Kollidierende (sich widersprechende) Allgemeine Geschäftsbedingungen und die Verwendung von salvatorischen Klauseln


Hausarbeit, 2005

12 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Kollidierende AGB
1.1 Ausgangspunkt: Theorie des letzten Wortes
1.2 Das Konsens-Dissens-Prinzip
Einseitig geregelte AGB
Insbesondere Eigentumsvorbehalt
1.3 Keine Abkehr von § 150 Abs. 2 BGB
1.4 Ergebnis

2. Salvatorische Klauseln
2.1 Ersetzungsklausel mit einseitigem Bestimmungsrecht
2.2. Ersetzungsklauseln durch zweiseitige Verpflichtung
2.3 „soweit gesetzlich zulässig“ – Klauseln
2.4 konkrete Ersatzklauseln
2.5 Erhaltungsklauseln
2.6 Ergebnis

Literaturverzeichnis

Hauptteil

1. Kollidierende AGB

Schwierige Kollisionsprobleme entstehen im kaufmännischen Geschäftsverkehr, wenn die Parteien jeweils eigene AGB verwenden und auf diese durch eine „Geltungsklausel“ Bezug nehmen. Aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage des Käufers und Verkäufers ist der Inhalt der verwendeten AGB in der Regel verschieden[1]. Denkbar ist, dass die Parteien im Verhandlungsstadium diesen Punkt zur Sprache bringen und regeln. So könnte der mächtigere Vertragsteil den Vertragsschluss vom Verzicht der Gegenseite auf die Einbeziehung ihrer Vertragsbedingungen abhängig machen und das Kollisionsproblem auf diese Weise lösen. Oftmals lassen die Parteien das Kollisionsproblem jedoch offen, um den Abschluss und damit den erhofften Geschäftsgewinn nicht zu gefährden. Den näheren Modalitäten und insbesondere der Regelung von Störungstatbeständen messen die Parteien oft nur zweitrangige Bedeutung zu, steht doch im Allgemeinen eine reibungslose Abwicklung des Geschäfts zu erwarten[2]. Bedeutung erlangt die offen gelassene Frage der Geltung der AGB jedoch dann, wenn die Vertragsabwicklung nicht so verläuft und der betreffende Tatbestand in den jeweiligen Geschäftsbedingungen unterschiedlich geregelt ist.

Einen anderen Lösungsweg suchten die AGB-Steller durch Verwendung von so genannten „Ausschließlichkeitsklauseln“. Diese legten fest, dass die eigenen AGB „ausschließlich“ gelten sollen, so dass für widerstreitende AGB kein Raum mehr bleibt. Oftmals wird dieser Sachverhalt durch eine weitere, eigenständige Textierung unterstrichen, indem entgegenstehende AGB des anderen Vertragsteils ausdrücklich abgewehrt werden, dies wird als „Abwehrklausel“[3] bezeichnet.

Immer ging das Bestreben der Rechtsprechung im Einklang mit der ganz herrschenden Lehre dahin, den Vertragsschluss nicht an der Kollision sich widersprechender AGB gemäß § 154 Abs. 1 BGB scheitern zu lassen. Die Rechtsprechung hat jedoch – nicht unbeeinflusst von kritischen Äußerungen im Schrifttum- im Laufe der Zeit Wandlungen erfahren.

1.1 Ausgangspunkt: Theorie des letzten Wortes

Die ältere Rechtsprechung[4] löst das Kollisionsproblem nach einem einheitlich, streng an § 150 Abs. 2 BGB orientierten Muster. Nach dieser als „Theorie des letzten Wortes“ bezeichneten Auffassung wurden die AGB derjenigen Partei Vertragsinhalt, die zuletzt auf sie verwiesen hatte. Der Vertrag kommt nach dieser Lösung nicht bereits durch die erklärte Zustimmung des Angebotsempfängers zustande. Denn dieses Einverständnis sei wegen der Bezugnahme auf die eigenen AGB als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag zu bewerten. Gelange der Vertrag dann gleichwohl zur Ausführung und nehme die am Zug befindliche Vertragspartei die Leistung widerspruchslos entgegen, so könne dies im Zweifel als stillschweigendes Einverständnis mit den AGB der Gegenseite angesehen werden. Eklatante Nachteile dieser Theorie ergeben sich schon deshalb, weil der Vertragsschluss bis zur Erfüllung in der Schwebe liegt[5]. Darüber hinaus führte der jeweilige Geltungsverweis zu einem unliebsamen Hin und Her, welches dem Zufall Tür und Tor öffnete. In der Folge setzte sich häufig der Lieferant im Ergebnis mit seinen AGB durch.

