Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Entstehung und Thematik der Quelle
2.1 Äußere Aspekte der Quelle
2.2 Inhaltliche Aspekte
3. Die Kernaussage der Epode vor dem Hintergrund der Biographie
4. Künstlerische Hintergründe der Epodendichtung
5. Zusammenfassung
Quellen und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Was wir über den Dichter Horaz wissen, erschließt sich uns zum größten Teil aus seinen Werken selbst. Daher könnte man annehmen, dass auch seine politische Position darin ersichtlich wird. Um eine solche Position zu finden, ist es sinnvoll, Frühwerke, die vor dem „Augusteischen Frieden“ entstanden sind, zu betrachten. Dies ist deshalb sinnvoll, da zu dieser Zeit weit mehr politische Turbulenzen bestanden und Horaz in weniger engem Kontakt zu seinem späteren Förderer Maecenas und vermutlich gar keinem Kontakt zu Augustus stand, denen dann spätere Werke oft gewidmet waren.
Möglicherweise liegt ein solches Gedicht mit politischen Tendenzen bei der siebten Epode vor. Jedoch ist es fraglich, ob die Aussagen im Gedicht tatsäch- lich als politisch gewertet werden können und es ist daher ebenso fraglich, ob Horaz zur damaligen Zeit seine Meinung in Gedichten veröffentlicht hätte. Ziel dieser Arbeit ist es daher unter literarhistorischen Gesichtspunkten zu- nächst zu untersuchen, ob der Inhalt als politisch oder vielleicht auch nur ge- sellschafts- oder zeitkritisch bewertet werden kann. In einem nächsten Schritt soll das Gedicht dann in die Biographie des Horaz‘ eingeordnet werden, um zu klären, in wie weit sich der Inhalt des Gedichts überhaupt vom Sprecher auf den Autor übertragen lässt.
Grundlegend für die Aufschlüsselung des Inhalts der Epode sind die Übersetzung von Kytzler, sowie die Untersuchungen zu den politischen Epoden von Ableitinger - Grünberger. Die Studien von Kraggerud habe ich aufgrund der Rezension von Burck nur teilweise berücksichtigt.
Zur historischen Einordnung dienten in erster Linie die Augustus-Biografie von Kienast und die Kommentare von Fraenkel zur Vita Horati in seinem Werk „Horaz“. Für die Formanalyse des Gedichts wurde mit den Werken von Schmidt und Watson gearbeitet.
2.Entstehung und Thematik der Quelle
Bei der Quelle handelt es sich um die siebte Epode in dem Frühwerk des Dich- ters Quintus Horatius Flaccus, kurz Horaz, der von 65 v. Chr. bis 8 v. Chr. lebte. Er wird allgemein zur „augusteischen Literatur“ gerechnet, wobei au- gusteisch abgesehen von dem Bezug zur Regierungszeit des Augustus (31 Chr. bis 14 n. Chr.) auch die Komponente des Bezuges zu der Person des Augustus beinhaltet.1
Die siebzehn Epoden, die von Horaz auch als Iambi bezeichnet werden, können anhand der Hinweise auf das Zeitgeschehen auf die Jahre 41 - 31 v. Chr. datiert werden, wobei ihre Anordnung nicht chronologisch ist, sondern vermutlich eher thematischen oder metrischen Kriterien entspricht. 2 Der Begriff Epode leitet sich von dem Griechischen Wort „epodós“ (Nachvers, Nachgesang) ab. Auf eine längere Verszeile folgt jeweils eine kürzere. Bei den Griechen hatte Horaz auch seine Vorbilder.3 Ebenso leitet sich der Begriff Iambi aus dem Griechischen ab und ist nicht wie heute nur als Versmaß, sondern als ganze Dichtungsgattung zu verstehen.4
Die Epoden sind thematisch vielfältig und beinhalten neben Schmähreden, Ge- dichten über Liebe und Freundschaft eben auch politisch/gesellschaftliche Ge- dichte.
Die siebte Epode wird in der Forschung auch zu den politischen Gedichten gerechnet.5 Als politische Gedichte werden Gedichte bezeichnet, die weniger an einen ästhetischen Anspruch des Lesers, sondern vielmehr an seine Partizi- pation am gesellschaftlichen Leben und den Interessen des Staates appellieren.6
Es gilt daher zunächst zu untersuchen, ob dies auf die siebte Epode zutrifft.
