Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Schwerpunkt 2: Wortbildung - Komposition
1. Fachliche Analyse zur Wortbildung – Komposition
2.Grundschulrelevante Inhalte und Begriffe
3. Angabe der Klassenstufe und der Voraussetzungen der Kinder laut Rahmenlehrplan
4. Ziele für die Arbeit mit den ausgearbeiteten Aufgaben
5. Darstellung der Aufgaben mit Lösungen
6. Ziele für die Arbeit mit dem didaktischem Spiel
7. Darstellung des didaktischen Spiels
Arbeit am Text
1. Angabe der Klassenstufe und der Voraussetzungen der Kinder laut Rahmenlehrplan
2. Ziele für die Arbeit mit den ausgearbeiteten Aufgaben
3. Darstellung der Aufgaben zur Wortschatzarbeit und grammatischen Sachverhalten
Literaturverzeichnis
1. Fachliche Analyse zur Wortbildung – Komposition
Die Komposition ist eine der beiden zentralen Wortbildungsarten des Deutschen. Erweiterungen und Veränderungen des Wortschatzes der Gegenwartssprache finden größtenteils durch Kompositionsbildungen statt.
Bei der Komposition werden Komposita überwiegend aus Wörtern und Konfixen zusammengesetzt.[1] Unter Komposition (von lat. Compositio = Zusammenstellung, Zusammensetzung) ist die Bildung eines komplexen Wortes zu verstehen, das aus mindestens zwei Morphemen oder Morphembindungen besteht, die sonst als selbstständige Wörter vorkommen können.[2] Diese Definition ist dahingehend zu erweitern, dass auch die nicht-wortfähigen Kernmorpheme von Wörtern (z.B.: reit in rei-ten) kompositionsfähig sind (Reit-pferd, Reit-schule).
Komposita können durch schrittweise Teilungsprozesse wieder in ihre Konstituenten zerlegt werden, die eine binäre Struktur aufweisen. Die Segmentierung hilft, die Struktur der Bildung zu erkennen. Bei der Analyse komplexer Komposita, das heißt von Zusammensetzungen, die aus mehr als zwei Gliedern bestehen, zeigt sich, dass auch sie eine binäre Struktur haben (z.B.: Autobahnraststätte – Autobahn, Raststätte – Auto, Bahn, Rast, Stätte).[3] Komplexe Zusammensetzungen können aber unterschiedliche Verzweigungsstrukturen aufweisen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die ersten beiden Glieder von Komposita wie Eltern-Kind-Beziehung oder Herz-Lungen-Maschine weisen in ihrer ersten Konstituente statt einer verzweigenden eine additive-gleichrangige Struktur auf.[4]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In vielen Fällen sind die Bestandteile des Kompositums durch lautliche Elemente verbunden, die man Interfix oder Kompositionsfuge nennt. Das Fugenelement hat eine doppelte Funktion: es erleichtert die Artikulation des Kompositums und es markiert die Grenzen der zusammengefügten Glieder. Beispiele dafür sind -e in Schwein-e-fleisch, -er in Rind-er-braten oder auch -s in Zeitung-s-artikel.
Die Komposition ist eine kombinierende Wortbildungsart und wird unterschieden in:
- Determinativkomposition
- Exozentrische Komposition
- Kopulativkomposition
- Kontamination
- Reduplikation
Determinativkomposition
Bei der Determinativkomposition werden Komposita aus einem dominanten Determinatum und einem untergeordneten Determinans zusammengesetzt.[5]
Die rechte Einheit eines Determinativkompositums ist das Determinatum – das näher Bestimmte, das Grundwort, das, was das Grundsätzliche im Kompositum ausmacht.
Beispiel:
Apfeltorte – Eine Apfeltorte ist eine Torte.
Apfeltortenrezept – Ein Apfeltortenrezept ist ein Rezept.
Apfeltortenrezeptbuch – Ein Apfeltortenrezeptbuch ist ein Buch.
Die linke Einheit eines Determinativkompositums ist das Determinans, (von lat. Determinare = begrenzen, eingrenzen, festlegen, bestimmen), das heißt das, was semantisch eingrenzt, was näher bestimmt, das Bestimmungswort.
Beispiel:
Eine Apfeltorte ist eine Torte, und zwar eine mit Apfel.
Ein Apfeltortenrezept ist ein Rezept, und zwar eins für Apfeltorte.
Ein Apfeltortenrezeptbuch ist ein Buch, und zwar eins für Apfeltortenrezepte.
Das Determinatum ist dem Determinans hierarchisch übergeordnet, es legt die grammatischen Merkmale des Kompositums fest.
- Apfeltorte ist ein feminines Substantiv (wegen Torte).
- Zuckersüß ist ein Adjektiv (wegen süß).
Wie für alle anderen komplexen Wörter gilt auch für deutsche Determinativkomposita die Righthand Head Rule, also das Prinzip der Rechtsköpfigkeit. Das Determinatum steht im Deutschen grundsätzlich rechts (in anderen Sprachen kann es mitunter auch links stehen).
Ausschließlich das Determinatum wird flektiert, das Determinans wird nicht angepasst. (Plural von Apfeltorte ist Apfeltorten, nicht Äpfeltorten.)
Betonung
Der Hauptakzent liegt bei Determinativkomposita auf der linken Einheit (Àpfeltorte).
Ausnahmen bestehen mitunter bei komplexen Komposita wie Schienenersátzverkehr. Die einzelnen Bestandteile werden unter einem einzigen Klangbogen zusammenfassend ausgesprochen.
