Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Definition
2.2 Differenzierungsebenen
Äußere Differenzierung
Innere Differenzierung
3. Differenzierungsmöglichkeiten im Lateinunterricht
3.1 Differenzierung nach Lernwegen
3.2 Differenzierung nach Interessen
3.3 Differenzierung nach Umfang des Lernstoffes
3.4 Differenzierung nach Anforderungsniveau
3.5 Differenzierung nach Anforderungsniveau u. Interessen
3.6 Differenzierung nach Unterrichts- und Sozialform
3.7 Problembereiche der Differenzierung im Lateinunterricht
4. Didaktische Vorüberlegungen
4.1 Analyse der pädagogischen Situation
4.2 Sachanalyse
5. Praktische Umsetzung
5.1 Durchführung Unterrichtssequenz I
5.2 Durchführung Unterrichtsequenz II
6. Evaluation und Reflexion der Unterrichtsreihe
6.1 Auswertung des Kompetenzrasters
6.2 Auswertung des Diagnosetests
6.3 Auswertung des Evaluationsbogens
7. Literatur
1. Einleitung
„Was wir zu lernen haben, ist so schwer und doch so einfach und klar: Es ist normal, verschieden zu sein.“ Diese Aussage tätigte Richard von Weizäcker 1993[1]. Betrachtet man allerdings den Alltag in unseren Schulen so lässt sich konstatieren, dass die so dringend notwendige Binnendifferenzierung im Lateinunterricht leider – wenn überhaupt – nur in Ansätzen erfolgt. Ebenso zeigte die Sichtung diverser Lektüreausgaben zu Ovid, dass keine Ausgabe der natürlichen Heterogenität eines Lateinkurses in der Oberstufe gerecht wird. Die gesichteten Ausgaben überzeugen zwar durch kreative Gestaltung, setzen aber voraus, dass man „Rom“ nur auf einem einzigen Weg erreichen kann. Eine differenzierte Ausgestaltung des Lateinunterrichts, bleibt somit der Initiative des Lehrers überlassen. Ziel meiner Arbeit ist es daher, verschiedene Differenzierungsmöglichkeiten im Lateinunterricht anhand einer durchgeführten Unterrichtsreihe zu Ovids Metamorphose „Latona und die Lykischen Bauern“ aufzuzeigen und „Rom“ somit auf verschiedenen Wegen zu erreichen. Auf diese Weise soll der Heterogenität entgegengewirkt und eine Angleichung der Arbeitstempi erreicht werden. Da die Formen von differenziertem Unterricht in Latein noch in den Kinderschuhen stecken, möchte ich in dieser Arbeit einige ausgewählte Formen von Differenzierung erproben und auf ihre Funktionalität hin überprüfen. Dafür soll in einem ersten Schritt geklärt werden, was man unter dem theoretischen Begriff der Differenzierung versteht. Anschließend werden die beiden Ebenen der Differenzierung allgemein kurz erörtert, um daraufhin die Differenzierungsmöglichkeiten im Lateinunterricht theoretisch vorzustellen. Der Hauptteil meiner Arbeit befasst sich mit der praktischen Umsetzung dieser vorgestellten Maßnahmen. Dieser Teil umfasst eine Sachanalyse der von mir ausgewählten Metamorphose „Latona und die Lykischen Bauern“ sowie eine umfassenden Analyse der pädagogischen Situation auf der Grundlage eines Kompetenzrasters und eines Diagnosetests. Ferner werden in zwei ausgewählten Unterrichtssequenzen verschiedene Formen von Differenzierung vorgestellt, erprobt und reflektiert. Abschließend soll evaluiert werden, inwiefern die eingesetzten Maßnahmen für die SuS eine Hilfe waren und welche Fortschritte bezüglich der Textkompetenz erzielt werden konnten.
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Definition
Der Begriff „Differenzierung“ hat seinen Ursprung in dem lateinischen Begriff differentia, welcher soviel wie Verschiedenheit bedeutet.[2] In der Literatur gibt es verschiedene Definitionen des Terminus Differenzierung.[3] Eine der neueren Definitionen lautet: „Differenzierung in der Schule und im Unterricht begreift Individualität als konstitutive Basis und verfolgt nur ein einziges Ziel: Jeder einzelne Schüler soll individuell maximal gefordert und damit optimal gefördert werden Das individuelle Leistungsvermögen und das Lernverhalten sind Grundlage für differenzierte Maßnahmen auf der inhaltlichen, didaktischen, methodischen, sozialen und organisatorischen Ebene.“ [4] Grundsätzlich lassen sich aus den verschiedenen Definitionen, die in den vergangenen Jahren formuliert worden sind, drei elementare Merkmale herausarbeiten.
