Dorfentwicklung - Maßnahmen, Ziele und Entwicklung


Seminararbeit, 2000

12 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Dorferneuerung - Eine Begriffsbestimmung

2. Entwicklung der Dorferneuerung

3. Ziele der Dorferneuerung

4. Maßnahmen der Dorferneuerung

1. DORFERNEUERUNG - EINE BEGRIFFSBESTIMMUNG

Der Begriff Dorferneuerung steht in engem Zusammenhang mit den Begriffen Flurbereinigung, Dorfsanierung und -entwicklung. Deswegen ist es notwendig, den Begriff Dorferneuerung näher zu bestimmen und - soweit es möglich ist - von den anderen Begriffen abzugrenzen Sowohl Dorferneuerung als auch Flurbereinigung sind in der Raumplanungs- und Siedlungsplanungshierarchie auf der Mikroebene angesiedelt, der untersten Ebene der Raumordnung, der Gemeindeplanung (vgl. LIENAU 1995, S. 210 ff.).

Unter beiden Begriffen versteht man Maßnahmen, die der „Verbesserung der strukturellen Bedingungen im ländlichen Raum“ dienen und „die in besonderer Weise auf das Siedlungsbild einwirken“ (LIENAU 1995, S. 212).

Auch gesetzlich werden beide Maßnahmen immer enger miteinander verknüpft (vgl. ebd.). Diese Maßnahmen sind durch den „Strukturwandel in der Landwirtschaft“, den „Funktionswandel des ländlichen Raumes sowie durch die veränderten Lebensformen“ (z. B. steigende Ansprüche an den Lebensstandard) notwendig geworden (vgl. LIENAU 1995, S. 212).

Dorferneuerung umfasst grob gesagt „alle Maßnahmen zur wirtschaftlichen und kulturellen Strukturverbesserung ländlicher Gemeinden, im engeren Sinne alle auf die Siedlung bezogenen“ (LIENAU 1995, S. 216) und ist heute vor allem als eine „integrale politische Aufgabe zur Verbesserung der Lebensverhältnisse“ (HENKEL 1999, S. 280) zu verstehen. Dorferneuerung hat somit „die Siedlungseinheit als unverwechselbares Ganzes im Blick und berücksichtigt die strukturellen und funktionalen Verflechtungen des Dorfes mit seiner Umgebung“ (BALDENHOFER 1999, S. 127). Henkel bezeichnet sie zusammenfassend als „gewaltige Modernisierungskampagne des Staates “ (HENKEL 1999, S. 279). In letzter Zeit hat vor allem das Konzept der erhaltenden Dorferneuerung (s. u.) besonders an Gewicht gewonnen (HENKEL 1999, S. 280).

Unter Flurbereinigung versteht man „Maßnahmen staatlicher bzw. privat vereinbarter Art, durch die das aufgrund von Erbteilungen zersplitterte und unwirtschaftlich gewordene Besitzparzellengefüge in der Flur durch Zusammenlegung für die Bewirtschaftung geeigneter gemacht wird“ (LIENAU 1995, S. 212 f.). Die Maßnahmen der Flurbereinigung konzentrieren sich also ausschließlich auf die Flur, ohne die Wohn- und außerlandwirtschaftlichen Arbeitsstätten zu berücksichtigen.

Gesetzlich ist die Dorferneuerung der Flurbereinigung untergeordnet, da sie im § 37 des Flurbereinigungsgesetzes von 1976 als „ wesentliche[r] Bestandteil der Flurbereinigung “ erwähnt wird. Durch die in ihrem Rahmen durchgeführten Maßnahmen wird sie jedoch als ein übergeordneter Begriff, der mit der Flurbereinigung „weitgehend identisch“ ist, gekennzeichnet (vgl. LIENAU 1986, S. 170).

Dorfentwicklung und Dorfsanierung sind nach LIENAU 1986, S. 170 „der Dorferneuerung untergeordnete Begriffe, die sich auf die Orte (Dörfer) selbst beziehen“. Während Dorfsanierung die „Behebung baulicher und agrarstruktureller Mißstände in ländlichen Siedlungen“ zum Ziel hat (LESER 1998, S. 147), ist mit Dorfentwicklung die „Gesamtheit der Entwicklungs- und Gestaltungsmaßnahmen in ländlichen Siedlungen“ gemeint (LESER 1998, S. 146). Abweichend von LIENAUs Bestimmung des Begriffes Dorfentwicklung wird dieser Begriff heute in einigen Bundesländern (z. B. Baden-Württemberg) als Synonym für Dorferneuerung verwendet (vgl. LESER 1998, S.146 und HENKEL 1999, S. 279).

