Als der ehemalige Vizekanzler Franz von Papen 1952 in München seine Memoiren unter dem klangvollen Titel „Der Wahrheit eine Gasse“ veröffentlichte, glichen diese in vielen Punkten einem Rechenschaftsbericht, durch welchen der als Wegbereiter Hitlers geltende konservative Politiker versuchte, sich selbst in ein besseres Licht zu stellen. Im Kapitel „Die Revolution in Permanenz“ geht Papen auch auf jene aufsehenerregende Rede ein, die er vor dem Publikum der Marburger Universität im Sommer 1934 gehalten hatte. Doch wie groß war tatsächlich der Anteil Papens an dieser Rede? Die ernüchternde Antwort liefert ein Blick in die Kanzlei des Vizekanzlers. Dort arbeitete seit 1932 ein junger Doktor der Rechtswissenschaften namens Edgar Julius Jung als freier Mitarbeiter, dessen Aufgabenfeld v.a. im Schreiben von Papens öffentlichen, politischen Reden lag. Jung selbst gilt als einer der einflussreichsten Köpfe der sogenannten „Konservativen Revolution“, genauer der hochintellektuellen und elitären Gruppe der Jungkonservativen. Insofern tat Franz von Papen in seinem Buch von 1952 also keinesfalls der „Wahrheit“ eine Gasse auf. Denn was er als sein eigenes geistiges Eigentum verkaufte, entsprang – soweit ist sich die Forschung heute einig – nicht nur im Falle von Marburg den Ideen Jungs, sondern war in den Reden der Jahre 1933/34 durch den Jungkonservativen beeinflusst oder von diesem selbst verfasst worden. Wenn in dieser Arbeit also die Marburger Rede betrachten werden soll, sowie ihre Entstehung und Folgen, so ist es durchaus wichtiger, sich mit der Person Edgar Julius Jung denn mit derer Franz von Papens zu beschäftigen. Daher sollen in einem ersten, hinführenden Teil sowohl die Vita, als auch das ideologisch-politische Konzept Jungs aufgeführt und erläutert, daran anschließend die Umstände betrachtet werden, in denen Jung in der Vizekanzlei für Papen gearbeitet hat. In einem zweiten Teil stehen die eigentliche Rede sowie deren Analyse im Hinblick auf die Frage, ob die Marburger Rede vom 17. Juni 1934 in ihrem Inhalt der Ideologie Jungs folgt und gleichzeitig die letzte Aktion des jungkonservativen Widerstands gegen Hitler markiert, im Fokus, wie auch die fatalen Folgen für die Bewegung und für Jung persönlich.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- 1. EDGAR JULIUS JUNG
- 1.1. HERKUNFT UND SEPARATISTENJAHRE
- 1.2. DIE ENTWICKLUNG JUNGS IDEOLOGISCHEN KONZEPTS UND DESSEN TÄTIGKEIT ALS JUNGKONSERVATIVER IDEOLOGE
- 2. EDGAR JUNG IN DER (VIZE-)KANZLEI PAPENS
- 3. DIE MARBURGER REDE
- 4. DIE FOLGEN DER REDE: RÖHMPUTSCH UND RACHEAKT DER NSDAP
- FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Marburger Rede von Edgar Julius Jung im Juni 1934 und untersucht deren Bedeutung im Kontext des jungkonservativen Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Die Arbeit beleuchtet Jungs Leben und politisches Konzept, seine Rolle in der Vizekanzlei Papens, die Inhalte der Marburger Rede und deren Folgen für Jung und die jungkonservative Bewegung.
- Edgar Julius Jungs politische Ideologie und seine Rolle als jungkonservativer Ideologe
- Die Marburger Rede als Ausdruck des jungkonservativen Widerstands gegen den Nationalsozialismus
- Die Folgen der Marburger Rede für Jung und die jungkonservative Bewegung
- Die Rolle der Vizekanzlei Papens im Kontext des jungkonservativen Widerstands
- Der "Röhm-Putsch" und seine Verbindung zur Marburger Rede und dem Schicksal Edgar Jungs
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Marburger Rede in den Kontext der Memoiren von Franz von Papen und erläutert die Bedeutung von Edgar Julius Jung als Autor der Rede. Es wird die Forschungsfrage formuliert, ob die Rede Jungs Ideologie widerspiegelt und den letzten Akt des jungkonservativen Widerstands markiert. Die Kapitel 1.1 und 1.2 befassen sich mit Jungs Herkunft, seinen Separatistenjahren und der Entwicklung seiner politischen Ideen.
Kapitel 2 beleuchtet Jungs Tätigkeit in der Vizekanzlei Papens. Kapitel 3 analysiert die Marburger Rede und untersucht, ob sie den Ideen Jungs entspricht. Schließlich werden in Kapitel 4 die Folgen der Rede für Jung und die jungkonservative Bewegung untersucht, insbesondere im Zusammenhang mit dem "Röhm-Putsch".
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themenfelder des jungkonservativen Widerstands, der Marburger Rede, Edgar Julius Jung, Franz von Papen, die Vizekanzlei, die Ideologie der Konservativen Revolution, der "Röhm-Putsch" und der frühen Phase des Nationalsozialismus.
- Quote paper
- Fabio Freund (Author), 2016, Die Marburger Rede von 1934. Edgar Julius Jung und der jungkonservative Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337578