Transaktionskosten als Mittel zur Preisdifferenzierung. Möglichkeiten der Einordnung und wirtschafts- und verbraucherpolitische Handlungsoptionen


Seminararbeit, 2016

31 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnisse

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Transaktionskosten
2.1.1 Definition
2.1.2 Arten von Transaktionskosten
2.1.3 Einflussfaktoren auf die Höhe der Transaktionskosten
2.1.4 Folgerungen
2.2 Preisdifferenzierung
2.2.1 Definition
2.2.2 Arten von Preisdifferenzierung
2.2.2.1 Perfekte Preisdifferenzierung
2.2.2.2 Preisdifferenzierung zweiten Grades
2.2.2.3 Preisdifferenzierung dritten Grades
2.2.3 Folgerungen

3 Rationalität der (künstlichen) Erzeugung von Transaktionskosten
3.1 Bedingungen für das Generieren von (künstlichen) Transaktionskosten
3.2 Segmentierung von Kundengruppen
3.2.1 Transaktionskosten als Methode zur Segmentierung
3.2.2 Segmentierung als Grundlage zur Preisdifferenzierung
3.2.2.1 Annäherung an die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten
3.2.2.2 Transaktionskosten durch komplexe Verträge und Produkte
3.2.2.3 Beispiel: Segmentierung von Kundengruppen in der Wasserwirtschaft
3.3 Exkurs: Informationserhebung und Preisdifferenzierung

4 Einordnung und Handlungsoptionen
4.1 Möglichkeiten der Einordnung
4.1.1 Konsumentenperspektive
4.1.2 Produzentenperspektive
4.1.3 Wohlfahrtsperspektive
4.2 Wirtschafts- und verbraucherpolitische Handlungsoptionen

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beispiel Wasserwirtschaft

Abbildung 2: Preisdifferenzierung im Wettbewerb

Abbildung 3: Handlungsoptionen bei positiven Effekten der Konsumentenrente

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zusammenfassung: Arten der Preisdifferenzierung

Tabelle 2: Nutzerbezogene Merkmale von Online-Kunden

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

THEMA DER SEMINARARBEIT

Die Analyse von Transaktionskosten und deren Wirkung gehören zum gängigen Repertoire eines Forschers der (Neuen) Institutionenökonomik. Im gewöhnlichen Fall wird mit der Theorie der Transaktionskosten gezeigt, dass Märkte unvollkommen sind.

Doch nicht nur in Fragen der Hierarchieform von Unternehmen spielen Transaktionskosten eine wichtige Rolle. Transaktionskosten lassen sich zur Preisdifferenzierung nutzen. Durch das Erheben von Transaktionskosten können Kundengruppen segmentiert werden, was als Grundlage zur Preisdifferenzierung dienen kann. Durch verschiedene Instrumente haben Anbieter die Möglichkeit, sich anschließend an die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten anzunähern. Komplexe Verträge und Produkte erleichtern dieses Vorhaben.

Transaktionskosten als Mittel zur Preisdifferenzierung zu nutzen ist nicht unumstritten. Möglichkeiten der Einordnung und wirtschafts- und verbraucherpolitische Handlungsoptionen müssen diskutiert werden.

AUFBAU DER SEMINARARBEIT

Diese Seminararbeit ist wie folgt aufgebaut:

- In Kapitel 2 (Grundlagen) werden die Elemente Transaktionskosten und Preisdifferenzierung einzeln definiert und erklärt. Folgerungen für die weitere Analyse werden abgeleitet.
- Kapitel 3 (Rationalität der (künstlichen) Erzeugung von Transaktionskosten) ist der Hauptteil der Seminararbeit. Nachdem Bedingungen für das Generieren von Transaktionskosten vorgestellt wurden wird ausführlich auf die Segmentierung von Kundengruppen eingegangen. Ein Exkurs über die Informationserhebung im Internet folgt der Analyse.
- In Kapitel 4 (Einordnung und Handlungsoptionen) ordnet der Autor die Analyseergebnisse ein. Die Sichtweisen der Konsumenten, der Produzenten und der Wohlfahrt werden einzeln betrachtet. Abschließend folgen einige Handlungsoptionen der Wirtschafts- und Verbraucherpolitik.