Die rechtliche Grundlage der Dorferneuerung bilden z. B. das Baugesetzbuch, das schon erwähnte Flurbereinigungsgesetz und das Strukturhilfegesetz, die alle 1976 in Kraft getreten sind (vgl. LIENAU 1995, S. 216). Es ist sowohlöffentlichen Trägern als auch Privatpersonen, die Dorferneuerungsmaßnahmen durchführen, möglich, Zuschüsse zu erhalten (vgl. LIENAU 1995, S. 217).

Die Dorferneuerung findet auf der Grundlage des Dorferneuerungsplans statt. Der Dorferneuerungsplan muss sowohl in Text als auch Karte vorliegen und gliedert sich in drei Teile: die Bestandsaufnahme, die Bestandsbewertung und das Planungskonzept mit Maßnahmenkatalog und den zu veranschlagenden Kosten (vgl. LIENAU 1995, S. 219). Die Aufgabe der Bestandsanalyse ist es, die verschiedenen „Kategorien der komplexen Dorfstruktur“ zu erfassen, die beispielsweise auf „sozial-kultureller, baulich-formaler,ökonomischer undökologischer“ Ebene angesiedelt sein können (vgl. HENKEL 1999, S. 281). Anders ausgedrückt: Es werden die „das Ortsbild prägenden Elemente“ ermittelt (vgl. LIENAU 1995, S. 219). In der Bestandsbewertung werden die „Mängel und Konflikte“ innerhalb des betreffenden Dorfes aufgezeigt sowie „positive und negative Entwicklungstendenzen“ festgestellt und deren Ursachen ausfindig gemacht (vgl. HENKEL 1999, S. 281). Dabei ist es wichtig zu beachten, dass jedes Dorf ihm „spezifische Entwicklungsmerkmale“ aufweist (ebd.). Das Planungskonzept führt die „gewünschten und realisierbaren Verbesserungen“ auf und macht „konkrete Vorschläge für solche Verbesserungen, z. B. für die Restaurierung von Gebäuden, Gestaltung von Plätzen oder Renaturierung von Bächen (vgl. HENKEL 1999, S. 281). Im Maßnahmenplan (auch: Durchführungsplan) werden die „konkreten Maßnahmen“ im Detail dargestellt und es erfolgt eine Fixierung von „Zeitfolge und Dringlichkeit, Kosten und Finanzierung der Einzelmaßnahmen“ (vgl. HENKEL 1999, S. 281).

2. ENTWICKLUNG

Dorferneuerung im heutigen Sinne gibt es noch nicht so lange. Den ersten bekannten „Dorfverschönerungsplan“ gab es 1807 „für Freudenbach, Kreis Ansbach mit zwei Ortsplänen von 1830 und1986 (nach Materialien zur Flurbereinigung 10, Hg. Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten). Das bestehende Haufendorf (siehe Abb. 2, Plan von 1830) wurde dem Zeitstil entsprechend streng klassizistisch umgeplant. Die damalige Bewegung der Landesverschönerung hatte zum Ziel, Agrikultur, Gartenkunst und Architektur zu vereinen und Dörfer nach den Prinzipien der Harmonie, der geometrischen Ordnung und Nützlichkeit neu zu gestalten. Dieser erste bekannte deutsche Dorferneuerungsplan wurde allerdings, wie die Pläne von 1830 und 1989 zeigen, nicht verwirklicht“ (vgl. HENKEL 1999, S. 274) .

