Identität in Zeiten der sozialen und mobilen Medien. Die Versionen des Ich in sozialen Netzwerken


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

29 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Identität in Zeiten der sozialen und mobilen Medien
2.1. Formen der Identität
2.2. Selbstmanagement

3. Transaktionsanalyse und die Zustände des „Ich“ von Eric Berne

4. Möglichkeiten der Selbstdarstellung
4.1. Mittel der Selbstdarstellung
4.2. Plattformen der Selbstdarstellung
4.3. Besondere Formen der Selbstdarstellung

5. Beispielanalyse

6. Zusammenfassung

7. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Ich-Zustände

Abbildung 3: Gekreuzte Transaktion .

Abbildung 2: Transaktionale Reaktion

Anlagen

A1: Tabellarische Auflistung von Youtube-Kategorien

A2: Screenshots Beispielanalyse

1. Einleitung

Wenn wir im Internet surfen, was erwarten wir dann? Dass die Menschen, denen wir begegnen uns die Wahrheit über ihre Identität verraten oder dass sie uns eine Scheinidentität präsentieren? In den Zeiten verknüpfter Profile von Netzwerken wie Facebook, Twitter und Google ist es schwer, sich hinter einer Maske zu verstecken, da die Identität scheinbar transparent ist. Dennoch gibt es Netzwerke und Plattformen, auf denen der User wenig über sich preisgeben muss. Läuft man hier Gefahr auf eine Fake-Identität hereinzufallen?

Grundsätzlich ist Authentizität ein wichtiger Faktor für viele Internetnutzer und wird aus diesem Grund, wie im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch herausgestellt werden soll, von diversen Theoretikern thematisiert. Welche Rolle die Aspekte Privatsphäre, Kriminalität und Öffentlichkeit dabei spielen, soll hier von untergeordneter Bedeutung sein.

Es rückt besonders der Gedanke in den Vordergrund, auf welche Art und Weise der Nutzer sich selbst darstellen und was er dabei über sich lernen kann. „Selbstmanagement“ oder „Identitätsarbeit“ wird dieser Vorgang von Wissenschaftlern wie Nicola Döring und Christian Stiegler bezeichnet. Zielführend in dieser Arbeit soll es sein, die Möglichkeiten der Selbstdarstellung im Internet zu untersuchen und unter Einbeziehung der Transaktionsanalyse des Psychotherapeuten Eric Berne neue Optionen herauszuarbeiten.

In besonderem Fokus soll dabei die Frage danach stehen, inwiefern Nutzer von sozialen Netzwerken, je nach thematischer Ausrichtung der Plattform, divergente Rollen einnehmen bzw. sich selbst unterschiedlich präsentieren. Welche Facetten des Selbst nutzen sie dabei und in welchem Umfang? Fraglich ist auch, ob die unterschiedlichen Zustände des Ich, wie sie Berne in der Transaktionsanalyse beschreibt, ebenfalls auf die Selbstdarstellung in mobilen und sozialen Medien angewendet werden können.

Hierzu sollen zunächst die differenten Theorien zur modernen Identität im Internet beleuchtet und die unterschiedlichen Formen herausgearbeitet werden. Anschließend erfolgt eine Darstellung ausgesuchter Überlegungen zum Thema Selbst- bzw. Identitätsmanagement. In Kapitel 3 erfolgt eine kurze Einführung in die Überlegungen Eric Bernes zu den Zuständen des Ich und der in diesem Zusammenhang anzuwendenden Transaktionsanalyse. Diese wird in Kapitel 4 in die Darlegung einiger Methoden der Selbstdarstellung einbezogen. Nach einer Übersicht über die gängigsten social media – Plattformen wird sodann an einigen kleinen Beispielen die Transaktionsanalyse der Revision unterzogen.

