Die dunklen Seiten der Gesellschaft - Michel Foucaults Diskurstheorie


Hausarbeit, 2004

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A) Einleitend zu Michel Foucault und seiner Diskurstheorie Kurzbiographie
Was ist ein Diskurs?

B) Foucaults Machtdiskurs
I) Definition des Machtbegriffes
1) Die Trennung von Macht und GewaltSeite
2) Gegenposition zur negativen Machtanthropologie
II) Ausformungen der Macht
1) Die Entwicklung der Machtstrukturen
2) Die Souveränitätsmacht
3) Die Disziplinarmacht
4) Die Biomacht
5) Das Panopticum
III) Ein kurzer Vergleich zwischen Foucaults und Marx Machtanalyse
IV) „Die dunklen Seiten der Wissenschaft“

C) Schlussteil
Abschließende Betrachtung des foucaultschen Machtdiskurses

D) Literaturverzeichnis
I) Primärliteratur
II) Sekundärliteratur und Internet-Quellen8

A) Einleitend zu Michel Foucault und seiner Diskurstheorie Kurzbiographie

Michel Foucault, ein französischer Philosoph und Psychopathologe, wurde am 15. 10. 1926 in Poitiers (Frankreich) als Sohn eines Ärztepaares geboren und war u. a. bekennender Gegner der zentrierten Entscheidungsmacht der Ärztekammern (über den menschlichen Körper).[1] Er erlangte seinen Bekanntheitsgrad mitunter für Analysen der Machtverhältnisse innerhalb seiner Machtdiskurse. Foucault unterrichtete als Professor in Clermont-Ferrand und Paris, gilt in manchen Quellen als Vertreter des Strukturalismus[2] in anderen wieder als Poststrukturalist und als bekennender Anti-Satre (was weitaus wahrscheinlicher ist).[3] Die klare Distanzierung Foucaults von Ideologien wurde nicht nur in seinem Gegenpart zum Strukturalisten Sartre deutlich, sondern allgemein zur ideologisch-marxistischen Linken Frankreichs. Er untersuchte u. a. die Begriffsgeschichte innerhalb von Diskursen aus denen Unterscheidungen wie „normal" und „pathologisch" hervorgingen („Wahnsinn und Gesellschaft", 1961 deutsch 1969) sowie ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft und „analysierte Erscheinungsformen des neuzeitlichen Denkens“ („Archäologie des Wissens" 1969, deutsch 1973), die als Methodenschrift verstanden werden können. Später verfasste er noch weitere bedeutende Werke wie z.B. „Die Ordnung des Diskurses" 1971, „Überwachen und Strafen" 1975 (Foucault setzte sich öffentlich für die Rechte von Sträflingen ein) und „Geschichte der Sexualität", 3 Bde., 1976-1984. Von seinen letzten großen Schriften („Sexualität und Wahrheit“) erschienen nur drei Bände, obwohl der vierte noch kurz vor Foucaults Tod fertig gestellt worden war, da er seine Familie gebeten hatte, keine Posthum-Veröffentlichungen herauszubringen. Michel Foucault starb am 25. 06. 1984 (wahrscheinlich) an den Folgen des bis dahin noch weithin unbekannten HI-Virus in Paris.

Was ist ein Diskurs?

Zu Beginn einer Arbeit, die sich in ihrem späteren Verlauf mit Michel Foucaults Machtdiskurs intensiv beschäftigen wird und sich hierzu vor allem auf die dazu gegebene Primärliteratur über das Thema „Macht“ stützt, steht erst einmal die inhaltliche und begriffliche Klärung der Frage: „Was ist ein Diskurs?“, im Vordergrund.

