Knapp 45 Millionen Erwerbspersonen werden in Deutschland 2014 gezählt. Sie haben mit der Einbringung ihrer Arbeitskraft 2014 einen großen Anteil an der Erzeugung eines Bruttoinlandsproduktes in der Höhe von fast drei Billionen Euro. Was würde es für die deutsche Gesellschaft bedeuten, wenn diese Arbeitskraft nach und nach verfällt?
Der hohe Lebensstandard der deutschen Gesellschaft, den einschlägige Indizes immer wieder attestieren, hängt, je nach Messansatz teils mehr teils weniger, aber immer auch von der wirtschaftlichen Leistung ab. In Ländern, in denen das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner vergleichsweise hoch ist, sind auch andere das subjektiv empfundene Wohlbefinden positiv beeinflussende Faktoren höher. Nimmt die Wirtschaftsleistung eines Landes eben durch den Verfall der Arbeitskraft ab, ist also zu erwarten, dass auch das subjektiv empfundene Wohlbefinden abnimmt. In diesem Zusammenhang darf beispielsweise allein die starke Zunahme der Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund psychischer Erkrankungen in Deutschland seit 2006 als alarmierend gelten.
Ursache dieser Entwicklung scheint ein tiefgreifender Wandel der Arbeits- und Lebenswelt zu sein. Dieser ist vor allem durch weitreichende Veränderungen in der Arbeitsorganisation geprägt, wodurch sich konstitutive Bedingungen von Arbeit verändern. Erwerbstätige werden heute vor neue Anforderungen gestellt, denen sie nicht gewachsen scheinen.
Doch wie lässt sich Wissen darüber generieren, wie mit diesen neuen Anforderungen vor allem in arbeitspolitischer Hinsicht zukünftig umzugehen ist? Die Gruppe der hochqualifizierten Alleinselbständigen stellt in diesem Zusammenhang ein Laboratorium für mögliche zukünftige Verhältnisse dar. Denn diese Gruppe ist diesen neuen Anforderungen umfassend ausgesetzt. Für sie griffen die Strukturierungen der durch das Normalarbeitsverhältnis geprägten Arbeitswelt noch nie, weshalb sie per Definition einer extremen Entgrenzung von Arbeit und Leben ausgesetzt sind. Zudem wird dieser Umstand durch die fortschreitende Digitalisierung noch verstärkt, wie auch in den Massenmedien bereits reflektiert wird. „Das Internet verändert unsere Arbeitswelt. Immer weniger Menschen sind fest angestellt, immer mehr arbeiten als Freiberufler oder Soloselbständige on demand. Das schafft mehr Flexibilität, aber auch das Risiko, zum digitalen Tagelöhner zu werden“. Deshalb sollen Alleinselbständige, die in der Internetbranche tätig sind, untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Das Erkenntnispotenzial der Untersuchung der individuellen Reproduktionsleistung hochqualifizierter Alleinselbständiger
- Arbeit und Leben als theoretischer Bezugsrahmen
- Die Konstitution von Arbeit und Leben
- Die neuen Anforderungen der deutschen Arbeitsgesellschaft
- Die Entgrenzung von Arbeit
- Die Herleitung einer subjektorientierten Perspektive
- Das Zwischenfazit
- Die Reproduktion als individuelle Leistung
- Verfall von Arbeitskraft?
- Die Reproduktion der Arbeits- und Lebenskraft
- Die Erkenntnis der Studie: Existenz bestimmter Handlungsmuster
- Das Untersuchungsfeld und Hypothesen: Hochqualifizierte Alleinselbständige im Bereich der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien
- Die Internetbranche: Ein weites Feld
- Das Forschungsdesign
- Das Untersuchungsziel
- Die Erhebung
- Die Auswertung
- Die Reproduktion der Arbeits- und Lebenskraft bei hochqualifizierten Alleinselbständigen
- Die Entgrenzung von Arbeit bei Alleinselbständigen
- Die Kurzvorstellung der Fälle und Überprüfung der stabilisierenden Fluchtpunkte
- Fall A
- Fall B
- Fall C
- Fall D
- Fall E
- Die Zusammenfassung
- Der Vergleich und die Interpretation der Ergebnisse
- Der Vergleich mit den Ergebnissen der Basisstudie
- Die Schlussfolgerungen
- Das Fazit: Guter Ansatz mit leichter Unschärfe
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Reproduktion von Arbeits- und Lebenskraft bei hochqualifizierten Alleinselbständigen im Bereich der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Sie untersucht, wie diese Gruppe unter den Bedingungen der Entgrenzung von Arbeit ihre Arbeitskraft und Lebenskraft wiederherstellt und welche Handlungsmuster sie dabei entwickelt.
- Entgrenzung von Arbeit und Leben
- Individuelle Reproduktionsleistung
- Handlungsmuster hochqualifizierter Alleinselbständiger
- Arbeitspolitische Schlussfolgerungen
- Veränderung der Arbeitsgesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beleuchtet das Erkenntnispotenzial der Untersuchung der individuellen Reproduktionsleistung hochqualifizierter Alleinselbständiger im Kontext des Wandels der Arbeits- und Lebenswelt. Kapitel 2 stellt den theoretischen Bezugsrahmen dar und analysiert die Konstitution von Arbeit und Leben sowie die neuen Anforderungen der deutschen Arbeitsgesellschaft, insbesondere die Entgrenzung von Arbeit. In Kapitel 3 wird die Reproduktion als individuelle Leistung betrachtet und die Erkenntnis der Studie über die Existenz bestimmter Handlungsmuster bei der Wiederherstellung von Arbeits- und Lebenskraft vorgestellt. Kapitel 4 beschreibt das Untersuchungsfeld und die Hypothesen, wobei der Fokus auf hochqualifizierte Alleinselbständige im Bereich der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien liegt. Kapitel 5 erläutert das Forschungsdesign, das Untersuchungsziel, die Erhebungsmethode und die Auswertung der Daten. Kapitel 6 präsentiert die Ergebnisse der Untersuchung zur Reproduktion von Arbeits- und Lebenskraft bei hochqualifizierten Alleinselbständigen, wobei die Entgrenzung von Arbeit und die individuellen Handlungsmuster der einzelnen Fälle im Detail dargestellt werden. Kapitel 7 vergleicht die Ergebnisse mit den Ergebnissen der Basisstudie und zieht Schlussfolgerungen. Kapitel 8 fasst die Ergebnisse der Studie zusammen und diskutiert die Stärken und Schwächen des Ansatzes.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen der Entgrenzung von Arbeit, der individuellen Reproduktionsleistung, den Handlungsmustern hochqualifizierter Alleinselbständiger, den Veränderungen in der Arbeitsgesellschaft und den arbeitspolitischen Schlussfolgerungen, die sich aus der Untersuchung ergeben. Die Arbeit greift auf Konzepte wie die Subjektivierung von Arbeit und die Flexibiliserungsprozesse zurück und untersucht die Auswirkungen des Wandels der Arbeits- und Lebenswelt auf die Arbeitskraft und Lebenskraft von Individuen.
- Quote paper
- Florian Horstmann (Author), 2016, Die Reproduktion der Arbeits- und Lebenskraft als individuelle Leistung. Was können wir von hochqualifizierten Alleinselbständigen lernen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/333728