Unter dem Begriff der Konsumgesellschaft versteht man lt. Brockhaus eine Gesellschafts- und Wirtschaftsform, die hauptsächlich auf Konsum und damit auf dem Wachstum der privaten und öffentlichen Haushalte aufbaut sowie durch ein gesellschaftliches Wertesystem gekennzeichnet ist, in dem soziales Prestige wesentlich von Warenbesitz und Konsumfähigkeit abhängt. Als Mitglieder der heutigen Gesellschaft werden wir im alltäglichen Leben permanent mit Botschaften konfrontiert wie „Geiz ist geil“, „Die Lust am Kaufen“ oder „Heute kaufen – morgen bezahlen“, die uns insbesondere in unserer Rolle als Konsumenten ansprechen sollen. Diese auf geschickten Werbestrategien basierenden Botschaften sollen den Konsumenten schon lange nicht mehr nur dazu veranlassen lediglich seine täglichen Grundbedürfnisse mittels eines bestimmten Produktes zu befriedigen. Vielmehr wird heute seitens der Hersteller versucht dem Käufer eines Produktes ein bestimmtes Lebensgefühl zu vermitteln, um ihm auf diesem Wege die Bestimmung seiner Identität und seines gesellschaftlichen Status zu ermöglichen. Dass aufgrund der bestehenden gesellschaftlichen Architektur immer häufiger Konsumaufwand und das dazu erforderliche Einkommen, mit der Folge der Überschuldung privater Haushalte, voneinander abweichen, ist heute in der Bundesrepublik Deutschland längst kein Einzelschicksal mehr. In diesem Zusammenhang dient die vorliegende Arbeit neben der entwicklungsgeschichtlichen Untersuchung der heutigen Konsumgesellschaft insbesondere einer Darstellung der sozialstrukturellen Ursachen und Folgen einer zunehmenden Verschuldung privater Haushalte vor dem Hintergrund der Geschichte und Funktion des Konsumentenkredits.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Fordistische Modell als Ursprung der heutigen Konsumgesellschaft
3. Die Geschichte und Funktion des Konsumentenkredites
4. Individualisierung und Konsum als Ursache der Schuldenproblematik
5. Der Weg von der konsumbedingten Verschuldung zur Überschuldung
6. Zahlen zur Verschuldung privater Haushalte in Deutschland
1. Einleitung
Unter dem Begriff der Konsumgesellschaft versteht man lt. Brockhaus eine Gesellschafts- und Wirtschaftsform, die hauptsächlich auf Konsum und damit auf dem Wachstum der privaten und öffentlichen Haushalte aufbaut sowie durch ein gesellschaftliches Wertesystem gekennzeichnet ist, in dem soziales Prestige wesentlich von Warenbesitz und Konsumfähigkeit abhängt.
Als Mitglieder der heutigen Gesellschaft werden wir im alltäglichen Leben permanent mit Botschaften konfrontiert wie „Geiz ist geil“, „Die Lust am Kaufen“ oder „Heute kaufen – morgen bezahlen“, die uns insbesondere in unserer Rolle als Konsumenten ansprechen sollen. Diese auf geschickten Werbestrategien basierenden Botschaften sollen den Konsumenten schon lange nicht mehr nur dazu veranlassen lediglich seine täglichen Grundbedürfnisse mittels eines bestimmten Produktes zu befriedigen. Vielmehr wird heute seitens der Hersteller versucht dem Käufer eines Produktes ein bestimmtes Lebensgefühl zu vermitteln, um ihm auf diesem Wege die Bestimmung seiner Identität und seines gesellschaftlichen Status zu ermöglichen. Dass aufgrund der bestehenden gesellschaftlichen Architektur immer häufiger Konsumaufwand und das dazu erforderliche Einkommen, mit der Folge der Überschuldung privater Haushalte, voneinander abweichen, ist heute in der Bundesrepublik Deutschland längst kein Einzelschicksal mehr.
In diesem Zusammenhang dient die vorliegende Arbeit neben der entwicklungsgeschichtlichen Untersuchung der heutigen Konsumgesellschaft insbesondere einer Darstellung der sozialstrukturellen Ursachen und Folgen einer zunehmenden Verschuldung privater Haushalte vor dem Hintergrund der Geschichte und Funktion des Konsumentenkredits.
2. Das Fordistische Modell als Ursprung der heutigen Konsumgesellschaft
Widmet man sich einer wissenschaftlichen Betrachtung aktueller Problemlagen unserer heutigen Gesellschaft hinsichtlich ihrer Ausprägung als Konsumgesellschaft, so gilt es, zuerst deren historischen Ursprung und die sich daran anschließenden Entwicklungslinien darzustellen. Hierzu bedarf es eines Blickes in die wirtschafts- und sozialgeschichtliche Epoche des Fordismus, respektive des Taylorismus.
Als Grundlage des Fordismus ist der nach Taylor modifizierten Organisation des Arbeitsprozesses, der sog. Arbeitsteilung, besondere Wichtigkeit beizumessen, die mit dem Durchbruch des Fordismus ihre technische und maschinelle Realisation erfuhr.
