Der Volksgerichtshof


Seminararbeit, 2000

25 Seiten, Note: gut / 15 Punkte


Leseprobe


Literatur- und Quellenverzeichnis

Quellenverzeichnis

- Verordnung zum Schutz von Volk und Reich (RGBl. 1933 I, S. 83).
- Gesetz über Verhängung und Vollzug der Todesstrafe (RGBl. 1933 I, S. 151)
- Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens (RGBl. 1934 I, S. 341)*
- Verordnung zur Überleitung der Rechtspflege im Saarland (RGBl. 1935 I, S. 248)
- Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches (RGBl. 1935 I, S. 839)
- Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafverfahrens und des Gerichtsverfassungsgesetzes (RGBl. 1935 I, S. 844)
- Gesetz über den Volksgerichtshof (RGBl. 1936 I, S. 369)
- Gesetz über die Wiedererrichtung eines Obersten Gerichtshofs der Wehrmacht (RGBl. 1936 I, S. 517)
- Gesetz gegen Wirtschaftssabotage (RGBl. 1936 I, S. 999)
- Verordnung über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich (RGBl. 1938 I, S. 640)
- Verordnung über das Verfahren in Hochverrats- und Landesverratssachen in sudetendeutschen Gebieten (RGBl. 1938 I, S. 1811)
- Verordnung über die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit im Protektorat Böhmen und Mähren (RGBl. 1939 I, S. 754)
- Verordnung über das Sonderstrafrecht im Kriege und bei besonderem Einsatz (RGBl. 1939 I, S. 1455)
- Gesetz zur Änderung von Vorschriften des allgemeinen Strafverfahrens, des Wehrmachtsstrafverfahrens und des Strafgesetzbuches (RGBl. 1939 I, S. 1841)
- Verordnung über die erweiterte Zuständigkeit des Volksgerichtshofs (RGBl. 1941 I, S. 776)
- 5. Ergänzungsverordnung der Kriegssonderstrafrechtsverordnung (RGBl. 1944 I, S. 125)
- Amtsblatt des Kontrollrats Nr. 1, S. 22
- BGBl. 1954 I, S. 1063
- Entschließung des Deutschen Bundestages vom 25. Januar 1985 (BT – Dr. 10/2368)

Literaturverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vorbemerkung

Wie kaum eine andere Institution in der Justiz des Dritten Reiches verkörperte der Volksgerichtshof Unrecht und Willkürherrschaft. Nicht mehr „in dubio pro reo“, sondern „pro duce“[1] lautete die ausgegebene Prozeßmaxime, die insbesondere von Freisler, einem ebenso leidenschaftlichen wie willfährigen Präsidenten des Volksgerichtshofs, verfolgt wurde. Dieses Gericht, das im Jahre 1934 als Provisorium[2] geschaffen wurde, wandelte sich zu einer Institution, deren Richter zum Werkzeug politischer Führung gemacht wurden[3] und die daher nicht mehr als „Gericht“ bezeichnet werden kann.*

Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist es, diese Entwicklung aufzuzeigen. Dabei soll trotz der vornehmlich „juristischen“ Betrachtungsweise und Einordnung des Volksgerichtshofs dessen menschenverachtende Prozeßpraxis in den letzten Kriegsjahren[4] nicht unberücksichtigt bleiben.

Abschließend wird beleuchtet, inwiefern der Volksgerichtshof Einfluß auf die Nachkriegsrechtsprechung und gesellschaftliche Diskussion in jüngerer Zeit hat.

Der Verfasser

A. Einleitung

„... habe binnen drei Tagen

gehängt werden müssen.“[5]

Hitler über den Angeklagten des

Reichstagsbrandprozesses

I. Ursprung des Volksgerichtshofs

Zunächst einmal gilt es, die Ereignisse des Jahres 1933, insbesondere den Reichstagsbrandprozeß aufzuzeigen, ohne dessen Berücksichtigung die Errichtung des Volksgerichtshofs im dunkeln bliebe.

1. Reichstagsbrandprozeß

Am Abend des 27. Februar 1933 ging der Reichstag in Flammen auf. Die seit wenigen Wochen mitregierenden Nationalsozialisten nutzten diese Gelegenheit, mit ihren politischen Gegnern, vor allem den Kommunisten, abzurechnen. Dabei kamen den Nationalsozialisten neugeschaffene strafgesetzliche Änderungen entgegen[6]: Der IV. Strafsenat des Reichsgerichts in Leipzig konnte den Angeklagten Kommunisten Marinus van der Lubbe auf Grundlage der Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar[7] in Verbindung mit der sog. „lex van der Lubbe“ vom 29. März 1933[8] verurteilen. Letztere besagte, daß § 5 der Reichstagsbrandverordnung[9] auch für Strafen gelten solle, die in der Zeit vom 31. Januar bis 28. Februar begangen worden waren. Damit wurde eindeutig die Abkehr vom Rückwirkungsverbot entgegen § 2 I StGB a. F.[10] und Art. 116 WRV vollzogen. Auf dieser Rechtsgrundlage ist van der Lubbe zum Tode verurteilt und am 10. Januar 1934 hingerichtet worden.