Erstens ergibt sich die Notwendigkeit von Differenzierung aus den individuellen Unterschieden zwischen den Schülern. Zweitens führen Differenzierungsmaßnahmen immer zu Gruppierungen von Schülern. Drittens schließen Differenzierungsmaßnahmen auch immer didaktische Maßnahmen mit ein.[5] Differenzierung bedeutet weiterhin eine „Unterscheidung, Verfeinerung, Abstufung und Aufteilung“[6] von Lerninhalten. Denn es ist zu bedenken, dass das Lernen ein ebenso subjektiver wie komplexer Prozess ist. Die unterschiedlichen Begabungen von Schülern, ihre soziale Einbettung, aber auch die damit verwobenen spezifischen Lernbedürfnisse fordern differenzierte Unterrichtsverfahren förmlich ein.[7] Die SuS[8] einer Lerngruppe können sich in diversen Aspekten voneinander unterscheiden, beispielsweise in Bezug auf ihre Persönlichkeitsmerkmale, ihren Lernstil und ihre Lernstrategien, ihren kulturellen und sozialen Erfahrungshintergrund, ihrem Arbeits- und Sozialverhalten, ihrer Leistungsmotivation sowie ihrer Erfolgs- und Misserfolgsattribution, so Scholz.[9] Zwei Richtungen, auf diese Heterogenität zu reagieren, gab es in der bildungspolitischen Diskussion der Vergangenheit und der Gegenwart: Äußere und Innere Differenzierung.[10]
2.2 Differenzierungsebenen
Differenzierung findet zunächst auf zwei elementaren Ebenen statt. Die erste Ebene ist die äußere Differenzierung. Die zweite Ebene ist die innere Differenzierung.[11][12]
Äußere Differenzierung
„Von äußerer Differenzierung wird gesprochen, wenn die Grundgesamtheit von Schülern nach bestimmten Differenzierungskriterien in relativ homogene Lerngruppen längerfristig eingeteilt und voneinander isoliert unterrichtet wird.“[13] Homogene Lerngruppen werden nach Kriterien wie Leistung, Alter, Geschlecht oder Interessen zusammengestellt. Man geht bei diesem Konzept davon aus, dass das Lernen in homogenen Gruppen effektiver ist als in heterogenen.[14] Zur Vervollständigung sollen die wesentlichen Ebenen der äußeren Differenzierung kurz benannt werden, die die kulturellen und bildungspolitischen Traditionen in unserer Gesellschaft vorgeben.[15] Man unterscheidet drei Formen der äußeren Differenzierung: Die Differenzierung nach Schulform[16], Schulprofil[17] und nach Jahrgangsklasse[18].[19]
Innere Differenzierung
„Innere Differenzierung bzw. binnendifferenzierter Unterricht[20] ist eine interne Aufteilung einer Lerngruppe mit dem Ziel, die Kleingruppen im Rahmen der Ergebnissicherung wieder zusammenzuführen.“[21]
Schulorganisatorische Differenzierung: Für die schulorganisatorische Differenzierung sind grundsätzlich sechs Möglichkeiten denkbar, die kurz skizziert werden sollen.