2.1 Äußere Aspekte der Quelle
Die konkrete Entstehungszeit der siebten Epode kann aufgrund der damals üblicherweise, fehlenden Angabe eines Datums nicht genau bestimmt werden. Abgeleitet von der Thematik des Gedichts wird aber angenommen, dass es sich um das Jahr 38 v. Chr. handelt.7 Horaz müsste demnach 27 Jahre alt gewesen sein, als er dieses Gedicht schrieb.
Als Adressatenkreis kann mit Sicherheit Maecenas8, der Förderer von Horaz, bestimmt werden, da ihm schon zu Beginn der Epoden, die erste Epode gewidmet ist.9 Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang auch anzunehmen, dass ein breites Publikum in gebildeten Kreisen bestand und auch die Bevölkerung über die auditive Vermittlung Zugang zu den Werken hatte. Aber auch der Inhalt selbst gibt Angaben zum Adressat.
2.2 Inhaltliche Aspekte
Zur inhaltlichen Analyse sei vorweg gesagt, dass sie sich in erster Linie auf die Übersetzung von Bernhard Kytzler stützt10 und keineswegs vollständig sein wird, sondern nur in dem Maße erfolgt, wie sie für diese Arbeit notwendig ist. In der ersten Strophe spricht der Sprecher des Gedichts mit der Wortwiederho- lung Quo, quo11 am Anfang den Adressat zunächst in betonter, appellierender Weise an und er sucht dessen Aufmerksamkeit. Man kann sagen, dass das Ge- dicht insgesamt in einem dementsprechend erregten Ton verfasst ist. Dies sieht man auch an der Aufhäufung von Fragen in den ersten vier Versen und dann wieder in Vers 13 und 14 zu einer rhetorischen Gesamtfrage, die er in den letz- ten Versen beantwortet.
Als Adressat wird dann scelesti (Verruchte) angesprochen, womit er ohne kon- krete Stellungnahme zu einer Partei, zunächst die Bürger insgesamt ansprechen könnte.12 Aber er stellt dann die Frage, wieso schon wieder zum Schwert ge- griffen wird und somit ließe sich der Adressatenkreis auf diejenigen scelesti einschränken, die jetzt wieder zum Schwert greifen, also als Angreifer agie- ren.13 Weiter fragt er, ob nicht schon genug römisches Blut vergossen wurde und antwortet darauf, dass dies weder dem Kampf gegen die Karthager oder Briten, sondern nur der Erfüllung des Wunsches der Parther dienen könne. Nämlich, dass Rom sich selbst zerstöre.14
Im Folgenden führt er dann an, dass dieses Verhalten unnatürlich sei und es weder bei Löwen noch bei Wölfen vorkomme, dass sie Ihresgleichen bekämp- fen.15
In Vers 13 fragt er wiederholt nach den Gründen für dieses Verhalten und fordert eine Antwort.16
Doch Sie schweigen und Todesblässe deckt das Angesicht, denn die Antwort sieht der Sprecher als Resultat des Brudermordes, dessen Folge der Fluch auf die Nachkommen und alle Römer sei, eben dieses Schicksal des Kampfes unter Römern zu ertragen.17
Bei der inhaltlichen Interpretation geht es hier in erster Linie um die historische Einordnung der jeweiligen Verse, um daraus eine Gesamtaussage und mögli- che Stellungnahme im Hinblick auf die Ereignisse der Zeit zu geben. Zunächst wird in den ersten beiden Versen mit dem bereits vergossenen Lati- nerblut ein Hinweis auf die vergangenen Bürgerkriege gegeben. Ableitinger- Grünberger nimmt an, dass auf die Perusinischen Kriege Bezug genommen wird, sowie auf Sextus Pompeius.18 Mit der Frage, wieso die Hand schon wie- der zum Schwert greift, wird nach der herrschenden Meinung also auf die poli- tischen Ereignisse des Jahres 39 hingewiesen 19, wo nach einem kurzen Frieden der Bürgerkrieg zwischen Ocatvian und Sextus Pompeius wieder aufflammte. Des Weiteren finden sich in den Versen Hinweise auf : Karthago, Britannien und die Parther.
