Die Varusschlacht. Hintergründe und Verlauf


Hausarbeit, 2009

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhult

1. Einleitung

2. Portrait der beiden „Protagonisten“ der Schlacht
2.1 Publius Quinctilius Varus
2.2 Arminius der Cherusker

3. Untersuchungen zu den Hintergründen und dem Verlauf der Schlacht anhand der Berichte antiker Historiografen
3.1 Die Hintergründe und Ursachen der Schlacht
3.1.1 Der Bericht des Cassius Dio
3.1.2 Die Berichte des Velleius Paterculus
3.2 Der Verlauf der Schlacht und die Konsequenzen
3.2.1 Die Berichte des Cassius Dio
3.2.2 Die Berichte des Tacitus
3.2.3 Der abweichende Bericht des Florus

4. Schluss

5. Quellen- und Literaturverzeichnis
5.1 Quellen
5.2 Literatur
5.3 Zeitschriften

1. Einleitung

In seiner Ausgabe vom 15.12.2008 titelt der SPIEGEL mit einer großen Überschrift:

„DIE GEBURT DER DEUTSCHEN - vor 2000 Jahren: Als die Germanen die Römer bezwangen“

Auf den ersten Blick erscheint diese Aussage doch sehr gewagt und reißerisch formuliert, was im dazugehörigen Artikel allerdings dahingehend relativiert wird, dass lediglich einzelne Aspekte aufgegriffen werden, die die Ethnogenese der Deutschen mit Sicherheit unterstützt haben. Hierbei geht der Autor des Artikels besonders auf den Zusammenschluss mehrerer Stämme unter einer gemeinsamen militärischen Führung ein, wodurch die Germanen zum ersten Mal ein echtes Hierarchiesystem erlebt hätten.

Natürlich erweckt das 2000-jährige Jubiläum dieses Ereignisses das besondere Interesse vieler Medien und auch der Forscher. Jüngst gab es neue Forschungsergebnisse und archäologische Funde, die auch die Diskussion um die Örtlichkeiten der Schlacht einmal mehr neu entfacht haben. Dazu schmücken seit Anfang des Jahres viele verschiedene Publikationen die Auslagen großer Buchhandlungen, die sich das Geschäft mit dem Mythos dieses Ereignisses nicht entgehen lassen. Zu der neuen Euphorie trägt auch bei, dass man in Deutschland mittlerweile darüber hinweg ist, wie dieser Mythos um den Freiheitskämpfer Arminius nach dem zweiten Weltkrieg ins negative Licht gerückt wurde, nachdem er von den Nazis für deren Propaganda Zwecke fälschlich missbraucht wurde.

Mit Sicherheit bietet die Varusschlacht oder die Schlacht im Teutoburger Wald unendlich viele Diskussionsmöglichkeiten. Im Zuge meiner Arbeit möchte ich mich allerdings darauf beschränken, die für die Schlacht wichtigen Feldherren auf beiden Seiten Arminius den Cherusker und Publius Quinctilius Varus kurz vorzustellen, um daraufhin insbesondere anhand zeitgenössischer Quellen eine Auswertung zu den Ursachen und Gründen sowie dem Verlauf der Schlacht und weiteren Folgen vorzunehmen.

Unter diesen Quellen finden sich auch die „Annalen“ des Tacitus, welche im Zuge der Jubiläumsfeierlichkeiten Mitte Mai sogar als Original aus Florenz nach Deutschland entliehen werden.

2. Portrait der beiden „Protagonisten“ der Schlacht

2.1 Publius Quinctilius Varus

Publius Quinctilius Varus entstammte einer der ältesten und vornehmsten römischen Familien, den Quinctiliern, welche der Adelsschicht der Patrizier angehörten.