Dennoch brachte der Prozeß nicht das von der nationalsozialistischen Regierung gewünschte Ergebnis. Zum einen ist dies damit zu erklären, daß den vier kommunistischen Mitangeklagten Torgler, Dimitroff, Popoff und Taneff eine Tatbeteiligung nicht nachgewiesen werden konnte und mithin freigesprochen wurden[11]. Die Bloßstellung der politischen Führung blieb somit nicht aus. Hatte doch Göring während des Prozesses Dimitroff beschuldigt, den Reichstag angesteckt zu haben[12].

Zum anderen war der Regierung die Art der Prozeßführung und ihre Dauer ein Dorn im Auge[13]. Der Öffentlichkeit nämlich sollte suggeriert werden, daß die Strafjustiz des Dritten Reiches mit den Regimegegnern „kurzen Prozeß“ machen werde[14]. Ebenso äußerte sich auch Hitler, daß van der Lubbe „binnen drei Tagen [habe] gehängt werden müssen“[15]. So aber wurde das Urteil in einer parteiamtlichen Stellungnahme als „glattes Fehlurteil“[16] abgetan und Kritik an der formaljuristischen Rechtsprechung des Reichsgerichts laut.

Hitler entschloß sich daraufhin, „für derartige Dinge einen eigenen Gerichtshof zu schaffen“[17]. Damit wurde unverhohlen zum Ausdruck gebracht, daß Hitler sich ein ihm gefügigeres Instrument schaffen wollte, das mißliebige Gegner in seinem Sinne aburteilen sollte[18].

2. Errichtung des Volksgerichtshofs

Den Worten folgten bald Taten. Im Zuge einer Strafrechtsnovelle wurde durch Gesetz vom 24. April 1934[19] ein Volksgerichtshof zur Aburteilung von Hoch- und Landesverratssachen mit Sitz in Berlin geschaffen (Art. III[20], IX, XII des Gesetzes). Zugleich wurden den Oberlandesgerichten und dem Reichsgericht, die bis dahin als ordentliche Gerichtsbarkeiten für solche Fälle zuständig waren, die erstinstanzlichen Strafsachen entzogen und dem neuen Tribunal übertragen[21]. Dieses hatte zunächst den Status eines auf Reichsebene angelegten Sondergerichts[22]. Begründet wurde der Verlust der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Reichsgerichts damit, daß es als höchstes Revisionsgericht die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu wahren habe, hingegen der Volksgerichtshof als Tatsacheninstanz gänzlich auf die Aburteilung von Staatsverbrechen ausgerichtet sei[23]. Solche Begründungen konnten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Volksgerichtshof sich in erster Linie als ein politisches Gericht verstand[24], obgleich man den Eindruck eines Revolutionstribunals nicht erwecken wollte[25].

II. Organisation des Volksgerichtshofs und Strafbestimmungen

Die Verfahrens- und Zuständigkeitsregelungen stellten für die Nationalsozialisten willkommene Anknüpfungspunkte dar, in immer stärkerem Maße die Rechtsfindung in ihrem Sinne lenken zu können.

1. Zuständigkeit

a) Bestimmungen des Gründungsgesetzes

Art. III § 1 Abs. 1 des Gründungsgesetzes bestimmte, daß der Volksgerichtshof zur Untersuchung und Entscheidung von Hoch- und Landesverratssachen gebildet werde. Im einzelnen begründete dies die sachliche Zuständigkeit des Gerichtshofs für Fälle des Hochverrats gem. §§ 80 - 84 und des Landesverrats nach §§ 89 - 92 StGB. Zum früheren Zuständigkeitsbereich des Reichsgerichts kamen noch zwei weitere Tatbestände hinzu, die aufgrund ihrer Art und Schwere dem Hochverrat gleichgestellt wurden[26] [27]: der Angriff gegen den Reichspräsidenten nach § 94 Abs. 1 StGB sowie die unternommene Tötung eines Regierungsmitglieds nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 der Reichstagsbrandverordnung[28]. Das Gericht befaßte sich zudem in erster und letzter Instanz mit Verfahren gegen Jugendliche (Art. IV § 6), die daher nicht mehr von den Jugendgerichten nach deren speziellen Verfahren abgeurteilt werden konnten[29]. Eine weitere Verschärfung stellte die mit der Schaffung des Volksgerichtshofs einhergehende Novellierung des politischen Strafrechts dar[30] (Art. I). Die §§ 80 - 91 umfaßten nicht weniger als zwölf Tatbestände, an denen die Todesstrafe anknüpfte.

