Verhaltensnormen für Journalisten. Pressekodex und Presserat


Hausarbeit, 1999

41 Seiten, Note: Sehr gut


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS:

I. Einleitung

II. Struktur, Aufgaben und Arbeitsweise des Deutschen Presserats

III. Verständnis des Deutschen Presserats von Selbstkontrolle

IV. Das Selbstverständnis - Pressefreiheit “über alles”?
1. Ein Unabhängigkeitsmodell - und keine Alternativen?
2. Keine Zwänge, kein Zunftdenken - auch kein kollegialer Zusammenhalt?
3. Fortschritt - Medienschelte, aber keine qualitative Verflachung
4. Dezisionismus - problematischer Freiraum für Presse und Justiz

V. Publizistische Grundsätze des Deutschen Presserats...

VI. Plenumsarbeit des Deutschen Presserats 1994 und
1. Durchsuchungsaktionen - Verstösse gegen das Zeugnisverweigerungsrecht
2. Tierärztliches Standesrecht und Pressefreiheit - Schulterschlußgefahr?
3. Stichwort “Diskriminierung” - Die Zeichen der Zeit erkannt
4. Novellierung des Pressekodex - Konkretisierung der journalistischen Berufsethik

VII. Spruchpraxis 1994 und 1996
1. Wahrheits- und Sorgfaltspflichten (Ziffern 1, 2 und 3)
2. Persönlichkeitsbereich (Ziffern 8, 9 und 13)
3. Diskriminierung und sittlich / religiöses Empfinden (Ziffern 10 und 12)..
4. Gewalt und Sensation (Ziffern 11 und 14)
5. Trennungsgrundsatz (Ziffer 7)
6. Verhaltensgebote (Ziffern 4, 5, 6 und 15)

VIII. Fazit

IX. Literaturverzeichnis

- Diese Arbeit ist die Ausarbeitung des Referats vom 23. April 1998 -

I. Einleitung

“Journalismus zwischen Ist und Soll” lautete das Thema des Seminars. Der Deutsche Presserat markiert wie kein anderer die Schnittstelle zwischen dem Ist-Zustand und dem Soll-Zustand; er bewegt sich wie keine andere Institution oder Organisation auf dem schmalen Grat, sowohl den Ist-Zustand zu beobachten als auch für den Soll-Zustand einzutreten.

Das Ist ist bekannt: Die Medienwelt dreht sich immer schneller, ganz neue Medienzweige kommen hinzu. Paparazzi, Meinungsmanipulation, Scheckbuch- oder Enthüllungsjournalismus markieren immer wieder auftauchende Schlagworte, die nicht unschuldig daran sind, daß in Deutschland in den verschiedensten Medien-Segmenten Vertrauenskrisen aufbrechen - und das vor allem in den Bereichen, die in den heftigsten Konkurrenz-Kampf verwickelt sind - also bei den Boulevard-Blättern und Illustrierten. “Schneller und sensationeller” lautet die Devise, wo immer mehr Anbieter einen langsam wachsenden Kuchen unter sich aufteilen müssen. “Die Pressemoral ist und bleibt ein Kardinalthema” stellte 1996 der Sprecher des Deutschen Presserats, Robert Schweizer, fest. Und der Berliner Kommunikationswissenschaftler STEPHAN RUSS-MOHL verdeutlicht: “Wenn Marktmechanismen nicht von alleine zu gesellschaftlich erwünschtem Verhalten führen, anderseits gesetzliche Regelungen die Pressefreiheit gefährden, bleibt nur eine schwache Steuerungsmöglichkeit: die (Selbst-)Verpflichtung der Medien auf ethische Normen sowie die Einrichtung von Selbstkontrollinstanzen, die deren Einhaltung überwachen.”

Doch wie begegnet der Deutsche Presserat als freiwillige Instanz der publizistischen Selbstkontrolle dem “Kardinalthema Pressemoral”? Wie will er das Soll schaffen und - wie sieht dieses Soll überhaupt aus? Konkret: Wie ist das dem Deutschen Presserat zugrunde liegende Selbstverständnis definiert? Welches Journalistenbild projektiert er? Mit diesen Fragen beschäftigt sich diese Arbeit. Um zu Antworten zu gelangen, wird zum einen die Tätigkeit des Rats auf das Selbstverständnis und Journalistenbild hin untersucht; zum anderen soll geprüft werden, ob der Rat seine Entscheidungen in konsequenter Übereinstimmung mit diesem Selbstverständnis und Journalistenbild trifft.