Er ist inmitten in die Zeit der Bürgerkriege geboren worden, 47 oder 46 v.Chr., in Folge dessen sein Vater, als überzeugter Republikaner auf der Flucht vor seinen Feinden, sich hat töten lassen.[1] Da es den Schwestern des Varus jedoch gelang, in Adelsfamilien zu heiraten, die dem Kaiser Augustus sehr nahe standen, gelangte auch Varus in diesen engen Kreis um den Herrscher, dem die „Förderung der Patrizierfamilien stets ein Anliegen […] war.[2] Daraufhin begleitete Varus den Kaiser 22 und 19 v.Chr. auf dessen Orientreise als quaestor Augusti, also direkt von diesem zur Wahl vorgeschlagenen Magistrat.[3] Als Höhepunkt dieser Reise muss die Rückgewinnung römischer Feldzeichen von den Parthern, welche der Triumvir Licinius im Krieg gegen selbige verloren hatte[4] gesehen werden. Daraufhin durchläuft Varus die übliche Ämterlaufbahn und gelangt 13 v.Chr., nachdem er zuvor das Priesteramt als pontifex oder augur bekleidet hat, suo anno [5] zum Konsulat, wobei kein Geringerer als der Stiefsohn des Augustus, Tiberius, sein Kollege war.[6] Höhepunkt dieses gemeinsamen Konsulats stellte die Einweihung eines Friedensaltars in Rom zu Ehren des Augustus dar, wodurch die beiden in dessen Res Gestae lobend erwähnt werden.[7] Fünf Jahre nach Varus’ Konsulat begann seine prokonsularische Karriere als Statthalter der bedeutendsten Provinz des Reiches, Afrika.

Darauf möchte ich im Zuge meiner Arbeit aber nicht weiter eingehen, da für die von mir untersuchten Ereignisse der Statthalterschaft in Germanien eine größere Bedeutung beigemessen werden sollte. Zuvor war Varus um 6 bis 4 v.Chr. jedoch noch Legat der kaiserlichen Provinz Syriens. Hierzu sei lediglich gesagt, dass diese Statthalterschaft als eine der erfolgreichsten innerhalb des Römischen Reiches gilt.[8] Für das folgende Jahrzehnt fehlen Quellen zum genauen Werdegang des Varus. Erst für das Jahr 7 n.Chr. wissen wir, dass er den Oberbefehl über das römische Heer in Germanien erhalten hat.[9]

Diese Station sollte die letzte in seiner militärischen Laufbahn sein, nachdem er diese Aufgabe im bereits fortgeschrittenen Alter von über 50 Jahren übernommen hatte. Außerdem gibt es Vermutungen, dass Varus bereits zuvor in Germanien stationiert war, wofür Münzfunde im Legionslager von Dangstetten am Oberrhein sprechen könnten. Denn liest man die Inschrift einer dieser gefunden Münzen, kann man daraus schließen, dass der Besitzer dieser Münze ein „Angehöriger der 19. Legion des Varus.“[10] war. Die Anwesenheit der 19. Legion in diesem Gebiet zu der Zeit der Alpenfeldzüge ist mehrfach bestätigt und auch eine Anwesenheit des Varus für diese Zeit erscheint im Zuge seines cursus honorum als durchaus realistisch.[11] Insgesamt kann diese Vermutung als sehr plausibel erachtet werden, besonders da sie Aufschluss über die Tätigkeit des Varus zwischen den Orientreisen und seiner ersten Statthalterschaft gibt.[12]

Während seiner Statthalterschaft in Germanien war seine primäre Aufgabe wohl die Wahrung des Friedens und des status quo. Dazu passt, dass Varus als Feldherr galt, der die Vorgaben seines Kaisers so umsetzte, wie ihm aufgetragen wurde.[13] Der Historiograf Vell. Pat. beschreibt ihn als „[…] von milder Gemütsart, ruhigem Temperament, etwas unbeweglich an Körper und Geist, mehr an müßiges Lagerleben als an den Felddienst gewöhnt.“[14] Inwieweit diese Aussage genau zutrifft oder nur zur nachträglichen „Legitimation“ der Niederlage herangezogen wurde, ist sehr schwer einzuschätzen. Dennoch berichten Cass. Dio sowie Vell. Pat. einstimmig darüber, dass Varus erpicht darauf schien die „Romanisierung“ in Germanien schnellstmöglich voranzutreiben, was wiederum im Gegensatz zu der Aussage stehen würde, dass er den status quo wahren wollte.