Die Gerichtsbarkeit des Volksgerichtshofs blieb insofern nicht darauf beschränkt, als daß sich dessen Zuständigkeit auch auf solche Delikte erstreckte, die mit eben genannten Straftaten in Zusammenhang standen (Art. III § 3 Abs. 2, 3). Hinzu kommt, daß es in diesem Rahmen dem Volksgerichtshof oblag, die in vorbereitenden Verfahren notwendigen Entscheidungen zu treffen (Art. III § 3 Abs. 1). Andererseits aber konnte sich der Gerichtshof entlasten, indem er auf Antrag des Oberreichsanwalts sowohl die Fälle der Vorbereitung und Verabredung zum Hochverrat (§§ 82, 83 StGB) als auch einige landesverräterische Vergehen (§§ 90 b – 90 e StGB) an die Oberlandesgerichte delegieren durfte.

[...]


* Die Verordnungen und Gesetze sind chronologisch geordnet.

* In dieser Arbeit wird, soweit nicht anders verzeichnet, nur der Name des Autors bzw. des Herausgebers mit der entsprechenden Seitenzahl zitiert.

[1] von Schwerin, S. 421.

[2] Wagner, S. 11.

[3] Rüping, JZ 1984, S. 817.

[4] Zum Beispiel die Verurteilung der Widerständler des 20. Juli 1944.

[5] Picker, S. 279.

[6] Vgl. Gruchmann, S. 957.

[7] RGBl. 1933 I, S. 83.

[8] RGBl. 1933 I, S. 151.

[9] Dieser Paragraph bestimmte, daß u.a. Verbrechen mit dem Tode zu bestrafen waren, die das StGB in den § 81 (Hochverrat) und § 307 (Brandstiftung) bis dahin mit lebenslangem Zuchthaus belegte; vgl. auch Gribbohm, JuS 1969, S. 55 und Schorn, S.69.

[10] Folglich wurde in dem Gesetz zur Änderung des StGB (RGBl. 1935 I, S. 839) der § 2 dahingehend ausgehöhlt, daß auch derjenige Strafe verdiene, der dem „gesunden Volksempfinden“ zuwiderlaufe; zur zeitgenössischen Sichtweise: Öhquist, S. 259 f.; zur Aufhebung weiterer Rechtsgrundsätze (Analogieverbot etc.) siehe Lengemann, S. 46 ff.; ferner sogleich unter B. II. zu „ne bis in idem“.

[11] Kaul, S. 23.

[12] Siehe dazu Gruchmann, S. 957 Fn. 70, der aber in dem für die Nationalsozialisten unbefriedigenden Prozeßausgang k e i n e Ursache für die Errichtung des Volksgerichtshofs sieht (S. 956); für abwegig hält dieses auch Marxen, Gerichtshof, S. 79 f..

[13] Gruchmann, S. 958.

[14] Gribbohm, JuS 1969, S. 56.

[15] Picker, S. 279.

[16] JW 1934, S. 24.

[17] Zit. bei Gruchmann, a.a.O..

[18] In diesem Sinne bezeichnet auch Schorn, S.68 die Schaffung des Volksgerichtshofs als einen „rein politischen Akt“.

[19] RGBl. 1934 I, S. 341; abgedruckt bei Hofer, S. 106 f..

[20] Abgedruckt auch bei Staff, S. 55 f..

[21] Siehe dazu Staff, a.a.O. und Lengemann, S. 109; gesetzliche Grundlage: Art. III § 1.

[22] Zur kurzen Erläuterung: Sondergerichte wurden bereits am 21. März 1933 durch Verordnung der Reichsregierung gebildet und dienten der Aburteilung der in der Reichstagsbrandverordnung genannten Straftaten. Sie waren den Oberlandesgerichten angeschlossen. Zum Status des Volksgerichtshofs siehe Pfundtner-Neubert, II a 12, S. 1 (neu).

[23] Vgl. die amtliche Begründung in DJ 1934, S. 595 ff., insbesondere S. 597.

[24] So Lämmle, JW 1938, S. 2569.

[25] Vgl. Wagner, S. 19.

[26] RGBl. 1934 I, S. 341 (345).

[27] Zur Begründung siehe Wagner, S. 59 m.w.N..

[28] RGBl. 1933 I, S. 83

[29] Zur näheren Begründung dieser Vorschrift bei Gruchmann, S. 960.

[30] Man vergleiche z.B. nur die Fassung der §§ 80 ff. des StGB von 1931 (Frank, StGB) mit der vom 24. April 1934.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Der Volksgerichtshof
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltung
Seminar f. Verfassungsgeschichte
Note
gut / 15 Punkte
Autor
Jahr
2000
Seiten
25
Katalognummer
V32715
ISBN (eBook)
9783638333689
Dateigröße
639 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit befasst sich mit Entstehung des Volksgerichtshofs, dessen für das Dritte Reich kennzeichnenden Rechtsprechung sowie die Auswirkungen auf die bundesrepublikanische Vergangenheitsbewältigung im Justizwesen.
Schlagworte
Volksgerichtshof, Seminar, Verfassungsgeschichte
Arbeit zitieren
Daniel Hunsmann (Autor:in), 2000, Der Volksgerichtshof, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32715

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