Das Auge und das Ohr im Text: literarische Sinneswahrnehmung in der Goethezeit. Mit dieser Arbeit soll die problematische und fehlerhafte Wahrnehmung und Kommunikation zwischen den Figuren in E.T.A. Hoffmanns "Sandmann", welche zur Entfremdung Nathanaels und zu seinem Tod führen, erläutert werden. Diese Arbeit soll sich nicht mit psychoanalytischen Deutungsmustern der "Sandmann"-Forschung, wie z.B. Freuds ‚Kastrationsangst-Theorie‘ beschäftigen. Sie soll auch keine Perspektive der Figuren (Nathanael glaubt an eine dämonische Macht/Determinierung, Clara an eine psychische Störung ihres Geliebten) als richtig oder falsch bewerten, sondern sie soll vielmehr einen Einblick auf die Wirkung von Medien auf die Wahrnehmung (Sehen und Hören) und Kommunikation (Sprechen und Schreiben) der Figuren zeigen.
Diese Frage ergibt sich für mich aus dem Bezug zur Thematik des Seminars: Die Untersuchung der Medientechniken in der Romantik. Da die Erzählerstimme die meiste Zeit von der Wahrnehmung des Protagonisten beeinflusst wird, soll die Arbeit diese Perspektive nachvollziehen und interpretieren und auch ihre Entstehung und Veränderungen zeigen. Die These der Arbeit proklamiert, dass primär die Fehlleitung von Medien zu den Kommunikation- und Wahrnehmungsproblemen des Protagonisten führen, die ihn in den Wahnsinn und schließlich sogar in den Tod treiben. Da es sich bei einer Erzählung um eine Perspektive literarischer Figuren handelt, muss diese auch als solche behandelt werden. Peter Utz definiert dazu, dass sich das „wissenschaftliche Auge zielstrebig auf seine Objekte richten muß“, wobei „die literarische Wahrnehmung nach allen Seiten hin offen, ein ästhetisches Ohr zur Welt“ bleiben soll. Und genau diese Objektivität soll in dieser Arbeit angestrebt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Wahrnehmung und Kommunikation bei Hoffmanns Sandmann
- Der fehlerhafte Briefkopf: Nathanael an Lothar/Clara
- Die Geschichte vom Sandmann
- Nathanael und die Angst der Mutter
- Das Märchen der Wartefrau
- Der akustische Sandmann
- Der Übergang zum sichtbaren Sandmann
- Nathanael und sein Vater - Zwischen Schweigen und Erzählen
- Der Advokat Coppelius alias der Sandmann
- Der piemontesische Wetterglashändler Coppola
- Der Blick durch das Perspektiv – Ein Perspektivwechsel und der Monolog des Verliebten
- Interaktion mit der Gesellschaft - Nathanael als Außenseiter
- Unverständnis und Ablehnung - Nathanael und Clara kommunizieren
- Fazit der Untersuchung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die problematische und fehlerhafte Wahrnehmung und Kommunikation zwischen den Figuren in E.T.A. Hoffmanns „Der Sandmann“. Sie analysiert, wie diese Kommunikationsprobleme zur Entfremdung Nathanaels und letztendlich zu seinem Tod führen. Der Fokus liegt dabei auf der Wirkung von Medien auf die Wahrnehmung und Kommunikation der Figuren, insbesondere auf die Rolle des Sehens, Hörens, Schreibens und Sprechens.Die Arbeit beleuchtet folgende Themen:
- Die Rolle von Medien in der Wahrnehmung und Kommunikation
- Die Auswirkungen von missverständlicher Kommunikation auf die Figurenbeziehungen
- Die Bedeutung von Sicht und Unsichtbarkeit im Text
- Der Einfluss der Vergangenheit auf die Gegenwart
- Die Ambivalenz von Rationalität und Irrationalität
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einführung legt den Fokus auf die These der Arbeit, die besagt, dass die Fehlleitung von Medien zu den Kommunikation- und Wahrnehmungsproblemen des Protagonisten führt, die ihn in den Wahnsinn und schließlich in den Tod treiben. Sie stellt außerdem den Kontext der Erzählung in der Sammlung der Nachtstücke und die Rezeption des Werks dar.
- Das zweite Kapitel definiert die Begriffe Wahrnehmung und Kommunikation und beleuchtet ihre Bedeutung im Kontext der Erzählung. Es wird gezeigt, wie die Sinne Auge und Ohr durch Medien beeinflusst werden und wie diese Informationen die individuelle Wahrnehmung prägen.
- Das dritte Kapitel analysiert den fehlgeleiteten Brief von Nathanael an Clara, der die Geschichte seiner Kindheit offenbart und die Kommunikationsprobleme zwischen den Figuren verdeutlicht.
- Kapitel vier beschäftigt sich mit der Geschichte vom Sandmann. Es werden die verschiedenen Erscheinungsformen des Sandmanns, die Angst der Mutter, das Märchen der Wartefrau und die akustischen und visuellen Erfahrungen Nathanaels beleuchtet.
- Kapitel fünf beschreibt den piemontesischen Wetterglashändler Coppola, der eine wichtige Rolle in der Geschichte spielt und die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verwischt.
- Kapitel sechs analysiert den Perspektivwechsel im Text und den Monolog des Verliebten Nathanael. Es wird gezeigt, wie die Sichtweise des Protagonisten durch das Perspektiv beeinflusst wird.
- Kapitel sieben beleuchtet die Interaktion Nathanaels mit der Gesellschaft und seine Rolle als Außenseiter. Es wird deutlich, wie seine Wahrnehmung und Kommunikation von den Erwartungen und Normen der Gesellschaft beeinflusst werden.
- Kapitel acht untersucht die Kommunikation zwischen Nathanael und Clara und zeigt, wie Unverständnis und Ablehnung zu einer weiteren Entfremdung führen.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter der Arbeit sind: Wahrnehmung, Kommunikation, Medien, Sandmann, Nathanael, Entfremdung, Wahnsinn, Tod, Sichtbarkeit, Unsichtbarkeit, Realität, Fantasie, Vergangenheit, Gegenwart, Rationalität, Irrationalität. Die Arbeit beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen diesen Begriffen und analysiert, wie sie in der Erzählung „Der Sandmann“ miteinander interagieren und zu einer tragischen Geschichte führen.- Quote paper
- Franziska Weithmann (Author), 2015, Kommunikations- und Wahrnehmungsprobleme in E.T.A. Hoffmanns "Sandmann" und wie sie Nathanael in den Tod treiben, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336730