2.2 Arminius der Cherusker

Arminius ist erst durch die Entdeckung der „Annalen“ des Tacitus in den Fokus der Forschung gerückt. Daraus kann entnommen werden, dass er einem königlichen Geschlecht der Cherusker entstammte, über Lateinkenntnisse verfügte und als „Führer seiner Landsleute im römischen Lager gedient hatte.“[15] Zu seinem Geburts- und Todestag gibt es zwei Theorien, welche sich jedoch nur geringfügig um zwei Jahre voneinander unterscheiden.

Durch den Geschichtsschreiber Vell. Pat. wissen wir noch mehr über den Cherusker und erhalten zudem sichere Angaben zu dessen Lebenslauf. Demnach war Arminius im Besitz des römischen Bürgerrechts und wird von Vell. Pat. durchweg mit positiven Attributen beschrieben: „[…] der tüchtig im Kampf und rasch im Denken war, ein beweglicherer Geist, als es die Barbaren gewöhnlich sind. Er heißt Arminius[…] In seiner Miene und in seinen Augen spiegelt sich sein feuriger Geist.“[16]

Darauf aufbauend gibt es drei Biografien des Arminius, die es kurz aufzuzeigen gilt. Laut Ernst Bickel hat sich Arminius 4 n.Chr. zusammen mit seinen cheruskischen Hilfstruppen den Römern angeschlossen und hat als Dank sowohl das römische Bürgerrecht wie auch eine ritterähnliche Stellung erhalten.[17] Ebenso soll er gleichzeitig mit dem römischen Bürgerrecht an seinen Namen „Arminius“ als römischen nomen gentile gelangt sein. Zudem versucht Ernst Bickel ihn mit der Siegfriedsaga in Verbindung zu bringen, was in der Forschung jedoch als sehr unwahrscheinlich gilt.

Einen anderen Ansatz liefert Ernst Hohl, der aus den Überlieferungen des Vell. Pat. zu erkennen meint, dass Arminius als „ständiger Begleiter“ des Varus selber die ritterliche Offizierslaufbahn eingeschlagen hat.[18] Um diese Chance aber überhaupt wahrnehmen zu können, muss Arminius bereits davor im Besitz des römischen Bürgerrechts sowie des Ritterranges gewesen sein, da beides als Voraussetzung für eine Offizierskarriere in Rom gilt. Daher vermutet Hohl, dass Arminius bereits in jungen Jahren als Geisel an den Hof des Augustus gelangte, von wo aus er seine militärische Karriere begann.[19] Für Hohl ist der Name Arminius anders als bei Bickel ein cognomen, den Arminius im Zuge einer Orientmission in Armenien erhalten haben soll. Darüber hinaus hat sich Arminius bei der Rückgewinnung der Cherusker als Verbündete sehr verdient gemacht und ist im Jahr 7 n.Chr., nach Beendigung seiner militia, zu seinem Stamm in einer führenden Position zurückgekehrt.[20]

Für Dieter Timpe ist ähnlich wie bei Hohl der Ritterrang entscheidend für den militärischen Werdegang des Arminius. Anders als bei Hohl jedoch gilt dieser für ihn nicht als Voraussetzung zum Erlangen seiner militärischen Stellung, sondern ist vielmehr ein Resultat selbiger.[21] Dies erklärt sich dadurch, dass in seinen Augen die cheruskischen Truppen bereits „reguläre Auxiliartruppen“ darstellten, welche dauerhaft in die römische Armee integriert waren und daher auch eines Anführers bedurften, welcher den Rang eines ritterlichen Präfekten inne hatte.[22] Genau daraus entstand eine höchst brisante Hypothese Timpes, welche davon ausgeht, dass der Überfall des Arminius auf die Truppen des Varus einer Meuterei entsprach, da die Truppen des Arminius unter römischem Eid standen, sollte es sich tatsächlich um reguläre Auxiliartruppen gehandelt haben.[23]

