Eine nach Barley (1978, S.65) unverwechselbare „Allgemeinerscheinung“ der sozialen Organisation ist die soziale Schichtung. Darunter wird allgemein eine Struktur verstanden, die die Rangunterschiede einer Gesellschaft festlegt. Gesellschaften unterscheiden sich zum Teil erheblich hinsichtlich ihrer Haltung gegenüber solchen Rangunterschieden. Generell lassen sich zwei Formen im gesellschaftlichen Umgang hiermit und somit zwei unterschiedliche Typen von Gesellschaft unterscheiden:
(1.) Gesellschaften die es nicht ermöglichen, die soziale Schicht zu wechseln, wie z.B. die indische Kastengesellschaft oder Feudalgesellschaften; diese Gesellschaftsform wird als „geschlossen“ (ebenda, S.65) bezeichnet. Dem gegenüber steht (2.) die „offene“ Form von Gesellschaft, in der zumindest theoretisch jedes Mitglied jede gesellschaftliche Ebene erreichen kann, sofern die Leistungsanforderungen erfüllt werden.
Die Soziologie hat zur Analyse sozialer Ungleichheit zwei Konzepte entwickelt:
- Das Klassen-Konzept nach Karl Marx identifiziert Klassen- bzw. Soziallagen durch die Zugehörigkeit zur Klasse der Kapitalbesitzer oder zur Klasse der Arbeiter.
- Das später entwickelte Schichtungsmodell nach Theodor Geiger unterscheidet sich im Wesentlichen durch eine stärkere Ausdifferenzierung gesellschaftlicher Gruppen in verschiedene Schichten.
Gemeinsam sind beiden Modellen die Merkmale, nach denen Schicht- bzw. Klassenzugehörigkeiten bestimmt werden. Eine weitere Gemeinsamkeit ist die Voraussetzung, dass Menschen, die in ähnlichen Klassen- oder Soziallagen leben, ähnliche Erfahrungen machen. Es kommt zu spezifizierten Ausprägungen des Denkens, der Vorstellungswelt und der Mentalität. Die so spezifizierten Ausprägungen vollziehen sich nach dem Prinzip der Wahrscheinlichkeit, d.h. - wider dem allgemein als verifiziert geltenden Prinzip der Zwangsläufig von spezifischer Bewusstseinsbildung („Das Sein bestimmt das Bewußtsein“) - lässt sich eine spezifische Ausprägung nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit annehmen. Marx spricht von einem „Klassenbewußtsein“, Bourdieu hat in seinem sozio-kulturellen Ansatz hierzu den Begriff des „Klassenhabitus“ geprägt, während Geiger von einem „Schichtbewußtsein“ ausgeht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsbestimmung
- Definition des Begriffes
- Etymologie des Begriffes und Verwendung im Alltagsgebrauch
- Forschung
- Forschung der 50er Jahre
- Neuere Schicht- und Ungleichheitsforschung
- Milieuforschung
- Theorien und Theoriekritik
- Objektive und subjektive Kriterien der Schichtung
- Marxistische Theorie
- Funktionalismus-Theorie
- Theorie der Schichtung nach Marktmechanismen
- (Fazit:)
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit zielt darauf ab, den soziologischen Schlüsselbegriff „Schicht“ umfassend zu definieren und zu analysieren. Sie untersucht die historische Entwicklung des Begriffs, verschiedene Forschungsansätze und Theorien zur sozialen Schichtung, sowie deren Kritik.
- Begriffsbestimmung und Etymologie von „Schicht“
- Entwicklung der Schichtungsforschung
- Theorien der sozialen Schichtung (Marxismus, Funktionalismus, Marktmechanismen)
- Objektive und subjektive Kriterien der Schichtung
- Soziale Ungleichheit und ihre Ausprägungen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema soziale Schichtung ein und stellt die grundlegende Dichotomie zwischen geschlossenen und offenen Gesellschaften vor, wobei erstere (wie die indische Kastengesellschaft) den sozialen Aufstieg stark einschränken, während letztere zumindest theoretisch eine höhere soziale Mobilität ermöglichen. Der Text hebt die zwei zentralen soziologischen Konzepte zur Analyse sozialer Schichtung hervor: das Klassenkonzept von Marx und das Schichtungsmodell von Geiger, die beide die Stellung zu den Produktionsmitteln, Einkommens- und Besitzverhältnisse sowie Tätigkeitsmerkmale und Qualifikationen als Bestimmungsfaktoren für die Klassen- bzw. Schichtzugehörigkeit betrachten. Die Einleitung betont die Wahrscheinlichkeit spezifischer Denk- und Vorstellungswelten innerhalb von Klassen oder Schichten, im Gegensatz zu einem deterministischen Ansatz.
Begriffsbestimmung: Dieses Kapitel bietet eine detaillierte Definition von sozialer Schichtung bzw. sozialer Ungleichheit als menschengemachte Grundtatsache mit implizitem Veränderungspotential. Es werden unterschiedliche Ausprägungen und Institutionalisierungsformen in verschiedenen Gesellschaftstypen (Stände-, Klassen-, Kasten- oder Schichtungsgesellschaften) diskutiert und die Definition von Kreckel (1992) herangezogen, die den ungleichen Zugang zu relevanten Positionen und Gütern als zentralen Aspekt sozialer Ungleichheit betont.