Studien zum ausgewählten Thema wurden bisher v. a. im Bereich der Jugendforschung unternommen. Die Bayrische Landeszentrale für neue Medien (BLM) veröffentlichte beispielsweise im Februar 2013 eine Studie zum dem Thema „Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform für Jugendliche“. Darin enthalten war auch die Teilstudie „Identitätsarbeit und sozialraumbezogenes Medienhandeln in sozialen Netzwerkdiensten“. Ergebnis war, dass „die thematische Ausrichtung der Selbstdarstellungen der Jugendlichen […] in einem engen Bezug zu ihrem Selbstbild und lebensweltlich bedingten Bewältigungsaufgaben [steht]“1. Hinweise auf die medienwissenschaftliche Anwendung von Bernes Transaktionsanalyse auf die interpersonale Kommunikation in sozialen Netzwerken oder der Zustände des Ich auf die Selbstdarstellung in sozialen Netzwerken wurden allerdings nicht gefunden.

2. Die Identität in Zeiten der sozialen und mobilen Medien

Seit der aufkommenden Popularität des Web 2.0 hat sich die interpersonelle Kommunikation weit über E-Mail und einfache Chats hinaus entwickelt. Cherry Turkle legte dar, „dass es bei der Online-Kommunikation nicht mehr um die Mensch-Maschine-Kommunikation geht, sondern dass es um das Verhältnis eines Menschen zu Netzwerken aus anderen Menschen geht“.2 Inzwischen ist der Nutzer im Allgemeinen nicht mehr anonym, sondern – ganz im Gegenteil – eher transparent. Die Marktwirtschaft erkannte das Potential des Internets sehr schnell und ‚hortet‘ seit dem die Informationen seiner Nutzer, um beispielsweise Werbung zielgruppengerecht zu platzieren. Aus diesem Grund ist die „kommunikative Architektur der sozialen Medien […] durch technische Merkmale des Internets und der darauf aufbauenden Plattformen geprägt.“3 Jene technischen Merkmale, die hier gemeint sind, werden wie folgt bezeichnet:

„1. Persistenz: dauerhafte Speicherung von Daten
2. Kopierbarkeit: Daten können beliebig kopiert werden
3. Skalierung: Reichweite der Daten kann beliebig skaliert werden
4. Durchsuchbarkeit: das Internet kann nach bestimmten Daten durchsucht werden“4

Plattformen und soziale Netzwerke sind dementsprechend so gestaltet, dass der Nutzer möglichst viele Informationen über sich selbst Preis gibt (wie das Klarnamengebot bei Facebook beweist) und so viel Zeit wie möglich dort verbringt5. Aus diesem Grund ist es für die moderne Medienwissenschaft als auch für jeden einzelnen Nutzer von Interesse, wie er sich auf diesen Plattformen selbst präsentiert. Hier ist es zunächst wichtig, sich die Frage nach der Identität zu stellen.

2.1. Formen der Identität

Hepp unterscheidet drei Konzepte von Identität: Die Identität als „Subjekt der Aufklärung“ ist hierbei das älteste Konzept und stellt das Individuum als zentriert und vereinheitlicht dar6. Die Identität als „soziologisches Objekt“ stützt sich auf den Gedanken von George Herbert Mead, der die Identität in einem Wechselverhältnis zwischen Ich und Gesellschaft beschrieb7. Im Sinne Meads wurde von Birgit Richard auch die „me und I-Theorie“ in Ansatz gebracht. Hierbei stellt das „me“ die Inszenierung der Identität aus der angenommenen Sicht des „verallgemeinerten Anderen“ dar und das „I“ die individuelle, ganz eigene und unberechenbare Selbstinszenierung. Dabei ergibt sich das Selbst aus dem Wechselspiel zwischen dem „me“ und dem „I“8. Döring unterscheidet die Identität nach Innen- und Außenperspektive. Diese seien miteinander verbunden, denn die Reaktion des Publikums auf die Selbstpräsentation beeinflusse die eigene Wahrnehmung und umgekehrt.9

Das dritte von Hepp beschriebene Konzept ist die Identität als „postmodernes Subjekt“10. Cherry Turkle stellt jenes als dezentriert, fragmentiert und fluid dar. Ihr Fokus liegt auf dem Internetnutzer und seiner Psyche. Sie legt dar, dass es „keine Hierarchie von erlaubtem und unerlaubtem Selbst gibt, sondern nur verschiedene Varianten davon“11, die durchaus widersprüchlich sein können und in unterschiedliche Richtungen drängen. Da die Identität dynamisch ist12, sei im Internet die Identität „frei wählbar“. Begründet wurde diese Auffassung durch Stuart Hall als Vertreter der Cultural Studies, der die Identität nicht als „abgeschlossenes Ding“, sondern als fortlaufenden „Prozess der Identifikation“ verstand13.