Die erste Möglichkeit ist die „Differenzierung nach Organisation und Zufall“[22]. Sie beinhaltet die Aufteilung der SuS in arbeitsfähige Gruppen.[23] Dies kann aus organisatorischen Gründen in der Form geschehen, dass die SuS auf ihren Plätzen sitzen bleiben, aber dennoch arbeitsfähige Gruppen bilden. Natürlich ist auch eine Aufteilung durch das Zufallsprinzip möglich (Abzählen) sowie das Auslosen nach Farben oder Karten. Als letzte Option wird das Bilden von Freundschaftsgruppen oder Lernverbänden vorgeschlagen.[24] Eckert hingegen führt das Differenzieren nach „Delegation“ und nach „Störpotential“ mit auf. Sie definiert diese Differenzierungsform im Gegensatz zu Paradies und Linser als „ 'Daddeln' im Schulalltag.“[25]
Differenzierung nach Lernvorrausetzungen ist die zweite Variante der schulorganisatorischen Differenzierung. Darunter ist zu verstehen, dass die Lerngruppe leistungsabhängig weitgehend homogen oder heterogen aufgegliedert wird. Es kann aber ebenso eine Untergliederung nach interessenbezogenen Themen geben. Denkbar ist ebenfalls, einen Schwerpunkt auf die SoziaLtion und Integration zu legen.[26] Eckert erweitert diese Möglichkeit durch die Differenzierung nach diagnostizierter Kompetenzstufe, nach individuellem Förderbedarf oder nach Geschlecht.[27]
Die dritte Differenzierungsebene ist die nach der Sozialform, d.h. die SuS arbeiten entweder im Klassenverband oder in festen Untergruppen oder in Einzelarbeit.[28] Eine weitere Option ist die Differenzierung nach Unterrichtsmethode- und medien. Sie impliziert das Aufteilen der Lerngruppe durch unterschiedliche Materialien und Medien (Bücher, Computer). Möglich ist auch die Untergliederung in unterschiedliche Arbeits- und Präsentationsformen (mündlich, schriftlich, szenisch), aber auch eine Aufteilung nach Lernstrategien (visuell, haptisch, auditiv).[29]
Die vorletzte Alternative ist die Differenzierung nach Unterrichtsinhalten. „Die Lerngruppe arbeitet gemeinsam an einem Thema.“[30] Allerdings können sich durch unterschiedliche Schwerpunkte Gruppen bilden. „Der Unterrichtsinhalt ist aber grundsätzlich gleich.“[31] Ebenfalls ist möglich, dass die SuS in kleinen Gruppen zu sehr unterschiedlichen Themen arbeiten, oder die einzelnen Untergruppen einer Lerngruppe arbeiten individualisiert nach Aufgabenstellungen.[32]
Die letzte Differenzierungsform orientiert sich an den Zielen[33] der SuS. Vorgeschlagen wird, dass innerhalb einer Lerngruppe auf unterschiedliche Schulabschlüsse hin gearbeitet wird, sodass SuS mit Schwierigkeiten ähnlicher Art eine Gruppe bilden, um diese Probleme zu überwinden.[34]
Die didaktische Differenzierung untergliedert sich in die Differenzierung nach Lernstilen, Lerntempo, Lernbereitschaft und Lerninteressen. Differenzierung nach Lernstilen bedeutet, dass die SuS auditive oder visuelle Hilfen zur Verfügung gestellt bekommen, die ihrem Lerntyp entsprechen. Möchte man nach dem Lerntempo der SuS differenzieren, besteht die Möglichkeit, dass langsam lernende SuS vorbereitetes Material erhalten und überdurchschnittlich schnelle Lerner Material mit höherem und/oder zeitintensiverem Schwierigkeitsgrad. Für die Differenzierung nach Lernbereitschaft ist für die SuS mit geringer Lernbereitschaft Material vorgesehen, das sich auf ihre ganz persönlichen Alltagserfahrungen bezieht. „Schüler mit hoher Lernmotivation arbeiten mit abstrakten Materialien und Aufgabenstellungen.“[35]
Bei der Differenzierung nach Lerninteressen wird der Versuch unternommen, die Schülerinteressen für die Gestaltung des Unterrichts mit aufzunehmen und gezielt für die Differenzierung einzusetzen. Dies gilt ebenso für methodische Präferenzen von SuS.[36] Ein Unterpunkt der didaktischen Differenzierung ist die Differenzierung der Aufgaben. „Bei differenzierenden Aufgaben sollte jeder Schüler bei der Bearbeitung einer Aufgabe die Chance haben, sie auf dem ihm eigenen Niveau zu bearbeiten (individueller Lernerfolg und Kompetenzerwerb).“[37] Zum einen gibt es die Leistungsdifferenzierung, d.h. die SuS bearbeiten Aufgaben mit „gestuften Anforderungsniveaus“. Zum anderen kann es eine Wahl- oder Interessendifferenzierung geben, die Aufgaben „mit unterschiedlicher Komplexität und Informationsfülle sowie unterschiedlichen Abstraktionsniveaus“ beinhaltet. Als dritte Möglichkeit wird die Selbstdifferenzierung benannt. Hier sollen den SuS „Aufgaben mit verschiedenen Methoden, Lösungswegen, Intentionen“ geboten werden.[38]
Im Folgenden soll nun der Blick von den grundsätzlichen Elementen der Differenzierung speziell auf die Möglichkeiten von Differenzierungsmaßnahmen im Lateinunterricht gerichtet werden.
