Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Diskretionäre versus regelgebundene Geldpolitik
2.1 Diskretionäre Geldpolitik
2.1.1 Definition
2.1.2 Ausgewählte Chancen und Risiken
2.2 Regelgebundene Geldpolitik
2.2.1 Definition
2.2.2 Ausgewählte Chancen und Risiken
3 Ziele der EZB als Träger der europäischen Geldpolitik
3.1 Operative Ziele und Zwischenziele
3.2 Endziele
3.2.1 Preisstabilität
3.2.1.1 Definition
3.2.1.2 Bedeutung
3.2.1.3 Zwei-Säulen-Strategie
3.2.2 Unterstützung der allgemeinen Wirtschaft in der EU
4 Darstellung ausgewählter geldpolitischer Regeln
4.1 Taylor-Regel
4.1.1 Modellbeschreibung
4.1.2 Kritische Würdigung
4.1.3 Folgt die EZB der Taylor-Regel
4.2 Geldmengenstrategie
4.2.1 Modellbeschreibung
4.2.2 Kritische Würdigung
4.2.3 Folgt die EZB einer Geldmengenstrategie?
4.3 Direkte Inflationssteuerung
4.3.1 Modellbeschreibung
4.3.2 Kritische Würdigung
4.3.3 Folgt die EZB einer direkten Inflationssteuerung?
Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Zielebenen sowie die Planungsschritte der EZB
Abbildung 2: Grundkonzept der Zwei-Säulen-Strategie
Abbildung 3: Federal Funds Rate im Vergleich zum Taylor-Zins
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Mit der dritten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) übernahm am 01.01.1999 das Europäische System der Zentralbanken (ESZB), bestehend aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und der jeweiligen Zentralbank der Mitgliedsstaaten, unter der Verantwortung der EZB die Geldpolitik für den „Euroraum“.[1] Fortan wird eine einheitliche Geldpolitik für alle Mitgliedstaaten praktiziert. Der Zusammenschluss war ein Meilenstein in der Geschichte Europas, denn die beteiligten nationalen Zentralbanken gaben somit freiwillig ihre Souveränität für die neue supranationale Institution auf.[2]
Das primäre Ziel der Europäischen Zentralbank sowie auch der meisten anderen Zentralbanken ist die Bekämpfung der Inflation und folglich die Gewährleistung der Preisniveaustabilität. Darüber herrscht heutzutage sowohl in der Theorie als auch in der Praxis Konsens.[3] Dissonanz herrscht hingegen in diversen anderen Punkten. (a) Kann die EZB neben der Preisniveaustabilität noch andere Ziele verfolgen? (b) Mit welcher Strategie soll die Zentralbank diese Ziele erreichen? (c) Wie groß sollte der diskretionäre Handlungsspielraum der EZB tatsächlich sein? (d) Sollen geldpolitische Entscheidungen auf Basis einer definierten Regel erfolgen?[4]
Zur Beantwortung der Frage, ob die EZB einer geldpolitischen Regel folgt werden zur strukturierten Problemerfassung zunächst die diskretionäre und die regelgebundene Geldpolitik voneinander abgegrenzt. Im Anschluss daran werden die Ziele der Europäischen Zentralbank dargestellt und drei ausgewählte geldpolitische Regeln etwas näher betrachtet, um herauszufinden, inwieweit die EZB diesen Regeln folgt.
2 Diskretionäre versus regelgebundene Geldpolitik
2.1 Diskretionäre Geldpolitik
2.1.1 Definition
Es gibt zwei kontroverse Gestaltungsmöglichkeiten der Geldpolitik in Bezug auf den Entscheidungsspielraum von Zentralbanken. Die erste Variante ist die sogenannte diskretionäre Geldpolitik. Die Zentralbank entscheidet jederzeit selbstständig und ungebunden. So kann sie auf verschiedenste volkswirtschaftliche Gegebenheiten unterschiedlich und flexibel reagieren.[5]
2.1.2 Ausgewählte Chancen und Risiken
Der wesentlichste Vorteil einer diskretionär ausgerichteten Geldpolitik ist der geschaffene Entscheidungsspielraum. Die Zentralbanken sind so im Stande auf Gegebenheiten völlig flexibel und ungebunden zu reagieren. Ein nicht zu unterschätzendes Risiko ist die Unberechenbarkeit und Intransparenz der Geldpolitik und die damit verbundenen Erwartungs- sowie Planungsunsicherheiten für Marktakteure.[6] Außerdem weist eine diskretionäre Geldpolitik die Gefahr für Machtmissbrauch auf. So könnte eine Zentralbank bspw. indirekt Einfluss auf ein Wahlergebnis mittels expansiver Geldpolitik nehmen. Die Wiederwahl des Regierenden würde durch die damit verbundene Ankurbelung der Produktion und der Beschäftigung erleichtert werden.[7]
