Der Vatikan im Zweiten Weltkrieg - Vom Schweigen und Bekennen


Hausarbeit, 1999

16 Seiten, Note: 1

Andreas Arthur (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Papst Pius XI. und die „brennende Sorge“

2. Papst Pius XII. und der Holocaust

3. Papst Johannes XXIII. und der Aufbruch

4. Stellungnahme der Katholischen Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg

5. Das „Mea Culpa“ der Katholischen Kirche

6. Resümee

7. Literatur

>Was wird die Geschichte zu meinem Schweigen sagen?<

Papst Pius XII.

1. Papst Pius XI. und die brennende Sorge

Die Botschaft klingt wie ein Fürbittgebet: „Wenn sich die Welt doch nur von diesem irrigen und unheilvollen Rassismus befreien könnte.“ heißt es in dem päpstlichen Papier. Und ebenso unumwunden wird der Anlaß für den heiligen Zorn offenbart: „Die gegenwärtige Verfolgung der Juden, die Millionen von Menschen auf dem Boden ihres eigenen Vaterlandes der elementarsten Bürgerrechte beraubt werden. Man geht sogar so weit, das Brandmahl der Verbrechens Personen aufzudrücken, die das Gesetz ihres Landes bis dahin peinlich genau befolgt haben...“

Eine offenherzige Kampfansage gegen den Rassenwahn. Sie ist Kernstück einer geplanten Enzyklika des Papstes. Während der Entwurf im Vatikan bearbeitet wird, brennen in Hitlers Reich die Gotteshäuser der Juden. Papst Pius XI. will das Schweigen brechen. Sein letztes apostolisches Sendschreiben soll eine Anklageschrift werden gegen die Verfolgung der Juden. Doch der Mahnruf bleibt stumm. Kurz bevor das Hirtenwort zur Verlesung gereift ist, stirbt der greise Kirchenvater. Eine Kehrtwende des Vatikans vom Schweigen zur offenen Stellungnahme und somit einer Gegenmeinung zum Deutschen Regime konnte dieser Papst nicht mehr erreichen. Sein Nachfolger im Amt, den das Konklave am 2. März 1939 kürt, wurde der Römer Eugenio Pacelli. Er war als päpstlicher Nuntius in München und Berlin, als Sondergesandter in verschiedenen Ländern und schließlich als Staatssekretär des Vatikans schon die Politik seines Vorgängers maßgeblich mitbestimmt. Pius XI. verkündete, Pacelli verhandelte. „Er wird einen guten Papst abgeben“, hatte Pius XI. damals prophezeit. Sein Nachfolger nannte sich Pius XII., als Zeichen der Verbundenheit.

Doch was war das Erbe, das Pius XI. übergab? In Erinnerung bleibt für viele die Enzyklika „Mit brennender Sorge“, die als erster Schritt und zum Aufbau einer Gegenposition zur Politik Hitlers gedacht war.

Der Entschluß zu diesem aufsehenerregenden Schritt Pius XI. war gefaßt worden, als einige Kardinäle und Bischöfe im Januar 1937 auf päpstliche Einladung im Vatikan weilten, um über die bedrängte Lage der Kirche in Deutschland genauen Bericht zu erstatten. Dieses vielleicht wichtigste Dokument aus den Kampfzeiten der Kirche im Dritten Reich mit Datum vom 14. März 1937 beginnt mit der Feststellung:

„Mit brennender Sorge und steigendem Befremden beobachten Wir seit geraumer Zeit den Leidensweg der Kirche, die wachsende Bedrängnis der ihr in Gesinnung und Tat treubleibenden Bekenner und Bekennerinnen...“[1]

Der Papst erinnerte an das 1933 abgeschlossene Konkordat, dem er zugestimmt hatte, um den Katholiken die Spannungen und Leiden zu ersparen. Dennoch müsse die Kirche jetzt um ihre Existenz kämpfen. Mit aller Entschiedenheit verdammte Pius XI. die Rassenpolitik des NS, ohne aber das in dieser Hinsicht bald am meisten gefährdete Volk der Juden namentlich zu erwähnen. Er verurteilte außerdem den übertriebenen Führerkult.