2 Grundlagen

2.1 Transaktionskosten

2.1.1 Definition

Ausgangspunkt der Betrachtung von Transaktionskosten ist der im Jahr 1937 erschienene Aufsatz The Nature of the Firm des britischen Wirtschaftswissenschaftlers Ronald COASE (1910-2013). Diese Arbeit gilt als Gründungsmoment der Institutionenökonomik. Mit der Überlegung, was die Existenz von Firmen, als alternative Koordinationsform zu Märkten, begründet, führt COASE Transaktionskosten (TAK) als eigenständigen Faktor in die ökonomische Theorie ein. Das Erkennen der Transaktionskosten erweiterte nicht nur die ökonomische Theorie um wesentliche Elemente. Die bisherige idealisierte neoklassische Modellwelt wurde verlassen und es wurden neue Impulse für das ökonomische Denken geschaffen.1

Transaktionskosten sind negative Erlöse, die im Zusammenhang mit der Bestimmung, Übertragung und Durchsetzung von Verfügungsrechten entstehen. Sie entstehen vor allem dann, wenn zwischen den an der Transaktion beteiligten Akteure Kommunikationsbedarf, (potentielle) Konflikte, (Verständigungs-)Probleme und Missverständnisse auftreten. Die Gesamtkosten einer Transaktion setzen sich aus den Produktionskosten und den dazu addierten Transaktionskosten zusammen. Die Höhe der Transaktionskosten bestimmt daher maßgeblich das Zustandekommen von Transaktionen (Verträgen).

2.1.2 Arten von Transaktionskosten

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Transaktionskosten. Kosten vor Vertragsabschluss (ex-ante TAK) und Kosten nach Vertragsabschluss (ex-post TAK)

Bevor eine Transaktion durchgeführt wird können Transaktionskosten anfallen. Bei der Suche nach einem potentiell geeigneten Vertragspartner fallen Suchkosten oder Informationsbeschaffungskosten an. Kosten der Vorbereitung von Verhandlungen können als Anbahnungskosten definiert werden. Verhandlungskosten sind die Kosten der Rechtsberatung. Es existieren auch die Kosten der Entscheidungsvorbereitung und Vereinbarungskosten, welche die Kosten der Vertragsausfertigung sind. Im Rechnungswesen werden diese Kosten u.a. als Anschaffungsnebenkosten und Veräußerungskosten bezeichnet. Diese Kosten müssen mit dem Wirtschaftsgut aktiviert und somit auch abgeschrieben werden.

Nach dem Durchführen einer Transaktion können ebenfalls Transaktionskosten anfallen. Typische ex- post Transaktionskosten sind Kontroll- und Überwachungskosten. Dadurch werden die Vertragseinhaltung und die Qualitätsprüfung gewährleistet. Abwicklungskosten (z.B. Transportkosten) und Anpassungskosten sind ebenfalls sehr relevant.

2.1.3 Einflussfaktoren auf die Höhe der Transaktionskosten

Laut COASE gibt es einige Einflussfaktoren auf die Größe von Unternehmungen und daher auf die Höhe der Transaktionskosten.2 Die Höhe der Spezifität beeinflusst signifikant die Höhe der Transaktionskosten. Je spezifischer eine Investition ist, desto höher sind die Quasi-Rente und die Gefahr des Hold-up. Bei häufigen Transaktionen lohnt sich die Inkaufnahme von ex-ante Transaktionskosten. Dadurch lassen sich spezielle Verträge gestalten und gegenseitige Abhängigkeiten erzeugen. Häufigkeit hat daher eine Transaktionskosten-senkende Wirkung. Reputation erhöht das Vertrauen in die Fähigkeiten und das Verhalten des Transaktionspartners. Dies reduziert die Unsicherheit und senkt daher Transaktionskosten. Der Einflussfaktor Komplexität muss detaillierter betrachtet werden. Ist eine Leistung kontrahierbar, also beschreib- und messbar, ist die Leistung ex-ante gut fixierbar. Hingegen ist eine Leistung ex-post nachvollziehbar, wenn die Plastizität der Inputfaktoren oder die Beobachtbarkeit des (Leistungs-)Erstellungsprozesses gegeben ist. Komplexität erhöht Transaktionskosten enorm. Ein weiterer Faktor ist die Umweltunsicherheit. Diese erhöht die Transaktionskosten ebenso. Als letzter Faktor wird die Marktentwicklung betrachtet. Die Entwicklung von Know-How oder das Setzen von Standards vereinfacht Transaktionen und verringert daher die Notwendigkeit von teureren Koordinationsformen.

