Kein Staatsrechtswissenschaftler im Deutschland des 20. Jahrhunderts hat mehr Kritik auf sich gezogen als Carl Schmitt; kaum einer hat mehr Fragen, bezogen auf Person und Werk, ausgelöst. Er war unzweifelhaft ein Konservativer, aber war er Nationalist ? Er war unzweifelhaft ein Rechtspositivist, aber war er auch Wegbereiter einer nationalsozialistischen Rechtsphilosophie ? Er war zuspitzend und provozierend in seinen Thesen, aber war er abgehobener Theoretiker ? Er beschrieb ausführlich die Bedeutung einer Freund-Feind- Theorie, aber war er ein Bellizist, ein „Brandstifter“? Und schließlich, was hat bis heute von seinem wissenschaftlichen Werk Bestand ?
Im Spiegel der damaligen Zeit mag die Einschätzung Carl von Ossietzkys über Personen wie Carl Schmitt stehen. Er schrieb über einen Vortrag Schmitts im November 1928 in der „Weltbühne“: „So wie gewisse Naturvölker Schwachsinnigen göttliche Ehren entgegenbringen, so verehren die Deutschen den politischen Schwachsinn und holen sich von dort ihre Führer“1 . An dem „...einflussreichen, mit der Demokratie geschickt jonglierenden Carl Schmitt...“2 scheiden sich bis heute die Geister und ablehnend steht man bis heute insbesondere seiner Arbeit zum „Begriff des Politischen“ gegenüber. „Von allen Schriften hat ‚Der Begriff des Politischen’ (...) die größte Resonanz gefunden (...). An keiner and eren Schrift haben sich der Scharfsinn und auc h die Médisance der Interpreten stärker entzündet, mit einem Wort: Carl Schmitt ist durch den ‚Begriff des Politischen’ berühmter und berüchtigter gewo rden als
durch sein ganzes übriges Werk.“3 Die wesentlichen Eckpunkte seiner Arbeit sind die Definition der Rolle des Staates und die sogenannte „Freund-Feind-Theorie“ mit einer Beschreibung der Funktion des Krieges. „Hauptsächlich handelt es sich dabei um das Verhältnis und die gegenseitige Stellung der Begriffe Staatlich und Politisch auf der einen, Krie g und Feind auf der anderen Seite, um ihren Informationsgehalt für dieses Begriffsfeld zu erkennen.“4 1 zit. bei Paul Noack, Carl Schmitt – Eine Biographie, a.a.O., S. 114 2 Kurt Sontheimer, „Was ist demokratisches Denken?“, Rezension zu Gusy (Hrsg.), Demokratisches Denken in der Weimarer Republik, FAZ v. 10.04.01 3 Paul Noack, a.a.O., S. 114
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Zur Person Carl Schmitt
2. Begriffsdefinition des Politischen
2.1 Der Politikbegriff heute
2.2 Der Begriff des Politischen bei Carl Schmitt (Die Freund-Feind-Theorie)
3. Staats- und Kriegsverständnis bei Carl Schmitt
4. Schmitts Kritik an Liberalismus und Pluralismus
Fazit
Literaturverzeichnis
Kein Staatsrechtswissenschaftler im Deutschland des 20. Jahrhunderts hat mehr Kritik auf sich gezogen als Carl Schmitt; kaum einer hat mehr Fragen, bezogen auf Person und Werk, ausgelöst. Er war unzweifelhaft ein Konservativer, aber war er Nationalist ? Er war unzweifelhaft ein Rechtspositivist, aber war er auch Wegbereiter einer nationalsozialistischen Rechtsphilosophie ? Er war zuspitzend und provozierend in seinen Thesen, aber war er abgehobener Theoretiker ? Er beschrieb ausführlich die Bedeutung einer Freund-Feind-Theorie, aber war er ein Bellizist, ein „Brandstifter“ ? Und schließlich, was hat bis heute von seinem wissenschaftlichen Werk Bestand ?