2.2 Regelgebundene Geldpolitik
2.2.1 Definition
Bei der zweiten Gestaltungsmöglichkeit handelt es sich um die regelgebundene Geldpolitik. Die Zentralbank hat in allen Situationen den definierten strikten Regeln zu folgen und ist dementsprechend in ihrem Entscheidungsspielraum im Vergleich zu einer diskretionären Geldpolitik deutlich eingeschränkter.[8] Eine Regelbindung kann starr oder auch etwas flexibler in Form einer Feedback-Regel angelegt sein. Bei der starren Form wird bspw. die Geldmenge jährlich linear um einen Faktor X erhöht. Aktuelle Ereignisse sowie die konjunkturelle Lage haben keinerlei Einfluss darauf und werden nicht berücksichtigt. Ist die Geldpolitik in Form einer Feedback-Regel definiert, so entsteht zumindest eine gewisse Rückkopplung zu aktuellen Gegebenheiten. Bspw. werden nach der Taylor-Regel Zinsanpassungen erst dann vorgenommen, wenn Abweichungen zu den gesetzten Zielgrößen bestehen. Die Höhe der Zinsveränderung ist ebenfalls von der Höhe der Abweichung abhängig.[9]
2.2.2 Ausgewählte Chancen und Risiken
Vorteilhaft ist die regelgebundene Geldpolitik gegenüber einer diskretionär ausgelegten Geldpolitik insbesondere aufgrund der Transparenz sowie aufgrund der damit verbundenen Erwartungs- und Planungssicherheiten für die Marktakteure. Des Weiteren kommunizieren derartige Regeln die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik an die Öffentlichkeit.[10] Auch der unter Punkt 2.1.2 definierte Machtmissbrauch kann in einer regelgebundenen Geldpolitik unterbunden werden.[11] Als wesentlicher Nachteil ist die fehlende Flexibilität zu sehen. Die Zentralbank hat durch die Regelbindung keine Möglichkeiten situativ und differenziert auf kurzfristige Gegebenheiten zu reagieren und muss sich stets an die definierten Regeln halten.[12]
3 Ziele der EZB als Träger der europäischen Geldpolitik
3.1 Operative Ziele und Zwischenziele
Die geldpolitischen Maßnahmen der EZB sind komplex und wirken zeitverzögert auf das Endziel.[13] Aus diesem Grund raten Ökonomen den Zentralbanken mit sogenannten operativen Zielen sowie mit Zwischen- und mit Endzielen zu arbeiten. Der Prozess von dem geldpolitischen Instrumenteneinsatz einer Zentralbank bis hin zur ökonomischen Wirkung wird auch als sogenannter Transmissionsprozess bzw. Transmissionsmechanismus bezeichnet.[14]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 : Die Zielebenen sowie die Planungsschritte der EZB [15]
Abbildung 1 illustriert zunächst die drei Planungsschritte der sogenannten geldpolitischen Strategie (rechter Teil der Grafik). Es ist ersichtlich, dass von dem Endziel beginnend geplant wird. Die drei Schritte der Umsetzung der Geldpolitik werden ebenfalls dargestellt (linker Teil der Grafik)[16].
3.2 Endziele
3.2.1 Preisstabilität
3.2.1.1 Definition
Die Preisstabilität im Euro-Währungsgebiet ist das vorrangige Ziel des ESZB. Die rechtliche Begründung ist in dem Maastricht-Vertrag Artikel 105 (1), welcher im Februar 1992 im niederländischen Maastricht geschlossen wurde, verankert.[17]
Die quantitative Präzisierung der Zielvorgabe erfolgte 1998 durch den EZB-Rat: „Preisstabilität wird definiert als Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für das Euro-Währungsgebiet von unter 2% gegenüber dem Vorjahr. Preisstabilität muss mittelfristig gewährleistet werden.“[18] Im Jahr 2003 ergänzte der EZB-Rat die Zielvorgabe mit dem Hinweis, mittelfristige Preissteigerungsraten von unter aber nahe 2% zu erreichen.[19] Laut dem EZB-Rat sind die Gefahren einer Deflation und etwaige Messfehler bei der gewählten Zielvorgabe von 2% hinreichend beachtet. Etwaige Inflationskosten seien dadurch ebenfalls akzeptabel. Die Veröffentlichung der quantitativen Zieldefinition soll insbesondere Transparenz schaffen und die zukünftigen Inflationserwartungen an die Öffentlichkeit kommunizieren. Dadurch ist eine Bewertbarkeit der EZB-Geldpolitik geschaffen worden.[20] Im folgenden Absatz wird die Wichtigkeit der Preisstabilität näher erläutert.