2.1.4 Folgerungen

Als Transaktionskosten werden weder der Kaufpreis, noch der Preis der Produktion verstanden. Die Transaktionskosten sind allerdings zur Ermittlung des Gesamtpreises obligatorisch, da die Summe der Kosten aus der Produktion mit dem additiven Wert der Transaktionskosten erst die Gesamtsumme einer Transaktion darstellt. Bei großen und vor allem spezifischen Transaktionen entstehen Abhängigkeiten zwischen zwei Vertragspartnern. Eine ex-ante Inkaufnahme von Transaktionskosten, beispielsweise das ausführliche Verhandeln eines nahezu vollständigen Vertrags, inklusive der Festlegung der Risikoallokation oder auch das anfängliche Suchen des Transaktionspartners, erzeugt Transaktionskosten. Die Inkaufnahme von Transaktionskosten kann sich bei solchen Transaktionen besonders lohnen, da damit die Möglichkeit des opportunistischen Handelns durch den anderen Transaktionspartner verhindert bzw. mindestens begrenzt werden kann. Ex-post können sich Aufwendungen, die Transaktionskosten entfachen, lohnen, die zur Anpassung eines Vertrags beitragen, sowie bei der gegenseitigen Kontrolle.

2.2 Preisdifferenzierung

2.2.1 Definition

In der wirtschaftswissenschaftlichen Theoriegeschichte gibt es eine Vielzahl an Ökonomen, die Preisdifferenzierung zum Thema ihrer Werke machten. Die Bezeichnungen Preisdifferenzierung und Preisdiskriminierung beschreiben den gleichen Sachverhalt. Allerdings beschreibt der Begriff Preisdifferenzierung den Vorgang etwas harmloser als der deutlichere Begriff der Preisdiskriminierung. Im Prinzip sind beide Begriffe aber gegenseitig substituierbar. Für die allgemeine Beschreibung wird in dieser Arbeit vorrangig die Bezeichnung Preisdifferenzierung verwendet. Der Begriff Preisdiskriminierung zeigt auf, dass potentiell höhere Preise diskriminierend gegenüber den wohlfahrtsoptimalen niedrigen Preisen sein können.

Als Begründer der Preisdiskriminierung gilt der britische Ökonom Alfred C. PIGOU (1877-1959). Dieser beschränkte seine Betrachtung der Ökonomie auf die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt und nannte beschreibend einige Konzepte wie Preisdifferenzierung aussehen kann.3 Im gewöhnlichen Fall, bei der modellhaften Annahme vollständiger Konkurrenz, wird für ein bestimmtes Produkt auf dem Markt für alle Konsumenten derselbe Preis verlangt. Verändert man diese Annahme analog zur Theorie der britischen Ökonomin Joan ROBINSON dahingehend, dass ein monopolistischer Anbieter existiert, dann kann es für diesen sinnvoll sein, das gleiche Produkt zu verschiedenen Preisen anzubieten und dann auch zu verkaufen.4 Die Durchführbarkeit von Preisdifferenzierung setzt voraus, dass sich verschiedene Konsumentengruppen selektieren lassen, oder eine Differenzierung nach der Konsummenge möglich ist.

2.2.2 Arten von Preisdifferenzierung

2.2.2.1 Perfekte Preisdifferenzierung

Perfekte Preisdifferenzierung (PD ersten Grades oder auch vollkommene PD) liegt vor, wenn der Verkäufer eines Gutes für jede Einheit einen Preis verlangt, welcher der vollständigen Zahlungsbereitschaft des jeweiligen Käufers entspricht. Der Verkäufer sichert sich die gesamte potentielle Konsumentenrente, die entstanden wäre, wenn der Preis unter der Zahlungsbereitschaft gelegen hätte. Die Konsumentenrente ist in diesem Fall bei null. Einen Wohlfahrtsverlust gibt es nicht.

