Augustus und Ovid. Eine Betrachtung des literarischen Werk Ovids, der Gesetzgebung Augustus´ und dem Sittenskandal

Carmen et Error


Facharbeit (Schule), 2012

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ovid und seine Zeit
2.1. Biografie
2.2. Ovids historisches Umfeld
2.3. Die augusteischen Ehegesetze
2.3.1. Lex Iulia de martiandis ordinibus
2.3.2. Lex Iulia de adulteriis

3. Ars Amatoria
3.1. Die Ars Amatoria als typische Elegie?
3.2. Inhalt
3.3. Anspielungen auf die Ehepoltitik des Augustus in der Ars Amatoria
3.3.1. Zu Lex Iulia de martiandis ordinibus
3.3.2. Zu Lex Iulia de adulteriis

4. Der Sittenskandal der Iulia

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Nachdem der Autor Publius Ovidius Naso, genannt Ovid1, im Jahr 8 n. Chr. vom damaligen Princeps Gaius Octavius2, bekannt als Augustus, nach Tomi verbannt wird3, nennt er in seiner Exildichtung Tristia II carmen et error, also das Lied und der Irrtum, als Grund für sein Exil. Mit Carmen könnte seine Ars Amatoria, die Kunst des Liebens, gemeint sein4. Diese Dichtung ist damals ein sehr erfolgreiches Werk5, das sich als „erotisches Lehrgedicht“6 versteht. Allerdings scheint Ovid mit dem Inhalt dieses Gedichts auch die Ehegesetze des Augustus, genau genommen die Lex Iulia de adulteriis sowie die Lex Iulia de martiandis ordinibus, mal offensichtlich und mal mit Zweideutigkeit7 zu kritisieren. Unter dem Irrtum, zu dem sich Ovid wohl aus gutem Grund nicht weiter äußern möchte8, könnte man eine Anspielung auf den Sittenskandal der Iulia verstehen9. Iulia, die aus der ersten Ehe des Augustus mit Scribonia hervorgeht10, “entfesselt[e] [...] einen politischen Skandal, in den mehrere jüngere Senatoren aus einflussreichsten Familien verwickelt waren“11. Ebenso spielt vielleicht sogar Ovid in diesem blamablen Vorfall eine Rolle12. Wie kritisch die damalige Situation für den Autor zu betrachten ist, hängt natürlich auch von der Sichtweise des amtierenden Princeps selbst ab. Wie verhielt sich also Augustus im Allgemeinen gegenüber den Menschen in seinem Umfeld, wenn es um seine Ehre sowie sein Verständnis von Moral ging? Wie provokant ist die Ars Amatoria tatsächlich aufzufassen und was hat es mit dem „Geheimnis des error“13 auf sich? Was sich beim Sittenskandal wohl ereignet haben muss und ob eine mögliche Mitverwicklung Ovids wirklich als ausschlaggebend für die Verbannung angesehen werden kann, soll im Folgenden erörtert werden.