Die Verteilung des Rundschreibens an die Bischöfe und von diesen an die Pfarrer erfolgte geheim, so daß die sonst so wachsamen Partei- und Polizeistellen die Veröffentlichung nicht vereiteln konnten; allerdings nahmen sie danach schlimme Rache vor allem an den beteiligten Druckereien und Verlagsleitern. Eine andere Reaktion des angeprangerten NS-Regimes bestand darin, daß Hitler mit einer Anordnung die im Jahr zuvor eingestellten Sittlichkeitsprozesse gegen Weltpriester und Ordensleute aufnehmen ließ.

2. Papst Pius XII. und der Holocaust

„Papst, der geschwiegen hat.“ Mit diesem Satz wird in der Literatur ein Mann beschrieben, der ein fast 20-jähriges Pontifikat absolviert hatte und das auch noch in der wohl schwierigsten Zeit, die das letzte Jahrhundert zu bieten hatte.

Doch tut man ihm damit recht, ihn nur mit dem Wort „Schweigen“ zu beschreiben? Ohne eine vorzeitige Wertung abzugeben, kann man sagen, daß es den zentralen Punkt benennt. Denn daß Pius XII. nicht einfach als Gefolgsmann Hitlers (wie z. B. von „Spiegel“ und „Freidenker“ Autoren) zu beurteilen ist, macht u. a. John Cornwells Buch „Pius XII.“ deutlich. Über den widerchristlich-heidnischen Charakter des NS-Regimes waren sich die Kurie und Pius XII. trotz ihrer antikommunistisch-autoritären Affekte und trotz des trüben Antijudaismus, der gerade an der Spitze der katholischen Hierarchie weiterlebte, sehr früh klar geworden.

Entscheidend am Verhalten des Papstes im Zweiten Weltkrieg war eben das Schweigen, die Verschleierung des durchaus vorhandenen Protestes gegen den Holocaust. Der Papst und die Kirche retteten im Krieg gewiß über einer halben Millionen Juden das Leben; aber sie standen nicht auf vor der Welt, um zu verkünden, daß das, was in den Vernichtungslagern geschah, der Mordversuch nicht nur an einem Volk, sondern an der Vorgängerreligion des Christentums ist.

Pius XII. war in seiner Laufbahn im Vatikan zu einem Diplomaten gereift und hat das Verhandeln mit in sein Amt genommen. Er war derjenige der die Konkordate mit Mussolini 1929 und Hitler 1933 vereinbarte. Dieser diplomatische Kurs gegenüber den rechtstotalitären Staaten war einer der Hauptgründe für die Zaghaftigkeit von Pius XII. im Zweiten Weltkrieg. Dazu kamen die antikommunistische Panik, die Sorge um die Rettung der Stadt Rom vor Kriegshandlungen und die materielle Abhängigkeit des Vatikanstaates von seiner faschistischen Umgebung.

[...]


[1] vgl. Denzler/Fabricius: Christen und Nationalsozialisten. Frankfurt/Main 1993, S. 284

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Der Vatikan im Zweiten Weltkrieg - Vom Schweigen und Bekennen
Hochschule
Alice-Salomon Hochschule Berlin  (FB Sozialpädagogik)
Veranstaltung
Interkulturelle Sozialarbeit
Note
1
Autor
Jahr
1999
Seiten
16
Katalognummer
V33228
ISBN (eBook)
9783638337571
ISBN (Buch)
9783638749015
Dateigröße
517 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vatikan, Weltkrieg, Schweigen, Bekennen, Interkulturelle, Sozialarbeit, Papst, Judenverfolgung
Arbeit zitieren
Andreas Arthur (Autor:in), 1999, Der Vatikan im Zweiten Weltkrieg - Vom Schweigen und Bekennen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33228

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