1.2 Das Konsens-Dissens-Prinzip

Demgegenüber kam die Rechtsprechung seit den 70er Jahren zu einer deutlichen Einschränkung dieser Konzeption. Der Lösungsweg über § 150 Abs. 2 BGB sollte dann nicht eingreifen, wenn der Besteller in seinem Angebot – sei es durch Bezugnahme auf seine eine „Abwehrklausel“[6] enthaltene AGB – zum Ausdruck brachte, dass er grundsätzlich seine AGB akzeptieren wolle und AGB des Lieferanten nicht anerkenne. In Abweichung von der Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 BGB soll der Vertragsschluss als solcher hieran nicht scheitern, wenn das Verhalten insbesondere durch Vertragsdurchführung erkennen lässt, dass der Bestand des Vertrages nicht von der Einigung über die Geltung der AGB abhängen solle (Konsens-Dissens-Prinzip)[7]. Beide Parteien seien sich in den wesentlichen Punkten des Individualvertrages – Liefergegenstand, -zeit, -ort, Zahlungsbedingungen und Preis- als essentialia negotii einig. Ein Dissens bestehe nur im Hinblick auf die Geltung der AGB und sei in Hinblick auf das weitere Verhalten der Vertragsparteien irrelevant. Für diese Sichtweise lässt sich schließlich auch der Rechtsgedanke des § 306 Abs. 1 BGB heranziehen[8]. Nach dieser Vorschrift wäre der Vertrag auch dann wirksam zustande gekommen, wenn der Versuch einer einseitigen Einführung der AGB mangels Beachtung der Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB insgesamt gescheitert wäre. Die AGB gelten vielmehr – im Rahmen des Kongruenzprinzips- insoweit, als sie einander entsprechen, also nicht im Widerspruch zu einander stehen[9]. Westphalen weist jedoch darauf hin, dass ein „gemeinsames Minimum“ der im Übrigen widerstreitenden AGB-Klauseln abzulehnen sei. So könne eine auf 12 Monate verkürzte Verjährungsfrist in den Verkaufs-AGB und eine auf 36 Monate verlängerte Verjährungsfrist in den Einkaufs-AGB nur zur Anwendung des dispositiven Rechts gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB unter Berücksichtigung von § 306 Abs. 2 BGB führen[10]. Die Anwendung des dispositiven Rechts sei auch dann zwingend, wenn eine verwendete „Abwehrklausel“ die „Geltungsklausel“ der anderen Vertragspartei verdränge[11]. Denn bereits aus der Verwendung der „Geltungsklausel“ wird deutlich, dass der AGB-Verwender seiner Vertragserklärung seine AGB zugrunde legen will. Gegenteilige Auffassungen[12] führten dazu, dass sichere „Abwehrklauseln“ das Konsens-Dissens-Prinzip der §§ 154, 155 BGB zur Bewältigung des Kollisionsproblems erneut auf den Kopf stellen würden. Somit werden gemäß §§ 133, 157 BGB nicht widersprechende AGB voller Vertragsbestandteil während widerstreitende AGB unter Anwendung von § 306 Abs. 2 BGB durch dispositives Recht ersetzt werden.

Einseitig geregelte AGB

Denkbar ist schließlich, dass zu einer bestimmten Frage nur die AGB des einen Teils eine Regelung enthalten, während die AGB des anderen Teils hierzu schweigen. Die praktische Bedeutung zeigt sich vor allem bei Haftungsbegrenzungsklauseln sowie bei Eigentumsvorbehaltsklauseln, welche ja häufig integrale Bestandteile der Verkaufs-AGB sind, während die Einkaufs-AGB häufig keine entsprechende Regelung enthalten. Insoweit handelt es sich um einseitig geregelte AGB[13]. Ob in diesen Fällen gemäß § 306 Abs. 2 BGB dispositives Recht oder ob die einseitig formulierten AGB gelten, ist stets durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Von einem stillschweigenden Einverständnis des anderen Teils kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn diese ihn begünstigt und kein erkennbarer Zusammenhang mit einer anderen Klausel besteht, die nach Kollisionsgrundsätzen keine Geltung erlangt[14]. Entsprechendes gelte, wenn die einseitig geregelte Klausel im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen handelsüblich sei.

[...]


[1] Locher, Host: „Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen“, 54

[2] Stoffels, Markus: „AGB-Recht“, Rdnr. 313

[3] vergleich §1 der Einkaufsbedingung, Palandt/Heinrichs, AGBG, § 2 Rdnr. 27

[4] BGHZ 18, 212; NJW 1951, 271; NJW 1955, 1794; NJW 1956, 669; NJW 1963, 1248

[5] von Westphalen: „Allgemeine Einkaufsbedingungen nach neuem Recht“, 23f.

[6] vergleiche § 1 der Einkaufsbedingungen

[7] NJW 1980, 449; NJW 1985, 1838, 1839; BGHZ 61, 282, 288f.

[8] Stoffels, Markus: „AGB-Recht“, Rdnr. 320

[9] NJW 1985, 1838, 1839

[10] von Westphalen: „Allgemeine Einkaufsbedingungen nach neuem Recht“, 25

[11] OLG Köln, BB 1980, 1237, 1239; OLG Hamm, BB 1983, 1814

[12] Wolf, Horn, Lindacher, AGBG, § 2 Rdnr. 74

[13] Ulmer, Brandner, Hensen: „AGB-Gesetz – Kommentar zum Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen“, Rdnr. 104

[14] Ulmer, Brandner, Hensen: „AGB-Gesetz – Kommentar zum Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen“, Rdnr. 104

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Kollidierende (sich widersprechende) Allgemeine Geschäftsbedingungen und die Verwendung von salvatorischen Klauseln
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Veranstaltung
Gestaltung zivilrechtlicher Verträge
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
12
Katalognummer
V33567
ISBN (eBook)
9783638340137
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit befasst sich mit dem Problem sich widersprechender AGB, wie sie im unternehmerischen Verkehr durch Kollision von Einkaufs- und Verkaufsbedingungen alltäglich sind. Darüber hinaus beschäftigt sich die Arbeit mit der problematischen Verwendung von salvatorischen Klauseln.
Schlagworte
Kollidierende, Allgemeine, Geschäftsbedingungen, Verwendung, Klauseln, Gestaltung, Verträge
Arbeit zitieren
Martin Köhler (Autor:in), 2005, Kollidierende (sich widersprechende) Allgemeine Geschäftsbedingungen und die Verwendung von salvatorischen Klauseln, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33567

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