Zensurgebung im Schulfach Sport


Seminararbeit, 2004

33 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Vorwort

1 Einleitung

2 Wissenswertes über die Zensur (-gebung)
2.1 Historische Entwicklung
2.2 Terminologische Überlegung

3 Zensurgebung
3.1 Zusammensetzung
3.1.1 Motorische Leistungen
3.1.2 Individueller Lernzuwachs
3.1.3 Soziales und sportliches Verhalten
3.2 Funktionen der Zensur
3.2.1 Orientierungs- und Berichtsfunktion
3.2.2 Pädagogische Funktion

4 Die pädagogisch- ethischen Überlegungen
4.1 Transfer Leistung - Zensur
4.2 Fehlerquellen in der Beurteilung
4.2.1 Der logische Fehler
4.2.2 Der Halo- Effekt
4.2.3 Perseverationstendenz
4.2.4 Reihungseffekt
4.2.5 Kontrasteffekt
4.2.6 Beurteilungstendenzen
4.2.7 Projektionsfehler
4.2.8 Der „Wissen- um- die- Folgen- Fehler“
4.2.9 Der Pygmalion- Effekt
4.3 Geschlechtsspezifische Probleme
4.4 Sinn der Sportnote
4.4.1 Die Sportnote ist sinnvoll und notwendig
4.4.2 Die Sportnote ist sinnlos und unnötig
4.5 Optimierung einer „objektiven“ Leistungsbewertung

5 Beispiel: Zensurgebung im Schulhandball
5.1 Vorbemerkungen
5.2 Pädagogisch- psychologische Überlegungen
5.2.1 Gruppeneinfluss
5.2.2 Der Halo- Effekt
5.2.3 Der Pygmalion- Effekt
5.2.4 Fehler im strukturellen Bereich
5.3 Was soll in der Zensur involviert sein?

6 Resümee

7 Fazit

8 Literaturverzeichnis

9 Anhang

0 Vorwort

Bestimmte Schülerleistungen, welche eine Vergabe von Zensuren erfordert, die Erstellung von Zeugnisnoten, die Entscheidung über die eventuelle Nichtversetzung eines Schülers oder deren Abschlüsse, summa sumarum: die Pflicht zur Bewertung von Schülern und Schülerleistungen ist unabweisbar mit der Berufsrolle von Lehrern verbunden. Die Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung, insbesondere in Form der Notengebung, sind relevante Bausteine schulischer Prozesse.

In dieser Seminararbeit, welche den Titel „Zensurgebung im Schulfach Sport“ trägt, handelt es sich um den speziellen Problembereich der Leistungsfeststellung im Schulsport. Nach einer historischen und terminologischen Einführung wird die Zensurgebung zuerst auf sachlicher Weise erläutert. Zusammensetzung und Funktionen sollen dargestellt werden und auf dieser Grundlage die pädagogisch- ethischen Überlegungen durchgeführt werden. Der Fokus liegt auf Beurteilungsfehler, sowie einer Gegenüberstellung der zwei Positionen „Die Sportzensur ist sinnvoll und notwendig“ contra „Die Sportzensur ist sinnlos und überflüssig“. Um eine bessere Anschaulichkeit der Problemstellung in bezug auf das Thema für den Leser zu garantieren, wird selbstverständlich auch noch ein Beispiel aus dem Schulsport (Schulhandball) angefügt.

Durch diese Seminararbeit wollen wir keineswegs den Sportlehrern vorschreiben, wie sie ab sofort ihre Zensurgebung zu handhaben müssen. Unser Ziel reduziert sich lediglich darauf, dass jeder Leser sich- nachdem bzw. während des Lesens der Seminararbeit- Gedanken über die „moralisch-ethisch- faire“?! Sportzensur macht- falls diese existiert- bzw. mit einer neuen Betrachtungsmöglichkeit in bezug auf die Entstehung seiner Sportnotengebung konfrontiert wird.