3. Differenzierungsmöglichkeiten im Lateinunterricht
Als fundamentale Grundlage der Differenzierung im Lateinunterricht gelte es sich der Heterogenität seiner Gruppe bewusst zu werden, so Scholz, und dieser auch nach Möglichkeit gerecht zu werden, anstatt den Unterricht an einem fiktiven Durchschnittsschüler auszurichten.[39] Sinnvoll sei es, dass die Phasen der Differenzierung ihren Abschluss im Plenum finden, damit die wichtigsten Ergebnisse vorgestellt und gewürdigt werden können.[40] Es sei zudem nachweislich, dass sich in differenzierten Unterrichtsphasen deutlich mehr SuS am Unterricht beteiligen als im traditionellen Unterricht.[41]
3.1 Differenzierung nach Lernwegen
Speziell für die Einführung oder die Wiederholung von Lernvokabeln biete sich gemäß Scholz an, die unterschiedlichen Lernwege der SuS zu nutzen.[42] Fünf Zugänge seien theoretisch wählbar. Als erstes der auditive Zugang, bei welchem die Vokabeln laut vorgetragen werden. Möglich sei ebenso ein visueller Zugang. Hier werden die Vokabeln mithilfe von Abbildungen präsentiert. Denkbar sei gleichermaßen ein handlungsorientierter Lernweg für Vokabeln. Die SuS werden aufgefordert die Bedeutung der Vokabeln durch unterschiedliche Bewegungen zu unterstreichen. Die beiden letzten Optionen beziehen sich auf den kognitiv – analytischen Zugang und den kommunikativ – kooperativen Bereich. Scholz schlägt für den ersteren das Erstellen einer mindmap vor und für den zweiten einen Tandembogen.[43][44]
3.2 Differenzierung nach Interessen
„Die Differenzierung nach Interessen erhöht die Motivation und sorgt bei der abschließenden Präsentation für entsprechende Vielfalt.“ Besonders gut geeignet ist dieses Verfahren für die Realienkunde und die Interpretation. Bei einer Interpretation können die Ergebnisse im Plenum präsentiert werden. Dadurch, dass die SuS ihre Erkenntnisse in einen größeren Kontext stellen, können sie auf diese Art und Weise sukzessive eine größere Perspektivenvielfalt gewinnen.[45][46]
3.3 Differenzierung nach Umfang des Lernstoffes
Da einige SuS höhere Arbeitstempi haben als andere, sollten Zusatzaufgaben zur Verfügung gestellt werden. Eine negative Folge der unterschiedlichen Tempi sind Unruhe und Störungen des Unterrichts aufgrund der Tatsache, dass die leistungsstarken SuS sich langweilen. Obgleich dürfen sie nicht für ihre Schnelligkeit bestraft werden. Vielmehr sollten ihnen motivierende Zusatzaufgaben zur Hand gegeben werden, indem sie beispielsweise Zusatztexte selbst suchen oder gar selbst herstellen.[47]
3.4 Differenzierung nach Anforderungsniveau
-am Beispiel der Übersetzung-
Eine Differenzierung nach Leistungs- und Anforderungsniveau erfolgt durch entsprechende Aufgaben oder Materialien. „Die Übersetzung lateinischer Texte ins Deutsche stellt an die Schülerinnen und Schüler hohe, an einige auch zu hohe Anforderungen.“[48] Dies hat in vielen Fällen zur Folge, dass leistungsstarke SuS beim gleichschrittigen Lernen über weite Phasen des Unterrichts hinweg eine gewisse Langeweile empfinden und sich zunehmend aus dem Unterrichtsgeschehen zurückziehen, da sie sich unterfordert fühlen. Die leistungsschwächeren SuS hingegen sind oftmals selbst trotz einer hohen Motivation nicht dazu in der Lage, diese hohe Hürde ohne Hilfestellung zu überwinden. Aufgrund dieser Gegebenheiten sind regelmäßig differenzierte Angebote den SuS zur Verfügung zu stellen, die sie ebenso fordern wie fördern. Leistungsschwächere SuS sollten auf mehr Hilfestellungen zur Strukturierung und zur Bewältigung der Übersetzung Zugriff haben als leistungsstarke SuS. Bei leistungsstarken SuS könne, gemäß Scholz, die Anforderung und auch die Motivation ohne massiven Zeitaufwand gesteigert werden.