Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts wurde die wirtschaftliche und politische Destabilisierung zahlreicher Mittelmeerdrittländer (MDL) als Bedrohung europäischer Wohlfahrts- und Sicherheitsinteressen wahrgenommen. Besonders die südeuropäischen Staaten, Italien, Spanien und Frankreich, hatten Angst vor der „Südbedrohung“. Dieser Begriff, der erstmals im italienischen Verteidigungsweißbuch von 1981 auftauchte, erfasste unterschiedliche Phänomene wie die Gefährdung der Energiezufuhr, die Ausbreitung des islamischen Fundamentalismus, sich verschärfende Regionalkonflikte, die Zunahme von Drogenhandel, organisierte Kriminalität und internationalen Terrorismus und die steigenden Migrationsraten. Angesichts der neuen Gefahren und Probleme waren sich die Europäer darüber im Klaren, dass es zu einer neuen Formierung der euromediterranen Beziehungen kommen sollte. Erstens wuchs in Europa das Bewusstsein, dass Abschottung allein zur Wahrung europäischer Sicherheitsinteressen nicht mehr ausreicht. Zweitens waren sie überzeugt, dass mit der Beschränkung der euromediterranen Beziehung auf Wirtschaft und Handel die Probleme der Region nicht bewältigt werden konnten. Die Beziehung bedurfte neben der wirtschaftlichen Dimension auch einer politischen Dimension. Außerdem befürchteten die Staaten Südeuropas, dass sich die Europäische Union zukünftig verstärkt dem Osten zuwenden werde und dadurch die notwendigen finanziellen Mittel zur Stabilisierung der Südflanke auf lange Sicht knapp würden. Der spanische Außenminister Javier Solana sagte dazu: „Der Maghreb ist für uns wie Osteuropa für Deutschland.“
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Konzept und Arbeitsprogramm
- Theorie der regionalen wirtschaftlichen Integration
- Ziele der wirtschaftlichen und finanziellen Partnerschaft
- Instrumente der wirtschaftlichen und finanziellen Partnerschaft
- Schrittweise Einführung einer Freihandelszone für Industriegüter bis 2010
- Wirtschaftliche Zusammenarbeit und aufeinander abgestimmte Maßnahmen
- Die EU erhöht die Finanzhilfe für die Mittelmeerdrittländer
- Die politische Konditionalität
- Ökonomische Perspektiven und Probleme der FEM
- Die sozialen und politischen Kosten der FEM
- Spill-over-Effekte auf der politischen Ebene?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem zweiten Korb der Partnerschaft Europamittelmeer, der die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit zwischen der EU und den Mittelmeerdrittländern (MDL) zum Ziel hat. Das Hauptanliegen ist die Analyse der Freihandelszone Europamittelmeer (FEM) und deren Auswirkungen auf die politische und wirtschaftliche Entwicklung der MDL.
- Analyse der Ziele und Instrumente der wirtschaftlichen und finanziellen Partnerschaft im Rahmen des Barcelonaprozesses
- Bewertung der ökonomischen Perspektiven und Probleme der FEM, insbesondere der Folgen der Liberalisierung des Handels und der Strukturanpassungsprogramme
- Untersuchung der möglichen sozialen und politischen Kosten der FEM, einschließlich der potenziellen Auswirkungen auf die demokratische Entwicklung und die Stabilisierung der Region
- Diskussion der Frage, ob die Umsetzung der FEM zu Spill-over-Effekten auf der politischen Ebene führen kann, und die Analyse der Relevanz politischer Reformen für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der MDL
- Bewertung der Rolle der politischen Konditionalität im Rahmen der FEM und deren Bedeutung für die Verwirklichung der normativen Ziele des Barcelonaprozesses
Zusammenfassung der Kapitel
- Das erste Kapitel führt in die Thematik der Partnerschaft Europamittelmeer ein und beleuchtet die historische Entwicklung und die Hintergründe des Barcelonaprozesses. Es stellt die Bedeutung des zweiten Korbs für die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit zwischen der EU und den MDL dar.
- Das zweite Kapitel geht auf das Konzept und das Arbeitsprogramm des zweiten Korbes ein. Es erläutert die Ziele der wirtschaftlichen und finanziellen Partnerschaft, die wichtigsten Instrumente zur Verwirklichung dieser Ziele und die Rolle der politischen Konditionalität.
- Das dritte Kapitel beleuchtet die ökonomischen Perspektiven und Probleme der FEM. Es diskutiert die möglichen Folgen der Liberalisierung des Handels für die MDL und untersucht die Herausforderungen, die durch den Wegfall von Zolleinnahmen, die Verschärfung des Wettbewerbs und die Beschränkung auf Industriegüter entstehen können. Außerdem werden die Vorteile sinkender Importpreise und die Bedeutung der Standortattraktivität für ausländische Investoren behandelt.
- Das vierte Kapitel widmet sich den sozialen und politischen Kosten der FEM. Es beleuchtet die potenziellen negativen Auswirkungen der Strukturanpassungsprogramme und die möglichen sozialen und politischen Folgen der Freihandelszone für die MDL.
- Das fünfte Kapitel befasst sich mit der Frage, ob die Umsetzung der FEM zu Spill-over-Effekten auf der politischen Ebene führen kann. Es analysiert die Relevanz politischer Reformen für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der MDL und diskutiert die Bedeutung der Demokratisierung und Stabilisierung der Region für die nachhaltige Entwicklung.
Schlüsselwörter
Der Barcelonaprozess, Mittelmeerdrittländer (MDL), Freihandelszone Europamittelmeer (FEM), wirtschaftliche und finanzielle Partnerschaft, politische Konditionalität, Strukturanpassungsprogramme, Demokratisierung, Stabilisierung, Spill-over-Effekte, ökonomische Perspektiven, soziale und politische Kosten, Standortattraktivität, Liberalisierung des Handels, wirtschaftliche Entwicklung.
- Arbeit zitieren
- Sami Belhadj (Autor:in), 2004, Der zweite Korb des Barcelonaprozesses: Konzepte und Probleme der Implementierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33168