1 Einleitung

Der Sportunterricht ist ein Unterrichtsfach wie jedes andere Fach auch. Es ist zum Beispiel in den Sekundarstufen der Primarstufe und der Sekundarstufe verankert und wird in der Regel durch fachlich ausgebildete Lehrkräfte erteilt. In Bezug auf die Benotung hat der Schulsport schon lange sein Monopol aufgeben müssen. In fast allen 16 Bundesländern ist die Sportzensur mittlerweile versetzungsrelevant und seit Mitte der 70er Jahre ist Sport als Abitursfach gleichberechtigt etabliert (vgl. Tillmann, 2001, S.45). Hierdurch steigen natürlich auch die Erwartungen der Schüler und Eltern für die Notengebung. Sie fordern eine „angemessene und gerechte“ Sportnote. Aber der Sportunterricht ist aufgrund seiner besonderen Inhaltlichkeit ein separat zu betrachtendes Unterrichtsfach.

Der „Gegenstand“ von Sport ist nun mal der eigene Körper und seine Bewegungen. In der Aneignung und Weiterentwicklung motorischer Kompetenzen ist das Schulfach Sport einzigartig (vgl. Tillmann, 2001, S.45). Und in Anbetracht dessen resultiert daraus die Problematik bei der Zensurgebung im Schulfach Sport. Es wird nicht die Aufgabenlösung- wie in anderen Fächern- auf Papier gebracht, sondern das Ziel soll ein gekonnter, ästhetisch aussehender Bewegungsablauf sein.

Die Besonderheit des Faches Sport liegt in der Möglichkeit, die Schülerleistungen exakt zu messen. Viele Sportarten zeichnen sich dadurch aus, dass die individuell erbrachten Ergebnisse präzise angegeben werden können (Bsp. Leichtathletik). Da aber die genetischen und hierdurch resultierenden anthropometrischen Merkmale eine sehr relevante Rolle spielen, entsteht eine Ungerechtigkeit gegenüber den „kleineren und schwächeren“ Schülern. Deshalb spielt im Schulsport die Einbeziehung von „Verhaltensbewertungen eine viel größere Rolle als in allen anderen Fächern“ (Tillmann, 2001, S.45).

Durch diese Eigenheiten des Schulfaches Sport und seiner Zensurgebung resultieren etliche Fragen.

Im Folgenden werden nun die- für die Autoren- relevantesten Fragen aufgelistet:

- Wie setzt sich die Sportnote zusammen?
- Welche Kriterien sind involviert?
- Welcher Zusammenhang besteht in Bezug auf den Leistungszuwachs?
- Welche sozialen und individuellen Kriterien haben eine entscheidende Gewichtung?
- Kann man überhaupt eine „faire“ Zensurengebung erreichen?

2 Wissenswertes über die Zensur (-gebung)

In diesem Kapitel soll die Zensur (-gebung) in Bezug auf ihren historischen Hintergrund dem Leser erläutert werden. Zudem soll als Verständnisgrundlage der Begriff „Leistungsbeurteilung“ terminologisch betrachtet werden.

2.1 Historische Entwicklung

Diesen Begriff haben wir wieder mal den guten, alten Römern zu verdanken. Zensur ist nämlich auf eine staatspolitische Einrichtung im alten Rom zurückzuführen, welche die Abstufung der bürgerlichen Rechte u. a. entsprechend des Vermögens aufgrund von Schätzungen intendierte. Die „censura“ war das Amt des Censors. Dieser „census“ war das Recht der Schatzungen. Ursprünglich lag es in der Machtsphäre des Königs. Relevant im Hinblick auf die spätere Bedeutungsentwicklung des Begriffes der Zensur ist zu erwähnen, dass die Bürger entsprechend ihrer sittlichen Führung ihrem Vermögen und ihrer auf die Stände des Bürgers, Senats und Ritters zu verteilen waren. Dem Censor war das Recht vorbehalten, die bürgerlichen Rechte der Einzelnen abzustufen (vgl. Ziegenspeck, 1976, S.9).

Der Begriff „censere“ (den Wert schätzen, begutachten) wurde später allgemein für das Begutachten und Beurteilen eines Menschen und seiner Handlungsweise benutzt. Hieraus entstand das „Zensieren“, die sogenannte Handlungsweise, welche schulisches Verhalten und Schulleistungen feststellt und einordnet (vgl. Ziegenspeck, 1999, S.65).

