„Toll: Hier ist der Lehrling sein eigener Chef“ titelte der Düsseldorfer Express 1986 und veröffentlichte einen begeisterten Artikel über eine selbstverwaltete Schreinerei. Selbstverwaltete Betriebe hatten zu dieser Zeit ein durchaus positives Image, sogar in der Boulevardpresse. Seit Anfang der 1980er Jahre waren sie Objekt zahlloser Studien, produzierten aber auch selber reichlich Statements, Programmentwürfe, Selbstdarstellungen.
Mit dem selbstverwalteten Betrieb waren große Erwartungen und Befürchtungen verbunden. Für die einen bedeuteten sie den ersten Schritt in Richtung Sozialismus, die Befreiung des Menschen von entfremdeter Arbeit, für die anderen waren sie ein Hort kommunistischen Schlendrians. Aber auch die offizielle Politik erhoffte sich nützliche Effekte. Schließlich schafften sie Arbeitsplätze, oft für sonst schwer vermittelbare Personen. Vielleicht konnten sie einen Beitrag zur Reduzierung der konstant hohen Zahl von Langzeitarbeitslosen leisten.
Es ist schwer, die tatsächliche Anzahl solcher Betriebe und den darin Beschäftigten zu erfassen. Schließlich wurden sie in keiner offiziellen Statistik gesondert ausgewiesen. Verschiedene Untersuchungen kamen mal zu einer Gesamtzahl der Projekte von 11.500 Betrieben mit 80.000 Mitarbeitern (1980), mal auf 18.000 Betriebe mit 200.000 Beschäftigten (1986). Die große Aufmerksamkeit, die sie genossen, und ihre nicht zu vernachlässigende Größe rechtfertigen es, sich näher mit der Frage, welche besonderen sozialen und politischen Bedingungen diesen Gründungsboom ermöglichten, zu befassen.
Eine verwendete Quelle ist ein historischer Rückblick über die Entwicklung des Projekts ‚Krebsmühle‘, das aus dem selbstverwalteten Betrieb ASH entstand. Darin wird auch eine 1983 verfasste Broschüre der ASH verwendet, die die ersten 8 Jahre des Projekts beschreibt. Die zweite Quelle ist eine Ausgabe einer Zeitung (Wir wollen’s anders), die insgesamt 6 mal erschien und der Kommunikation zwischen verschiedenen ‚alternativen Projekten‘ dienen sollte. Kollektivbetriebe‘ wurden in den 70er und 80er Jahren in der ganzen westlichen Welt gegründet. Diese Arbeit beschränkt sich auf die damalige Bundesrepublik. Zeitlich wird sie eingegrenzt von den ersten Krisenjahren Anfang der 1970er und dem Verschwinden dieser Betriebe aus dem öffentlichen Bewusstsein zum Ende der 1980er.
Inhalt
1.Einleitung:
2. Selbstverwaltung und Genossenschaft
2.1. Genossenschaften:
2.2. Selbstverwaltete Betriebe (SB) der 70er und 80er Jahre
3. Selbstverwaltete Betriebe und Linksalternatives Milieu
3.1. Die Arbeiterselbsthilfe Frankfurt
3.2. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen für eine Betriebsgründung
3.3. Die Schrotbäckerei Wiesbaden
3.4. Die ‚Genossenschaftshütte‘
4. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Quellen:
- Arbeit zitieren
- Christian Neumann (Autor:in), 2016, Selbstverwaltete Betriebe der 1970er und 1980er Jahre. Ein Gründungsboom und seine Ursachen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334621
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