Viel hält Finanzsenator Thilo Sarrazin nicht von dem Volksbegehren, das der Berliner Senat gerade abgelehnt hat. Eine Abwicklung der Bankgesellschaft hätte in seinen Augen fatale Folgen. Mindestens acht bis zehn Milliarden Euro würde eine solche kosten. Die Folgeschäden bei den Unternehmen und den Kunden der Bank seien darin noch nicht eingerechnet, und der immense Vertrauensschaden sowieso nicht.1
Doch auch diese Worte lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Von einem „weitverzweigtes Kartell aus Unfähigkeit, Verantwortungslosigkeit und Korruption“ ist da die Rede, von Vertuschung und Verschleierung, die „unsere Stadt lähmt und ihre Zukunftsfähigkeit verbaut.“ Auf vielfältige Weise würde „den Bürgern dieses Landes mitgeteilt, dass das Fehlverhalten nicht strafbar ist und es keine andere Möglichkeit geben soll, als die Risiken dieser Bank auf das Land Berlin zu verlagern. In der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation bewirkt dies Ohnmacht, Resignation und den Verlust an Vertrauen in die politische Führung des Landes.“2
Zwei Stellungnahmen zu ein und dem selben Fall. Der eine fürchtet um das Vertrauen in die Wirtschaft, falls die Abwicklung der Berliner Bankgesellschaft vollzogen werde, die anderen fürchten um das Vertrauen in das politische System, falls genau das nicht geschieht.
Der Vorgang illustriert nicht nur die mannigfaltige Bedeutung des Vertrauensbegriffes, sondern stellt auch einen interessanten Fall politischer Strategie im politischen Wettbewerb dar: die Besetzung von Begrifflichkeiten auf der politischen Agenda und, in diesem speziellen Fall, die Vereinnahmung von Diskursen auf Kosten politischer Kontrahenten, ein Thema, mit dem ich mich im vierten Teil dieser Arbeit näher beschäftigen werde.
Eines der auffälligsten Merkmale des von mir besuchten Forschungsgebiet – der Stadt Rurrenabaque am westlichen Rand des bolivianischen Amazonas - ist seine scheinbare Unberührtheit von nationalen politischen Diskursen und Bewegungen in einem in den vergangenen 50 Jahren von Krisen, Rebellionen, Putschen und Revolutionen gekennzeichneten Land.[...]
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Theoretischer Teil
- Vertrauen
- Definitionen
- Rational Choice
- Niklas Luhmann
- Vertrauensdispositionen
- Personales vs. Systemvertrauen
- Vertrauen und Selbstdarstellung
- Charisma
- Vertrauen und Charisma
- Herrschaftstypen
- Charismatische Herrschaft
- Charisma und Führung
- Rhetorik
- Vertrauen
- Empirischer Teil
- Der Forschungskontext
- Die Kolonialzeit
- Gesellschaftliche Akteure
- Die lokalen Eliten
- Die Indios
- Die Missionare
- Die Collas
- Die Tieflandvölker
- Chimanes
- Tacana
- Mosetenes
- Esse-Eja
- Kommunikationsmedien und –kanäle
- Kommunikationskanäle
- Infrastruktur
- Verkehrsmittel
- Kommunikationsmedien
- Vertikales Vertrauen
- Legitimität und Legalität
- Recht: Drei Fälle
- Horizontales Vertrauen
- Klatsch, Tratsch und Intrigen
- Kulturelle Identität
- Vertikales Vertrauen
- Kommunikationskanäle
- Politisches Vertrauen
- - Analytischer Teil
- Das Problem der Öffentlichkeit
- Parteien
- Diskurse der Eliten
- Politische Reden
- Lorgio Argandoña (NFR)
- Antonio (MSM)
- Doctor Miguel Ángel Chumacero (MBL)
- José Danielo “Toyo” Negrete, (UCS)
- Juan Carlos Haensel (ADN)
- Chiquilín Negrete (MIR)
- Yerco Nuñez (MNR)
- Politische Agenda
- Vertrauenstypen
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese wissenschaftliche Arbeit untersucht das Vertrauen in einem Kommunalwahlkampf im bolivianischen Amazonas. Die Arbeit analysiert die Bedeutung von Vertrauen in einem Kontext, der durch gesellschaftliche und politische Dynamiken geprägt ist.
- Die Rolle von Vertrauen im politischen Prozess
- Die Herausforderungen von Vertrauen in einem konfliktgeladenen Umfeld
- Die Bedeutung von Kommunikation und Medien für die Bildung von Vertrauen
- Die verschiedenen Formen von Vertrauen in der Gesellschaft
- Die Rolle von Charisma in der politischen Führung
Zusammenfassung der Kapitel
Das Vorwort führt in das Thema ein und verdeutlicht die Relevanz von Vertrauen in politischen Diskursen und Strategien. Der theoretische Teil beleuchtet verschiedene Definitionen von Vertrauen, analysiert die Theorien von Rational Choice und Niklas Luhmann sowie das Verhältnis von Vertrauen und Charisma. Im empirischen Teil wird der Forschungsgegenstand, die Stadt Rurrenabaque im bolivianischen Amazonas, vorgestellt. Die Kapitel analysieren die Kolonialzeit, gesellschaftliche Akteure und Kommunikationsmedien und -kanäle in der Region. Der Abschnitt "Politisches Vertrauen" untersucht die Rolle von Vertrauen im Wahlkampf und die Dynamiken von politischen Diskursen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Vertrauen, Charisma, Rhetorik und Kommunikation im Kontext eines Kommunalwahlkampfes im bolivianischen Amazonas. Die Analyse umfasst politische Diskursstrategien, gesellschaftliche Akteure und die Rolle von Vertrauen in einem konfliktbeladenen Umfeld.
- Arbeit zitieren
- Clemens Grün (Autor:in), 2004, Vertrauen, Charisma, Rhetorik - ein Kommunalwahlkampf im bolivianischen Amazonas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33268