Forschung: Das Kapitel „Forschung“ beleuchtet die Entwicklung der Forschung zur sozialen Schichtung. Es beginnt mit einem Überblick über die hauptsächlich in den USA in den 1950er Jahren durchgeführten, vorwiegend deskriptiven Untersuchungen. Diese konzentrierten sich auf die Rekonstruktion sozialer Hierarchien anhand von Kriterien wie Ansehen, Einkommen und Bildung. Der Text hebt zwei grundlegende Vorgehensweisen hervor: die Erfassung der Wahrnehmung sozialer Unterschiede durch die Mitglieder einer Gemeinschaft und den Versuch, anhand statistischer Zusammenhänge zwischen verschiedenen Kriterien Typologien zu erstellen.
Schlüsselwörter
Soziale Schichtung, soziale Ungleichheit, Klassen, Schichten, Marxismus, Funktionalismus, Marktmechanismen, soziale Mobilität, Produktionsmittel, Klassenbewußtsein, Schichtbewußtsein, soziale Hierarchien, Forschungsmethoden.
Häufig gestellte Fragen zum Text über Soziale Schichtung
Was ist der Inhalt dieses Textes?
Der Text bietet einen umfassenden Überblick über den soziologischen Begriff der „Schicht“. Er beinhaltet ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte, Zusammenfassungen der Kapitel und Schlüsselwörter. Der Text behandelt die Begriffsbestimmung und Etymologie von „Schicht“, die Entwicklung der Schichtungsforschung, verschiedene Theorien der sozialen Schichtung (Marxismus, Funktionalismus, Marktmechanismen), objektive und subjektive Kriterien der Schichtung sowie soziale Ungleichheit und ihre Ausprägungen.
Welche Kapitel umfasst der Text?
Der Text gliedert sich in die Kapitel Einleitung, Begriffsbestimmung, Forschung, Theorien und Theoriekritik und Bibliographie (letztere ist im gegebenen Auszug nicht enthalten). Die Kapitel "Begriffsbestimmung" und "Forschung" werden im Auszug detailliert zusammengefasst.
Wie wird der Begriff „Schicht“ definiert?
Der Text definiert soziale Schichtung bzw. soziale Ungleichheit als menschengemachte Grundtatsache mit implizitem Veränderungspotential. Es werden unterschiedliche Ausprägungen und Institutionalisierungsformen in verschiedenen Gesellschaftstypen (Stände-, Klassen-, Kasten- oder Schichtungsgesellschaften) diskutiert. Ein zentraler Aspekt ist der ungleiche Zugang zu relevanten Positionen und Gütern (Kreckel, 1992).
Welche Theorien der sozialen Schichtung werden behandelt?
Der Text behandelt die marxistische Theorie, den Funktionalismus und Theorien der Schichtung nach Marktmechanismen. Er vergleicht außerdem das Klassenkonzept von Marx und das Schichtungsmodell von Geiger, die beide die Stellung zu den Produktionsmitteln, Einkommens- und Besitzverhältnisse sowie Tätigkeitsmerkmale und Qualifikationen als Bestimmungsfaktoren betrachten.
Welche Forschungsansätze zur sozialen Schichtung werden beschrieben?
Der Text beschreibt die hauptsächlich in den 1950er Jahren in den USA durchgeführten, vorwiegend deskriptiven Untersuchungen zur sozialen Schichtung. Diese konzentrierten sich auf die Rekonstruktion sozialer Hierarchien anhand von Kriterien wie Ansehen, Einkommen und Bildung. Es werden zwei grundlegende Vorgehensweisen hervorgehoben: die Erfassung der Wahrnehmung sozialer Unterschiede und der Versuch, anhand statistischer Zusammenhänge Typologien zu erstellen.
Welche Schlüsselwörter kennzeichnen den Text?
Schlüsselwörter sind: Soziale Schichtung, soziale Ungleichheit, Klassen, Schichten, Marxismus, Funktionalismus, Marktmechanismen, soziale Mobilität, Produktionsmittel, Klassenbewußtsein, Schichtbewußtsein, soziale Hierarchien, Forschungsmethoden.
Welche Zielsetzung verfolgt der Text?
Der Text zielt darauf ab, den soziologischen Schlüsselbegriff „Schicht“ umfassend zu definieren und zu analysieren. Er untersucht die historische Entwicklung des Begriffs, verschiedene Forschungsansätze und Theorien zur sozialen Schichtung sowie deren Kritik.
Wie wird der Unterschied zwischen geschlossenen und offenen Gesellschaften dargestellt?
Die Einleitung stellt die grundlegende Dichotomie zwischen geschlossenen (z.B. indische Kastengesellschaft) und offenen Gesellschaften vor. Geschlossene Gesellschaften schränken den sozialen Aufstieg stark ein, während offene Gesellschaften zumindest theoretisch eine höhere soziale Mobilität ermöglichen.
- Arbeit zitieren
- Thomas Schröder (Autor:in), 2000, Definition eines soziologischen Schlüsselbegriffes: Schicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3291