"Hübsche", höfische Leute waren das Publikum, beziehungsweise die Zielgruppe des mittelhochdeutschen Schreibers Ulrich von Zatzikhoven; ihre Huld wollte er dauerhaft erlangen. Von dem literarischen Erfolg seiner Erzählung um den tugendhaften Ritter Lanzelet schien er überzeugt gewesen zu sein.
Der Lanzelet Ulrichs von Zatzikhoven: Die ältere Forschung war in ihrem Urteil über dieses Werk der Artusdichtung recht eindeutig: Lange Zeit war der Lanzelet umstritten, unverstanden und wurde scharf kritisiert. "Ein trüber Spiegel" des Iwein und allenfalls "niedere[n] Artusepik" wird die Erzählung vom jungen Ritter Lanzelet durch den rennomierten Altgermanisten Hugo Kuhn geschimpft. Im Verfasserlexikon der deutschen Literatur des Mittelalters von 1953 wird der Lanzelet gar als "bedenkenlose Kompilation von verschiedenartigem Strandgut" bezeichnet. Diese Strukturdebatte erfuhr erst durch Kurt Ruh einen Wandel. Zwar blieb der Artusroman eine Erzählung von geringerer Kunst, jedoch "ließe [er] mit hinreichender Deutlichkeit ein bestimmtes Programm und eine Struktur erkennen [...]." Erstmalig in der Forschung kommt dem Lanzelet ein Platz in der Literaturwissenschaft zu, und zwar als ein "neues Modell des Artusromans". Aber was ist das für ein neues, besonderes Modell? Lässt sich in der Aneinanderreihung von Episoden im Lanzelet doch noch eine gewisse Struktur erkennen? Diesen Fragen gilt es in der vorliegenden Seminararbeit nachzugehen. Dabei wird zunächst zu klären sein, was der Begriff "Struktur" bezeichnet und wonach man bei einer solchen Untersuchung also forschen muss. Ralf Simon entwickelte im Jahre 1990 eine Art Gattungsformel für Artusromane. Sie bildet die Grundlage dieser Strukturuntersuchung; von seinen Erkenntnissen ausgehend soll diese Arbeit den Versuch unternehmen, eine ähnliche Formel für diesen speziellen Artusroman zu entwickeln. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Krise des Ritters Lanzelet, die ihm in vielen Rezensionen verweigert wurde. Wie ist die Krise in mittelhochdeutscher Artusdichtung konzipiert? Was bringt den Helden in eine Krise; was macht sie vielleicht notwendig für den Fortgang des Romans?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Strukturbegriff und Strukturalismus
- Anwendung auf die Artusdichtung
- Struktur des Artusromans nach Ralf Simon
- Die Funktion
der Proppschen Märchenanalyse
- Übertragung auf den Lanzelet
- Der erste Teil: Vom Können zum Sein
- Der zweite Teil: Vom Sein zum Anerkannt-Sein
- Die Krise
- Begriffsdefinition
- Bedeutung von Identität und Ehre im Artusroman
- Lanzelet -ein krisenloser Held?
- Schlussfolgerung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht den Lanzelet Ulrichs von Zatzikhoven im Hinblick auf seine Struktur und die Frage, ob er als ein krisenloser Abkömmling der Artusromane betrachtet werden kann. Die Arbeit analysiert den Roman mit den Methoden des Strukturalismus und setzt sich mit dem Begriff der Krise in der mittelhochdeutschen Artusdichtung auseinander.
- Strukturanalyse des Lanzelets unter Verwendung des Strukturalismus
- Identifizierung der Strukturmerkmale des Lanzelet im Vergleich zu anderen Artusromanen
- Definition und Analyse des Krisenbegriffs in der Artusdichtung
- Bedeutung von Identität und Ehre in der Artusliteratur
- Untersuchung der Rolle der Krise in der Entwicklung des Lanzelet
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und erläutert den Kontext der Arbeit.
- Das zweite Kapitel definiert den Strukturbegriff und erklärt die Prinzipien des Strukturalismus.
- Im dritten Kapitel werden die Strukturmerkmale des Artusromans nach Ralf Simon und die Unterschiede zu Propps Märchenanalyse dargestellt.
- Das vierte Kapitel untersucht die Struktur des Lanzelets anhand der beiden Teile: Vom Können zum Sein und Vom Sein zum Anerkannt-Sein.
- Das fünfte Kapitel befasst sich mit dem Krisenbegriff und analysiert dessen Bedeutung in der Artusdichtung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den folgenden Themen und Begriffen: Artusromane, Strukturalismus, Strukturanalyse, Krise, Identität, Ehre, Lanzelet, Ulrich von Zatzikhoven, mittelhochdeutsche Literatur.
- Arbeit zitieren
- Bachelor of Arts Mareike Meyer (Autor:in), 2014, Der "Lanzelet" Ulrich von Zatzikhovens. Ein struktur- und krisenloser Abkömmling der Artusromane?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337673