Die begriffliche Bedeutung „Diskurs“ oder auch die der „Diskurstheorie“ prägte Foucault in ganz entscheidender Weise. Es gibt viele Verwendungsfelder für den Diskursivitätsbegriff, wobei man jedoch drei Verwendungskontexte als die bedeutendsten hiervon abgrenzt. Zum einen wäre da „die Theorie satzübergreifender Untersuchungen aus der Linguistik (seit den 1950er Jahren)“.[4] Des Weiteren gibt es „die Analyse von Argumentationsfolgen, in denen Geltungsansprüche begründet werden“ aus der transzendentalpragmatischen Reflexion (seit den 1970er Jahren)[5] und zu guter letzt wird der Begriff der „Diskurstheorie“ „in der ‚poststrukturalistischen’ Diskussion“ als „die Rekonstruktion von Bedingungszusammenhängen, die weder der ‚langue’ noch der ‚parole’ angehören“ seit den 1970er Jahren verwandt.[6] Mit letztem Punkt wird vor allem Foucaults Werk in Verbindung gebracht. Diskurse sagen immer mehr aus als sie eigentlich enthalten und formulieren nach ihm das Wissen über gesellschaftliche „Normalität“ (setzen somit selbst Normen und bestimmen das, was für wahr gehalten werden soll!). Hierdurch produzieren sie aus sich selbst heraus wiederum Wissen und vor allem Macht. Ihre Durchsetzungsfähigkeit hängt von ihrem sozialen Hintergrund und der ihnen entgegengebrachten Akzeptanz ab. Nach Foucault ist die Unvorhersehbarkeit – und damit verbundene Unkontrollierbarkeit - der Ergebnisse der Diskurse, das Gefährlichste an diesen. Der Begriff „Diskurs“ meint bei Michel Foucault u. a. die „Gesamtheit der Regeln, die einer sprachlichen Praxis immanent sind“.[7] Michel Foucault entwickelt den Diskursbegriff jedoch in mehreren seiner Werke weiter und entkoppelt ihn somit von einer rein sprachlichen Ebene…hinführend zu einer soziologisch-philosophischen. In ,,Ordnung der Dinge"[8] ist der Diskurs noch ,,die klassische Ordnung der Repräsentation in der Form einer Transparenz, die sich der wechselseitigen Überlagerung von Signifikant und Signifikat verdankt."[9]
In ,,Archäologie des Wissens"[10] erweitert Foucault den Diskurs zur ,,Gesamtheit aller möglichen und wirklichen Aussagen. Er erhebt den Anspruch auf eine in sich selbst begründete Autonomie, die sich in der singulären Ereignishaftigkeit ihres eigenen Erscheinens ausdrücken soll."[11]
In ,,Ordnung des Diskurses"[12],,... bricht Foucault jedoch wieder mit dem Postulat der vollständigen Autonomie des Diskurses und berücksichtigt vor allem die äußeren Mechanismen der Diskurskontrolle."[13] Allgemein lässt sich zu diesem Thema feststellen, dass ein Diskurs eine Gesamtheit von Äußerungen bei Foucault darstellt, die aufgrund spezifischer, epochenbedingter Diskursordnungen eine bestimmte Struktur aufweisen und zu einem Interessensobjekt Stellung beziehen. Der Diskurs besteht nun seinerseits aus Aussagen, welche die kleinste Einheit des Diskurses darstellen. Es gehören hierzu alle Äußerungen, die zu dem thematischen Aspekt des einen bestimmten Diskurses Wissenselemente beitragen. Darüber hinaus stellt er fest, dass alle Diskurse zum Teil auch Machtdiskurse seien. Ableitend von seinen Definitionen kann nun dessen methodisches Vorgehen der Geschichtsanalytik betrachtet werden, aus der er versucht, die Entwicklung von Machtstrukturen zu erklären. Dieses Vorgehen versucht keine Geschichtsrekonstruktion mit sich selbst definierenden Subjekten aufzuzeigen, sondern das „Beziehungsfeld, jenen Macht-Raum ‚zwischen den Äußerungen’ [zu] analysieren, der – jenseits aller subjektiven Unterschiede – als Spielraum des Ähnlichen die Produktion von Sinn organisiert“.[14]

Da bei Foucault nicht die Menschen (Subjekte) die Wirklichkeit der Diskurse und ihre Entwicklung bestimmen sondern umgekehrt, handelt es sich bei diesen primär um Machtdiskurse. Aus diesem Grund will ich die mir am wichtigsten erscheinenden Ergebnisse der foucaultschen Machtdiskurse im weiteren Verlauf der Arbeit symptomatisch für seine Diskurstheorie thematisieren und analysieren.

B) Foucaults Machtdiskurs

I) Definition des Machtbegriffes

Der Begriff der Macht war in der Wissenschaft meist negativ belegt. Sie verlief pyramidenförmig von der Spitze nach unten, wurde meist statisch skizziert und war stets Besitztum von jemandem der sie alleine ausüben konnte – gleich ob Person oder Institution. Hingegen hierzu ist die Macht bei Foucault eine alles umfassende, integrierende und eigentümerlose – aber auch veränderbare - Macht. Er bezeichnet die aus ihr hervorgehenden Machtverhältnisse als Technologien. Es sind diese Technologien (oder auch Strategien), die bestimmte gesellschaftliche Institutionen oder Gruppen dazu befähigen, an der Macht (beschränkt) teilzuhaben. Die für ihn wichtigsten Ausformungen der Macht – auf die ich im weiteren Verlauf der Arbeit noch zu sprechen kommen werde – definiert er folgendermaßen: „Die Entdeckung der Bevölkerung [Biomacht] ist, neben der Entdeckung des Individuums [Souveränitätsmacht] und des dressierbaren Körpers [Disziplinarmacht], der zweite große Kernbestand von Technologien, der zur Veränderung der politischen Verfahren im Westen führte.“[15]