Die Grundlage der Arbeit bilden die Jahrbücher 1994 und 1996, in denen der Deutsche Presserat über seine Tätigkeit berichtet. Diese beiden Jahrgänge scheinen besonders interessant, da sich die Organisation sowohl 1994 als auch im Jubiläumsjahr 1996 mit diversen Grundsatzfragen auseinandersetzte und zudem einige Richtlinien verschärfte.

Zunächst wird ein Einblick in die Aufgaben, Struktur und Arbeitsweise des Presserats gegeben; im Anschluß daran wird das Verständnis des Rats von Selbstkontrolle erläutert, immer in Hinblick auf Selbstverständnis und Journalistenbild, an dem sich der Rat orientiert. So auch im folgenden Kapitel, in dem der Pressekodex vorgestellt wird. Die Schwerpunkte der Untersuchung bilden ausgewählte Beispiele aus der Arbeit des Rats-Plenums - also grundsätzliche Fragen zum Pressewesen - sowie aus der Spruchpraxis des Beschwerdeausschusses, wo Einzelfälle behandelt werden. Aus der Fülle dieser Einzelfälle wird der Versuch unternommen, auf ein grundsätzliches Selbstverständnis und Journalistenbild zu schließen. Und auch hier sollen wieder die Fragen nach der Plausibilität der Aussagen und nach einer konsequenten Entscheidungsbegründung gestellt werden.

II. Struktur, Aufgaben und Arbeitsweise des Deutschen Presserats

Seit Mitte der zwanziger Jahre diese Jahrhunderts gab es in Deutschland seitens der Presse präzise Überlegungen zur Regelung einer wirksamen Selbstkontrolle. Nachdem aber eine Ehrengerichtsordnung des Reichsverbandes der deutschen Presse aus dem Jahre 1927 daran gescheitert war, daß die traditionell nicht im Verband organisierte extremistische Presse von dieser Gerichtsordnung überhaupt nicht betroffen war, lebte die Diskussion um die Selbstkontrolle erst nach der Gründung der BRD wieder auf. Anlaß dazu gaben Befürchtungen der Printmedien, daß der Staat Pläne zur Einschränkung der Pressefreiheit verwirklichen würde. Als 1952 der Entwurf des Bundesministeriums des Innern für ein Pressegesetz erschien, das Aufsichtsinstanzen für die Presse vorsah, rührten sich die davon Betroffenen - die Presse in Deutschland wollte auf keinen Fall eine Aufsichtsinstanz mit öffentlich-rechtlicher Funktion, also mit Beteiligung des Staates. Pressefreiheit sei mit einer derartigen Regelung nicht vereinbar, stellte sie fest. So kam es schließlich am 20. November 1956 zur Gründung des Deutschen Presserats in Bonn, dem Beispiel des 1953 in England ohne Mitbeteiligung des Staates ins Leben gerufenen “General Council of the Press” folgend. Fünf Zeitungsverleger und fünf Journalisten verschrieben sich der Aufgabe, eine freiwillige Selbstkontrolle in der deutschen Presse zu praktizieren, wohlwissend, daß sich diese freiwillige Instanz der Selbstordnung nur auf ihre Redlichkeit stützen und nur als eine Art moralische Instanz wirken konnte. Sie wollte und konnte weder Strafen, Bußen oder Berufsverbote verhängen noch die Beachtung ihrer Entschlüsse erzwingen.

In seiner konstituierenden Sitzung legte der Presserat seine grundsätzlichen Aufgaben fest:

- Schutz der Pressefreiheit
- Sicherung des ungehinderten Zugangs zu Nachrichtenquellen
- Feststellung und Beseitigung von Mißständen im Pressewesen
- Beobachtung der strukturellen Entwicklung der deutschen Presse und Abwehr von freiheitsgefährdenden Konzern- und Monopolbildungen
- Vertretung der deutschen Presse gegenüber Regierung, Parlament und Öffentlichkeit sowie bei Gesetzesvorlagen, die Leben und Aufgaben der Presse angehen
- Entwicklung von Richtlinien für die publizistische Arbeit, denn: Nicht alles, was von Rechts zulässig wäre, ist auch ethisch vertretbar. Das Resultat dieser Überlegung: Die Festschreibung der Grundsätze für die publizistische Arbeit im sogenannten “Pressekodex” 1973, auch “Ehrenkodex” genannt. Er umfaßt 16 Grundsätze plus ergänzende Richtlinien, die ständig - zuletzt 1996 -fortgeschrieben werden, und stellt den Beurteilungsmaßstab für alle journalistischen Leistungen dar (vgl. Kapitel V.)

