Die Paradigmenwechsel der politischen und ökonomischen Diskussion
Eine der ältesten paradigmatischen Begriffsbestimmungen ökonomischer Güter setzt bei einer Unterteilung in produktive und unproduktive Arbeit und deren Erzeugnissen an. Adam Smith sah in der materialverarbeitenden Fabrikarbeit einen produktiven Prozess, welcher durch seine werteschaffende Wirkung zum Wohlstand der Nation beiträgt. Smith ging damit einen Schritt weiter als die Physiokraten, welche den Wohlstand einzig als auf Grund und Boden basierend ansahen.
Die Verrichtung von Diensten jedoch galt für Smith als unproduktiver Arbeitsprozess, da sich dieser nicht in einem stofflichen Gut materialisiere, das einen tausch- oder lagerfähigen Gegenwert besitze und auf der Inputseite nur menschliches Tun und keine stofflichen Dinge brauche.
Dienstleistungen wurden unter dieser Perspektive nicht als eigenständiger Bestandteil der Ökonomie identifiziert und lediglich unter den Begriff der unproduktiven Arbeit subsumiert.
J.B. Says Kritik an Smith’ Handhabe der ökonomischen Arbeit und Güter führte zu einem erweiterten Paradigma, das auf einer Weiterführung der Gedanken bezüglich der werteschaffenden Arbeit aufbaut: Wenn Smith über den Wert des Bodens hinausgehend auch diejenige Arbeit, welche Werte an materiellen Gegenständen schafft, als produktiv und wohlstandsmehrend ansieht, warum sollte nicht auch Arbeit ohne stoffliche Grundlage und materielles Resultat als werteschaffend betrachtet werden? „Es gebe eben Produkte, deren Consumption im Augenblicke ihrer Schöpfung erfolgt und die durchaus einen Tauschwert hätten: Dies heiße ich ein immaterielles (körperloses) Gut.“
Marx greift diesen Gedanken bezüglich der Dienste später auf, wenn er beispielhaft die Ortsveränderung selbst als das Produkt der Transportindustrie bezeichnet. Marshall wiederum nähert sich Smith mit der Betonung der menschlichen Tätigkeit auf der Outputseite - als Objekt der Nutzenstiftung.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Probleme der Identifikation und Definition von Dienstleistungen
- 2.1 Vom Residuum zur Identifikation konstitutiver Merkmale
- 2.2 Prozess- und ergebnisorientierter Ansatz
- 2.3 Diskussion der gängigen Kriterien
- 2.3.1 Immaterialität
- 2.3.2 Externe Faktoren
- 2.3.3 Synchroner Kontakt
- 2.3.4 Nichtlagerfähigkeit
- 2.3.5 Auftragsindividualität
- 2.4 Positivdefiniton des Begriffs Dienstleistung
- 3. Dienstleistungen auf volkswirtschaftlicher Ebene
- 3.1 Ungenauigkeiten in der Handhabung des Begriffs der Dienstleistungen
- 3.2 Funktionale und sektorale Differenzierung wirtschaftlicher Tätigkeiten
- 4. Kernthema der ökonomischen Diskussion: Dienstleistungen als ökonomisch expansiver Faktor?
- 4.1 Defizite der klassischen sektoralen Aggregation
- 4.2 Wachstumstheoretische Ansätze
- 4.3 Fourastié: Dienstleistung und Wachstumshoffnung
- 4.4 Kritik
- 4.5 Differenzierung: Der Verwendungszusammenhang
- 4.6 Baumol: Der nicht-progressive Sektor
- 5. Kritik und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit widmet sich dem Problem der Definition von Dienstleistungen in der ökonomischen Diskussion. Ziel ist es, die verschiedenen Ansätze und Perspektiven auf Dienstleistungen zu beleuchten und die Problematik ihrer Abgrenzung von anderen Wirtschaftsgütern zu analysieren. Die Arbeit befasst sich mit den Defiziten klassischer Definitionsansätze und untersucht moderne Ansätze, die auf der Identifikation konstitutiver Merkmale basieren.
- Das Definitionsproblem des Begriffs "Dienstleistung" in der ökonomischen Diskussion
- Die Herausforderungen der Abgrenzung von Dienstleistungen von anderen Wirtschaftsgütern
- Die Entwicklung des Dienstleistungssektors und seine Bedeutung für die gesamtökonomische Entwicklung
- Kritik an klassischen Definitionsansätzen und alternative Ansätze zur Fundierung des Begriffs "Dienstleistung"
- Die Bedeutung von Dienstleistungen für die gesellschaftliche Entwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einleitung
Das erste Kapitel führt in das Thema ein und stellt die Problematik der Definition von Dienstleistungen in der ökonomischen Diskussion dar. Es beleuchtet die historische Entwicklung des Begriffs "Dienstleistung" von Adam Smith bis hin zu Marx und Marshall.
Kapitel 2: Probleme der Identifikation und Definition von Dienstleistungen
Dieses Kapitel befasst sich mit den Herausforderungen der Identifikation und Definition von Dienstleistungen. Es untersucht verschiedene Definitionsansätze und diskutiert die gängigen Kriterien zur Abgrenzung von Dienstleistungen, wie z.B. Immaterialität, externe Faktoren und Nichtlagerfähigkeit.
Kapitel 3: Dienstleistungen auf volkswirtschaftlicher Ebene
In diesem Kapitel wird die Bedeutung von Dienstleistungen auf volkswirtschaftlicher Ebene betrachtet. Es werden die Ungenauigkeiten in der Handhabung des Begriffs "Dienstleistung" in der Wirtschaftsstatistik und die funktionale und sektorale Differenzierung wirtschaftlicher Tätigkeiten beleuchtet.
Kapitel 4: Kernthema der ökonomischen Diskussion: Dienstleistungen als ökonomisch expansiver Faktor?
Dieses Kapitel widmet sich der Frage, ob Dienstleistungen als ein ökonomisch expansiver Faktor betrachtet werden können. Es untersucht die Defizite der klassischen sektoralen Aggregation und diskutiert verschiedene wachstumstheoretische Ansätze, darunter die Theorien von Fourastié und Baumol.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Seminararbeit beschäftigt sich mit dem Begriff "Dienstleistung" und seiner Bedeutung in der ökonomischen Diskussion. Schlüsselbegriffe sind: Dienstleistungen, Immaterialität, Nichtlagerfähigkeit, externen Faktoren, synchroner Kontakt, Auftragsindividualität, Wachstumstheorie, sektorale Aggregation, Dienstleistungswirtschaft, postindustrielle Gesellschaft.
- Quote paper
- Florian Lüdeke (Author), 2003, Das Definitionsproblem des Begriffs 'Dienstleistungen' in der ökonomischen Diskussion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33505