Kurz gefasst, bildete Karthago lange Zeit die eine große Bedrohung für Rom und war das Hauptaugenmerk römischer Außenpolitik. Mit seinem Nieder- gang, so sagte Sallust, fehlte den Römern der Ansporn und es kam zum Sitten- verfall und dem inneren Konkurrenzkampf stand nichts mehr im Wege.20 Der Kampf gegen die Parther hat eine lange Geschichte. Zu jener Zeit oblag Antonius, noch in Folge der Niederlage bei Carrhae (53 v. Chr), ein Gegen- schlag, der ihm zusätzlich auch viel Prestige eingebracht hätte und für den er 39/38 v. Chr. Truppen aushob.
Die letzten Verse benennen den Brudermord von Romulus an Remus als Ursa- che des Fluches. Das negative Bild des Romulus lässt sich in die Zeit der spä- ten Bürgerkriege und in Bezug auf Sulla einordnen, wo der Name „Romulus“ stellvertretend für „tyrannus“ verwendet wurde.21
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1 Lefèvre, Eckard: Die unaugusteischen Züge der augusteischen Literatur, in: Gerhard Binder (Hrsg.), Saeculum Augustum. in: Wiss. Buchges., Bd. 2: Religion und Literatur, Darmstadt 1988, S. 175.
2 Watson, Lindsay C.: a commentary on Horace’s Epodes, New York 2003, S. 20. auch: Mankin, David: Horace Epodes, Cambridge 1995, S. 10-11.
3 Maurach, Gregor: Horaz Werk und Leben, Heidelberg 2001, S. 26-27.. Auch: Watson 2003, S. 8-12.
4 Görgemanns, Herwig (Hrsg.): Die griechische Literatur in Text und Darstellung, Bd. 1 Archaische Periode, Stuttgart ²1998, S. 240.
5 Vgl. Kraggerud, Egil: Horaz und Actium, Studien zu den politischen Epoden, Oslo 1984, S. 7. oder auch Ableitinger- Grünberger, Doris: Der junge Horaz und die Politik, Studien zur 7. Und 16. Epode, Heidelberg 1971, S. 9.
6 Kraggerud 1984, S. 9.
7 Vgl Ableitinger- Grünberger 1971, S. 11-12. Auch: Burck, Erich: Review, Reviewed Work: Horaz und Actium, Studien zu den politischen Oden by Egil Kraggerud, in: Gnomon 58. Bd. , H. 1 (1986), S. 19.
8 Maecenas (um 70 - 8 v. Chr.) war ein wichtiger Vertrauter von Octavian, der dem Ritterstand angehörte und bis zu seinem Lebensende als Berater Octavians fungierte. Auf seinen Namen geht die auch heute noch geläufige Bezeichnung Mäzen für einen finanziellen Förderer von Kunst zurück. Zu Seinem Kreis gehörten auch die Dichter Vergil und Properz.
9 Quintus Horatius Flaccus (kurz: Horaz), Epode I, in: Kytzler, Bernhard (Hrsg.), Quintus Horatius Flaccus, Oden und Epoden, Stuttgart 1978, S. 36- 37.
10 Horatius Flaccus, Quintus (kurz: Horaz), Epode I, in: Kytzler, Bernhard (Hrsg.), Quintus Horatius Flaccus, Oden und Epoden, Stuttgart 1978, S. 252 - 253.
11 Horaz, Epode VII, S. 252 - 253 Vers 1.
12 Vgl. Watson 2003, S. 267.
13 Horaz, Epode VII, S. 252 - 253 Vers 1-2.
14 Horaz, Epode VII, S. 252- 253 Vers 3 -10.
15 Horaz, Epode VII, S. 252 - 253 Vers 11-12.
16 Horaz, Epode VII, S. 252 - 253 Vers 13.
17 Horaz, Epode VII, S. 252 - 253 Vers 15 - 20.
18 Ableitinger- Grünberger 1971, S. 11.
19 Burck 1986, S. 19. Ableitinger- Grünbergers 1971, S. 9- 12.
20 Vgl. Sallustius Crispus, Gaius, De coniuratione Catilinae, in: Büchner, Karl(Hrsg.), De coniuratione Cattilinae, Die Verschwörung des Catilina, Stuttgart 1989, S. 16/17. siehe auch: von Albrecht, Michael: Geschichte der römischen Literaur, Bd. 2, Paris ²1994, S. 511.
21 Ableitinger- Grünberger 1971, S. 15.