„Identität kann […] als konstruiertes Produkt erachtet werden, das sich aus unterschiedlichsten Faktoren speist und in seinem Gesamtbild unserer Vorstellung eines idealen Selbst- und Fremdbildes gleichkommen sollte.“14 Sie hat eine besondere Stellung in den Medien: „Subjekt, Identität und Medien konstituieren sich gegenseitig, bestimmen sich wechselseitig und reflektieren sich ständig“15. Die eigene Identität stellt sich dem Menschen im Sinne von „Wer bin ich?“ und „Wer möchte ich sein?“ dar. Sie ist nicht denkbar ohne das Umfeld, das widerspiegelt, wie man wirkt und was von dem jeweiligen Selbst erwartet wird.16

Interessant ist auch der Ansatz des Psychologen Erik H. Eriksen, der die Identität als Konstrukt aus der Wechselwirkung zwischen der „Ich-Identität“ und der „persönlichen Identität“ sieht. Die persönliche Identität entwickelt sich durch ein bewusstes Gefühl der Beobachtung von einer „unmittelbaren Wahrnehmung der eigenen Gleichheit und Kontinuität in der Zeit“ und der Kenntnis darüber, dass auch andere Menschen dieses erkennen. Die Ich-Identität stellt das Vertrauen darauf dar, dass die persönliche Identität einem die Fähigkeit gibt, die „innere Einheitlichkeit und Kontinuität aufrechtzuerhalten“17. Hier wird deutlich, dass sowohl der Ansatz von G. H. Mead als auch von E. H. Eriksen auf einem ähnlichen Grundgedanken basieren: Aus dem Zusammenspiel des inneren, geheimen Selbst und des von außen beobachteten als auch kritisierten Selbst.

Wie bereits angedeutet, setzt sich die Identität nach Ansicht namhafter Wissenschaftler aus differenten Teilidentitäten zusammen. Nicola Döring beschreibt diese wie folgt: „Menschen verfügen in modernen ausdifferenzierten Gesellschaften über eine wachsende Zahl von kontextbezogenen Teil-Identitäten, die sich in einem lebenslangen Wandel befinden.“ Oftmals bestimmen die individuellen Teilidentitäten des realen Lebens auch die präsentierte Identität in sozialen Netzwerken, da online-Kontakte häufig auch offline Kontakte sind.18

Bereits vor der Nutzung sozialer Netzwerke haben „wir immer in bestimmten Rollen [gehandelt].“ An diese Rollen sind bestimmte Erwartungen der Anderen an das eigene Handeln geknüpft. Dies spiegelt sich vor allem in der Nutzung von thematisch unterschiedlich ausgerichteten Plattformen wieder. „Soziale Medien verdeutlichen somit die grundlegende soziologische Erkenntnis, dass Menschen ihre eigene Identität immer nur im Wechselspiel mit ihrer gesellschaftlichen Umwelt herausbilden können.“19 Dieses Faktum soll in Kapitel 4 ausführlicher abgehandelt werden.

Unterordnen lässt sich hier der Begriff der „digitalen Identität“, die sich darstellt als ein „Bündel von Attributen, das einer realen Person zugeordnet werden kann und in IT-Systemen verwaltet wird“. Dabei stellt jeweils eine Teil-Identität eine einzelne digitale Identität dar.20

Abzugrenzen hiervon ist die „virtuelle Identität“, die häufig auch als Medienidentität bezeichnet wird21. Sie bestimmt, wie Menschen sich selbst präsentieren, wenn sie computervermittelt miteinander kommunizieren.22 Dabei sind sie so spezifisch, dass sie durch die Verknüpfung von Inhalt und Technologie (Profile, Emoticons) außerhalb der Medienwelt nicht verstanden werden23. Wichtige Faktoren dabei sind der „Grad der Ausgestaltung“ (Nutzung aller technischen Gegebenheiten), „die Form und Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung mit den gesammelten Erfahrungen“ und der Kontakt zu anderen Menschen24.

