Nero im historischen Roman 'Quo Vadis'


Seminararbeit, 2004

15 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I. Der Historische Roman
1. Die Ursprünge des Historischen Romans
2. Neuorientierungen bei der Verfassung historischer Romane am Anfang des 20. Jahrhunderts

II. Geschichtsvermittlung im Historischen Roman

III. Kaiser Nero im Historischen Roman „Quo vadis“ und in der Geschichtsforschung
1. Neros Charakter und Selbstdarstellung
2. Nero und der Brand Roms

IV. Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Sienkiewicz hatte die Schuld[1] - dieses leicht veränderte Zitat aus einer Erzählung Thomas Manns scheint passend für die Wahrnehmung der Figur Kaiser Neros in unserem Jahrhundert zu sein. Wer sieht nicht Peter Ustinov als Nero in der berühmten Quo Vadis-Verfilmung aus dem Jahr 1951 vor seinem inneren Auge, wie er in genialer Weise das von Sienkiewicz geschaffene Nerobild darstellt?

Im ersten Teil dieser Arbeit wird allgemein die Entwicklung des historischen Romans nachgezeichnet. Hierbei sollen gewisse Besonderheiten in der Figurendarstellung dieser Gattungsart besonders hervorgehoben werden.

Sienkiewicz bekam für seinen historischen Roman den Nobelpreis, was von großer Qualität der literarischen Darbietung zeugt. Aber wie sieht es mit der historischen Wirklichkeit aus? Entspricht das Nerobild des Romans der Wahrheit? Oder kann es tatsächlich möglich sein, dass ein historischer Roman es geschafft hat, ganzen Generationen von Menschen ein der Wahrheit entlehntes Nerobild zu vermitteln? War Nero der Kunst verfallen, kümmerte er sich wenig um sein Volk, ließ er Spiele mit bis dahin unerreichter Grausamkeit aufführen? War er wirklich der große Feind der Christen? Diesen Fragen soll im zweiten Teil der Seminararbeit nachgegangen werden.

Als Grundlage für den ersten Teil dient vor allem der Text über den historischen Roman von Rolf Schörken. Doch auch die Werke von Michael Meyer, Heinz-Joachim Müllenbrock und Martin Richter waren sehr aufschlussreich für die Erarbeitung der Thematik. Für den zweiten, auf die Figur Nero bezogenen Teil werden vor allem die Abhandlungen von Jürgen Malitz und Manfred Clauss herangezogen.

I. Der Historische Roman

1. Die Ursprünge des Historischen Romans

Erstmals tauchten historische Romane in den frühen Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts auf. Im Lauf der Jahre konnte sich diese Gattung bei der Leserschaft immer größerer Beliebtheit erfreuen, was wohl auch auf eine steigende Variantenvielfalt der behandelten Themen zurückzuführen war.[2] Auch zeugt dies von einem immer größer werdenden Interesse an Geschichte.

Allerdings ließen die Anfangswerke von unserem heutigen geschichtswissenschaftlichen Standpunkt aus sehr zu wünschen übrig, da sich die wahrheitsgetreue Übernahme geschichtlicher Fakten doch sehr in Grenzen hielt. „Noch keine Spur von den Schwierigkeiten, sich einem historischen Gegenstand anzunähern, noch nichts vom Rätsel des Fremdverstehens findet sich in ihnen“[3]. Quellenstudium an sich wurde nur ansatzweise betrieben, wobei man den Autoren zugute halten muss, dass die damalige Geschichtswissenschaft selbst bei weitem noch nicht die kritischen Maßstäbe in ihrer eigenen Forschungstätigkeit gesetzt hat, wie dies heute der Fall ist.

Historische Romane sind oft nach ähnlichem Muster aufgebaut. Es wird die Geschichte von Helden – nicht zwangsweise durch Quellen belegte Personen – erzählt, die eine Handlung durchleben, welche den Leser emotional berührt. Diese Helden sind zumeist nicht die höchsten Könige oder Herrscher, sondern eher „mittlere Helden“, die zwar mit den obersten Staatslenkern Kontakte pflegen, jedoch selbst wenig Macht besitzen. Das Geschehen ereignet sich an historischen Orten, von denen zumindest die Angaben zum äußeren Erscheinungsbild annähernd authentisch dargestellt werden.[4]

Interessanterweise kam es in den frühen Romanen zu keiner politischen Instrumentalisierung, was dagegen Ende des 19. Jahrhunderts hin immer mehr zur Intension verschiedener Autoren wurde. Wichtiger als das Politische war um 1850 die Ermutigung der Leserschaft, die – von schweren gesellschaftlichen Veränderungen wie der industriellen Revolution erschüttert – durch die Rückbesinnung auf „die glorreichen, alten Tage“ Aufmunterung für zukünftige Aufgaben erlangen sollte.[5]

Mittel zum Zweck wurde der historische Roman in den Jahren nach 1871, also nach der Gründung des Deutschen Kaiserreiches. Hier trat vor allem der Autor Felix Dahn hervor, der mit seinem Roman „Ein Kampf um Rom“ ein „Bild der Völkerwanderung von imposanter Einseitigkeit“[6] zeichnete. Vor allem Jugendliche sollten durch dieses Werk den Geist des Nationalismus unmerklich in sich aufnehmen und die darin propagierten Werte und Normen als gegeben annehmen.