[49] „Die Ergebnisse der differenzierten Übersetzungsphase können bei der Besprechung im Plenum gut zusammengeführt werden, da alle den gleichen Text ins Deutsche übertragen müssen.“[50] Die Erfahrungen zeigten Scholz, dass sich durch diese Art und Weise des Arbeitens, d.h. mit Hilfe einer differenzierten Vorgehensweise eine größere Anzahl von SuS ihre Leistungen verbessern können als im traditionellen Unterricht. Primär ist der differenzierte für die leistungsschwächeren SuS von enormer Effektivität, weil sie durch dieses Verfahren den Anschluss bzw. den Wiedereinstieg in die Originallektüre bewältigen können.[51] Konkret einsetzbar sind verschiedene Bearbeitungen des lateinischen Textes. Die Textbearbeitung für die leistungsschwächsten SuS eines Kurses sieht den lateinischen Text in kolometrischer Schreibweise vor, Vokabelhilfen, die direkt neben der entsprechenden Zeile stehen sowie einen deutschen Lückentext. Die nächst schwierige Stufe ist für SuS gedacht, die Schwierigkeiten haben, Satzstrukturen zu durchschauen oder Vokabellücken haben. Sie können zu einer Textbearbeitung greifen, die - wie in Beispiel eins[52] - eine kolometrische Schreibweise vorsieht, aber keinen deutschen Lückentext zur Verfügung stellt. Durch die Gegebenheit, dass die Vokabelhilfen am Rand stehen, sind diese Angaben, für den Fall, dass kein Bedarf besteht, einfach „umzuknicken“.[53] Die SuS, die keinerlei Hilfestellung benötigen, erhalten den lateinischen Originaltext ohne Wortangaben und ohne weitere Hilfestellungen. Im Sinne einer Differenzierung nach oben erhalten sehr leistungsstarke SuS einen lateinischen Lückentext, der eine besondere Herausforderung bieten und Langeweile im Unterricht entgegenwirken soll.[54]
3.5 Differenzierung nach Anforderungsniveau u. Interessen
am Beispiel der Interpretation
Da die Interpretation von lateinischen Texten im Sinne der Textkompetenz ein wesentlicher Bestandteil des Lateinunterrichts ist, muss auch in diesem Teilgebiet davon ausgegangen werden, dass die SuS mit unterschiedlichen Lernvorrausetzungen und Interessen in den Lateinunterricht kommen. „Während es sprachbegabten Schülern gelingt auch anspruchsvolle Texte ohne weitere Hilfestellungen zu durchdringen und auf hohem Niveau zu interpretieren, fehlen den schwächeren Schülern oft geeignete Instrumente oder die Fähigkeiten für die anstehende Herausforderung das passende Instrument aus ihrer '“Werkzeugkiste“' auszuwählen.“[55]
Hier sind einige Instrumente im Sinne von gezielten Fragestellungen zu nennen. Das einfachste Niveau beinhaltet detaillierte Hilfestellung, d.h. Fragen und Aufgabenstellung für die Interpretation. Diese sind sehr kleinschrittig und sukzessive aufbauend gehalten und nehmen je Anspruchsniveau in ihrer Kleingliedrigkeit ab. Für die leistungsstarken[56] SuS sind hier Zusatztexte vorgesehen bzw. kreative Aufgaben zu einer weiterführenden Gestaltung in Form von Comics, Collagen, Songs oder Theaterstücken.[57]
[...]
[1] Aus einer Rede zu der Eröffnungsveranstaltung der Tagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte, 1. Juli 1993, Gustav – Heinemann – Haus in Bonn.
[2] Knollmüller, Robert, Prüfungsmodalitäten im Anspruch von Differenzierung, Wien 2005, S. 13.
[3] Vgl. Klafki 1989, Schittko 1984, Schulz 1969, Fischer 1972, Niermann 1981, Bönsch 1989.
[4] Paradies, Liane; Linser, Hans Jürgen, Differenzieren im Unterricht, 5. überarbeitete Auflage, Berlin 2010, S. 10.
[5] Knollmüller, Robert, Prüfungsmodalitäten im Anspruch von Differenzierung, Wien 2005, S.14.
[6] Paradies, Liane; Linser, Hans Jürgen, Differenzieren im Unterricht, 5. überarbeitete Auflage, Berlin 2010, S. 10.