Durch die immerwährende Weiterentwicklung des Web 2.0 sind mit der Zeit Formen „neuer Identitäten“ entstanden: Identitätsdiebstahl, Spiele und Experimente mit Identitäten sowie Identitätsarbeit im Internet25. Internetbezogene neue Identitäten, wie beispielsweise Fake- bzw. Scheinidentitäten, sind virtuelle Identitäten, die vollkommen fiktiv sind. Hierbei wird eine Öffentlichkeit angenommen, in der alle Internetnutzer anonym und unsichtbar sind. Die Nutzer können immer wieder in andere Rollen schlüpfen und sich „selbstidealisierend maskieren“. Weit verbreitete Formen sind auch Gender-Switching oder Gender-Swapping26, die in Kapitel 4 genauer in die Betrachtung gezogen werden.

2.2. Selbstmanagement

Als Selbstmanagement versteht Stiegler die „selbstständige Formierung des Ichs unter den Reglementierungen der Fremddisziplinierung“27. Mit Fremddisziplinierung meint der Medienwissenschaftler die geäußerte Bestätigung oder Ablehnung Anderer auf unsere Selbstinszenierung. Das Identitätsmanagement kann dabei viele Bereiche einnehmen, zu denen unter Anderem die Gesundheit, Finanzen, Bewerbungsprozesse oder die Partnerwahl gezählt werden können. Er legt diesem Prozess das einfache Bedürfnis des Menschen zugrunde, sich selbst zu inszenieren. Durch das Internet sei dieser Vorgang lediglich vereinfacht28 und die Möglichkeiten das Selbstbild zu manipulieren, vervielfacht worden29.

Jan-Hinrik Schmidt legt die Selbstdarstellung als „Management von Eindrücken“ aus. Diese Auffassung beruht auf dem „impression management“ nach Erving Goffman30, dessen Rahmenanalyse auch in Kapitel 4 eine Rolle spielen wird. Besonders bei interpersonaler Online-Kommunikation spielt eine bewusste Identitätsarbeit eine große Rolle, nicht nur um kompetent und sympathisch zu wirken, sondern auch, um sich dem Umgang mit den eigenen Informationen im Internet bewusst zu werden31. In diesem Zusammenhang wird häufig auch auf die Problematik der Privatsphäre und der Internetkriminalität verwiesen, auf die in dieser Arbeit keinen Bezug genommen werden soll.

Die Vorzüge der Identitätsarbeit beschreibt Döring vor allem darin, dass „virtuelle Identitäten [dabei helfen], mehr über sich selbst zu erfahren“ und sich vom Alltag (Eskapismus) als auch von Kategorisierung und Stereotypisierung zu befreien32. Dabei muss jeder Nutzer alltäglich in dem Bestreben sein, Kohärenz, Anerkennung und Authentizität zu erzeugen, um die Balance zwischen inneren Bedürfnissen und äußeren Erwartungen zu erhalten, die unter dem Druck gesellschaftlicher und ökologischer Rahmenbedingungen erzeugt werden33.

Sobald der Nutzer die „Grundsätze des Selbstmanagement“ beherrscht, ist er in der Lage verschiedene Verhaltensweisen zu erproben. Hierzu hat er folgende Möglichkeiten: Um sich selbst komplett zu anonymisieren, braucht der User keinen großen Aufwand zu betreiben. Durch die Kanalreduktion werden bei der Nutzung des Internets weniger Sinne beim Empfänger angesprochen. Dies bedeutet, dass der Sendende die zu übermittelnden Daten nahezu frei wählen kann. Dieser Vorgang wird als Selbstmaskierung bezeichnet und bringt vordergründig enthemmtes Verhalten hervor, da der Nutzer durch die Anonymität keine Sanktionen zu befürchten hat34. Um diese Selbstmaskierung jedoch langfristig und auf unterschiedlichen Plattformen aufrecht zu erhalten, verlangt dies vom Nutzer ein hohes Maß an Organisation.

