Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Gleichnis beider Biographien
3. Die Beziehung zwischen Werner Herzog und Klaus Kinski
3.1 Ihre gemeinsamen Filme
3.2 Vergleich ihrer Charaktere
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Kinos haben uns im Laufe der Filmgeschichte unzählige denkwürdige Zusammenarbeiten zwischen Schauspielern und Regisseuren geboten, die hauptsächlich durch mehrere erfolgreiche Korporationen in Erinnerung blieben. Denn die besondere Beziehung zwischen einem Filmemacher und seinem Hauptdarsteller lässt außergewöhnliche Produktionen entstehen, wobei die Beteiligten nach großem Erfolg meistens zum Wiederholungstäter werden. Was wären zum Beispiel die Sechzigerjahre-Komödien von Billy Wilder ohne Jack Lemmon? Der Filmemacher machte aus dem ehemaligen Nebendarsteller den Star in insgesamt sieben gemeinsamen Filmen. In dem erfolgreichsten unter ihnen, „The Apartment“, harmonieren der brillante Zynismus Wilders gepaart mit dem Charme von Jack Lemmon, sodass Lemmon für die Kategorie Bester Hauptdarsteller nominiert wurde und sie weiterhin zwei Ocsars gewannen1. Bevor sich Martin Scorsese und Leonardo DiCaprio entdeckten, arbeitete der Oscarpreisträger in den 70ern bereits mehrfach mit Robert De Niro an erfolgreichen Produktionen zusammen. In den insgesamt neun Filmen, unter ihnen Meilensteine wie „Taxi Driver“ von 1976 und „Good Fellas“ von 1990, konnten sie immer wieder ihre gemeinsame Vorliebe für Improvisation ausleben und die dunkle Seite der menschlichen Psyche ergründen2.
Wenn man an die großen Duos unserer Zeit denkt, fallen einem sofort Tim Burton und Johnny Depp ein. Ihr erster Film „Edward mit den Scherenhänden“ von 1990 prägte nicht nur zwei herausragende Karrieren, sondern ließ auch eine private enge Beziehung entstehen. Der Einfluss Burtons auf seine Entdeckung ist so groß, dass die typische Rolle des skurrilen Außenseiters, die charakteristisch für Johnny Depp ist, auch von anderen Regisseuren übernommen wird. Die beiden haben mittlerweile acht Filme zusammen gedreht und konnten bei jedem großen Erfolg verzeichnen3.
Und auch das Film-Duo David Fincher und Brad Pitt sind jedem bekannt. Zwar brachten die beiden nur drei gemeinsame Filme auf die Kinoleinwand, „Sieben“ von 1995, „Fight Club“ von 1999 und „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ aus dem Jahr 2008, allesamt waren sie jedoch sehr erfolgreich. Mit Hilfe des Regisseurs durfte Brad Pitt beweisen, dass er nicht nur wegen seines Aussehens Erfolg hat, sondern auch auf Grund seines großen Talents zu den Megastars in Hollywood gehört4.
Man könnte die Aufzählung nun endlos weiterführen mit zum Beispiel Alfred Hitchcock und Cary Grant, John Huston und Humphrey Bogart, Ridley Scott und Russell Crowe und vielleicht sogar Steven Spielberg und Tom Hanks, denn alle gehen eine kongeniale Beziehung ein, die die Filmlandschaft prägen. Die Gemeinsamkeit dieser Film-Duos besteht in Umgang zwischen Regisseur und Schauspieler: Sie gehen nicht nur eine berufliche Zusammenarbeit ein, sondern auch eine enge Freundschaft. Diese besondere Beziehung lässt eine harmonische Zusammenarbeit zu, aus der ausgezeichnete Filme entstehen. Die Künstler respektieren sich gegenseitig und sind dankbar für die Zusammenarbeit, deren Erfolg ihrer Karriere vorantreibt. Der Beginn dieser Verbindung fängt mit der Auswahl der Schauspieler durch den Regisseur an und ist ausschlaggebend für das Gelingen. Auf der anderen Seite sind die Schauspieler meist Sympathieträger des Films und bauen die Beziehung zu dem Publikum auf. Sie haben die Aufgabe eine greifbare Verbindung zwischen dem Produkt und den Fans zu bilden - beide sind also voneinander abhängig5.
Und obwohl jeder dieser Zusammenarbeiten zahlreiche Meisterwerke des Kinos produzierten, war keine von ihnen so explosiv, so widersprüchlich, so inspirierend wie die Werke, die durch die kreative Korporation zwischen Regisseur Werner Herzog und seinem Star Klaus Kinski entstanden. Dieses Verhältnis der eher ungesunden Art zeigte sich in insgesamt fünf gemeinsamen Produktionen, bei denen sie sich zwar gegenseitig immer wieder zu Höchstleistungen antrieben, jedoch auch an ihre Grenzen stießen. Die Dreharbeiten bildeten ein ständiges hin und her zwischen dem, durch Verbindung beider, entstandenen Optimum an Brillianz und den ständigen Wutausbrüchen des exzentrischen Hauptdarstellers Kinski. Und doch kann man eine Ausgeglichenheit der beiden deutlich erkennen.