Voraussetzung für diese Art der Preisdifferenzierung ist, dass der Verkäufer die Zahlungsbereitschaft jedes einzelnen Käufers kennt. Der Gewinn des Verkäufers kann sich dadurch auf ein Maximum erhöhen. Perfekte Preisdifferenzierung kann am ehesten dann vorkommen, wenn geografische oder andere Barrieren (z.B. Zoll) vorliegen. Paradox scheint, dass diese Art der Preisdifferenzierung ein Pareto-effizientes Ergebnis ist. Weder Verkäufer noch Käufer lassen sich besser stellen, ohne dass einer von beiden schlechter gestellt wird. Maximale Ausbeutung, wie es hier der Fall ist, kann demnach zur Effizienz führen.

Preisdifferenzierung ersten Grades wird in den ökonomischen Lehrbüchern meist als äußerst theoretische Angelegenheit bezeichnet und es spiele in der Realität keine wirkliche Rolle. Dem lässt sich entgegnen, dass es durchaus einige relevante Bereiche gibt. Eindeutig ist die Relevanz bei Auktionen. Dort kommen verschiedenste Konsumenten zusammen, die unterschiedlichste Zahlungsbereitschaften haben. Ein Konsument wird bereit sein, seine maximale Zahlungsbereitschaft auch auszunutzen, wenn es nötig ist um die Auktion erfolgreich zu beenden. Der Konsument gibt die Höhe seiner Zahlungsbereitschaft daher preis. Zudem wird bei Auktionen meist ein Preis erreicht, der über dem liegt, was bei einem gewöhnlichen hätte erzielt werden können.

2.2.2.2 Preisdifferenzierung zweiten Grades

Preisdifferenzierung zweiten Grades liegt vor, wenn der Verkäufer den Preis eines Gutes von der nachgefragten Menge abhängig macht. Diese Art der Preisdifferenzierung wird auch als Selbstselektion bezeichnet.5 Im Gegensatz zur perfekten Preisdifferenzierung ist hier der Tarif des Anbieters nicht direkt von der Zahlungsbereitschaft des jeweiligen Konsumenten abhängig. Stattdessen kann der Anbieter z.B. eine quantitative Preisdifferenzierung durchführen. Der Preis eines Gutes würde an die abgesetzte Menge gekoppelt werden um Großkunden zu identifizieren. Während im ersten Grad der Preisdifferenzierung die Problematik der Arbitrage noch ein bedeutendes Problem sein kann, ist dies in diesem Fall deutlich entschärft. Die Entscheidung über die Wahl des einen oder anderen Produktpakets hängt nun ausschließlich von den Präferenzen des Nachfragers ab.

Ein beliebtes Beispiel für die Preisdifferenzierung zweiten Grades sind Preise für Abonnements. Je nach Zahlungsmodalität unterscheiden sich die Preise für längerfristige Verträge. So bieten z.B. Verkehrsverbünde andere Zahlungen an, je nachdem ob die Zahlung monatsweise oder jährlich erfolgt.6

2.2.2.3 Preisdifferenzierung dritten Grades

Bei der Preisdifferenzierung dritten Grades wird eine Segmentierung der Konsumenten in zwei oder mehr Gruppen seitens des Anbieters vorgenommen. Bietet ein Verkäufer dasselbe Gut für mehrere Konsumentengruppen für unterschiedliche Preise an, findet eine Preisdifferenzierung zwischen den einzelnen Gruppen statt.

