Am 3. November 2003 wurden die Ergebnisse der Umfrage Flash Eurobarometer 151 veröffentlicht. Die darin enthaltenen Ergebnisse schlugen hohe Wellen. 59% der Befragten schätzten Israel als Gefahr für den Weltfrieden ein, womit Israel den höchsten Wert erzielte. Nach Protestreaktionen seitens Israel distanzierte sich die EU von den Umfrageergebnissen. Folgendes war in der Neuen Züricher Zeitung am Tag darauf zu lesen:
„Die Europäische Union (EU) hat sich nach scharfer israelischer Kritik von einer offiziellen Umfrage distanziert, wonach EU-Bürger in Israel die größte Gefahr für den Weltfrieden sehen [...]. Im Namen der EU- Ratspräsidentschaft erklärte Italiens Außenminister Frattini am Montag in Rom, die Ergebnisse der Umfrage gäben nicht die Position der EU wieder“ (NZZ-online 04.11.2004).
Sieht man vom Gebot der sogenannten ‚political correctness’ und der Kritik an den Fragestellungen in der Umfrage einmal ab, stellt das obige Zitat an sich einen Skandal dar. Immerhin distanziert sich die EU, als eine supranationale Institution, die auf demokratischen Werten fußt, von der Meinung ihrer Bürger. Diese offenkundige Distanz zwischen Regierten und Regierenden, die in der Öffentlichkeit ohne weiteren Protest hingenommen wurde, bietet Anlass, das Thema des Demokratie- und Legitimitätsdefizits der EU zu untersuchen.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu klären, ob die EU an einem Demokratie- bzw. Legitimationsdefizit leidet. Zu diesem Zweck gliedert sich die Arbeit in einen theoretischen Teil, der den Inhalt des Begriffs Legitimation und das Legitimationskonzept der EU erläutert, und einem empirischen Teil, der die theoretischen Erkenntnisse aus dem ersten Teil anhand von Umfrageergebnissen aus den Eurobarometerstudien im Zeitraum von 1990 bis 2003 überprüft
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung
- 1. Begriffsklärung: Legitimation
- 1.1 Historische Entwicklung des Legitimationsbegriffs
- 1.2 Die moderne Legitimationsforschung
- 1.2.1 Empirisch-Soziologischer Ansatz
- 1.2.2 Normativ-Philosophischer Ansatz
- 1.3 Legitimation in der heutigen Politikwissenschaft
- 2. Das Legitimationskonzept der EU
- 2.1 Government by the people
- 2.2 Government for the people
- 2.3 Government of the people
- 3. Das Legitimationsdefizit der EU
- 3.1 Begriffsklärung: Legitimationsdefizit
- 3.2 Normative Legitimationsdefizite der EU
- 3.3 Strukturelle Legitimationsdefizite der EU
- 4. Legitimität und Öffentlichkeit
- 5. Exemplarische Untersuchung zur Einführung des Euros
- 5.1 Entscheidungsfindung und Einführung des Euros
- 5.2 Beteiligung der Öffentlichkeit
- 5.3 Die öffentliche Meinung zur Einführung des Euros
- 5.4 Schlussfolgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Frage, ob die Europäische Union (EU) an einem Demokratie- bzw. Legitimationsdefizit leidet. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse des Legitimationskonzepts der EU und der Evaluierung dieser Theorie im Hinblick auf empirische Daten aus Eurobarometerstudien.
- Historische Entwicklung des Legitimationsbegriffs
- Legitimationskonzept der EU
- Argumente gegen die Legitimität der EU
- Zusammenhang zwischen Legitimität und Öffentlichkeit
- Exemplarische Untersuchung der Einführung des Euros
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 bietet eine umfassende Analyse des Begriffs Legitimation. Die historischen Wurzeln des Begriffs werden beleuchtet, und verschiedene Ansätze der modernen Legitimationsforschung werden vorgestellt. Das Kapitel endet mit einer Skizzierung des heutigen Verständnisses von Legitimität.
Kapitel 2 beleuchtet das Legitimationskonzept der EU und analysiert die Institutionen der EU im Hinblick auf ihre legitimierende Funktion.
Kapitel 3 präsentiert die wichtigsten Argumente gegen die Legitimität der EU und unterscheidet dabei zwischen normativen und strukturellen Legitimationsdefiziten.
Kapitel 4 beschäftigt sich mit dem engen Zusammenhang zwischen Legitimität und Öffentlichkeit. Die Erkenntnisse aus diesem Kapitel dienen als Grundlage für die exemplarische Untersuchung in Kapitel 5.
Kapitel 5 analysiert die Einführung des Euros als Beispiel für die Legitimität der EU. Die Analyse basiert auf Daten aus den Eurobarometerstudien und vergleicht diese mit den Anforderungen des in den vorherigen Kapiteln entwickelten Legitimitätsbildes.
Schlüsselwörter
Legitimation, Legitimationsdefizit, Europäische Union (EU), Eurobarometer, Demokratie, politische Institutionen, öffentliche Meinung, Einführung des Euros, Normative und Strukturelle Legitimationsdefizite, politische Partizipation, Regierungssysteme.
- Quote paper
- Jesse Nies (Author), 2004, Leidet die EU an einem Legitimationsdefizit? Exemplarisch untersucht an der Einführung der einheitlichen, europäischen Währung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33742