Dem entgegen steht die Selbsterkundung durch den Nutzer. Dabei stellt er einen Teil seiner Persönlichkeit dar, den er im normalen Leben eventuell absichtlich versteckt oder klein hält. So kann der User Teilidentitäten entwickeln, die geringe Kosten und einen ebenso geringen Aufwand verursachen, um sich selbst „kennenzulernen“. Es ist ebenso möglich, neue Rollen einzunehmen, in denen an den Nutzer eine andere als die bisherige Erwartungshaltung gestellt wird. Das Erleben von „Selbstwirksamkeit“ kann im Sinne der Selbsterkundung auch positive Auswirkungen auf die Identitätsentwicklung haben35. Zu diesem Vorgang zählt auch, sein Selbst stichpunktartig zusammenzufassen - für ein Profil in einem sozialen Netzwerk zum Beispiel. Es ist üblich, dass der Nutzer seine Selbstbeschreibung in diesem Zusammenhang einem sich selbst gesetzten Kommunikationsziel anpasst36.

3. Transaktionsanalyse und die Zustände des „Ich“ von Eric Berne

Der Leser dieser medienwissenschaftlichen Arbeit stellt sich vermutlich die Frage, warum die Verfasserin versucht, den Bezug zur Psychoanalyse herzustellen. Diese Problematik kann wie folgt dargestellt werden: Historisch betrachtet, kann die Selbstthematisierung mit der Beichte seiner Sünden in einen Zusammenhang gesetzt werden37. Im Zuge dieses Vorganges stellt der Mensch also einen reflexiven und kommunikativen Bezug zu sich selbst her38. Dabei stellt er fest, dass der „gesunde“ Menschenverstand immer mit irrationalen Komponenten vermischt wird, die Einfluss auf unser Handeln und unser Denken nehmen. Die Psychoanalyse untersucht eben diese Einflüsse und versucht sie voneinander abzugrenzen, um dem Individuum die Ursachen des eigenen Handelns vor Augen zu führen.

In eben diesem Faktum liegt der Grund für die hier geführte Untersuchung. Wie bereits aufgeführt wurde, ist ein Bedürfnis des Menschen, sich selbst darzustellen und von seiner Umfeld reflektiert zu bekommen, wie er auf diese wirkt. Im Angesicht der modernen Marktwirtschaft, die das Web 2.0 bereits in vollem Umfang zu nutzen weiß, ist es daher für viele Nutzer wichtig, die eigene Selbstdarstellung unter Kontrolle zu haben. In diesem Punkt kann uns die Psychoanalyse behilflich sein. Im vorliegenden Fall werden die von Eric Berne herausgearbeiteten Ich-Zustände und seine daraufhin vor allem in Gruppengesprächen angewendete Transaktionsanalyse untersucht.

Nach Berne lässt sich der Ich-Zustand wie folgt beschreiben:

„Einen ‚Ich-Zustand‘ kann man phänomenologisch als ein kohärentes System von Gefühlen beschreiben, und operational als eine Reihe kohärenter Verhaltensmuster; oder pragmatisch als ein System vom Gefühlen, das eine darauf bezogene Reihe von Verhaltensmustern hervorruft.“39

Im Laufe der Gesprächstherapien mit seinen Patienten stellte er fest, dass es mehrere unterschiedliche Ich-Zustände gibt, aus denen heraus die Menschen reagieren können. Das Erwachsenen-Ich stellt dabei das rational denkende Wesen dar, welches häufig auch aus der objektiven oder beruflichen Rolle heraus reagiert. Entschieden anders reagiert das Kind-Ich. Es übernimmt häufig die Rolle des beschuldigten, verunsicherten Kindes, das sich unverstanden fühlt. Durch seine subjektive Einstellung reagiert es oftmals irrational bzw. so, dass es bei anderen Menschen Unverständnis auslöst40. Hinzu kommt das Eltern-Ich, welches die elterlichen Vorurteile der eigenen Kindheit reflektiert und auf unser eigenes Verhalten überträgt41. Diese unterschiedlichen Ich-Zustände können durch bestimmte Gefühle beeinflusst, auch das Verhalten beeinflussen. Aus diesem Grund treten die dargelegten Zustände nur bei bestimmten Themen hervor. Berne legt dar, dass die unterschiedlichen Zustände nicht mit einer „dicken Linie“ voneinander abgegrenzt werden können42.

