erlaubt es den Kindern, ihren Schulalltag selbst zu bestimmen.
Zu den Ritualen gehören jedoch ein gemeinsamer Start in den Tag anhand einer Klas- senversammlung, sowie ein gemeinsames Ausklingen des Schultages mit einer Schluss- versammlung. In diesen Versammlungen haben die Kinder die Möglichkeit, gemeinsam mit der Lehrkraft über den anstehenden oder vergangenen Schultag zu sprechen, Kon- flikte zu thematisieren oder auch Geschichten zu lesen und Lieder zu singen.
An der A-Schule arbeiten zwei Sozialpädagogen, sowie i.d.R. eine SozialpädagogIn im Anerkennungsjahr. Eine sozialpädagogische Fachkraft ist mit einer halben Stelle vom Förderverein angestellt und hat ihren Schwerpunkt in den Klassen 4-6, während die volle Stelle, welche vom Land angestellt ist, ihren Schwerpunkt in den Klassen 1-3 hat. Wobei alle Kinder die Gewissheit haben, jederzeit jeden Sozialpädagogen ansprechen zu können, unabhängig von ihrer Klassenstufe. In der Unterstufe stellt die Schulsozialarbeit den Kindern einen eigenen Raum zur Verfügung, der mit dem Prinzip der offenen Tür, frei von den Kindern genutzt werden kann. Hier haben die Kinder jederzeit die Möglichkeit in Kontakt zu Erwachsenen zu treten, aber auch einfach Kind zu sein, zu spielen, zu musizieren, zu basteln, zu lesen, vorgelesen zu bekommen u.v.m. Ein weiterer Aspekt der Schulsozialarbeit ist die Mitgestaltung der Projektwochen, sowie der Verantwortungsgruppen. Außerdem nimmt sie an sämtlichen Teamsitzungen teil, sowohl mit dem Lehrerkollegium, als auch im Sozialpädagogischen Team selbst.
2.1 Die Entstehung der A-Schule
Um zu verstehen, welchen Weg die Profession der sozialen Arbeit zu bestreiten hatte, ist es unabdingbar, sich anzusehen, wovon sie umgeben ist. Insbesondere dort, wo die Arbeit mit den Kindern an der Schule thematisiert wird, bewegt sich die soziale Arbeit in einem Spannungsfeld. So ist sie einerseits der Schule und dem Mittragen ihres Kon- zeptes gegenüber verpflichtet, hat jedoch ebenfalls die Aufgabe als eigenständige und vor allem selbstbestimmte Profession aufzutreten. Wie sie beides vereinbaren konnte, wird im Folgenden Teil deutlich.
2.1.1 Gründung, Entwicklung und Leitgedanken der A-Schule
Die A-Schule wurde im Jahre 19xx aus der Initiative von Eltern und LehrerInnen heraus gegründet. Anfangs waren die Beweggründe hierfür vorrangig per-sönlicher Art. Eltern wollten ihre Kinder nicht den konträren Regelschulen aussetzen und Lehrer suchten nach Möglichkeiten ihre pädagogischen Vorstellungen von Schule zu verwirklichen. Dazu gehörte, dass sie einen organisatorischen und strukturellen Rahmen suchten, der es ihnen ermöglichte ihre Auffassung von sinnvoller und vor allem fruchtbarer Arbeit mit Kindern umzusetzen.
Interessant ist hierbei, dass parallel die kritische Pädagogik in die erziehungswissen- schaftliche Landschaft einzog, da auch sie mit der Protestbewegung dieser Zeit einher- ging.
2.1.2 Selbstregulierung - ein Arbeitsprinzip der A-Schule
„Ich glaube daran, dass ein Mensch in völliger Freiheit ohne Schule sich vollkommener entwickeln würde. Es würden verantwortungsfreudige, selbstbewusste Menschen wachsen, wo heute kindliche Greise gezüchtet werden“ - Willy Steiger, 1925
Im Rahmen der frühen Reformpädagogik, widersprach die A-Schule in ihrem Konzept und ihrem Bild vom Kind der vorangegangenen Autoritätspädagogik. Sie begreift die Kinder als lernende Subjekte, wie es auch in der modernen Pädagogik der Fall ist.
