Thema: Rechtsmethodologische und rechtsphilosophische Überlegungen zur strafrechtlichen Beurteilung der Sitzblockade, dargestellt am Einzelfall.
Sachverhalt: Tatort Frankfurt, 28. Februar 2001, Bockenheimer Landstraße – Höhe U-Bahnstation „Westend“, 9.20 h:
Der Jurastudent von der Goethe-Universität Friedrich von Spee hält seinen Kleinlaster auf der Straßenmitte an und entlädt mittels der Kippvorrichtung ein totes Rind auf die Fahrbahn. Verabredungsgemäß kommen zehn weitere KommilitonInnen hinzu, schütten rote Farbe über das Tier und drapieren es mit dem Spruchband: „Ermordet im Namen der EU und der Bundesrepublik Deutschland“. Sofort bildet sich ein Autostau mit Hupkonzert, Passanten klatschen Beifall oder Brüllen „Idioten“. Nach 10 Minuten ist die Polizei zum Tatort vorgedrungen, fordert die Studenten auf, das Tier aufzuladen und die Straße zu räumen. Diese geben sich schwerhörig, setzen sich auf die Straße und werden von den Polizisten einzeln an den Straßenrand getragen. Nach 30 Minuten kann der Verkehr wieder ungehindert passieren. In der polizeilichen Vernehmung stellt sich heraus, dass stud.iur. Friedrich von Spee hauptberuflich Bauer ist, das tote Rind aus seinem Stall stammt, wie alle seine Tiere „BSE-Frei“ getestet ist und in Übereinstimmung mit dem EU-„Vernichtungsbeschluß“ zur Verbrennung vorgesehen ist.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung in Thema und Aufgabenstellung
- Die Denkweise des Strafjuristen nach dem „Subsumtionsmodell“
- Die Denkweise des Juristen anhand der Anwendung des Tatbestandsmerkmals der Gewalt auf den vorliegenden Fall der Sitzdemonstration.
- Darstellung des Meinungsstreites im Bezug auf den Gewaltbegriff
- herrschende Meinung in der Rechtssprechung
- Gegenansicht
- Die Entwicklung des Gewaltbegriffes in der Rechtssprechung
- Konkrete Anwendung auf die Sitzblockade des Friedrich v. Spee
- Darstellung des Meinungsstreites im Bezug auf den Gewaltbegriff
- Das Subsumtionsproblem und die Möglichkeiten seiner Lösung durch Auslegung
- Die grammatische Auslegungsmethode
- Die systematische Auslegungsmethode
- Die subjektiv-historische Auslegungsmethode
- Die objektiv-teleologische Auslegungsmethode
- Ist die extensive, tatbestandserweiternde Auslegung des Gewaltbegriffs im Fall der Sitzdemonstration noch mit Art. 103 II GG zu vereinbaren?
- Art. 103 II GG und § 1 StGB – Das Gesetzlichkeitsprinzip
- Einwände von Kritikern der BVerfGE 92,1 ff.
- Rechtfertigungsmöglichkeiten der Sitzdemonstration
- Persöhnliche Stellungnahme zum Fall des Friedrich von Spee
- Der reale Problemhintergrund, der Friedrich von Spee zu seiner drastischen Protestdemonstration veranlasste.
- Die rechtlichen Bedenken des Friedrich von Spee gegen die amtlich erlaubte Rindermassenvernichtung aus rein wirtschaftlichen Gründen
- Art. 20a GG
- § 90a BGB
- § 1 TierSchG
- § 17 TierSchG
- Abschließende Stellungnahme
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert den Sachverhalt einer Sitzblockade, die von einem Jurastudenten inszeniert wurde, um gegen die von der EU und der Bundesregierung beschlossene Massenverbrennung von Rindern zu protestieren. Der Fokus liegt auf der rechtlichen Beurteilung dieser Handlung im Kontext des Strafrechts, insbesondere im Hinblick auf den Tatbestand der Nötigung "mit Gewalt".
- Die Anwendung des Subsumtionsmodells im Strafrecht.
- Die Auslegung des Gewaltbegriffs im Kontext der Sitzdemonstration.
- Die Vereinbarkeit der extensiven Auslegung des Gewaltbegriffs mit dem Gesetzlichkeitsprinzip (Art. 103 II GG).
- Die rechtlichen Bedenken des Protestierenden gegen die Rindermassenvernichtung.
- Die ethischen und rechtlichen Aspekte des Tierschutzes im Zusammenhang mit der Massenvernichtung von Rindern.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Hausarbeit beginnt mit einer Einleitung, in der das Thema und die Aufgabenstellung vorgestellt werden. Anschließend wird die Denkweise des Strafjuristen nach dem Subsumtionsmodell erläutert. Das Hauptkapitel behandelt die Anwendung des Tatbestandsmerkmals der "Gewalt" im Kontext der Sitzdemonstration, wobei der Meinungsstreit im Bezug auf den Gewaltbegriff sowie die Entwicklung des Gewaltbegriffs in der Rechtssprechung beleuchtet werden. Anschließend werden die Möglichkeiten der Lösung des Subsumtionsproblems durch Auslegung erörtert. Es folgt eine Prüfung der Vereinbarkeit der extensiven Auslegung des Gewaltbegriffs mit dem Gesetzlichkeitsprinzip. Die Arbeit setzt sich dann mit Rechtfertigungsmöglichkeiten der Sitzdemonstration auseinander und umfasst eine persönliche Stellungnahme zum Fall des Friedrich von Spee. Des Weiteren werden der reale Problemhintergrund der Protestdemonstration sowie die rechtlichen Bedenken des Protestierenden gegen die Rindermassenvernichtung beleuchtet. Abschließend wird eine Stellungnahme zu den rechtlichen Bedenken des Friedrich von Spee gegen die amtlich erlaubte Rindermassenvernichtung aus rein wirtschaftlichen Gründen gegeben.
Schlüsselwörter
Die Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Themenkomplex der strafrechtlichen Beurteilung von Protestdemonstrationen, insbesondere der Sitzblockade, im Kontext des Gewaltbegriffs, des Subsumtionsmodells und des Gesetzlichkeitsprinzips. Weitere relevante Aspekte sind die rechtliche und ethische Beurteilung der Rindermassenvernichtung sowie das Recht des Tierschutzes.
- Arbeit zitieren
- Matthias Scieranski (Autor:in), 2001, Rechtsmethodologische und rechtsphilosophische Überlegungen zur strafrechtlichen Beurteilung der Sitzblockade, dargestellt am Einzelfall, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3342