[7] Sorrentino, Wencke; Linser, Hans Jürgen; Paradies Liane, 99 Tipps, Differenzieren im Unterricht, 2. Auflage, Berlin 2010, S. 15.
[8] Folgend SuS abgekürzt.
[9] Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“ Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 2.
[10] Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“ Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 2.
[11] „Differenzierung ist eine Reaktion auf die Unterschiedlichkeit von Schülerinnen und Schülern. Im Gegensatz zu individualisierendem Unterricht, bei dem die Lernangebote auf den Einzelnen zugeschnitten werden bzw. von ihm selbst gewählt werden können, meint innere Differenzierung“ (…) „alle jene Differenzierungsformen, die in einer gemeinsam unterrichteten Klasse oder Lerngruppe vorgenommen werden.“ (vgl. Paradies 2010, Kunze 2008).
[12] Vgl. Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“ Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 3.
[13] Knollmüller, Robert, Prüfungsmodalitäten im Anspruch von Differenzierung, Wien 2005, S. 15.
[14] Ebd.
[15] Ebd.
[16] Die SuS werden den verschiedenen Schulformen zugeordnet, die ihrer (vermuteten) Leistungsfähigkeit entsprechen. Auf diese Art und Weise werden homogene Lerngruppen gebildet. Nach der Grundschule werden in der Bundesrepublik Deutschland die SuS in die verschiedenen Schulformen selektiert. Knollmüller differenziert in diesem Bereich noch präziser. Die Differenzierung nach Schulform kann auf der einen Seite nach Interesse oder Inhalten gewählt werden (humanistisch, neusprachlich, wirtschaftlich) oder nach Leistung (Sonderschulen, Hauptschulen usw.).vgl. Paradies S. 23, Knollmüller S. 15.
[17] Laut Paradies können die SuS in dieser Form der Differenzierung eine Auswahl nach Interessen, Neigung und Fähigkeiten treffen. Dies sei an allgemeinbildenden Schulen im musisch/künstlerischen, alt/neusprachlichen, mathematisch/naturwissenschaftlichen Bereich möglich. Ebenso gäbe es Schulen, die konfessionell gebunden sind oder einen bilingualen Zweig haben. An beruflichen Schulen gäbe es weiterhin Ausrichtungen im kaufmännisch/wirtschaftlichen, technischen, künstlerisch oder sozialen Bereich. vgl. Paradies S.23.
[18] Diese Differenzierungsform gibt es seit dem 17. Jahrhundert und wurde von Comenius eingeführt. vgl. Paradies S.24.
[19] Vgl. Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“, Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 3.
[20] „Die jeweilige Lehrerpersönlichkeit und gegebenenfalls Bestimmungen im Rahmen der Schulautonomie legen die Präferenzen fest, innerhalb derer jeder Lehrer seine Lerngruppe je nach Unterrichtssituation zu situativ wechselnden Gruppierungen zusammenfassen kann.“ Vgl. Knollmüller 2005, S. 20ff. „Innere Differenzierung bezeichnet alle Formen der zeitlich befristeten und/oder dauerhaften Aufteilung eines Lernverbandes (einer Klasse, eines Kurses) in arbeitsfähige Teilgruppen.“ Vgl. Meyer 2004, S. 102.
[21] Paradies, Liane; Linser, Hans Jürgen, Differenzieren im Unterricht, 5. überarbeitete Auflage, Berlin 2010, S. 24.
[22] Vgl. auch Knollmüller 2005, S. 21.
[23] Vgl. Meyer 1987, S.258ff.
[24] Sorrentino, Wencke; Linser, Hans Jürgen; Paradies Liane, 99 Tipps, Differenzieren im Unterricht, 2. Auflage, Berlin 2010, S. 29ff.
[25] Eckert, Ela, Individuelles Fördern, in: (Hrsg.): Meyer, Hilbert, Was ist guter Unterricht?, Berlin 2004, S. 103.
[26] Paradies, Liane; Linser, Hans Jürgen, Differenzieren im Unterricht, 5. überarbeitete Auflage, Berlin 2010, S. 27.
[27] Eckert, Ela, Individuelles Fördern, in: (Hrsg.): Meyer, Hilbert, Was ist guter Unterricht?, Berlin 2004, S. 103.