Im Spiegel der damaligen Zeit mag die Einschätzung Carl von Ossietzkys über Personen wie Carl Schmitt stehen. Er schrieb über einen Vortrag Schmitts im November 1928 in der „Weltbühne“: „So wie gewisse Naturvölker Schwachsinnigen göttliche Ehren entgegenbringen, so verehren die Deutschen den politischen Schwachsinn und holen sich von dort ihre Führer“[1].
An dem „...einflussreichen, mit der Demokratie geschickt jonglierenden Carl Schmitt...“[2] scheiden sich bis heute die Geister und ablehnend steht man bis heute insbesondere seiner Arbeit zum „Begriff des Politischen“ gegenüber. „Von allen Schriften hat ‚Der Begriff des Politischen’ (...) die größte Resonanz gefunden (...). An keiner anderen Schrift haben sich der Scharfsinn und auch die Médisance der Interpreten stärker entzündet, mit einem Wort: Carl Schmitt ist durch den ‚Begriff des Politischen’ berühmter und berüchtigter geworden als durch sein ganzes übriges Werk.“[3]
Die wesentlichen Eckpunkte seiner Arbeit sind die Definition der Rolle des Staates und die sogenannte „Freund-Feind-Theorie“ mit einer Beschreibung der Funktion des Krieges. „Hauptsächlich handelt es sich dabei um das Verhältnis und die gegenseitige Stellung der Begriffe Staatlich und Politisch auf der einen, Krieg und Feind auf der anderen Seite, um ihren Informationsgehalt für dieses Begriffsfeld zu erkennen.“[4] Darüber hinaus scheint mir die Kritik Schmitts an den liberalen und pluralistischen Staatstheorien von besonderer Bedeutung für die Frage nach seiner demokratischen Grundhaltung und auch seiner Bedeutung für die heutigen Staatswissenschaften, ist doch der „Neopluralismus“ ein Grundpfeiler der Bundesrepublik. Der Neopluralismus ist ein theoretisches Konzept, „das den Prozess legitimer staatlich-politischer Willensbildung als Resultat der Konkurrenz und fortlaufender Konsensfindung organisierter gesellschaftlicher Interessen auf den (Verfassungs-) Grundlagen gemeinsam anerkannter regulativer Normen.“[5]
1. Zur Person Carl Schmitt
Carl Schmitt wurde am 11. Juli 1888 als Sohn eines Kaufmanns in Plettenberg in Westfalen geboren und streng katholisch erzogen.
Nachdem er an den Universitäten in Berlin, München und Straßburg Staats- und Rechtswissenschaften studierte, promovierte er 1916 an der Universität Straßburg. Seine Arbeit trug den Titel „Der Wert des Staates und die Bedeutung des Einzelnen“.
Ab 1915 war Schmitt ein Kriegsfreiwilliger im 1. Weltkrieg und verrichtete seinen Dienst beim stellvertretenden Generalkommando in München, anschließend bis 1919 bei der Stadtkommandantur. 1921 folgte er einem Ruf der Universität Greifswald. Während seiner Zeit an dieser Universität veröffentlichte Carl Schmitt seine Schrift „Die Diktatur“, in der er das Wesen der Weimarer Republik untersucht, wobei er die Stellung des Reichspräsidenten, die ohnehin bereits recht mächtig war, besonders hervorhebt.
1922 wird Carl Schmitt dann Professor an der Universität Bonn, wo er in seinem Werk „Politische Theologie“ seine überaus autoritäre Staatstheorie verdeutlicht, indem er die Frage nach dem freien Willen des Menschen verneint. 1923 dann rechtfertigt Carl Schmitt in seiner Zeitanalyse „Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus“ die Herausbildung totalitärer Herrschaftsstrukturen in einer Gesellschaft. 1926 wird er Professor der Rechte an der Handelshochschule in Berlin.
