Friedrich Schiller (1759-1805) wird die Geschichte des bayerischen Räubers Hiesel oder des rheinischen Schinderhannes bekannt gewesen sein, als er sein Drama Die Räuber verfasst hat; denn jenes Motiv des ‚edlen’ Räuberdaseins galt ihm als Vorbild bei der Gestaltung der Figur des Karl Moor. Jedoch sind die restlichen Mitglieder der Räuberbande keineswegs edel, sondern unmoralisch und ruchlos. Doch woher kommen diese Skrupellosigkeit und der Wandel zu einem Verbrecher? Genau mit dieser Fragestellung beschäftigt sich diese Hausarbeit. Methodisch liegt hier der psychoanalytische Interpretationsansatz zu Grunde, wobei vor allem Sigmund Freuds Werk Massenpsychologie und Ich-Analyse als Grundlagentext für die Erklärung der aufgezeigten Phänomene dienen soll.
Die Hausarbeit ist hauptsächlich in zwei Abschnitte gegliedert: Zunächst soll eine Begriffsbestimmung von Masse und das Aufzeigen der libidinösen Konstruktion der Räuberbande im Freud’schen Sinne erfolgen. Zweitens gilt es, die psychoanalytischen Denkansätze auf die Räuber zu beziehen. In diesem Sinne wird zunächst die Massenbildung und Karls Wandel als Hauptmann untersucht, um zuletzt das Verhalten der Räuber als Masse zu analysieren. Obwohl Freud nicht der einzige Psychoanalytiker ist, der sich mit der Massenpsychologie auseinandergesetzt hat, bleiben die Beobachtungen auf dessen Errungenschaften beschränkt, da er zusammen mit Le Bon als dessen Begründer gilt und das Heranziehen weiterer Ansichten über den Rahmen dieser Arbeit hinaus ginge.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Massenpsychologie und Ich-Analyse
- Der Massenbegriff bei Freud
- Die libidinöse Konstitution einer Masse
- Interpretation
- Die Massenbildung der Räuber
- Die Überhöhung des Führers
- Die Räuber als Masse
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert Schillers Drama „Die Räuber“ unter Verwendung der psychoanalytischen Theorien Sigmund Freuds, insbesondere seiner Massenpsychologie und Ich-Analyse. Ziel ist es, die Entstehung der Skrupellosigkeit und des Wandels der Räuberbande zu einem Verbrecher-Kollektiv zu erklären.
- Massenbildung und Führerrolle in der Räuberbande
- Libidinöse Konstruktion der Masse und die Identifizierung mit dem Führer
- Veränderung des persönlichen Charakters durch die Masse
- Psychoanalytische Interpretation der Räuberbande als Massenphänomen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Arbeit stellt die Fragestellung nach dem Ursprung der Skrupellosigkeit der Räuberbande und die Anwendung des psychoanalytischen Interpretationsansatzes auf dieses Thema vor. Die methodischen Grundlagen liegen in Freuds Massenpsychologie und Ich-Analyse.
Die Massenpsychologie und Ich-Analyse
Dieser Abschnitt präzisiert den Massenbegriff bei Freud, der sich auf Gustave Le Bons Definition stützt und das Phänomen der Entindividualisierung in der Masse sowie die Bedeutung von Suggestion und Trieben in der Massenseele beleuchtet. Freud lenkt den Blick von der Masse selbst und beschreibt die Bedingungen für das Zustandekommen einer Masse, die auf gemeinsamen Elementen und der „Führersehnsucht“ beruhen.
Die libidinöse Konstruktion einer Masse
Freud definiert die Masse als eine Gruppe von Individuen, die ein gemeinsames Objekt, den Führer, als ihr Ich-Ideal verehren und sich dadurch miteinander identifizieren. Die „Libido“ als Triebenergie und das „Ich-Ideal“ als Streben nach Übereinstimmung spielen hier eine zentrale Rolle.
Interpretation
Dieser Abschnitt untersucht die Massenbildung der Räuberbande und beleuchtet die Identifizierung der Räuber untereinander sowie ihre Identifizierung mit Karl Moor als Führer. Die Arbeit bezieht sich auf die Überhöhung des Führers und die Veränderung des persönlichen Charakters der Räuber durch die Masse.
Schlüsselwörter
Massenpsychologie, Ich-Analyse, Sigmund Freud, Gustave Le Bon, „Die Räuber“, Friedrich Schiller, libidinöse Konstruktion, Führer, Masse, Entindividualisierung, Suggestion, Triebe, Identifikation, Ich-Ideal.
- Arbeit zitieren
- Sitem Kolburan (Autor:in), 2011, Eine psychoanalytische Interpretation von Schillers "Räuber" im Freud’schen Sinne, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/335569