[...]


1 https://www.blm.de/files/pdf1/JFF_Kurzfassung_Teilstudie_Identitaetsarbeit_Medienhandeln1.pdf

2 Hartmann / Krotz: Online-Kommunikation als Kultur, S. 239.

3 Schmidt: Selbstdarstellung und Privatsphäre in sozialen Medien, S. 33.

4 Ebd., S. 35 f.

5 Richard: Selbst: Erscheinen – Verschwinden, S. 204.

6 Hepp: Überblicksartikel: Identität und Subjekt, S. 259.

7 Ebd., S. 259.

8 Richard: Selbst: Erscheinen – Verschwinden, S. 206.

9 Döring: Sozialkontakte online: Identitäten, Beziehungen, Gemeinschaften, S. 163.

10 Hepp: Überblicksartikel: Identität und Subjekt, S. 259.

11 Hartmann / Krotz: Online-Kommunikation als Kultur, S. 239 f.

12 Hepp: Überblicksartikel: Identität und Subjekt, S. 259.

13 Krönert / Hepp: Identität und Identifikation, S. 266.

14 Stiegler: Selfies und Selfie Sticks, S. 77 f.

15 Ebd., S. 79.

16 Schmidt: Selbstdarstellung und Privatsphäre in sozialen Medien, S. 30.

17 Mentler / Kindsmüller: Identität 2.0, S. 146.

18 Döring: Sozialkontakte online: Identitäten, Beziehungen, Gemeinschaften, S. 163.

19 Schmidt: Selbstdarstellung und Privatsphäre in sozialen Medien, S. 30.

20 Döring: Sozialkontakte online: Identitäten, Beziehungen, Gemeinschaften, S. 163.

21 Krönert / Hepp: Identität und Identifikation, S. 272.

22 Döring: Identität + Internet = Virtuelle Identität?, S. 1.

23 Krönert / Hepp: Identität und Identifikation, S. 272.

24 Mentler / Kindsmüller: Identität 2.0, S. 148.

25 Döring: Sozialkontakte online: Identitäten, Beziehungen, Gemeinschaften, S. 169 ff.

26 Döring: Identität + Internet = Virtuelle Identität?, S. 1 f.

27 Stiegler: Selfies und Selfie Sticks, S. 69.

28 Ebd., S. 70.

29 Ebd., S. 72.

30 Schmidt: Selbstdarstellung und Privatsphäre in sozialen Medien, S. 30.

31 Döring: Sozialkontakte online: Identitäten, Beziehungen, Gemeinschaften, S. 163.

32 Döring: Identität + Internet = Virtuelle Identität?, S. 5.

33 Mentler / Kindsmüller: Identität 2.0, S. 147.

34 Ebd., S.149 f.

35 Ebd., S. 152 f.

36 Ebd., S. 155.

37 Willems / Pranz: Formation und Transformationen der Selbstthematisierung, S. 217.

38 Ebd., S. 189.

39 Berne: Transaktionsanalyse der Intuition. S. 155.

40 Ebd., S. 154f..

41 Ebd., S. 158.

42 Ebd., S. 155.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Identität in Zeiten der sozialen und mobilen Medien. Die Versionen des Ich in sozialen Netzwerken
Hochschule
Universität Rostock  (Institut für Medienforschung)
Veranstaltung
social and mobile media
Note
2,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
29
Katalognummer
V334366
ISBN (eBook)
9783668244511
ISBN (Buch)
9783668244528
Dateigröße
1598 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Identität, Netzwerk, Plattformen, Profil, Eric Berne, Selbstdarstellung, Transaktionsanalyse, soziale Netzwerke
Arbeit zitieren
Susann Greve (Autor:in), 2016, Identität in Zeiten der sozialen und mobilen Medien. Die Versionen des Ich in sozialen Netzwerken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334366

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