Wenn man sich der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg oder der Gegenwart widmet, ist zu erkennen, daßdie staatlichen Ordnungs- und Förderungsmaßnahmen sehr vielfältig sind und sich mit zunehmender Zeit auch weiterentwickelt haben und sich in der Zukunft wohl auch noch weiter entwickeln werden, immer auf den gerade herrschenden Zeitstil gerichtet. In Deutschland lag das Interesse in der Nachkriegszeit zunächst in der Denkmalpflege. Das Land pflegte die städtischen Kulturgüter z.B. der Schlösser, Rathäuser, Stadtmauern, Domen, usw., und ignorierte überwiegend die Kultursubstanz der ländlichen Siedlungen. Zudem gab es einen gewaltigen Bevölkerungsanstieg durch Flüchtlinge, Evakuierte und Ausgebombte, weil man auf dem Dorf am ehesten eine Unterkunft fand und sich Nahrung beschaffen konnte. Das Dorf wurde sozusagen von der staatlichen Hilfe und Organisation zunächst im Stich gelassen. HENKEL ( s. HENKEL1993, S.215) unterscheidet nach dem Zweiten Weltkrieg zwei Phasen der Dorferneuerung. Die erste Phase, die bis ca. 1975 geht, beinhaltet die veränderten Ansprüche der ländlichen Bevölkerung an die Lebens-, Wohn- und Wirtschaftsbedingungen und die technischen Möglichkeiten. Für die Landbevölkerung stand die Verbesserung der sanitären Anlagen, die Beheizung und Belüftung und die technische Ausstattung der Höfe im Vordergrund.

Mit dem 1953 in Kraft tretenden „Flurbereinigungsgesetz“ wurden erste Verbesserungen auf dem Lande durchgenommen. Das Gesetz war auf Strukturverbesserungsmaßnahmen zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Betriebe ausgerichtet und beinhaltete Maßnahmen zur Verbesserung der Siedlungsstruktur z.B. Aussiedlung ländlicher Betriebe („Ortsauflockerung“).

Im Jahre 1960 wurde eine weitere Institution gegründet, die sich mit der Ordnung des ländlichen Raumes auseinandersetzte, das Bundesbaugesetz. Es beinhaltet „ die Vorbereitung und Leitung der baulichen und sonstigen Nutzung durch die Bauleitplanung in der Zuständigkeit der Gemeinden, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit unterteilt nach Gebieten mit Bebauungsplänen, im Zusammenhang bebauten Ortsteilen und dem Außenbereich, die Bodenordnung, das Enteignungsrecht und das Erschließungsbeitragsrecht. Diese Elemente wurden bei der nachfolgenden Gesetzgebung bis heute weiterentwickelt“ [vgl. Baugesetzbuch S.X, 29.Aufl. 1998,].

Die zweite Phase (ab 1975) der Dorferneuerung (s. HENKEL, 1993, S.215) befaßt sich im Schwerpunkt mit Strukturdefiziten und den angerichteten Schäden der ersten Phase. 1976 wurden das Flurbereinigungsgesetz und das Bundesbaugesetz durch Novellierung besser aufeinander abgestimmt. Das Flurbereinigungsgesetz richtet sich nun auf landpflegerische und natur - kulturlandschaftserhaltende Maßnahmen. Zum ersten Mal wird die Aufgabe der Dorferneuerung als Bestandteil der Flurbereinigung genannt.

Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt der Dorfentwicklung liegt in derökologischen Komponente des Strukturwandels in den Dörfern. Es fand ein Umdenken der Bevölkerung statt. Nicht nur die politischen und finanziellen Rahmenbedingungen änderten sich, sondern auch die umweltbezogenen Wertmaßstäbe in der Planung und wachsendes Umweltbewußtsein fürökologisch orientierte Maßnahmen imöffentlichen wie im privaten Bereich gewannen an Bedeutung. Deshalb wurden 1976 im Bundesnaturschutzgesetz die Ziele von Natur und Landschaftspflege definiert und verankert z.B. ausgewogenes Verhältnis zwischen versiegelter und unversiegelter Fläche, unterschiedliche Lebensräume für Pflanzen und Tiere (kleinteilige Hoflagen, halboffene landwirtschaftliche Gebäude, ungenutzte Winkel oder Wegränder), harmonische Einbindung des Ortes in die Landwirtschaft durch Obstwiesen, usw. (vgl. Grabski, U.:ökologie und Dorfentwicklung. GR 41, H.3, 1989).

Die Aufgaben der Dorferneuerung wurden 1977 in das Bund und Länderprogramm, dem Zukunftsinvestitionsprogramm (ZIP), das die „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ beinhaltete, aufgenommen und gefördert.

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Details

Titel
Dorfentwicklung - Maßnahmen, Ziele und Entwicklung
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Autor
Jahr
2000
Seiten
12
Katalognummer
V33093
ISBN (eBook)
9783638336598
Dateigröße
366 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Dorfentwicklung, Maßnahmen, Ziele, Entwicklung
Arbeit zitieren
M.A. Marga Marczyk (Autor:in), 2000, Dorfentwicklung - Maßnahmen, Ziele und Entwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33093

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