1932 wird er an die Universität Köln berufen, wo er in seiner Schrift „Der Begriff des Politischen“ seine später äußerst umstrittene Staatsrechtslehre entwickelt, die ihm nach dem Krieg den Vorwurf einbringt, den Staat der Nationalsozialisten, den „Führerstaat“, vorweggenommen und ihn rechtsphilosophisch legitimiert zu haben. Über die Thematik aus „Der Begriff des Politischen“ hielt Carl Schmitt bereits im Mai 1927 einen Vortrag in Berlin unter dem selben Titel. Hierbei muss beachtet werden, dass der Vortrag Aufmerksamkeit erregen sollte, daher also auch deftiger Formulierungen bedurfte. Carl von Ossietzky schrieb über diese Art von Vorträgen im November 1928 in der Zeitschrift „Weltbühne“: „So wie gewisse Naturvölker Schwachsinnigen göttliche Ehren entgegenbringen, so verehren die Deutschen den politischen Schwachsinn und holen sich von dort ihre Führer“[6]. Im Juli des selben Jahres vertritt Carl Schmitt die Reichsregierung unter Franz von Papen gegen die suspendierte preußische Regierung Braun vor dem Staatsgerichtshof.
Im Mai 1933 tritt Schmitt in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein und wird von Hermann Göring zum preußischen Staatsrat ernannt. Im November Jahres wird er Präsident der „Vereinigung nationalsozialistischer Juristen“. In der gesamten Herrschaftsepoche der Nationalsozialisten von 1933 bis 1945 ist Carl Schmitt Professor der Rechte an der Universität zu Berlin. 1934 legitimiert er nach dem Röhm-Putsch die politisch motivierten Morde als „höchste Form administrativer Justiz“. 1936 schließlich fordert Carl Schmitt, als Vorsitzender eines Kongresses akademischer Rechtslehrer in Berlin, das deutsche Recht von „jüdischem Geist“ zu säubern.
Im Dezember 1936 wird Schmitts öffentlich zur schau getragener Antisemitismus von einer Schrift der SS, „Das schwarze Korps“, als bloße Attrappe bezeichnet. Um dies zu untermauern, wurde Schmitt mit früheren Aussagen zitiert, in denen er heftige Kritik an den nationalsozialistischen Rassentheorien übte. Ab 1937 zieht sich Schmitt von seiner Stellung als führender nationalsozialistischer Rechtsgelehrter zunehmend in die innere Emigration zurück. Er wird seines Lehramtes enthoben und verbringt mehrere Jahre in Lagerhaft.
Da Schmitt wegen seiner Rolle als führender Rechtsgelehrter der Nationalsozialisten ab 1950 wissenschaftlich isoliert ist, widmet er sich insbesondere völkerrechtlichen Studien und veröffentlicht seine Memoiren. Auch „war er seitdem bis zu seinem Tod unfähig, die Reaktionen seiner Zeit, seiner Gesellschaft und der öffentlichen Meinung auf ihn und auf seine Vergangenheit realitätsgerecht abzuschätzen.“[7]
Am 7. April 1985 stirbt Carl Schmitt im Alter von 97 Jahren in seiner Geburtsstadt Plettenberg.
2. Begriffsdefinition des Politischen
2.1 Der Politikbegriff heute
Etymologisch betrachtet ist das Wort „Politik“ eine Transformation aus dem Griechischen. „tá politiká“ waren die Angelegenheiten, die die „polis“ betrafen, sowie die darauf bezogenen Wissenschaften. Dies wiederum war vom griechischen Wort für Bürger beziehungsweise bürgerlich, polites, abgeleitet.