Der Rat beschränkte seine Arbeit zunächst auf das Gebiet der Zeitungspresse. Ein Jahr später - 1957 - trat die Zeitschriftenpresse dem Rat bei.

1985 gründeten die vier Trägerverbände, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), der Deutsche Journalisten Verband (DJV) und die Fachgruppe Journalismus der IG Medien, den “Trägerverein des Deutschen Presserats”. In diesem Gremium werden sie jeweils von zwei verbandsentsandten Personen vertreten werden, so daß der Trägerverein aus insgesamt acht Mitgliedern besteht. Der Vorsitz wird jährlich alternierend von einem Mitglied der vier Trägerorganisationen geführt; Vereinszwecke sind der Eintritt für die Pressefreiheit in der BRD und die Wahrung des Ansehens der deutschen Presse.

Die vier Trägerorganisationen entsenden darüber hinaus jeweils fünf Mitglieder in das Plenum des Deutschen Presserats, den anderen Zweig des Konstrukts. Diese 20 ehrenamtliche Plenumsmitglieder sind je zur Hälfte verlegerisch oder journalistisch tätig. Das Plenum tritt für die oben genannten grundsätzlichen Aufgaben des Presserats ein. Zur Erledigung seiner Arbeit tritt das Plenum in der Regel vierteljährlich zusammen; bei Bedarf auch öfter.

Aus dem Plenum wird seit 1972 der sogenannte Beschwerdeausschuß gebildet. Ihm gehören zehn je zur Hälfte verlegerisch oder journalistisch tätige Mitglieder an. Sie prüfen Beschwerden über Veröffentlichungen in Druckmedien und erteilen in begründeten Fällen Hinweise, Mißbilligungen, nichtöffentliche und öffentliche Rügen. Öffentliche Rügen werden von den Mitgliedern des Trägervereins in ihren Verbandsorganen publiziert. Beschweren kann sich jeder, der eine Beschwerde gegen eine bestimmte Zeitung oder Zeitschrift, gegen deren Verleger, Herausgeber oder Redakteur vorzubringen hat. Ebenso kann der Presserat oder dessen Beschwerdeausschuß vermutete Mißstände im Pressewesen von sich aus aufgreifen oder weiterverfolgen. Der DPR sieht in der Spruchpraxis des Beschwerdeausschusses eine ehrengerichtliche Funktion; in dem Pressekodex und den Richtlinien des Plenums hingegen berufsethische Grundsätze jenseits rechtlicher Haftungsgründe, die als prophylaktische Maßnahmen eingesetzt werden . Die hier genannten Aufgaben und Arbeitsweisen sind auch von dem Verständnis, das die DPR-Mitglieder von Selbstkontrolle haben, geprägt. Bei einer näherer Betrachtung dieser Vorstellung von Selbstkontrolle wird auch ein Rückschluß auf das zugrunde liegende journalistische Selbstverständnis versucht.

III. Verständnis des Deutschen Presserats von Selbstkontrolle

In den Jahrbüchern 1994 und 1996 des Deutschen Presserates werden zahlreiche Fälle aufgeführt, in denen Bürger und Politiker am Journalismus allgemein und am bestehenden Prinzip der Selbstkontrolle im besonderen Kritik üben. Sie beanstanden die Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch die Medien, stellen die fehlende oder nur schwammige rechtliche und auch ethische Basis in journalistischen Grenzfällen heraus und fordern zum Teil strengere Regelungen in einzelnen Gesetzen.

Stellvertretend für alle DPR-Miglieder reagiert der Sprecher des Rates im Jahre 1994, Uwe Leesemann, im Jahrbuch auf die Kritik und erläutert das Thema “freiwillige Selbstkontrolle” in der deutschen Presse. Auch der Sprecher im Jahre 1996, Robert Schweizer, macht im Jahrbuch 1996 deutlich, wo die Berührungspunkte im journalistischen Alltag liegen und wie die freiwillige Selbstkontrolle wirken kann.