Foucaults Definition kann nur dann nachvollzogen werden, wenn man diese vom traditionellen Verständnis abgrenzt. Unter „Macht“ versteht Foucault somit nicht ein einzelnes alles kontrollierendes Zentrum, sondern eine die Realität beeinflussende konstante Verflechtung die funktioniert, indem sie „das Handeln der Handelnden“ beeinflusst und auch nur dadurch lenkt.

„Ein Machtverhältnis […] errichtet sich auf zwei Elementen, ohne die kein Machtverhältnis zustande kommt: so dass der ‚andere‘ (auf den es einwirkt) als Subjekt des Handelns bis zuletzt anerkannt und erhalten bleibt und sich vor dem Machtverhältnis ein ganzes Feld von möglichen Antworten, Reaktionen, Wirkungen, Erfindungen eröffnet.“[16]

Für ihn sind „Zentralmachten“ wie Herrschaftssysteme, Gesetze, etc. nur die am Schluss stehenden Endprodukte der eigentlichen Machtstrukturen.

Dies alles zeigt, dass seine Begriffsdefinition ein Kräfteverhältnis widerspiegelt, welches verschiedene Kräfte miteinander in Beziehung setzt. Die Macht schafft Beziehungen und Verhältnisse, um diese dann in eine bestimmte Ordnung – Machtverhältnisse - zu überführen.

Er entlarvt die „Allgegenwart der Macht: nicht weil sie das Privileg hat, unter ihrer unerschütterlichen Einheit alles zu versammeln, sondern weil sie sich in jedem Augenblick und an jedem Punkt – oder vielmehr in jeder Beziehung zwischen Punkt und Punkt –

erzeugt. Nicht weil sie alles umfasst, sondern weil sie von überall kommt, ist die Macht überall."[17]

[...]


[1] Eribon, Didier: Michel Foucault, Frankfurt/M 1991

[2] www.wissen.de

[3] www.wikipedia.org

[4] Weimar, Klaus (Hg.) (1997): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Walter de Gruyter, Berlin / New York. S. 2-3

[5] ders., S. 2-3

[6] ders., S. 2-3

[7] ders., S. 4

[8] Foucault, M.: Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften. Frankfurt a. M. 1968 (frz. 1966)

[9] Geisenhanslükke, A.: Literatur und Diskursanalyse. In: M. Kleiner (Hrsg.): Michel Foucault. Eine Einführung in sein Denken, Frankfurt a. M. 2001, S. 62

[10] Foucault, M.: die Archäologie des Wissens. Frankfurt a.M. 1973 (frz. 1969)

[11] ders. S.62

[12] Foucault, M.: Ordnung des Diskurses. Frankfurt a. M. 1991 (frz. 1971)

[13] Geisenhanslükke, 2001, S. 63

[14] Weimar, Klaus (Hg.) (1997): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Walter de Gruyter, Berlin / New York. S. 4

[15] Engelmann, Jan (Hg.) (1999): Michel Foucault: Botschaften der Macht. Der Foucault-Reader Diskurs und Medien, Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt (DVA); Seite 184

[16] Engelmann, Jan (Hg.) (1999): Michel Foucault: Botschaften der Macht. Der Foucault-Reader Diskurs und Medien, Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt (DVA); Seite 192

[17] M. Foucault: Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit 1, Frankfurt a. M. 1983

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die dunklen Seiten der Gesellschaft - Michel Foucaults Diskurstheorie
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Soziologie (Philosophische Fakultät I))
Veranstaltung
Soziologische Theorien der Gegenwart
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V33114
ISBN (eBook)
9783638336758
ISBN (Buch)
9783638761451
Dateigröße
748 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Seiten, Gesellschaft, Michel, Foucaults, Diskurstheorie, Soziologische, Theorien, Gegenwart, Diskurs, Macht, Machtdiskurs, Foucault, Soziologie, Biomacht, Disziplinarmacht, Panoptismus, Souveränitätsmacht, Technologien, Machtverhältnisse, Panopticum
Arbeit zitieren
Alexander Hoffmann (Autor:in), 2004, Die dunklen Seiten der Gesellschaft - Michel Foucaults Diskurstheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33114

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