Aus diesen drei Biografien lässt sich zusammenfassend einiges über Arminius festhalten, das in der Forschung als gesichert gilt. So lässt sich festhalten, dass die Cherusker ab 4 n.Chr. wieder als enge Verbündete der Römer auftraten und es daher nicht verwunderlich war, dass Vertreter aus ihren oberen Schichten, so wie Arminius, Segestes und Flavus in den Genuss des römischen Bürgerrechts gelangten, wenngleich Arminius der einzige Cherusker ist, von dem mit absoluter Sicherheit behauptet werden kann, dass er zudem den Ritterrang besaß. Auf der anderen Seite muss dieser Ritterrang nicht zwangsläufig damit verbunden sein, dass die Truppen des Arminius tatsächlich zu regulären Auxiliartruppen wurden. Wahrscheinlicher ist es, dass Arminius diesen Titel als Belohnung für seine Verdienste um das römische Heer und zur Gleichstellung mit anderen Truppenführern erhielt.[24] Die endgültige Herrschaft über den Stamm der Cherusker erlangte Arminius wohl erst nach der Schlacht gegen Varus, was sich darin zeigt, dass die Quellen betonen, wie er und Segestes, der ebenfalls Anspruch auf die Vorherrschaft erhob, vor der Schlacht im Streit lagen, was schließlich dazu führte, dass sich Segestes versuchte, auf die Seite der Römer zu schlagen, indem er diese erfolglos vor einem Hinterhalt warnen wollte.[25]

Von Tacitus erfahren wir, dass „als er […] die Königsherrschaft anstrebte, den Freiheitssinn seiner Landsleute gegen sich [hatte]. Er wurde angegriffen, kämpfte mit wechselndem Glück und fiel zuletzt der Arglist seiner Feinde zum Opfer.“[26] Hier zeigt sich, wie sehr die Germanen trotz des gemeinsamen Sieges über die Römer in ihren eigenen Reihen doch noch uneins waren.

[...]


[1] WOLTERS 2008, 75.

[2] WOLTERS 2008, 76.

[3] WOLTERS 2008, 76.

[4] WOLTERS 2008, 76.

[5] Also zum frühmöglichsten Zeitpunkt

[6] WOLTERS 2008, 77.

[7] WOLTERS 2008, 77.

[8] WOLTERS 2008, 83.

[9] WOLTERS 2008, 84.

[10] WOLTERS 2008, 84.

[11] WOLTERS 2008, 84.

[12] WOLTERS 2008, 85.

[13] WOLTERS 2008, 86.

[14] Vell. Pat. II 117, 2.

[15] WOLTERS 2008, 89.

[16] Vell. Pat. II 118, 2.

[17] WOLTERS 2008, 90.

[18] WOLTERS 2008, 91.

[19] WOLTERS 2008, 91.

[20] WOLTERS 2008, 92.

[21] WOLTERS 2008, 92.

[22] WOLTERS 2008, 92.

[23] WOLTERS 2008, 93.

[24] WOLTERS 2008, 96f.

[25] WOLTERS 2008, 99.

[26] Tac. Ann. II, 88.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Varusschlacht. Hintergründe und Verlauf
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Lehrstuhl und Proffesur für Alte Geschichte der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
Veranstaltung
Proseminar die Römer in Deutschland
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
15
Katalognummer
V337477
ISBN (eBook)
9783656989295
ISBN (Buch)
9783656989301
Dateigröße
693 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tacitus, Varusschlacht, Hermann der Cherusker, Publius Quinctilius Varus, Cassius Dio
Arbeit zitieren
Fabian Zschiesche (Autor:in), 2009, Die Varusschlacht. Hintergründe und Verlauf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337477

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