Unter einer weiteren Definition von Zensur versteht man ein in Kurzform (Ziffer, Buchstabe, Adjektiv), gefasstes Urteil über Schüler und deren Verhalten, welche durch den Lehrer festgelegt wird. Hierdurch entsteht eine rangmäßige Einstufung des beurteilten Verhaltens, verglichen zu entsprechendem Verhalten anderer Schüler. Leistungsmessung und Leistungsbewertung, sowie die resultierende Zensierung vollzieht sich in einem Geflecht schulischer Prozesse. Zur Veranschaulichung soll Abbildung 1 weiterhelfen. Es zeigt auf, welchen Einflussfaktoren und Abhängigkeiten die behandelten Begriffe ausgesetzt werden (vgl. Jürgens, 1992, S.42).

Die Zensur eignet sich als „Ergebnis sorgsamer Erwägung und Beratung[…] den von sich eingenommenen Schüler […] zu einem richtigen Urteil über sich selbst, seine Fähigkeiten und Leistungen anzuleiten“ (Ziegenspeck, 1999, S.74 f.).

2.2 Terminologische Überlegung

Leistungsbeurteilung setzt immer eine Leistungsfeststellung, d.h. Messung oder Bewertung voraus. In den jeweiligen Sportarten ist die Vorgehensweise zur Leistungsbeurteilung in den zugehörigen Wettkampfverordnungen festgehalten und vorgeschrieben. In der Schule dagegen hat der Lehrer bei der Leistungsbeurteilung viel Freiraum; er bestimmt die Bewertungskriterien. Motorische Ergebnisse und soziale Aspekte werden als Indikatoren verwendet, um die Leistung numerisch in die Notenskala zu transferieren.

Wie in den Sportarten entscheiden „die einmal abgegebenen Bewertungen selbst dann, wenn sie auf einer fehlerhaften Leistungsbeobachtung, ungenügend differenzierten Bewertungskriterien, falschen Zuordnungen erfasster Bewegungsleistungen zu entsprechender Punktwerten auf dem verfügbaren Bewertungsmassstab oder bewusster Unter- bzw. Überbewertung der Leistung beruhen." (Neumaier, 1988, S. 207 zitiert nach Thomas, 1978, S. 263).

Die Leistungsbeurteilung lässt sich unter vier Dimensionen erheben (nach Grupe, Mieth, 1998, S.331):

a) Sachliche Dimension

Bei der Sachlichen Dimension der Leistungsbeurteilung handelt es sich um den Vergleich von Handlungsverläufen und -ergebnissen in Bezug auf die Aufgabe (Sache). Der einfachste Fall im Sport lautet: Bestehen – Nichtbestehen.

b) Individualzentrierte Dimension

Diese Dimension der Leistungsbeurteilung ist aus der Sicht eines Individuums (z.B.: Leistung: vorher – nachher) zu sehen. Vor allem die Gewichtung der Leistungsentwicklung und soziale Verhaltensweisen eines Schülers stellen bei der Notengebung ein großes Problem dar.

c) Soziale Dimension

Die soziale Dimension stellt den Vergleich mit Anderen (Mitschüler, Freunde, etc.) dar. Das Bewerten aufgrund eines sozialen Maßstabs (hier: die Mitschüler) ist sehr kritisch zu sehen. Einerseits lernen die Schüler Konkurrenzdenken, das andererseits zugleich zum Nach- und Wetteifern anregt und die Leistungsentwicklung fördert.

d) Normative Dimension

Die Leistungsbeurteilung findet bei der normativen Dimension anhand von Gütemaßstäben, die von außen festgelegt wurden (Wettkampfrichtlinien, Bewertungskriterien, etc.), statt. Das Beurteilen aufgrund eines normativen Maßstabs steht besonders in Diskussion, da nur das Ergebnis zählt und nicht mehr die Leistungsentwicklung. Das Pro-Argument, einer Vorbereitung auf unsere Leistungsgesellschaft, kann aber meist nur auf Kosten der Zielsetzung zur Hinführung zum lebenslangen Sporttreiben gehen. (vgl. Hecker in Zimmer, 2001, S. 281 nach Volkamer, 1987, S. 9, 99, 125).

