1. Einleitung
Nachdem in Lateinamerika in den 1960er und 70er Jahren mit Ausnahme von Venezuela und Costa Rica fast alle Länder von militärischen, autoritären Regimes regiert wurden, hat in den 1980er Jahren eine Welle der Demokratisierungen um sich gegriffen1. Zivilgesellschaftliche Akteure haben in den politischen Umbruchprozessen eine wichtige Rolle eingenommen, die jedoch nach der vollzogenen Transition im Konsolidierungsprozess nicht den von vielen Seiten erhofften Einfluss auf die politischen Entscheidungsmechanismen beibehalten konnte. Heute herrschen in fast allen lateinamerikanischen Ländern formale demokratische Systeme vor, doch bleiben viele Demokratietheoretiker angesichts der Stabilität und der Qualität der demokratischen Institutionen skeptisch.
Leonardo Avritzer wirft der bisherigen Demokratisierungsdebatte Lateinamerikas eine fehlende Wertschätzung der Bedeutung zivilgesellschaftlicher Akteure vor. Er kritisiert die seiner Meinung nach in den meisten Ansätzen implizit oder explizit vorherrschende Elite-Masse- Dichotomie, die ein vollständiges Verständnis des lateinamerikanischen Demokratisierungsprozesses verhindere. In seinem 2001 veröffentlichten Werk „Democracy and the Public Space in Latin America“ fordert er die komplette Auflösung dieser Masse – Elite – Dichotomie und schlägt stattdessen ein Konzept des öffentlichen Raumes vor. Sein Ansatz soll hier veranschaulicht und im Lichte der aktuellen Demokratisierungsdebatte Lateinamerikas kritisch beleuchtet werden. Dabei steht die Rolle der Zivilgesellschaft im Konsolidierungsprozess und ihre Berücksichtigung in den theoretischen Ansätzen im Vordergrund. Vorerst sollen jedoch in einem kurzen historischen Abriss die verschiedenen politischen Phasen in Lateinamerika seit dem 2. Weltkrieg dargestellt werden, um ein besseres Verständnis der theoretischen Diskussion zu gewährleisten.2 Da sich die einzelnen Länder trotz vorhandener Gleichmäßigkeiten in bestimmten Punkten wiederum stark voneinander unterscheiden, kann hier keine Vollständigkeit der Darstellung angestrebt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Historischer Abriss: Politische Phasen in Lateinamerika seit dem 2. Weltkrieg
- Die (Nicht-) Beachtung der Zivilgesellschaft - Leonardo Avritzers Kritik der Demokratisierungstheorien
- Avritzers Kritik an der elitistischen Theorie
- Avritzers Kritik an den Transitionstheorien
- Partizipation durch den öffentlichen Raum: Die Public - Space - Theorie nach Avritzer
- Public Space: Der öffentliche Raum
- Das Konzept der partizipatorischen Öffentlichkeiten (participatory publics)
- Die Zivilgesellschaft in den neuen Demokratien Lateinamerikas - ein empirischer Befund
- Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Public-Space-Theorie von Leonardo Avritzer im Kontext der lateinamerikanischen Demokratisierungsdebatte. Der Fokus liegt auf der kritischen Betrachtung der Rolle der Zivilgesellschaft in den Konsolidierungsprozessen der Demokratie und der Einbeziehung dieser Akteure in bestehende theoretische Ansätze.
- Kritik an gängigen Demokratisierungstheorien
- Das Konzept des öffentlichen Raumes (Public Space)
- Partizipatorische Öffentlichkeiten (participatory publics)
- Die Rolle der Zivilgesellschaft im Konsolidierungsprozess
- Demokratisierung in Lateinamerika
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit führt in die Thematik der Demokratisierung in Lateinamerika ein und beleuchtet den Hintergrund der zunehmenden Debatte über die Rolle der Zivilgesellschaft in diesem Kontext. Die Studie konzentriert sich auf die Public-Space-Theorie von Leonardo Avritzer, die eine Kritik an traditionellen Demokratisierungstheorien darstellt.
- Historischer Abriss: Politische Phasen in Lateinamerika seit dem 2. Weltkrieg: Dieses Kapitel bietet einen kurzen Überblick über die verschiedenen politischen Phasen in Lateinamerika seit dem Zweiten Weltkrieg, um die theoretische Diskussion zu Kontextualisieren. Es werden die Herausforderungen der jungen Demokratien, die Etablierung autoritärer Regime und die Folgen der kubanischen Revolution beleuchtet.
- Die (Nicht-) Beachtung der Zivilgesellschaft - Leonardo Avritzers Kritik der Demokratisierungstheorien: Dieses Kapitel behandelt Avritzers Kritik an den gängigen Demokratisierungstheorien, insbesondere an der elitären Sichtweise, die die Bedeutung der Zivilgesellschaft vernachlässigt. Avritzer argumentiert, dass eine vollständige Elite-Masse-Dichotomie ein umfassendes Verständnis des lateinamerikanischen Demokratisierungsprozesses verhindert.
- Partizipation durch den öffentlichen Raum: Die Public - Space - Theorie nach Avritzer: Hier wird Avritzers Public-Space-Theorie im Detail vorgestellt. Es werden die Konzepte des öffentlichen Raumes (Public Space) und der partizipatorischen Öffentlichkeiten (participatory publics) erläutert, die Avritzer als Schlüssel für eine effektive politische Partizipation der Zivilgesellschaft ansieht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die Themen Demokratisierung, Zivilgesellschaft, Public Space, Partizipation, Lateinamerika, Demokratie, Elite-Masse-Dichotomie, Leonardo Avritzer, Demokratisierungstheorien, Transitionstheorien, politische Phasen, historische Entwicklung, Konsolidierungsprozess, Kritik, empirische Befunde.
- Arbeit zitieren
- Jennifer Eggert (Autor:in), 2003, Die Public-Space-Theorie von Leonardo Avritzer: Politische Partizipation durch den öffentlichen Raum?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33517