Um diese Arbeit zu beginnen oder sei es auch nur einen Gedanken oder ein Verständnis in Musil als Autor und `Schöpfer` vom Mann ohne Eigenschaften zu erfassen, sollte man begreifen welches geistige Relief uns dort erscheint: Musil als Symptom seiner Zeit, als Avantgarde seiner Generation, mit aller Morgenröte, aber auch mit aller Nachtschwärze, mit allem Glanz und aller Vereitelung, aller Gebrechlichkeit und aller Versprechen. Thema dieser Arbeit soll nicht allein die Gestalt Robert Musil`s sein, sondern vielmehr die durch ihn entstandene Figur Clarisse. Sie ist nicht fiktiv, ein biographischer Hintergrund befindet sich im Freundeskreis Musil`s. Wer ist Clarisse? Und welche Position nimmt sie in der Gesamtkonstellation ein? - Hierzu gehört die Frage wer Ulrich ist, der ihr die Werke Nietzsches schenkt und somit das Äther für ihr Bewußtseins bietet - den Weg zum Intellekt und später zum Wahnsinn öffnet. Die Frage nach dem Protagonisten und dessen Stellung in der Gesamtkonstellation werden wir jedoch im Rahmen dieser Arbeit nur ansatzweise erarbeitet sehen können.
Im Zentrum dieser Arbeit liegt die Suche nach der Person Clarisse: ihre Position in diesem Opus ist die Grundbasis aller Fragestellungen. Sie scheint die Einzige zu sein, neben Ulrich und Agathe, die so majestätisch deplaziert wirkt in dieser Epoche, indem sie in ihrer medialen Verrücktheit, allein durch ihre innere Größe an Ulrich heran reicht. Diese Darstellung ihres ` Willens` wird im Laufe der kompletten Arbeit sichtbar. Überdies beschäftigt sich Kapitel 2.2. näher mit der Beziehung Ulrich - Clarisse. Ulrich erscheint uns als klares Wesen, daß mit sich und seiner Umwelt in einer, wenn nicht reibungslosen dann jedenfalls in einer `neurosen -freien` Beziehung steht. Er ist sich seiner Stellung in dieser Welt bewußt und lebt diese in seiner Wahrnehmungswelt im gesunden Maße aus. Sein Bezug und Ausgangspunkt zu dieser halbfantastischen Figur ist ein Zweig seines geistigen Baums, der sich bis zum Erkenntnisbaum Nietzsches erstreckt. Clarisse jedoch verfängt sich in dem Wunsch Klarheit und Erlösung zu finden. Sie erstarrt in ihrer Begierde nach Erlösung:
Sie bewegt sich in einem Zentrum stetiger Beharrung - in `Zuständen` die `anders` sein sollten, aber sich dennoch nicht von einem "ver rückten" anderen Zustand wirklich unterscheiden. Sie tyrannisiert ihren Mann Walter, weil er nicht das erhoffte Genie geworden ist - und sie auch nicht.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Die Geschichte dreier Freunde
- Jugendfreunde
- Teilidentifizierungen Ulrichs
- Clarisse`s \"Neurosen der Gesundheit\" oder \"seelische Verdauungsstörungen\"?
- Physiognomie des Denkens
- Beharrung auf dem ekstatischen Zustand
- Erlöserin und Gottesmutter
- Nietzsche-Epigonen im MoE
- Nietzsches Gedanken als Phantasmagorien
- Nietzsche Elemente im Ideengerüst MoE
- Problematik einer Nietzsche Rezeption
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Figur Clarisse im Roman "Der Mann ohne Eigenschaften" von Robert Musil. Sie untersucht Clarisses Position in der Gesamtkonstellation des Romans und ihre Beziehung zu Ulrich, der ihr die Werke Nietzsches schenkt. Darüber hinaus geht sie auf die Frage ein, wie sich Nietzsches Gedanken im Roman manifestieren und welche Bedeutung sie für die Figuren und die Thematik haben.
- Analyse der Figur Clarisse und ihrer Position im Roman
- Untersuchung der Beziehung zwischen Clarisse und Ulrich
- Rezeption Nietzsches im Roman "Der Mann ohne Eigenschaften"
- Analyse des Einflusses von Nietzsches Gedanken auf die Figuren und die Thematik
- Verbindung zwischen dem Roman und den realen Vorbildern der Figuren Clarisse und Walter
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 2: Die Geschichte dreier Freunde: Dieser Abschnitt beleuchtet die Freundschaft zwischen Robert Musil, Gustav Donath und Alice Donath, die als Vorbilder für die Figuren Ulrich, Walter und Clarisse im Roman dienen. Musils Tagebücher und Briefe geben Einblick in die Entstehung des Romans und die Bedeutung dieser Freundschaft für die Entwicklung der Figuren.
- Kapitel 3: Clarisse`s \"Neurosen der Gesundheit\" oder \"seelische Verdauungsstörungen\"?: Dieses Kapitel widmet sich Clarisses geistiger Verfassung und analysiert ihre Suche nach Erlösung und Klarheit. Es untersucht ihre "verrückte" Wahrnehmung der Welt und ihre Sehnsucht nach einem anderen Zustand, der es ihr ermöglichen soll, das Licht der Erkenntnis zu sehen.
- Kapitel 4: Nietzsche-Epigonen im MoE: Hier geht es um die Rolle Nietzsches im Roman. Es wird untersucht, wie Musil Nietzsche rezipiert und wie sich Nietzsches Gedanken in den Figuren und der Thematik des Romans manifestieren.
Schlüsselwörter
Clarisse, Ulrich, Robert Musil, "Der Mann ohne Eigenschaften", Nietzsche, Freundschaft, Erlösung, Wahnsinn, Erkenntnis, Ideengerüst, Rezeption, realer Hintergrund, Figurenkonstellation.
- Arbeit zitieren
- Nesrin Taskiran (Autor:in), 2000, Wahnsinn hat Methode. Zur Clarisse-Figur und weiteren Nietzsche-Spuren in Musil´s "Mann ohne Eigenschaften", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33021