3 Zensurgebung

Durch die Existenz der allgemeinen Notenskala (Noten 1-6) soll eine Aussage über die Leistung eines Schülers geben werden. Neben der Benotung motorischer Leistungen auf der Basis von Normtabellen wird die Verhaltensbeurteilung mit in die Sportnote eingerechnet. Ein motorischer Leistungsvergleich über den Klassenverband hinaus, kann daher nur erreicht werden, wenn verschiedene Lehrer denselben Maßstab bei der Transformation der einzelnen Skalen anlegen (vgl. Volkamer, 1979, S. 81).

Bei der Notengebung ist darauf hinzuweisen, dass jeder Lehrer zwar ministeriell dazu verpflichtet ist Noten zu verteilen, aber es befinden sich keine präzisen Anweisungen im Lehrplan wie der Lehrer zur Notengebung verfahren soll.

3.1 Zusammensetzung

Die wahrscheinlich aktuellste Auslegung über die Zusammensetzung der Sportnote ist im Thüringer Lehrplan verankert, die in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Sportlehrerverbandes erarbeitet wurde (vgl. www.thillm.th.schule.de). Danach setzt sich die Sportnote aus der sachlichen und sozialen Ebene zusammen (siehe Abbildung). Die sachliche Ebene ist stärker gewichtet und umfasst die Messung / Bewertung der motorischen Leistung. Die soziale Ebene beinhaltet das soziale Verhalten. Beide Ebenen werden durch die individuellen Voraussetzungen des Schülers (körperlich, geistig, seelisch) beeinflusst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei diesem Ansatz wird nicht auf die Gewichtung zwischen sozialer und motorischer Leistung eingegangen. Sie unterliegt der eigenen Interpretation des Lehrers. Es entspricht der Realität, dass es bei der Benotung stets einige besonders gute und einige besonders schwache Schüler gibt, und dass sich der Großteil der Schüler im Mittelbereich befindet. Das hat zur Folge, dass die Verteilung der Noten einer Klasse als angemessen gilt, wenn sie ungefähr der Normalverteilung entspricht.

3.1.1 Motorische Leistungen

Im Sportunterricht geht es um die Motorik der Schüler. Der Sportunterricht zielt auf sportliches Können, und die individuellen Leistungen sind ohne Bezug auf dieses Können nicht bewertbar. Was und wie das Können im Sportunterricht bewertet wird soll kurz vorgestellt werden:

a) Leichtathletik und Schwimmen

Geprüft wird vom Schüler in der Regel ein Mehrkampf. Welche Disziplinen für welche Altersstufe beschränkt oder zur freien Wahl stehen entscheidet der Lehrer. Die erfasste Leistung beschränkt sich auf das gemessene Ergebnis und wird mit Hilfe von normierten Bewertungstabellen verglichen und eine Note gebildet.

b) Sportspiele

Sportspiele bilden eine eigene Gruppe in den Sportarten. Sie werden zwischen einzelnen Spielern oder Mannschaften ausgeführt und sind charakterisiert durch einen nicht festlegbaren Verlauf. (vgl. Lames, 1990, S. 30 zitiert nach Döbler, 1974, S. 28)

Im Wettkampfsystem der Sportspiele ist derjenige der Sieger, der mehr Punkte/Tore erreicht hat. Anhand der erzielten Ergebnisse können Platzierungen und Ranglisten gebildet werden. Die Struktur der Sportspiele stellt für die Notengebung ein Problem dar: Bewertet werden Verhalten und Fertigkeiten des einzelnen Spielers; aber er steht auch im Zusammenhang zum Mannschaftserfolg. „, Mannschaftsdienlich’ und, noteneffektiv’ zu spielen, ist jedoch nicht immer dasselbe.“ (Söll, 2003, S. 184) Darüber hinaus gelten aber weitere Einflussgrößen wie Taktik, Mitspieler und Gegner, die unterschiedliche Verhaltensweisen in der bewirken.

[...]

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Zensurgebung im Schulfach Sport
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)
Note
1,5
Autoren
Jahr
2004
Seiten
33
Katalognummer
V32858
ISBN (eBook)
9783638334747
ISBN (Buch)
9783638684323
Dateigröße
581 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zensurgebung, Schulfach, Sport
Arbeit zitieren
Tobias Schwarzwälder (Autor:in)Manuel Holler (Autor:in), 2004, Zensurgebung im Schulfach Sport, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32858

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