Schreibung
Komposita werden wie alle Wörter grundsätzlich zusammengeschrieben. Es zeigen sich aber einige Ausnahmen und Besonderheiten:
1. Schreibung mit Bindestrich (x-beliebig, 100-prozentig, UV-Strahlen, deutsch-armenische Beziehungen)
2. Binnengroßschreibung (BahnCard, InterRail, PostGiro)
3. Getrenntschreibung (Nuss Nougat Creme, Super Sommer Spar Menü)
An der Komposition können Wörter verschiedener Wortarten beteiligt sein. Bei den Hauptwortarten Substantiv, Verb und Adjektiv ergeben sich folgende Kompositionsmöglichkeiten.
Substantiv-Komposita
Substantiv-Substantiv-Komposita
In Substantivkomposita können Wörter aller Wortarten, Phrasen, Konfixe und unikale Einheiten links ankombiniert werden. Die rechte Einheit ist der Righthand Head Rule gemäß immer ein Substantiv.
Die ältesten Substantivkomposita des Deutschen gehen auf Genitivkonstruktionen zurück (Gottesbote). Der Substantiv-Substantiv-Typ ist heute noch der vorherrschende und unrestringierteste. Extralangkomposita sind meist von diesem Typ, wie z.B.: Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz.[6]
Adjektiv-Substantiv-Komposita
Adjektiv-Substantiv-Komposita können als linke Einheiten alle Arten von Adjektiven nehmen, z.B. Buntpapier, Magermilch, Schwarzweißfernseher, Softeis. Semantisch gesehen sind alle Adjektiv-Substantiv-Komposita nach dem gleichen Muster gebildet, das Adjektiv attribuiert das Substantiv genauso wie in Substantivphrasen: Buntpapier – buntes Papier.[7]
Verb-Substantiv-Komposita
Verwendet werden alle Typen von Verbstämmen, z.B.: Bindfaden, Mogelpackung, Rasierspiegel, Talkrunde. Auch Präfixverben und Präverbfügungen, z.B.: Anmeldepflicht, Auffahrunfall, Bedenkzeit.[8]
Konfix-Substantiv-Komposita
Als gebundene Einheiten sind Konfixe eingeschränkt. Nicht alle Konfixe können mit Substantiven verbunden werden (fanat-, faszin-, ident-, postul- etc.)
Mit Substantiven verbunden werden können Konfixe wie bio-, geo-, therm-, invest- - Biojoghurt, Geophysik, Thermojacke, Investbank.[9]
Phrase-Substantiv-Komposita
Substantive können unbeschränkt mit Phrasen zusammengesetzt werden, z.B. Fünf-Gänge-Menü, 10-Liter-Eimer, Zehn-Uhr-Nachrichten, Möchtegerncasanova etc.
Adverb-Substantiv-Komposita
Abwärtstrend, Alleinanspruch, Sofortmaßnahme
Präposition-Substantiv-Komposita
Präpositionen determinieren das vom Substantiv Bezeichnete präpositionsgemäß räumlich oder zeitlich: Vordach, Vorspiel, Beiprogramm, Mitbruder.[10]
Adjektiv-Komposita
In Adjektivkomposita können Wörter aller Wortarten, Phrasen, Konfixe und unikale Einheiten links ankombiniert werden. Die rechte Einheit ist der Righthand Head Rule gemäß stets ein Adjektiv. Ausnahmen sind Komposita aus Konfixen.[11]
Substantiv-Adjektiv-Komposita
fischgrün, himmelblau, chilirot, apfeltortensüß, geheimnisvoll
Adjektiv-Adjektiv-Komposita
orangerot, höflich-bestimmt
Verb-Adjektiv-Komposita
treffsicher, trinkfest, denkfaul, knallbunt, triefnass
Verb-Komposita
Kompositionen von Verben spielen im Deutschen untergeordnete Rolle, Beispiele wie radfahren, schönschreiben etc. sind Präverbfügungen und sind demnach keine Wortbildungen.[12]
Verb-Verb-Komposita
Vor allem in technischen Fachsprachen: brennhärten, schwingschleifen
[...]
[1] Vgl. Donalis, Elke: Basiswissen Deutsche Wortbildung, Tübingen, 2007, S. 35.
[2] Vgl. Volmert, Johannes (Hrsg.): Grundkurs Sprachwissenschaft, München, 2005, S. 106.
[3] Vgl. Grundkurs Sprachwissenschaft, München, 2005, S. 107.
[4] Vgl. Grundkurs Sprachwissenschaft, München, 2005, S. 107.
[5] Vgl. Basiswissen Deutsche Wortbildung, Tübingen, 2007, S. 36.
[6] Vgl. Basiswissen Deutsche Wortbildung, Tübingen, 2007, S. 43.
[7] Vgl. Basiswissen Deutsche Wortbildung, Tübingen, 2007, S. 46.
[8] Vgl. Basiswissen Deutsche Wortbildung, Tübingen, 2007, S. 50.
[9] Vgl. Basiswissen Deutsche Wortbildung, Tübingen, 2007, S. 52.
[10] Vgl. Basiswissen Deutsche Wortbildung, Tübingen, 2007, S. 53.
[11] Vgl. Basiswissen Deutsche Wortbildung, Tübingen, 2007, S. 354.
[12] Vgl. Basiswissen Deutsche Wortbildung, Tübingen, 2007, S. 58.