"Jetzt entscheide ich selbst!", so titelt die Broschüre des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum trägerübergreifenden Persönlichen Budget, dessen rechtsverbindliche Einführung zum 01.01.2008 häufig mit einem Paradigmenwechsel für Menschen mit Behinderung verbunden wird.
Durch die Einführung des SGB IX im Jahre 2001 erfuhr das Wunsch- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderung eine wesentliche Erweiterung. Unter anderem wurden die rechtlichen Voraussetzungen für das Persönliche Budget geschaffen.
Leistungsberechtigte können nun anstelle (oder kombiniert mit) einer Dienst- oder Sachleistung die Auszahlung eines Geldbetrages wählen, mit dem sie sich Leistungen zur Teilhabe nach Bedarf selbst einkaufen. Durch diese Möglichkeit soll die Selbstbestimmung behinderter Menschen gefördert werden. Ihnen kommt die Rolle von eigenverantwortlichen Kund*innen und Arbeitgeber*innen zu. Das bisherige Leistungsdreieck zwischen Antragsstellenden, Leistungsträgern und Leistungserbringern wird aufgelöst.
In der Fachliteratur wird das Persönliche Budget größtenteils positiv bewertet, es gibt jedoch auch einige Kritikpunkte. Auf die Zielgruppe der Menschen mit psychischen Erkrankungen speziell wird weniger eingegangen. In dieser Arbeit werden die Potentiale und Barrieren des Persönlichen Budgets für Menschen mit seelischen Behinderungen im Hinblick auf eine individuelle Lebensführung betrachtet.
Dazu wird zunächst der Einfluss von Reformbestrebungen und der Veröffentlichung der Psychiatrie-Enquete auf die Psychiatrie in Deutschland beschrieben. Anschließend wird die Entwicklung des Persönlichen Budgets in einigen Ländern des europäischen Auslands und in Deutschland vorgestellt. Diesbezüglich werden die Ergebnisse zweier Studien mit Fokus auf Menschen mit psychischen Erkrankungen beschrieben.
Ein weiterer Teil dieser Ausführungen beleuchtet Hintergründe und Grundlagen des P.B. auf normativ-ethischer, auf professionstheoretisch-fachlicher sowie auf sozialpolitischer Ebene. Des Weiteren wird in diesem Abschnitt Empowerment als Arbeitsansatz vorgestellt. Es folgt eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Grundlagen und der Umsetzung dieser neuen Leistungsform. Anschließend werden Überlegungen zu den Möglichkeiten, Chancen, Risiken und Grenzen, die das Persönliche Budget für die subjektiven biografischen Entwürfe von Menschen mit psychischen Erkrankungen mit sich bringen, angestellt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Sozialpsychiatrie und Psychiatriereform in Deutschland
- 3. Leitideen und grundlegende Konzepte Persönlicher Budgets
- 3.1 Einflüsse auf normativ-ethischer Ebene
- 3.2 Einflüsse auf professionstheoretisch-fachlicher Ebene
- 3.2.1 Das Normalisierungsprinzip
- 3.2.2 "Inklusion versus Integration" (Röh 2009, S. 71)
- 3.2.3 Das biopsychosoziale Modell der ICF
- 3.3 Einflüsse auf sozialpolitischer Ebene
- 3.4 Empowerment als Voraussetzung und Methode
- 4. Geschichte und Entwicklung des Persönlichen Budgets
- 4.1 Das Persönliche Budget in Europa
- 4.1.1 Schweden (Persönliche Assistenz)
- 4.1.2 Niederlande (Personengebundenes Budget)
- 4.1.3 Großbritannien (Direct Payments)
- 4.2 Modellversuche in Deutschland
- 4.3 Umsetzung und Akzeptanz des Persönlichen Budgets - Forschungsbericht 2012 im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
- 4.1 Das Persönliche Budget in Europa
- 5. Rechtliche Grundlagen und Verfahren des Persönlichen Budgets
- 5.1 Formen des Persönlichen Budgets
- 5.2 Beteiligte Leistungsträger
- 5.3 Anspruch auf das Persönliche Budget
- 5.4 Budgetfähige Leistungen
- 5.5 Verfahren
- 5.6 Bedarfsfeststellung und Messung des Budgets
- 5.7 Zielvereinbarung
- 5.8 Budgetassistenz und Budgetberatung
- 5.9 Gesetzliche Betreuung und das Persönliche Budget
- 6. Chancen und Grenzen des Persönlichen Budgets für Menschen mit seelischen Behinderungen
- 6.1 Chancen, Risiken und Grenzen aus Perspektive der Budgetnehmenden
- 6.2 Chancen, Risiken und Grenzen mit Fokus auf professionelle Dienstleister
- 6.3 Chancen, Risiken und Grenzen aus der Perspektive der Kostenträger
- 7. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Persönlichen Budget als einem Instrument zur Förderung der individuellen Lebensführung von Menschen mit seelischen Behinderungen. Sie analysiert die Entstehung und Entwicklung des Persönlichen Budgets, seine rechtlichen Grundlagen und Verfahren sowie die Chancen und Grenzen seiner Anwendung in der Praxis.
- Die Bedeutung der Psychiatriereform und der Sozialpsychiatrie für die Entwicklung des Persönlichen Budgets
- Die Leitideen und Konzepte des Persönlichen Budgets, insbesondere in Bezug auf Normalisierung, Inklusion und Empowerment
- Die Erfahrungen mit dem Persönlichen Budget in Deutschland und anderen europäischen Ländern
- Die rechtlichen Rahmenbedingungen und Verfahren des Persönlichen Budgets
- Die Chancen und Grenzen des Persönlichen Budgets für Menschen mit seelischen Behinderungen aus verschiedenen Perspektiven
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Relevanz des Persönlichen Budgets für Menschen mit Behinderungen beleuchtet. Im zweiten Kapitel wird die Entwicklung der Sozialpsychiatrie und der Psychiatriereform in Deutschland dargestellt, um den historischen Kontext des Persönlichen Budgets aufzuzeigen. Das dritte Kapitel analysiert die Leitideen und Konzepte des Persönlichen Budgets, indem es normative, fachliche und sozialpolitische Einflüsse sowie den Ansatz des Empowerment beleuchtet.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Geschichte und Entwicklung des Persönlichen Budgets in Europa und Deutschland, wobei insbesondere Modellversuche und Forschungsberichte betrachtet werden. Im fünften Kapitel werden die rechtlichen Grundlagen und das Verfahren des Persönlichen Budgets in Deutschland detailliert erläutert. Das sechste Kapitel untersucht die Chancen und Grenzen des Persönlichen Budgets für Menschen mit seelischen Behinderungen aus verschiedenen Perspektiven: der der Budgetnehmenden, der professionellen Dienstleister und der Kostenträger.
Schlüsselwörter
Persönliches Budget, seelische Behinderungen, Sozialpsychiatrie, Psychiatriereform, Inklusion, Empowerment, Selbstbestimmung, Teilhabe, Rechtliche Grundlagen, Verfahren, Chancen, Grenzen, Kostenträger, professionelle Dienstleister.
- Arbeit zitieren
- Lars Reuber (Autor:in), 2016, Das persönliche Budget als Wegbereiter individueller Lebensführung für Menschen mit seelischen Behinderungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/338408