2. Ovid und seine Zeit

2.1. Biografie

Kenntnisse über Ovids Leben basieren „fast ausschließlich auf Angaben des Ich-Sprechers“14 in Ovids Exilgedicht Tristia15, das „man als Autobiographie zu bezeichnen pflegt“16. Allerdings läuft man Gefahr, in diesem Werk die Elemente der fiktiven, „freie[n] Ausschmückung“17 im Sinne der Poesie zu wörtlich zu nehmen18, denn „dem Dichter ist die Intertextualität [...] offenbar wichtiger als [die] autobiographische Aussage“19 seines Werks. So verfügen wir nur über wenige gewisse Fakten: Der sich selbst in seinen Werken mit Naso abkürzende Publius Ovidius Naso20 wird am 20. März 43 v. Chr. in Sulmo nahe Rom „ als Mitglied einer alten Familie des Landadels geboren“21, womit er „in Rom [...] [dem] zweiten Stand der Oberschicht [...] (Ritterstand)“21 angehört. Er erfährt eine sehr gute Ausbildung „in Senecas Rhetorenschule“22, welche ihm in Verbindung mit seinem Wohlstand den Zugang zur Ämterlaufbahn23 freigibt. Er „st[eht] [bereits] unmittelbar vor der Quästur, der niedrigsten Senatorenwürde“24, als er sich in einer Kehrtwendung für die Dichtung entscheidet. Da finanzielle Unterstützung für ihn gar nicht nötig scheint, wirkt seine Mitgliedschaft im Mesallakreis, was für ihn Förderung durch den „einflußreichen Patrizier“25 Messalla bedeutet hätte, allerdings fragwürdig26.Ovids Aussage, er habe schon mit 18 Jahren seine „erste öffentliche Rezitation von Amores-Gedichten“27 abgehalten und sein, ebenso wie die Mutter und der Bruder, früh verstorbener Vater28 habe Ovids Talent “zur brotlosen Kunst erklärt[e]“29, ist wohl in den Part der „fiktionale[n] Ich-Erzählung“30 einzuordnen31. Im Privatleben heiratet Ovid zweimal, bevor erst aus seiner dritten und auch letzten Ehe eine Tochter und zwei Enkelkinder hervorgehen. Von seiner Familie, seinen Freunden, Rom und seinem Kulturkreis sowie seinem Publikum32 wird Ovid jedoch um 8 n. Chr. getrennt, als er vom derzeit herrschenden Princeps Augustus „nach Tomi [...] am Schwarzen Meer verbannt“33 wird, wo er um 17 oder 19 n. Chr. stirbt. Hierbei handelt es sich um die „mildere[n] Form der relegatio (Verweisung)“33: Er verliert weder seinen Wohlstand, noch sein Recht als Bürger Roms34. Den Grund für das Exil benennt der Dichter in Tristia II mit carmen et error, dem Lied und der Verfehlung. Auf error geht er kaum ein, es ist nur herauszulesen, dass er keine Rechtswidrigkeit begangen habe, sondern Zeuge eines Ereignisses sei35, „ohne dass ihm dies jedoch irgendeinen Vorteil eingebracht habe“36. Fest steht, es muss „den Kaiser [so] sehr gekränkt habe[n]“37, dass über die Angelegenheit unbedingtes Schweigen gelegt werden muss38. Zu carmen äußert er sich hingegen offener, wobei der Verdacht nahe liegt, er habe diesen Grund „nur erfunden, um sich überhaupt rechtfertigen zu können“39. Denn unter carmen könnte man die Ars Amatoria verstehen, welche sich, wie später genauer erörtert, definitiv den Ehegesetzten des Augustus widersetzt40, allerdings bereits acht Jahre zuvor veröffentlicht wird41. Eher stellt sich die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen Ovid und der „vermutlich im selben Jahr“42 verbannten Enkelin des Augustus gibt. Tatsächlich können die Experten nicht genau sagen, welcher politischen Richtung der Autor angehört, beziehungsweise ob die Politik denn überhaupt in seinem Interesse liegt43. Fakt jedoch ist, dass er es nicht für nötig hält, sich ein Blatt vor den Mund zu halten. Denn auch wenn er nicht der einzige provokante Autor seiner Zeit ist, überschreitet seine Ars Amatoria sämtliche Grenzen gegenüber der Politik44. Nachdem Ovid auch trotz seiner Verbannung noch Werke publiziert, kommt eine stattliche Sammlung von Manuskripten zusammen: Seine erste Veröffentlichung sind die Amores, darauf folgen die Epistulae Heroidum und die Medicamina faciei femineae. Die Ars Amatoria wird vor dem Gegenstück Remedia Amoris herausgegeben. Schließlich erscheint die Medea, bei deren Zuordnung zum Autor man sich noch nicht ganz sicher ist. Ebenso wird sowohl über eine eventuelle Fortsetzung der Epistulae Heroidum, also auch über einen Vorgänger der Fasti und der Metamorphosen spekuliert. Gewiss ist, dass in der Verbannung Tristia, Epistulae ex Ponto, sowie Ibis entstanden. Zudem werden die Fasti, wie wohl auch die Metamophosen, nach der letzten Überarbeitung herausgegeben, vorausgesetzt, dass Vorgänger existieren, und vielleicht sogar ein zweiter Teil der Epistulae Heroidum45. Hinzu kommen drei „ als Ovidisch ausgegebene[n] Dichtungen“46, die Consolatio ad Liviam, Nux und Halieutica, über deren Ursprung sich die Experten bis heute noch nicht einigen können47.

2.2. Ovids historisches Umfeld

In Ovids früher Kindheit ist „die politische Konstellation [...] nach dem Mord an Caesar noch nicht geklärt“48 und sorgt damit für jahrelange - teils militärische - Auseinandersetzungen zwischen Republikanern und Caesarianern. So bilden Antonius, Lepidus und Octavian, der Adoptivsohn Caesars, ein offizielles Triumvirat49, um einen gewaltsamen „Kampf gegen die Caesarmörder [zu] führen“50. So treffen sie 42 v. Chr. in Phillipi auf Brutus und Cassius, zwei Caesarmörder und Vertreter der Republik, die in diesem Kampf ums Leben kommen51. Obwohl Antonius den erfolgreichen Zug des Octavian gegen Sextius Pompeius, der aufgrund seiner Macht im Weg steht, unterstützt, geraten Antonius und sein ursprünglicher Verbündeter trotzdem in der Schlacht bei Actium am 2. September 31 v. Chr.52 aneinander53. Diese finale, den Bürgerkrieg beendende Schlacht gewinnt Octavian. Mit der endgültigen Beseitigung der

Unruhen des Bürgerkrieges wird er nun demonstrativ „als Friedensbringer gefeiert“54. Außerdem bringt er Rom in eine neue Blütezeit, in der die „republikanische Tradition wiederbelebt[e]“55, die Sicherheit und die Infrastruktur verbessert56 und das territoriale Gebiet deutlich vergrößert57 wird.