Nach Auffassung des DPR ist die Diskussion um das Verhältnis von Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht, die mit der Forderung nach mehr berufständischen Regelungen und kammerähnlichen Befugnissen verbunden ist, ebenso problematisch wie alle Überlegungen zu einer Verbesserung des Wirkungsgrades der Selbstkontrolle, die zu dem Modell einer öffentlich-rechtlichen Aufsicht tendieren. Wolle also der Gesetzgeber Organisation, Mitgliedschaft, Kompetenzen oder auch nur die Verpflichtung zum Rügenabdruck regeln, so argumentiert der DPR weiter, begebe man sich damit in die Nähe anstaltähnlicher Aufsicht oder kammermäßiger Kontrolle. Der Eingriff durch Gesetzte stellt nach Ansicht des DPR eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit dar. Der Rat sieht den Vorteil seiner rechtlichen Struktur vor allem darin, daß diese dem Prinzip der Gleichstellung und nicht der hoheitlichen Kontrolle folgt. Er bezieht sich in seiner Argumentation auf das Selbstverständnis der Presse, aus dem sich die Freiheit von Laufbahn-Zwängen, Zunftdenken und ständische Organisationsformen entwickelt habe. Demzufolge stellt die Presse laut DPR einen wichtigen und heilsamen Gegensatz zu anderen gesellschaftlichen Bereichen, die zu Einordnung und Kategorisierung tendieren, dar. Als Konsequenz dieser Sichtweise versteht der Rat sich selbst bei der Ausübung der Selbstkontrolle als qualifizierten privaten Kritiker, auf den sich jeder Bürger berufen kann und nicht als berufsständische Kammer mit hierarchischer Disziplinargewalt. Aus diesem Grund richten Reformüberlegungen des Rats sich nicht auf eine Änderung der rechtlichen Struktur, sondern auf eine Verbesserung der Arbeitsweise und auf eine höhere Aktualität und damit auf eine überzeugendere Wirkungsweise - wie Beispiele aus den Jahren 1994 und 1996 zeigen:

-1994 beschloß der Rat im Rahmen einer Strukturdiskussion einige Änderungen: Der Beschwerdeausschuß tritt normalerweise viermal im Jahr zusammen. Nun können bei Bedarf zwei zusätzliche Sitzungen abgehalten werden, um normale Beschwerdeverfahren zu verkürzen. Ein verstärkter Rückgriff auf die Möglichkeit der Beiladung von Beteiligten, Zeugen und Sachverständigen ist geplant. Desweiteren empfiehlt der Rat nun den Abdruck von Mißbilligungen, die er ausgesprochen hat. Bei öffentlichen Rügen appelliert er ausdrücklich an die eingegangene Selbstverpflichtung des jeweiligen Verlegers und weist auf den Grundsatz der fairen Berichterstattung nach Ziffer 16 des Pressekodex hin. Darüber hinaus soll bei Verlagen, die sich noch nicht bereitgefunden haben, Verpflichtungserklärungen zum Rügenabdruck abzugeben, Überzeugungsarbeit geleistet werden. Auch sollen Qualitätskriterien für den Rügenabdruck entwickelt werden.
-1996 aktualisierte der Rat mit der Überarbeitung des Pressekodex die wesentliche Grundlage seiner Arbeit. Die 16 Grundsätze sowie die ergänzenden Richtlinien für die publizistische Arbeit wurden in ihrer Systematik verbessert und in Teilen neu formuliert. Daneben hat der DPR der sich ändernden Medienlandschaft Rechnung getragen und beschlossen, die publizistische Selbstkontrolle auf den Bereich der Online-Publikationen auszudehnen. In Zukunft ist der DPR deshalb auch für die elektronische Presse zuständig.

IV. Das Selbstverständnis - Pressefreiheit “über alles”?

Aus den Aussagen der Sprecher in den Jahrbüchern 1994 und 1996 lassen sich nun Schlüsse auf das dem DPR zu eigenen journalistischen Selbstverständnis ziehen:

1. Ein Unabhängigkeitsmodell - und keine Alternativen?

Die ablehnende Haltung gegenüber staatlicher Kontrolle oder der Verschärfung von Gesetzen zur Verstärkung der Selbstkontrolle basiert auf einer Vorstellung von einem vom Staat unabhängigen Journalismus. Der Rat unterstreicht dieses Selbstverständnis von der eigenen Unabhängigkeit, indem er immer wieder auf den Artikel 5 des Grundgesetzes hinweist. Die Vorstellung von einem unabhängigen Journalismus ist plausibel und nicht zuletzt auch mit Blick auf die nationalsozialistische Diktatur folgerichtig. Bei der Argumentation des Rats fällt jedoch auf, daß als Erwiderung auf Kritik am Journalismus und der daraus folgenden Forderungen nach einer stärkeren Wirksamkeit der Selbstkontrolle sofort das Schreckensbild von einer staatlich kontrollierten Presse und somit der Einschränkung der Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit gezeichnet wird. Dieses Argument in Verbindung mit einem Hinweis auf die deutsche Vergangenheit ist überzeugend. Der Rat stellt der Freiheit der Presse dann als natürliches Gegengewicht die Verantwortung der Beteiligten, also der Journalisten und letztlich der Ratsmitglieder, gegenüber.

Daß aber auch Alternativmodelle der Selbstkontrolle vorstellbar sind, die die Freiheit der Presse nicht beschneiden, aber einen kollegialen Schulterschluß im Rat verhindern könnten, bleibt in fast allen Ausführungen des Rats unerwähnt. Denkbar wäre beispielsweise ein Plenum, dem neben journalistisch und verlegerisch tätigen Personen, auch Ethikexperten, Journalistik- und Kommunikationswissenschaftler sowie Leservertreter angehören. Dieses Modell in bezug auf die Frage nach einer Veränderung des Rats wurde während eines Symposiums der Bertelsmann Stiftung in Gütersloh behandelt. Der Referent Erich Böhme allerdings kam in seinen Ausführungen zum Schluß, daß die Arbeit des Deutschen Presserats, so wie sie sich heute darstelle, wirkungsvoll sei und es keiner Veränderungen bedürfe. Er schloß sich also den offiziellen Statesments der Presserats-Vertreter an - ob bereits hier der kollegiale Schulterschluß beginnt, sei an dieser Stelle dahingestellt.

Eine weitere Alternative ist verbunden mit der Frage, auf welcher Ebene Ethik-Kodizes verankert werden sollen. Wo ist der höchste Wirkungsgrad in der Selbstkontrolle erreichbar? In einem Artikel in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG veranschaulicht STEPHAN RUSS-MOHL mittels eines Blickes in die USA, daß man in diesem Zusammenhang auch noch einen Schritt zurück gehen kann - weg von der Zentralinstanz, hin zur lokalen Instanz, den Redaktionen: In den Vereinigten Staaten sind Ethik-Kodizes dort - ganz im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland - inzwischen weit verbreitet; die einzelnen Medien entwickeln also ihre eigenen Richtlinien, in denen sie ihren Mitarbeitern Verhaltensnormen verbindlich vorschreiben. Diese Standards erfüllen gleich eine doppelte Aufgabe: Zum einen dienen sie sowohl als dauerhaftes ethisches Hinweisschild als auch als Orientierungsmaßstäbe, um in ethischen Streitfragen konsistent entscheiden zu können. Und zum anderen sind diese Kodizes gute Public-Relations, denn: “Die Kodizes sind Symbole. Sie signalisieren der Öffentlichkeit, daß wir uns um unser eigenes Verhalten Gedanken machen und kümmern.” Alle diese Punkte treffen allerdings mehr oder minder ebenfalls auf das Modell “Deutscher Presserat” zu; in einem unterscheidet sich das dezentrale Kodex-Modell jedoch deutlich: Die Verhaltensnormen sind maßgeschneidert auf die jeweilige Organisationskultur und haben eine stärkere Bindungswirkung - da sie ja direkt vom Arbeitgeber kommen und nicht von einem fernen Presserat ; eine derartige übergreifenden Instanz ist im amerikanischen Journalismus erst gar nicht existent.

[...]

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Verhaltensnormen für Journalisten. Pressekodex und Presserat
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Journalistik)
Veranstaltung
Journalismus zwischen Ist und Soll
Note
Sehr gut
Autor
Jahr
1999
Seiten
41
Katalognummer
V32608
ISBN (eBook)
9783638332842
ISBN (Buch)
9783668105171
Dateigröße
630 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verhaltensnormen, Journalisten, Pressekodex, Presserat, Journalismus, Soll
Arbeit zitieren
Robert Bongen (Autor:in), 1999, Verhaltensnormen für Journalisten. Pressekodex und Presserat, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32608

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