Die kapitalistische Formation des sog. Fordismus geht zurück auf ihren Namensgeber Henry Ford und dessen Erfindung der Fließbandproduktion. In dem Zeitraum der dreißiger bis fünfziger Jahre trat der Fordismus in seiner anfänglichen Ausprägung erstmals in den Vereinigten Staaten in Erscheinung und beschreibt eine ihm eigene Produktions- und Verteilungsweise. Die Entstehung und Entwicklung der fordistischen Vergesellschaftung nach der Weltwirtschaftskrise und dem zweiten Weltkrieg geht dabei ganz wesentlich mit zunehmend globalorientierten und miteinander im Wettbewerb stehenden Wirtschafts- und Finanzsystemen einher. Bereits entwickelte kapitalistische Gesellschaften unterlagen fortan einer zunehmend fortschreitenden internationalen Konkurrenzsituation.[1]
Ein Blick in die Zeit der frühen Industrialisierung und somit des vorfordistischen Kapitalismus zeigt auf, dass noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts die damaligen sog. kapitalistischen Gesellschaften vorwiegend durch Agrar- und Hauswirtschaften mit einer eher geringen Technisierung des Arbeitsprozesses geprägt waren. Hiervon unmittelbar beeinflußt stellte sich auch das gesellschaftliche Miteinander, die allgemeinen Lebensformen und die Konsumgewohnheiten agrarisch geprägt dar.
Noch zu dieser Zeit war eine Kapitalakkumulation im Wesentlichen auf den Produktionsmittelsektor begrenzt. In der Folge führte dies zu einem „sektoralen Dualismus der Ökonomie“[2], d.h. der Entwicklungsverlauf der Produktionsmittel- und Konsumgütersektoren gestaltete sich zunehmend disharmonisch und ungleichmäßig und trug die Gefahr zyklischer Überproduktionskrisen in sich.[3]
Deutschland war um 1920, insbesondere in der Folge der weltgeschichtlichen Dramatik dieser Zeit, von heftigen Klassenkämpfen und politisch-institutionellen Unsicherheiten geprägt, so dass die Durchsetzung eines auf Produktivitätserhöhung beruhendes und an der tayloristischen Arbeitsorganisation orientiertes Akkumulationsmodell vorerst scheiterte. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kann auch in der heutigen Bundesrepublik von einer zunehmenden Durchsetzung des fordistischen Ansatzes durch das Kapital gesprochen werden.
Mit einer in der Folgezeit forcierten industriellen Massenerzeugung technisch fortschrittlicher Gebrauchsgüter, gingen immer stärker zerlegte und optimierte Arbeitsabläufe einher. Neben der Tatsache, dass nunmehr der Produktionsablauf und die Produktbeschaffenheit selbst immer stärker standardisiert wurden, gab nun auch nicht mehr der Arbeiter Produktionsmenge und –geschwindigkeit vor, sondern war fortan maschinell vorgegeben.
Die bereits angesprochene starke Krisenanfälligkeit während der zuvor betriebenen extensiven Akkumulation wurde somit durch die Ermöglichung einer massiven Produktivitätserhöhung mittels einer umfassenden Umgestaltung der Arbeitsabläufe und Arbeitsbedingungen beseitigt.
Mit der Entstehung eines neuen nunmehr dequalifizierten Arbeitertypus war die Grundlage für die Massenproduktion von Konsumgütern geschaffen. Allerdings bedurfte es in diesem Zusammenhang für die finale Realisation des Fordistischen Modells eines entsprechend großen Absatzmarktes, der insbesondere durch die Entwicklung innerer Märkte erreicht wurde.