[...]


1 Vgl. Holzberg, Niklas: Ovid. Dichter und Werk. Dritte Auflage, München, C. H. Beck, 2005, S. 31.

2 Vgl. Eck, Werner: Augustus und seine Zeit. Fünfte Auflage, München, C. H. Beck, 2009, S. 11.

3 Vgl. Ovid. Dichter und Werk, S. 33.

4 Vgl. Ebd., S. 36.

5 Vgl. Holzberg, Niklas: Ovid. Liebeskunst. Zweite Auflage, o.O., Artemis & Winkler, 2009, S. 203.

6 Ebd., S. 203.

7 Vgl. Ovid. Dichter und Werk, S. 19.

8 Vgl. Ovid. Liebeskunst, S. 204f.

9 Vgl. Augustus und seine Zeit, S. 70f.

10 Vgl. Gizewski, Christian: Iulia, die Tochter des Augustus und Frau des Tiberius. URL: http://agiw.fak1.tu-berlin.de/Auditorium/BeGriRoe/SO13/Julia.htm (30.08.2011).

11 Augustus und seine Zeit, S. 70f.

12 Vgl. Ovid. Dichter und Werk, S. 54.

13 Ebd., S.37.

14 Ovid. Dichter und Werk, S.31.

15 Vgl. Ebd., S. 31.

16 Ebd., S. 31.

17 Ebd., S. 34.

18 Vgl. Ebd., S. 36.

19 Ebd., S. 32.

20 Vgl. Ebd., S. 31.

21 Ebd., S. 33.

22 Kauf, Thomas: Ovids Ars Amatoria und die augusteischen Ehegesetze, o.O., GRIN Verlag, 2006, S.4.

23 Vgl. Ovid. Dichter und Werk, S. 33.

24 Ebd., S. 33.

25 Ebd., S. 38.

26 Vgl. Ebd., S. 38.

27 Ebd., S. 34.

28 Vgl. Ebd., S. 33.

29 Ebd., S. 34.

30 Ebd., S. 27.

31 Vgl. Ebd., S. 34.

32 Vgl. Ovid. Dichter und Werk, S. 33-35.

33 Ebd., S. 33.

34 Vgl. Ebd., S. 33.

35 Vgl. Ovid. Liebeskunst, S. 204.

36 Ebd., S. 204.

37 Ovid. Dichter und Werk, S. 36.

38 Vgl. Ovid. Liebeskunst, S. 204.

39 Ebd., S. 204.

40 Vgl. Ebd., S. 204f.

41 Vgl. Ovid. Dichter und Werk, S. 36.

42 Ebd., S. 54.

43 Vgl. Ebd., S. 17.

44 Vgl. Jors, Paul: Die Ehegesetze Des Augustus, Marburg, N. G. Elwert´sche Verlagsbuchhandlung, 1894. Neu verlegt. o. O., Kessinger Publishing, o. J., S. 43f.

45 Vgl. Ovid. Dichter und Werk, S. 48.

46 Ebd., S. 40.

47 Vgl. Ebd., S. 40f.

48 Augustus und seine Zeit, S. 13.

49 Vgl. Ebd., S. 18.

50 Ebd., S. 19.

51 Vgl. Ebd., S. 20.

52 Bauer, Martin: Schlacht bei Actium. URL: http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Schlacht_bei_Actium.html (23.08.2011).

53 Vgl. Augustus und seine Zeit, S. 27.

54 Ebd., S. 42.

55 Ebd., S. 63.

56 Vgl. Ebd., S. 74-76.

57 Vgl. Ebd., S. 90.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Augustus und Ovid. Eine Betrachtung des literarischen Werk Ovids, der Gesetzgebung Augustus´ und dem Sittenskandal
Untertitel
Carmen et Error
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
19
Katalognummer
V334523
ISBN (eBook)
9783668242883
ISBN (Buch)
9783668242890
Dateigröße
969 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ovid, Augustus, Gesetzgebung, Ehegesetze, Exildichtung
Arbeit zitieren
Patrizia Mund (Autor:in), 2012, Augustus und Ovid. Eine Betrachtung des literarischen Werk Ovids, der Gesetzgebung Augustus´ und dem Sittenskandal, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334523

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