[28] Sorrentino, Wencke; Linser, Hans Jürgen; Paradies Liane, 99 Tipps, Differenzieren im Unterricht, 2. Auflage, Berlin 2010, S. 24.
[29] Knollmüller, Robert, Prüfungsmodalitäten im Anspruch von Differenzierung, Wien 2005, S. 22.
[30] Paradies, Liane; Linser, Hans Jürgen, Differenzieren im Unterricht, 5. überarbeitete Auflage, Berlin 2010, S. 27.
[31] Ebd.
[32] Ebd.
[33] „Solche Ziele können z.B. die gezielte Förderung von Begabungen, die Beseitigung von gemeinsamen Defiziten oder integrative Ziele, wie die Integration von Schülern mit nicht deutscher Muttersprache, sein.“ vgl. Knollmüller 2005, S. 22.
[34] Paradies, Liane; Linser, Hans Jürgen, Differenzieren im Unterricht, 5. überarbeitete Auflage, Berlin 2010, S. 28.
[35] Ebd.
[36] Knollmüller, Robert, Prüfungsmodalitäten im Anspruch von Differenzierung, Wien 2005, S. 23.
[37] Paradies, Liane; Linser, Hans Jürgen, Differenzieren im Unterricht, 5. überarbeitete Auflage, Berlin 2010, S. 29.
[38] Ebd.
[39] Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“ Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 2.
[40] Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“ Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 4.
[41] Für die Lektüresequenz „Latona und die lykischen Bauern“ boten sich angemessene Möglichkeiten an, den unterschiedlichen Lernwegen der SuS Rechnung zu tragen. Zum einen wurde den SuS der visuelle Zugang offeriert. Dies geschah erstens über die Präsentation einer bildlichen Darstellung (z.B. Merry –Joseph Blondel, 1781 – 1853 „Latona und die Lykischen Bauern“) in Kombination mit einem passenden Textausschnitt. Zweitens über das Angebot, dass die SuS die Vokabeln, die sie für geeignet einschätzten, auf Lernkarteien zu malen.
Zum anderen gab es in Freiarbeitsphasen die Möglichkeit, dass die SuS sich mit einem Tandembogen gegenseitig abfragen konnten, was dem kommunikativ – kooperativen Bereich entspricht. Als dritte Option wurde ihnen der kognitiv – analytische Zugang geboten. Für diesen Lernweg zeigte es sich als funktional zu den einzelnen Themengebieten (Wasser, Land, Pflanzen) mindmaps zu erstellen.
[42] Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“ Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 5.
[43] Ebd.
[44] Eine Differenzierung nach Interessen wurde in der Unterrichtseinheit für die Interpretation erprobt. Dies geschah über die Expertenrunde. Jeder SuS konnte sich einer von vier Fragestellungen (bzw. Aufgaben) zuordnen und diese in einer interessensgleichen Stammgruppe bearbeiten. Durch die anschließende Präsentation der Ergebnisse in den neu zusammengestellten Expertengruppen wurde gewährleistet, dass alle SuS trotz unterschiedlicher Themengebiete am Ende der Sequenz auf dem gleichen Kenntnisstand waren.
[45] Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“ Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 6.
[46] Dieser Vorschlag von Scholz wurde in der Unterrichtsreihe dahingehend umgesetzt, dass den SuS als Zusatzaufgabe angeboten wurde eigenständig in der Bibliothek und im Internet zu recherchieren, um zum einen für alle Mitschüler einen Steckbrief zu Ovids Leben und Werk zu erstellen, oder einen Bericht über Ovids Verbannung und deren Hintergründe zu schreiben.
[47] Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“ Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 6.
[48] Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“ Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 9
[49] Ebd.
[50] Scholz, Ingvelde, Viele Wege führen nach Rom- Binnendifferenzierung im Fremdsprachenunterricht, in: Scholz, Ingevelde (Hrsg.:) Der Spagat zwischen Fördern und Fordern, Unterrichten in heterogenen Klassen, Göttingen 2008, S. 111.
[51] Ebd.
[52] Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“ Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 8.
[53] Ebd.
[54] Ebd.
[55] Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“ Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 10.
[56] Die Zusatztexte sollten auch für schwächere SuS zur Verfügung stehen, da ein Ausschluss von den Aufgaben demotivierend sein könnte.
[57] Scholz, Ingvelde, „Es ist normal, verschieden zu sein“ Unterrichten in heterogenen Klassen, in: Der Altsprachliche Unterricht Latein Griechisch, Heft 1, 2008, S. 11.