Auf der Suche nach dem heute einheitlich angewendeten Politikbegriff stellt man fest, dass es weder im allgemeinen Sprachgebrauch noch in der Politikwissenschaft eine vorherrschende Position gibt, da „Politik“ kein statischer, sondern ein dynamischer Begriff ist. Das liegt daran, dass Politik keinen Naturgesetzen folgt, sondern eine sozial entstehende, sich permanent verändernde Realität darstellt. Darüber hinaus muss man auch beachten, dass jeder Betrachter zur Definition des Politikbegriffes mehrere Perspektiven sowie Fragestellungen haben kann, wonach er einen solchen Begriff einstuft und beurteilt.[8] „Die begriffliche Konstruktion des Politischen leistet für den Menschen zunächst und vor allem eine Reduzierung von unüberschaubarer Komplexität, indem Elemente herausgehoben, andere in den Hintergrund und dritte schließlich ganz ausgeblendet werden. Das Ergebnis ist jeweils eine Ontologie und Dramaturgie des Politischen.“[9]
Die Antwort auf die Frage also, was Politik sei, ist unentwirrbar verstrickt in einem gesellschaftlichen Geflecht verschiedener Vorstellungen von Politik und Erwartungen an sie, was eine genaue statische Charakterisierung des Politikbegriffes unmöglich erscheinen lässt. Nichts desto trotz gibt es immer wieder Definitionen des Begriffes „Politik“, die jedoch für sich lediglich kurze Zeit den Anspruch anmelden können, das wiederzuspiegeln, was Politik wirklich ist. „Politik ist jenes menschliche Handeln, das auf die Herstellung allgemeiner Verbindlichkeit, vor allem von allgemein verbindlichen Regelungen und Entscheidungen, in und zwischen Gruppen von Menschen abzielt.“[10] Grundsätzlich jedoch kann man verschiedene Hauptströmungen der Politikbegrifflichkeit skizzieren:
- Zum einen gibt es den normativ-ontologische Politikbegriff, der die Lehre des Seins aus Sicht des Seienden mit normativ-wertenden Einsichten zur Politikgestaltung verbindet, und daraus eine „gute Politik“ definiert.
- Zum anderen gibt es den empirisch-analytischen Politikbegriff, wonach Politik ein Gegenstandsbereich ist, der in der Praxis unter dem Postulat der Wertfreiheit selten bis nie ultimative Entscheidungen trifft, sondern lediglich Empfehlungen nach dem Muster Wenn-Dann abgibt.
- Im Gegensatz hierzu steht der kritisch-dialektische Politikbegriff, der jeder Erkenntnis eine konkrete Interessenbindung voraussetzt.
- Abschließend muss auch der phänomenologisch-konstruktivistische Politikbegriff genannt werden, bei dem politische Wirklichkeit eine durch Menschen geschaffene Realität darstellt, deren Strukturen mit Hilfe von verstehenden Verfahren rekonstruiert werden können.[11]
[...]
[1] zit. bei Paul Noack, Carl Schmitt – Eine Biographie, a.a.O., S. 114
[2] Kurt Sontheimer, „Was ist demokratisches Denken?“, Rezension zu Gusy (Hrsg.), Demokratisches Denken in der Weimarer Republik, FAZ v. 10.04.01
[3] Paul Noack, a.a.O., S. 114
[4] C. Schmitt, Der Begriff des Politischen, 6. Auflage, 4. Nachdruck der Ausgabe von 1963, Berlin 1996, S. 9
[5] Holtmann (Hrsg.), Politik-Lexikon, 3. Auflage, München 2000, S. 417
[6] zit. bei Paul Noack, a.a.O., S. 114
[7] Paul Noack, a.a.O., S. 255
[8] Vgl. Holtmann (Hrsg.), a.a.O., S. 484
[9] Holtmann, a.a.O., S. 484
[10] Werner J Patzelt, Einführung in die Politikwissenschaft, Passau 1997, S.16
[11] vgl. Holtmann (Hrsg.), a.a.O., S. 485f.
- Arbeit zitieren
- Patrick Ehlers (Autor:in), 2001, Carl Schmitt - Der Begriff des Politischen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32829
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