Diese Art der Preisdifferenzierung setzt voraus, dass sich die verschiedenen Gruppen so voneinander getrennt sind, dass ein Weiterverkauf des Gutes nicht möglich ist. Typische Beispiele sind die Zugehörigkeit einer bestimmten sozialen Gruppe oder räumliche Preisdifferenzierung. Beim ersten Beispiel lässt sich auf ein bestimmtes Einkommen und die damit verbundene Zahlungsbereitschaft schließen. Schüler, Studenten oder Rentner bekommen oftmals Rabatte angeboten. Diese Gruppe von Konsumenten reagiert i.d.R. elastisch auf Preisänderungen. Würde diese Gruppe keinen Rabatt zugesprochen bekommen, würde sie nicht konsumieren. Ist der Preis für die Gruppe höher als die Durchschnittskosten, dann erzielt der Anbieter zwar einen kleineren Gewinn als bei dem Verkauf an einen Konsumenten außerhalb der Gruppe, aber eben dennoch einen Gewinn. Räumliche Preisdifferenzierung (bzw. vertikale Preisdifferenzierung) besteht, wenn man mehrere Märkte mit unterschiedlichen Wohlstandsniveaus parallel bedient. Ein Beispiel hierfür ist der Arzneimittelmarkt7.

2.2.3 Folgerungen

Die ökonomische Lehre ging lange Zeit davon aus, dass Preisdifferenzierung nur in der Marktform des Monopols relevant ist.8 Ein Anbieter könne Preisdifferenzierung nur dann durchführen, wenn er einen (gewissen) monopolistischen Spielraum hat. Mit der Annahme des monopolistischen Spielraums für den Anbieter muss direkt das Stichwort Marktmacht genannt werden. Die Aufsicht gegen den Missbrauch von Marktmacht9 ist neben dem Kartellverbot und der Fusionskontrolle das dritte Hauptinstrument der europäischen Wettbewerbspolitik. Missbrauchsaufsicht erfolgt ex-post. Besonders bei Unternehmen mit monopolistischen Spielräumen sind missbräuchliche Absichten besonders lukrativ. Preisdifferenzierung ist dann verboten, wenn sie unangemessen eingesetzt wird.10

Inzwischen hat sich in der modernen Wettbewerbsökonomie die Erkenntnis durchgesetzt, dass durch Preisdifferenzierung Pareto-Verbesserungen möglich sind. Dadurch kann die gesamte Wohlfahrt erhöht werden. Bei der Preisdifferenzierung ersten Grades ist die Wohlfahrt maximal. Mit Preisdifferenzierung kann daher die gesamte Wohlfahrt ansteigen. Besonders von der Preisdifferenzierung dritten Grades können einige Bevölkerungsgruppen profitieren.

Voraussetzungen für alle drei Arten der Preisdifferenzierung sind die Möglichkeiten zur Marktaufteilung und Vermeidung von Arbitrage. Stabil kann Preisdifferenzierung nur dann durchgeführt werden, wenn ein Produkt, welches in einem Markt günstig eingekauft werden kann, nicht durch den Konsumenten in einem anderen Markt teurer wiederverkauft werden kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Zusammenfassung: Arten der Preisdifferenzierung

3 Rationalität der (künstlichen) Erzeugung von Transaktionskosten

Die israelischen Wissenschaftler David GILO und Ariel PORAT sind Vorreiter in dieser Thematik. Im Jahr 2006 veröffentlichten sie zwei wichtige Artikel: The Hidden Roles of Boilerplate and Standard- Form Contracts: Strategic Imposition of Transaction Costs, Segmentation of Consumers, and Anticompetitive Effects (2006/03) und The Unconventional Uses of Transaction Costs (2006/10).

Gilo und Porat beginnen ihre Veröffentlichungen mit dem Hinweis, dass sich in Standardverträgen immer öfter „boilerplate provisions“11 befinden. Diese Regelungen, in dieser Arbeit wird dafür der Begriff des Kleingedruckten verwendet, sind in jedem Vertrag enthalten. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass sie nicht bei jeder Transaktion eine Gültigkeit haben. Das Kleingedruckte eines Vertrags kann von den Anbietern eines Produkts genutzt werden um Renten oder Beiträge des Konsumenten abzuschöpfen. Durch das Kleingedruckte versucht der Anbieter einen Vorteil auf Kosten des Käufers zu erlangen.

In diesem Zusammenhang müssen wieder die Transaktionskosten betrachtet werden. Effiziente Transaktionskosten erleichtern eine Transaktion. Sie führen dazu, dass ein potentieller Käufer trotz oder wegen des Eingehens der Transaktionskosten nun eher dazu geneigt ist, die Transaktion auch einzugehen. Ineffiziente Transaktionskosten erschweren einen Vorgang so, dass Barrieren zwischen dem Interessenten eines Vertrags und den Anbietern erzeugt werden.