Für Bezugspersonen der Kinder soll dies bedeuten, dass tatsächliches Verhalten der Kinder und die Gründe hierfür auseinandergehalten werden sollten, somit werden Erscheinungsformen als Ausdruck wesentlicher Interessen und Bedürfnisse begriffen, was wiederum bedeutet die Ursachen dieses Verhaltens zu untersuchen.
Vergleicht man dieses Bild vom Kind, im Sinne eines Schulkonzeptes nun mit der Stel- lenbeschreibung einer Lehrerin einer heutigen Regelgrundschule, so wird deutlich, dass es sich hier ganz deutlich unterscheidet. Die A-Schule scheint vielmehr mit den Beschreibungen einer Sozialpädagogischen Einrichtung, wie man sie heute kennt, über- einzustimmen.
Der A-Schule ist es seit Gründung ein Anliegen, dass der pädagogische Optimismus, also die Tatsache, dass ein Kind frei aus sich selbst heraus gewillt ist zu lernen und ebenso in der Lage ist, sich selbst aus sich selbst heraus zu entwickeln, nicht durch Erwachsenenherrschaft bestimmt wird.
Dieser Punkt wird nochmal deutlicher, wenn man den Blick auf das Entstehen der kol- lektiven Handlungsformen der Kinder überträgt. Das Konzept der A-Schule beinhaltet seit Beginn, dass der Umgang unter den Kindern freundlich, verstehend und gleichberechtigt ist. Interessant ist hierbei, der Umgang mit dem Entstehung dieses Kol- lektiven Handelns. So wurde auch ein rücksichtsloses und teilweise rauhes Verhalten von Kindern zunächst geduldet und unkommentiert gelassen. Dahinter stand der Ge- danke, dass es für die Subjektbildung der Kinder von großer Bedeutung ist. Würde die Vorgabe von Sozialtechniken durch Erwachsene doch ein solches Verhalten verhindern, so würde den Kindern die Chance genommen werden, sich ihrer Verhaltensmöglichkei- ten und deren Auswirkungen bewusst zu werden.
An diesem Beispiel wird deutlich, dass die A-Schule sich nie als Regulierungs- oder gar Reglementierungsapprat verstehen wollte, die durch Sanktionen und Bevormundung Kinder in eine Passform drängen möchte, sondern stets den Glauben in das Kind als gesellschaftsfähiges Subjekt hatte, dass durchaus in der Lage ist selbstbestimmt und autonom zu handeln.
Das Konzept der A-Schule mit all seinen pädagogischen Ansätzen, welche den Grundbaustein legen, wurde von LehrerInnen in Zusammenarbeit mit Eltern gegründet. Hier liegt die Ursache dafür, dass die A-Schule auch heute noch eine alternative Schule mit verstärktem pädagogischen Schwerpunkt ist.
3. Kein Platz mehr - Hier ist schon überall Pädagogik
In den Gründungsjahren war neben den Lehrkräften der Hausmeister eine Bezugsperson für die Kinder. Er stand den Kindern den ganzen Vormittag zur Verfügung und war für viele Bedürfnisse der Kinder ansprechbar.
Hier wird deutlich, dass der Weg zu Anerkennung der Profession soziale Arbeit auch an der A-Schule einen langen Weg hatte.
3.1 Kritische soziale Arbeit - Die Pädagogik an der A-Schule
Besonders in der kritischen Sozialen Arbeit wird immer wieder deutlich, dass die „selbst verschuldete Unmündigkeit der Profession keinesfalls nur festzustellen und zu beklagen ist, sondern dass es Möglichkeiten der Emanzipation von fachfremden Diskur- sen und Möglichkeiten einer selbstbestimmteren, reflexiven und kritischen Sozialen Arbeit gibt, die allerdings das Bemühen um Generierung eines sozialarbeiterischen bzw. sozialpädagogischen Selbstverständnisses, und das heißt um eine paradigmatische Ver- ortung und um eine selbstbestimmte Gegenstands- und darauf aufbauende Funktions- und Aufgabenformulierung voraussetzt, woran dann sozialarbeiterische und sozialpäda- gogische Praxis, Lehre, Reflexion und Kritik zu orientieren wären.“ (Bettinger 2008 in; Bakic u. a. 2007)
[...]