Die Hassliebe zwischen Herzog und Kinski bildet ein vielschichtiges und interessantes Thema, was ich gerne in dieser Hausarbeit bearbeiten möchte. Ihre Beziehung scheint in der Öffentlichkeit nicht immer eindeutig. Gerade Kinski beschimpft Herzog oftmals als Nichtskönner und Idioten, gibt jedoch auch eine Zuneigung gegenüber seines Regisseurs zu. Genauer möchte ich mich damit beschäftigen, wessen Karriere größere Vorteile aus der Zusammenarbeit bezieht. Denn gerade im Vergleich mit den vorher genannten Fällen scheinen Kinski und Herzog eine Ausnahme zu bilden. Ich möchte mich damit befassen , ob Werner Herzog vielleicht nicht in dem Maße bekannt wäre ohne den medienwirksamen Kinski und andersrum möglicherweise kein anderer Regisseur genügend Geduld aufweisen würde für die Eigenarten des Exzentrikers. Dabei habe ich mich entschlossen nur auf die Werke, bei denen die Zusammenarbeit beider eine Rolle spielt, einzugehen und die Beziehungen sowohl Kinskis, als auch Herzogs nicht mit einzubeziehen. Ehen, Affären und resultierende Kinder bilden zwar ein spannendes Themengeflecht, haben jedoch nicht direkt Einfluss auf die filmische Arbeit. Ich möchte damit beginnen ihre beiden Biographien gegenüberzustellen und somit eine Chronologie anzufertigen, die ihre Zusammenkünfte besser erkennen lässt. Außerdem wird es vielleicht mit Hilfe eines Vergleichs beider Geschichten möglich, gewisse Charaktereigenschaften besser zu verstehen. Danach möchte ich mit der Beziehung der Zwei fortfahren, indem ich erst auf die gemeinsamen Filme eingehe und danach die Merkmale und Eigentümlichkeiten Werner Herzogs und Klaus Kinskis vergleiche. In meinem Fazit werde ich dann auf meine kritische Frage zurückkommen und beantworten, ob Kinski und Herzog eine künstlerische Symbiose eingingen oder nur einseitig Gewinn geschöpft wurde.
2. Gleichnis beider Biographien
Am 18. Oktober 1926, und damit 16 Jahre vor Werner Herzog, wurde Klaus Günter Karl Nakszynski im damaligen deutschen Seebad Zoppot geboren6. Die gutbürgerliche Familie siedelte Anfang der 30er nach Berlin um, was zwangsweise dazu führte, dass Kinski in die Hitlerjugend eintrat. 1944 rekrutierte er als Soldat in den Krieg, wo er wenige Zeit später von Engländern festgenommen wurde. Im Kriegsgefangenenlager leitete der Regisseur Hans Buehl ein Lagertheater, er wird Kinskis Entdecker. Als zarte und gebrechliche Gestalt übernahm Kinski die weiblichen Rollen. Indem er sich die Haare lang wachsen ließ, wird er zur authentischen und einzigen Frau auf der Bühne. Als Kinski nach Berlin zurückkehrte, musste er erfahren, dass seine Eltern den Krieg nicht überlebt hatten. Er konzentrierte sich weiterhin auf das Theater und wirkte, trotz fehlender Ausbildung, an renommierten Berliner Kunststätten mit. Hier nahm er auch den Künstlernamen „Kinski“ an. Die berühmtesten Theaterregisseure dieser Zeit, wie Jürgen Fehling oder Berthold Brecht, waren von seinem Talent und Engagement fasziniert. Wieder wird Kinski besonders für Rollen, die Außenseiter und Verrückte darstellen engagiert und spielt nach eigenen Angaben so echt, dass es zu einer Frühgeburt und einem Ohnmachtsanfall im Saal kommt7. Während Klaus Kinski seine Berufung in der Schauspielerei fand, kam Werner Herzog am 5. September 1942 in München auf die Welt und wuchs in einem kleinen Dorf an der österreichischen Grenze auf8. Herzogs Leidenschaft für den Film begann mit elf Jahren, als er mit der Schule das erste mal ein Kino besuchte. Nach Herzog soll die erste Begegnung zwischen ihm und Kinski bereits 1955 gewesen sein, als beide Nachbarn in einem Mietshaus waren. „Vom ersten Moment an hat er alle acht Parteien terrorisiert“, indem er laut wütend durch den Flur stürmte oder drei Tage lang das gemeinsame Badezimmer besetzte9.