Im Folgenden wird darauf eingegangen, wie Transaktionskosten gezielt eingesetzt werden können und welche Folgen daraus entstehen.

3.1 Bedingungen für das Generieren von (künstlichen) Transaktionskosten

Bevor ein rationaler Anbieter absichtlich Transaktionskosten für Konsumenten erzeugen sollte, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. Der Anbieter muss in der Lage sein, Transaktionskosten zu erheben und zu erhöhen. Dazu benötigt der Anbieter gegebenenfalls spezielles Know-How. Entschließt sich der Anbieter gei gegebenem Know-How dazu, die Transaktionskosten für eine Transaktion zu erhöhen, dann sollte er durch die Maßnahme einen Nettovorteil erzielen. Dieser Vorteil kann sowohl monetär, in nützlichen Daten oder durch andere Präferenzen gegeben sein. Der Anbieter sollte Transaktionskosten nicht fördern, wenn dadurch seine Vorteile sinken. Dieser Punkt kann durchaus dazu führen, dass einige Anbieter davon abgehalten sind, Transaktionskosten zu erhöhen.

In der Einführung wurde gezeigt, dass Transaktionskosten dem tatsächlichen Kaufpreis hinzuaddiert werden um den Gesamtpreis einer Transaktion zu erhalten (Vgl. Kapitel 2.1.4). Das wirkt sich auch auf die Zahlungsbereitschaft des Konsumenten aus. Wird die Zahlungsbereitschaft des Konsumenten vollständig abgeschöpft (z.B. bei Preisdifferenzierung ersten Grades), dann ist der Nettonutzenvorteil des Konsumenten gleich null. Werden die Transaktionskosten für eine Transaktion zu hoch angesetzt, dann kann es sein, dass keine Nachfrage zu Stande kommt. Andererseits gibt es auch Güter, bei denen ein Konsument die Transaktionskosten nahezu vollständig ausklammert und nur auf den Kaufpreis fixiert ist.12 Dies ist meist bei Gütern der Fall, die für einen Konsumenten extrem wichtig sind.13

Der Markt, in dem sich ein Anbieter befindet, darf nicht perfekt vollkommen sein. In diesem Fall würde der Anbieter durch das Erhöhen von Transaktionskosten seine Marktanteile unter bestimmten Umständen vollständig verlieren, da alle Konsumenten bei einem anderen Anbieter kaufen würden. Die Annahme Robinsons, der unvollkommenen Konkurrenz, kann als plausibel eingestuft werden, wenn der Fokus auf die Arbeitsweise des Marktes gerichtet wird. Sobald Ermäßigungen und Rabatte in der Wirklichkeit eine Rolle spielen, wird der Markt unübersichtlich. Die Annahme von vollständiger Konkurrenz ist somit nicht mehr vollständig erfüllt. Daher ist auch Segmentierung und Preisdifferenzierung möglich.

3.2 Segmentierung von Kundengruppen

3.2.1 Transaktionskosten als Methode zur Segmentierung

Ein Anbieter eines Produkts kann durchaus das Interesse haben, nicht mit allen potentiellen Kunden in Kontakt zu treten. Vielmehr möchte er sein Produkt nur einem bestimmten Kundenkreis zugänglich machen. Durch das künstliche Erzeugen von Transaktionskosten lassen sich bestimmte Kundengruppen erzeugen und separieren.