Auffällig ist, dass, trotz der teilweise einseitigen Prägung der Romane von den Autoren immer mehr Quellenstudium betrieben und immer mehr Ergebnisse der Geschichtsforschung aufgenommen wurden. Allerdings hielt dies die Schriftsteller nicht davon ab, die Geschichte im Roman nach ihren Vorstellungen zu verändern. Dies ist legitim und die künstlerische Freiheit, die jeder Autor für sich beanspruchen kann. Schließlich versucht jeder Schriftsteller dem Leser das zu übermitteln, was er für wichtig und entscheidend hält. Immer breitere Schichten der Bevölkerung gehörten zur Leserschaft dieser neuen Romanart, was natürlich dazu führte, dass viele fiktive Klischees und Ereignisse aus den Erzählungen für wahrheitsgetreu erachtet wurden.[7]

2. Neuorientierungen bei der Verfassung historischer Romane am Anfang des 20. Jahrhunderts

Nachdem die Beliebtheit historischer Romane immer mehr gewachsen war, erlebten sie in den „Goldenen Zwanzigern“ ihre Hochphase. Die Autoren dieser Zeit erhoben eindeutig einen künstlerischen Anspruch. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass viele angesehene Schriftsteller, wie z.B. Heinrich Mann, Alfred Döblin oder Stefan Zweig, sich diesem Genre zuwandten. Da in den Texten immer mehr Rücksicht auf psychologische Hintergründe der handelnden Figuren genommen wurde – eine Entwicklung die dem Geist dieser Zeit entsprach –, veränderte sich der Kreis der Leserschaft von den Jugendlichen hin zu den Erwachsenen.[8] Die Historizität nahm in vielen Bereichen zu und das Quellenstudium war von äußerster Wichtigkeit. „Man konnte nicht mehr länger davon sprechen, dass Phantasiegebäude auf schmalster Tatsachengrundlage aufgebaut worden wären“[9].

Die bedeutenden Autoren des „neuen“ historischen Romans nahmen immer weniger Rücksicht auf die am Ende des 19. Jahrhunderts so stark vorhandene nationale Identitätsbildung. Da diese Autoren zumeist von moderneren und liberaleren Anschauungen vereinnahmt waren, wurde die mehr konservative, nationalistisch Seite im historischen Roman nun eher ausgeblendet.[10] Diese Entwicklung fand durch die Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 ein jähes Ende, als in Deutschland kein Platz mehr für links-liberale Literatur war.

Die Inhalte der neuen historischen Romane glichen denen des 19. Jahrhunderts. Erneut stand im Zentrum der Erzählung ein „historischer“ Held, auf dem die Handlung aufbaute. In die Geschichten wurden Erkenntnisse, die man aus Quellenstudium und Forschungsliteratur gewonnen hatte, mit eingeflochten. Das Ziel war es, den Helden für die Leserschaft emotional greifbar und somit auch „das Menschliche“ an der Geschichte sichtbar zu machen, was in geschichtswissenschaftlichen Werken schwieriger möglich ist.[11] „Das Menschliche des Helden ist die wichtigste Brücke, die von der Gegenwart zur Vergangenheit geschlagen wird; die Distanz und Fremdheit der Geschichte wird so überwunden und Geschichte vertraut gemacht“[12].

[...]


[1] Vgl. Thomas Mann, Erzählungen, S. 73.

[2] Vgl. Rolf Schörken, Begegnungen mit Geschichte, S. 25.

[3] Ebd., S. 25.

[4] Vgl. ebd., S. 26ff und vgl. Michael Meyer, Entstehung des Historischen Romans, S. 50ff.

[5] Vgl. ebd., S. 28f.

[6] Ebd., S. 30.

[7] Vgl. ebd., S. 31f und vgl. Michael Meyer, S. 61ff.

[8] Vgl. ebd., S. 33.

[9] Ebd., S. 33.

[10] Vgl. ebd., S. 35.

[11] Vgl. ebd., S. 35f.

[12] Ebd., S. 36.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Nero im historischen Roman 'Quo Vadis'
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
1
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V33439
ISBN (eBook)
9783638339179
ISBN (Buch)
9783638842846
Dateigröße
523 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nero, Roman, Vadis
Arbeit zitieren
Hans-Peter Schneider (Autor:in), 2004, Nero im historischen Roman 'Quo Vadis', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33439

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