Auf der einen Seite nahmen die Herstellungskosten industriell hergestellter Wirtschaftsgüter und damit die Produktpreise aufgrund des neuen Produktionsmodells stetig ab. Andererseits wurde die Schaffung eines Käufermarktes dadurch unterstützt, dass einhergehend mit den realisierten Produktivitätssteigerungsraten auch die Reallöhne stetig angehoben wurden. Daraus ergab sich für die Klasse der Lohnarbeiter, dass die von ihnen hergestellten Produkte, die bislang für den Normalbürger nicht erschwinglich waren in der weiteren Entwicklung zu Gütern des alltäglichen Gebrauchs und Konsums wurden.[4]
Mit dieser Möglichkeit des neu geschaffenen Zugangs zu Gütern, wie z.B. Waschmaschinen, Kühlschränken und Unterhaltungselektronik, nahm auch die allgemeine Technisierung der Haushalte zu. Das wohl prägenste Merkmal dieser Entwicklung war die allgemeine Automobilisierung breiter Bevölkerungsschichten. Unterstützt wurde diese Entwicklung auch durch tendenziell abnehmende Arbeitszeiten und einer in diesem Zusammenhang verstärkten Kommerzialisierung der Freizeitgestaltung, mit dem Ergebnis, dass der bisherige Sinn und Zweck des Produktkonsums, nämlich die Befriedigung autonomer Bedürfnisse, einen Wandel erfuhr und nunmehr in seiner Ausprägung als Massenkonsum selbst zu einem eigenständigen Produktivkraftfaktor wurde.[5]
Die Entstehung respektive Schaffung des dargestellten neuen fordistischen Produktions- und Konsummodells führte dem zufolge zu tiefgreifenden ökonomischen und gesellschaftlichen Veränderungen. Logische Konsequenz dieses Modells war, dass in der Folge die Relevanz traditioneller Wirtschaftszweige wie der handwerklichen Produktion und der Agrar- und Haushaltswirtschaften konstant abnahm und zudem eine zunehmende Substitution durch die industrielle Massenproduktion als Ausdruck der modernen Zeit erfuhr. Die gleichsam zu beobachtende unmittelbare Verbindung bzw. Integration der lohnabhängigen Arbeiter mit bzw. in das kapitalistischen System ist ein unzweideutiger Ausweis für eine bis zu dieser Zeit nicht dagewesenen „Durchkapitalisierung der Gesellschaft“[6]. Die Warenproduktion bzw. Kapitalreproduktion einerseits und die Arbeitskraftreproduktion andererseits unterlag fortan einer fortschreitenden örtlichen und klassenstrukturellen Differenzierung.[7]
Somit lässt sich aus der - sicherlich nur in ihren Grundzügen - dargestellten Entwicklungsgeschichte des Fordismus ersehen, dass der heute verwendete Begriff der Konsumgesellschaft seinen eigentlichen Ursprung in dem zu dieser Zeit begründeten Wirkungszusammenhang von Massenproduktion und Massenabsatz industriell hergestellter Produkte findet.
3. Die Geschichte und Funktion des Konsumentenkredites
Die Funktionsfähigkeit des dargestellten fordistischen Modells war dabei von Beginn an unmittelbar abhängig von einer bestehenden nachhaltigen Wirtschaftskraft bzw. eines stets existierenden ökonomischen Wachstums. Dabei waren stetig steigende Produktivitätsraten und die sich hieraus ergebenden Möglichkeiten der Gewährung steigender Reallöhne zur Entwicklung der inneren Märkte nur ein notwendiges Mittel, um den neu geschaffenen Massenmärkten ein ausreichendes Volumen an Kaufkraft zur Verfügung zu stellen.
Eine weitere Möglichkeit der Förderung des Produktabsatzes bestand in der Bereitstellung eines Finanzierungsinstrumentes, das den Konsumenten auch ohne ein aktuelles Vorhandensein geldlicher Mittel durch ihre befristete Bereitstellung in die Lage versetzte, eine gegenwärtig angestrebte Anschaffung zu tätigen. Diese sich entwickelnde Finanzierungsform des Konsumentenkredits beruhte im Wesentlichen auf einer Neuordnung bzw. einer zeitlichen Entkoppelung der Beziehung von Einkommen und der Verfügbarkeit von Geld.[8]
In diesem Zusammenhang vermittelte insbesondere in Deutschland während der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts die Weiterentwicklung sozialstaatlicher Sicherungselemente und die sich eröffnenden Chancen des sozialen Aufstiegs für unterprivilegierte Schichten ein positives und wohlstandsorientiertes Gesellschaftsverständnis, das eine dauerhafte Überwindung kapitalistischer Strukturprobleme und Arbeitslosigkeit zu ermöglichen schien. Abgeleitet aus diesem Gefühl der materiellen Sicherheit und der Aussicht auf eine verstärkte Partizipation am gesamtgesellschaftlichen Wohlstand, vollzog sich ein allgemeiner wirtschaftsethischer Wertewandel, demzufolge das Denken nunmehr weniger durch Enthaltsamkeit, Nüchternheit und Sparsamkeit geprägt wurde, sondern zunehmend durch eine auf Kredit, Ausgaben und Genuß begründete Moral des Konsums.[9]
Möchte man in diesem Zusammenhang die Geschichte des Konsumentenkredites vor dem Hintergrund seines jeweiligen funktionalen Charakters beschreiben, so gilt es grundsätzlich zwischen drei Entwicklungsphasen zu unterscheiden, die ihrerseits als Projektion historisch sich wandelnder wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verhältnisse betrachtet werden können.[10]
[...]
[1] Vgl. Hirsch, J. / Roth, R. (1986), S. 46 ff.
[2] Ebenda, S. 49
[3] Vgl. ebd., S. 48 f.
[4] Vgl. Hirsch, J. / Roth, R. (1986), S. 48 ff.
[5] Vgl. Hirseland, A. (1999), S. 53 f. und Zimmermann (2001)
[6] Hirsch, J. / Roth, R. (1986), S. 51
[7] Vgl. Hirsch, J. / Roth, R. (1986), S. 50 ff.
[8] Vgl. Hirseland, A. (1999), S. 57
[9] Vgl. ebd., S. 54 f. und Zimmermann, G.E. (2001)
[10] Vgl. Hirseland, A. (1999) zitiert Schuberth, K.H., S. 56
- Arbeit zitieren
- Carsten Ulferts (Autor:in), 2004, Aktuelle Aspekte des Konsums in der kapitalistischen Gesellschaft. Der Konsumentenkredit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32863
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