Ein Beispiel soll im Folgenden diesen Sachverhalt deutlich machen. Die Internetseite Airbnb (www.airbnb.de) bietet die Möglichkeit private Unterkünfte auf der ganzen Welt für einen Mietaufenthalt anzubieten und auch zu mieten. Die Sprache des Inserats kann der Anbieter selbst bestimmen. Die meisten Angebote von Anbietern des Auslands haben Englisch als Verhandlungssprache angegeben. Ein bestimmter Anbieter aus Israel möchte nun seine Wohnung nur für Landsleute vermieten. Dies offensichtlich so zu deklarieren wäre diskriminierend, da andere Interessenten bewusst ausgegrenzt werden würden. Die künstliche Erzeugung von Transaktionskosten ersetzt diese direkte Diskriminierung. Der Anbieter könnte sein Angebot auf Hebräisch veröffentlichen. Für Interessenten, welche diese Sprache nicht beherrschen wird das Angebot sogleich uninteressant(er). Das erste Separieren der Kunden hat der Anbieter war nun bereits erfolgreich, da es viele Konsumenten geben wird, die diese Barriere in der Form nicht überwinden können oder werden. Die ex-ante Transaktionskosten zur Durchführung der Transaktion erscheinen dieser Konsumentengruppe zu hoch.

Des Weiteren kann es aber sein, dass es Interessenten gibt, die mit Hilfe von diversen Übersetzungsprogrammen versuchen, das Inserat zu verstehen um mit dem Anbieter in Kontakt zu treten. Diese Konsumentengruppe nimmt die vom Anbieter erzeugten Transaktionskosten in Kauf.

[...]


1 Der amerikanische Ökonom Oliver E. WILLIAMSON beschäftigt sich in seinen Forschungen ebenso hauptsächlich mit der Transaktionskostenökonomie, für die er 2009 auch den Nobelpreis für Wirtschaft zuerkannt bekam. Williamsons Ausgangspunkt ist die Frage, warum ein nur Teil der ökonomischen Leistungsbeziehungen über den Markt koordiniert wird, andere aber hierarchisch.

2 Vgl. Coase (1937), S.395ff.

3 Vgl. Starbatty (2012), Teil II S. 236.

4 Vgl. Robinson (1969), S.180 ff.: Der Fall des Lehrbuchs zum Thema der Preisdifferenzierung betrachtet nur das klassische Angebotsmonopol. Robinson weist zu Recht darauf hin, dass nicht nur Einzelanbieter Monopole sind, sondern auch die Unternehmen, die nur einen monopolistischen Spielraum haben. Robinson nennt diesen Zustand unvollkommene Konkurrenz.

5 Vgl. Bester (2011), S.68.

6 Beispiel von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG): Die Umweltkarte für den Bereich Berlin AB kostet bei jährlicher Abbuchung 728,00 € und bei der Abbuchung in 12 Monatsraten insgesamt 761,00 € (Stand: 30.05.2016).

7 Neubauer, G., Morasch, K., & Gmeiner, A. (2013). Möglichkeiten und Vorteile einer Preisdifferenzierung bei innovativen Arzneimitteln. Studie für den vfa-Verband Forschender Arzneimittelhersteller, München.

8 Knieps (2001), S.205f.

9 Marktmissbrauch kann sich gegen Konsumenten (Ausbeutungsmissbrauch), aber auch gegen Wettbewerber (Behinderungsmissbrauch) richten.

10 Vgl. Artikel 102 AEUV Satz 2a.

11 Gilo/Porat (2006/03), S.984 und Gilo/Porat (2006/10), S.2.

12 Vgl. Sovern (2006), S.1661f.

13 Dies ist der Fall bei sogenannten Standardgütern. Beispiel: Hauskauf. Hier werden i.d.R. einige Informationskosten (TAK) in Kauf genommen, bis das richtige Haus gefunden wurde und die besten Konditionen für die Finanzierung.

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Transaktionskosten als Mittel zur Preisdifferenzierung. Möglichkeiten der Einordnung und wirtschafts- und verbraucherpolitische Handlungsoptionen
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsrecht)
Note
1,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
31
Katalognummer
V336541
ISBN (eBook)
9783668262997
ISBN (Buch)
9783668263000
Dateigröße
835 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Transaktionskosten, TAK, Preisdifferenzierung, Preisdiskriminierung, Internet, Tarife, Konsument, Wohlfahrt, Wirtschaftspolitik, Verbraucherpolitik
Arbeit zitieren
Johannes Frey (Autor:in), 2016, Transaktionskosten als Mittel zur Preisdifferenzierung. Möglichkeiten der Einordnung und wirtschafts- und verbraucherpolitische Handlungsoptionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336541

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