Klau Kinski entwickelte sich derweil weiter und wurde von dem Berliner Produzenten Artur Brauner für den Film entdeckt. 1948 spielt Kinski in „Morituri“ einen KZ-Inhaftierten. Dabei kann er seine eigenen Erfahrungen als Häftling einbringen und die erlebten Schmerzen verarbeiten. Neben seiner Arbeit am Theater wurde er weiterhin für Filme gebucht und veröffentlichte sogar sein erstes Gedichtband. Er wird zum Rockstar der 50er ernannt und tourt mit Monologen der Weltliteratur durch Deutschland. Sein wechselhaftes Temperament und der irre Blick werden zu Markenzeichen Kinskis. Auch die Bösewichte in den Edgar-Wallace- Verfilmung schienen Kinski wie auf den Leib geschneidert. Seinen Erfolg nutzte er aus, um in Rom, dem damaligen Hollywood Europas, Fuß zu fassen. Durch den Film „Für ein paar Dollar mehr“ von 1965 wurde er endgültig europaweit bekannt. Allerdings wurde es für Kinski immer schwieriger Jobs zu finden. Nicht nur, dass ihm ständige Geldsorgen begleiteten, auch wegen seines Charakters landete er Ende der 60er auf der Schwarzen Liste, sodass ein jeder Regisseur die Arbeit mit ihm verweigerte.
Werner Herzog konnte bereits 1962 seinen ersten Kurzfilm „Herakles“ präsentieren und gründete ein Jahr später seine eigene Produktionsfirma „Werner Herzog Filmproduktion“. Nebenbei studierte er Geschichte, Literatur und Theaterwissenschaften in München. Mit dem Film „Lebenszeichen“ von 1968 etablierte sich Herzog endgültig als angesehener Regisseur und wurde mit dem Deutschen Filmpreis in der Kategorie Bester Film ausgezeichnet. Im Frühsummer 1971 begann Werner Herzogs und Klaus Kinskis Zusammenarbeitet bei den Vorbereitungen des Film „Aguirre, der Zorn Gottes“. Bereits damals waren die Kritiker sich einig, dass Schauspieler und Regisseur eine Symbiose eingehen, von denen sie noch öfter hören würden10.
Im Laufe der nächsten Jahre schließen sich die beiden zu vier weiteren Filmen zusammen, die allesamt nicht nur wegen der filmischen Leistungen große Aufmerksamkeit erlangten, auch die persönlichen und professionellen Meinungsverschiedenheiten während des Drehs erschienen immer wieder in den Medien.
1981 entschloss sich Kinski nach Kalifornien zu ziehen und die amerikanische Filmlandschaft zu erobern. Nach anfänglichen Erfolg, bleiben auch hier die Aufträge aus. Er erfüllt sich 1987 jedoch seinen Lebenswunsch und verfilmte das Leben des Niccolo Paganini, von dem er eine tiefe Verbindung durch ein früheres Leben glaubte. Überraschend stirbt Klaus Kinski in der Nacht zum 23. November 1991 auf seinem Anwesen in der Nähe San Franciscos. Mit 65 Jahren erlag er einen Herzinfarkt, wobei bei der Obduktion bereits mehrere kleine Narben auf dem Herzen entdeckt wurden11.
Werner Herzog produzierte neben der Zusammenarbeit mit Kinski auch andere Filme und wurde für seine Leistung mehrfach ausgezeichnet. Seit 1995 lebt der Regisseur mit seiner Familie in der USA, hat bereits an über 40 Filmen mitgearbeitet und komponiert mittlerweile auch Opern. Vor zwei Jahren wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet12.
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1 Dwyer, Shawn: Jack Lemmon and Billy Wilder Classic Movies, http://classicfilm.about.com/od/articlesaboutthemovies/tp/Jack-Lemmon-And-Billy-Wilder-Classic-Movies.htm, 2011
2 Scheinig, Philipp: Robert De Niro bestätigt Reunion mit Martin Scorsese, http: //www.moviepilot.de/news/robert-de-niro-bestatigt-reunion-mit-martin-scorsese-128054, 2014
3 Petersen, Christoph: Tim Burton & Johnny Depp: Ein Regisseur und sein Star, http://www.filmstarts.de/specials/1073.html, 2012
4 Green, Marc: Actor and Director, http://www.empireonline.com/features, 2009
5 Green, Marc: Actor and Director, 2009 (Anm. 4)
6 Diesel, Harald: Hommage an Klaus Kinski, http://www.klaus-kinski.de/, 2005
7 Kinski, Klaus: Ich brauche Liebe.,1. Auflg., München, Heyne 1991 S.124
8 Andersen, Bernd: The only authentic and official Website of Werner Herzog http://www.wernerherzog.com/home.html, 2014
9 Mein liebster Feind, Regie: Werner Herzog, Dokumentation/ Biographie, Deutschland Finnland Großbritannien USA 1999, TC 00:05:52
10 Klaus Kinski - Es war nicht mal da ruhig, wo ich nicht war, Regie: Frank Dietrich, Dokumentation/ Biographie, Deutschland 2011, TC 00:12:33
11 Diesel: Hommage an Klaus Kinski (Anm. 5)
12 Andersen, Bernd: The only authentic and official Website of Werner Herzog (Anm. 7)
- Arbeit zitieren
- Verena Schulz (Autor:in), 2013, Die Beziehung zwischen Werner Herzog und Klaus Kinski, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334955
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