3.2.1.2 Bedeutung
Die zuvor definierte Zielsetzung der Preisniveaustabilität ist substanziell, da eine Inflation oder Deflation Kosten sowie beträchtliche Nachteile für eine Volkswirtschaft verursacht. Im Nachfolgenden wird die Bedeutung der Preisstabilität anhand einiger ausgewählter Beispiele erörtert.[21]
(a) Die Preisstabilität schafft mehr Transparenz für die Verbraucher. Relative Preiserhöhungen bzw. -reduzierungen können in einem Markt mit Preisniveaustabilität direkt erkannt werden. Bei einem instabilen Preisniveau hingegen ist es für die Verbraucher sehr schwierig relative Preisveränderungen überhaupt zu erkennen.
(b) Ein weiterer Vorteil ist die Vermeidung von Fehlallokationen von Ressourcen. Durch ein instabiles Preisniveau können Fehlinterpretationen von Unternehmen entstehen. So kann bspw. ein Unternehmen einen Inflationsrückgang als relativen Preisrückgang interpretieren und sieht sich deshalb gezwungen die Produktionskapazität zu verringern. Die Folgen könnten weniger Investitionen und/oder Mitarbeiterentlassungen sein.
(c) Eine ähnliche Situation könnte bei Asymmetrien der Inflationseinschätzung zwischen Unternehmen und Gewerkschaften entstehen. Sofern Gewerkschaften die Inflationsrate größer als die Unternehmen einschätzen und entsprechende Lohnerhöhungen verlangen, würden die Unternehmen diese Erhöhung als eine übermäßige Erhöhung der Reallöhne verzeichnen und den Personalbestand unter Umständen reduzieren.[22]
3.2.1.3 Zwei-Säulen-Strategie
Unter Punkt 3.2.1.1 wurde das Hauptziel der EZB, die Preisstabilität, näher definiert. Da die EZB das Ziel nicht unmittelbar erreichen kann, arbeitet sie mit einer sogenannten Zwei-Säulen-Strategie.[23]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 : Grundkonzept der Zwei-Säulen-Strategie[24]
Die Abbildung 2 zeigt den grundlegenden Aufbau der Zwei-Säulen-Strategie.
Der EZB-Rat trifft seine geldpolitischen Entscheidungen auf der Basis einer umfassenden Analyse, der sogenannten Zwei-Säulen-Strategie. Durch die Strategie wird zum einen eine wirtschaftliche und zum anderen eine monetäre Analyse durchgeführt. Durch die regelmäßige Betrachtung bzw. Kontrolle beider Perspektiven sollen potentielle Risiken der Preisniveaustabilität frühzeitig antizipiert werden und als Grundlage zukünftiger geldpolitischer Entscheidungen dienen.[25]
[...]
[1] Vgl. Gerdesmeier (2011), S. 118 f.
[2] Vgl. Gerdesmeier (2011), S. 115
[3] Vgl. Görgens, Ruckriegel, Seitz (2014), S. 119
[4] Vgl. Heise (2007), S. 7
[5] Vgl. Gischer, Herz, Menkhoff (2012), S. 300 sowie Gerdesmeier (2011), S. 146
[6] Vgl. Gerdesmeier (2011), S. 146
[7] Vgl. Mankiw, Taylor (2012), S. 1072
[8] Vgl. Gerdesmeier (2011), S. 146
[9] Vgl. Gischer, Herz, Menkhoff (2012), S. 300 nähere Informationen zu der Taylor-Regel gemäß Kapitel 4.1
[10] Vgl. Gerdesmeier (2011), S. 146
[11] Vgl. Mankiw, Taylor (2012), S. 1072
[12] Vgl Gerdesmeier. (2011), S. 146
[13] Vgl. Gerdesmeier (2011), S. 143
[14] Vgl. Gischer, Herz, Menkhoff (2012), S. 320 sowie Moritz (2012), S. 260 Zur Vertiefung der verschiedenen Zielebenen wird auf folgende ergänzende Literatur verwiesen: Gischer, Herz, Menkhoff (2012), S. 319-338
[15] Eigene Darstellung in Anlehnung an Gischer, Herz, Menkhoff (2012), S. 320
[16] Vgl. Gischer, Herz, Menkhoff (2012), S. 321
[17] Vgl. Jarchow (2003), S. 446 f.
[18] Direktorium der EZB (2011), S. 69
[19] Vgl. Direktorium der EZB (2011), S. 69
[20] Vgl. Direktorium der EZB (2011), S. 69 sowie Gischer, Herz, Menkhoff (2012), S. 342
[21] Für weitere Vorteile der Preisniveaustabilität wird auf folgende ergänzende Literatur verwiesen: Gerdesmeier, Dieter (2009), S. 24 - 34
[22] Vgl. Gerdesmeier (2009), S. 29 f.
[23] Vgl. Gischer, Herz, Menkhoff (2012), S. 345
[24] Eigene Darstellung in Anlehnung an Gischer, Herz, Menkhoff (2012), S. 342
[25] Vgl. Direktorium der EZB (2011), S. 74 sowie Gischer, Herz, Menkhoff (2012), S. 342